Der Weg zur Würde war nicht leicht
Und heute bin ich freiEine ähnliche Überschrift hatte meine letzte Mail an die Kolleg*innen bevor ich in Rente ging. Allerdings meint Alexandra Schmidt eine andere Freiheit.
Da sie nicht abgetrieben wurde, mussten ihre Eltern ...
Eine ähnliche Überschrift hatte meine letzte Mail an die Kolleg*innen bevor ich in Rente ging. Allerdings meint Alexandra Schmidt eine andere Freiheit.
Da sie nicht abgetrieben wurde, mussten ihre Eltern heiraten und der Vater übernahm nach der Geburt die Versorgung des Kindes. Ali, wie sie zunächst genannt wurde kam 1938 zur Welt und obwohl der Vater Arzt war fütterte er Alete, statt dem Baby die Mutterbrust zu gönnen, er ließ sie mit 2 Jahren Pfeife rauchen und gab ihr zur Belustigung der Partygäste Alkohol zu trinken. 2003 hat die Autorin einen Brief an den schon verstorbenen Vater verfasst, indem sie den Vater psychische und physische Gewalt vorwirft, bis hin zum Inzest.
Der I. Akt des Buches befasst sich mit Kindheit im Krieg und endet mit dem Tod der Mutter als Ali 10 Jahre alt ist. Zu dieser Mutter hatte sie kaum eine Bindung, die beiden waren auch lange Zeit räumlich getrennt. Auch der Vater war zunächst im Krieg und später ging er allein nach Jugoslawien.
Im II. Akt lernt Alex ihren Vater, er nennt sich selbst „Prince Happy“, als Geliebten kennen. Er übernimmt die Praxis seines Vaters in Berlin und lebt mit der Tochter zusammen. Er schickt sie nicht in die Schule und bringt ihr Tricks bei, wie man, ohne zu lernen, seine Arbeiten schreibt. Mal lobt er sie, dann gibt er ihr das Gefühl dumm zu sein. Doch die Autorin macht Abitur und wird Medizinerin.
Der III. Akt berichtet von der Ehe, mit einem Mann, der dem Vater nicht ganz unähnlich ist, der Geburt ihrer zwei Töchter und der Befreiung aus dem anerzogenen und ererbten Verhalten durch die Zuwendung zu Gott.
Im letzten und IV. Akt hat Alex ihre beruflich ihre Erfüllung gefunden und fühlt sich frei, weil sie sich mit sich auseinandergesetzt hat. So hat sie mit 80 Jahren ihre Würde gefunden.
Nach dem Schreck, der dem Lesen des Briefes an den Vater am Anfang des Buches folgte, liest sich das Buch sehr gut. Die ersten beiden Akte sind chronologisch geordnet und zeigen den Lebensweg bis zur Heirat auf. Danach wurde es für mich etwas schwieriger. Die Zuwendung zu Gott und einige Heilverfahren waren für mich nicht ganz nachvollziehbar. Trotzdem freue ich mich mit Alexandra Schmidt, dass sie Würde und Selbstvertrauen erlangt hat.