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Veröffentlicht am 11.09.2021

Auf den finnischen Schären

Heute beißen die Fische nicht
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Heute beißen die Fische nicht – Ina Westman
Ein Sommer auf einer kleinen Insel auf den finnischen Schären. Schon auf der ersten Seite wird klar, dass bei der kleinen Familie, bestehend aus Emma, Joel und ...

Heute beißen die Fische nicht – Ina Westman
Ein Sommer auf einer kleinen Insel auf den finnischen Schären. Schon auf der ersten Seite wird klar, dass bei der kleinen Familie, bestehend aus Emma, Joel und Fanni etwas ganz und gar nicht stimmt. Die drei haben sich zurückgezogen vor der Welt, weil Emma Ruhe braucht. Sie hat eine Narbe am Kopf, kann sich aber nicht mehr erinnern, was eigentlich passiert ist. Sie hat Schmerzen, ist erschöpft. Vor allen Dingen hat sie Halluzinationen. Sie sieht Menschen, die mit ihrem früheren Leben zu tun haben. Bald verschwimmen die Grenzen zwischen Wahrheit und Wahn. Die Vergangenheit liegt im Nebel, nichts ist mehr gewiss.
Joel ist verzweifelt, bemüht sich um Geduld und gibt die Hoffnung nicht auf. Und Fanni ist erst fünf und braucht ihre Eltern. Sie versteht noch nicht wirklich, was hier geschieht. Aber das versteht selbst Emma nicht.
Ein toller Roman, der mitreißend erzählt ist. Gerade anfangs geht es viel um die Vergangenheit. Man lernt die frühere Emma kennen, eine mutige, starke und selbstbestimmte Frau, die heute nur noch ein Schatten ihrer selbst ist. Der Leser erfährt vom Kennenlernen und der Anfangsphase der Beziehung zu Joel. Emmas Gesundheitszustand wird zwar von Anfang an thematisiert, erst nach und nach wird aber erst das wahre Ausmaß offenbar. Sehr lange tappt man auch darüber im Dunkeln, was eigentlich genau passiert ist. Nur soviel: es wird alles aufgelöst. Dafür war ich sehr dankbar.
In der Gegenwart passiert eigentlich nicht so sehr viel. Es ist ein Sommer, in dem die kleine Familie monatelang abwartet und darauf hofft, dass sich Emmas Zustand bessert. Es sind vielmehr die Rückblicke in die Vergangenheit, die sehr viel Licht ins Dunkel bringen und den Figuren die nötige Tiefe verleihen.
Diese Geschichte ist absolut fesselnd erzählt, ab der ersten Seite war ich voll und ganz in der Handlung und wollte wissen, was es mit dieser Narbe auf sich hat. Gerade im psychologischen Bereich ist dieser Roman sehr stark. Er beleuchtet schonungslos die Gefühle und Gedanken der einzelnen Figuren und deren Entwicklung durch die extrem veränderte Situation. Erleichtert wird das, indem jeder Charakter aus der eigenen Sicht erzählt. Teilweise sogar die gleichen Begebenheiten. Es ist faszinierend, wie unterschiedlich manches wahrgenommen wird, auch wenn alle Beteiligten sich bemühen.
Eine weitere große Rolle spielt der Klimawandel. Beide, Emma und Joel, haben es sich einmal zur Lebensaufgabe gemacht, die Welt zu retten. Joel hält sehr stark an seinen Idealen und selbst vorgegebenen festen Regeln fest, während Emma dies aufgegeben zu haben scheint. Ein ständiges Streitthema.
Ein wunderbares Buch, mit toller Sprache und einer immer aktuellen Handlung mit psychologischem Tiefgang vor einer beeindruckenden Naturkulisse. 5 Sterne und eine große Leseempfehlung!

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Veröffentlicht am 11.09.2021

Shetland

Das Tal in der Mitte der Welt
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Das Tal in der Mitte der Welt – Malachy Tallack
Alleine der Schauplatz dieser Geschichte hat für mich eine große Anziehungskraft – Shetland.
Tallack beschreibt hier die Menschen und ihre Lebensumstände ...

Das Tal in der Mitte der Welt – Malachy Tallack
Alleine der Schauplatz dieser Geschichte hat für mich eine große Anziehungskraft – Shetland.
Tallack beschreibt hier die Menschen und ihre Lebensumstände in einem Tal auf einer kleinen Insel. Es ist ein karges Leben, geprägt von Landwirtschaft und Schafzucht. Man kennt sich untereinander, seit Generationen und kommt miteinander aus. Und doch gibt es immer wieder Veränderungen. Die eine zieht weg, in der Hoffnung auf ein anderes, besseres Leben anderswo. Andere kommen auf die Insel und in das Tal, weil sie Ruhe brauchen, weil sie denken, hier etwas zu finden, was sie bisher vermisst haben. All das immer im direkten Einklang mit der Natur und der einsamen, wunderschönen, manchmal abweisenden Landschaft.
Schafzüchter David hat sein ganzes Leben auf der Insel verbracht. Er sieht die Menschen gehen und kommen und macht sich seine Gedanken dazu. Er vermisst die Gegangenen und bemüht sich um die Neuen. Ohne viele Worte, aber mit viel Lebensweisheit nimmt er das Leben an wie es eben ist.
Der Autor schreibt ganz wunderbar. Die Naturbeschreibungen und liebevollen Charakterzeichnungen zogen mich sofort in ihren Bann. Einfühlsam erzählt er von den einzelnen Schicksalen der verschiedenen Figuren, die auf den ersten Blick teils recht schrullig daherkommen. Die Gespräche sind typischerweise recht kurz und knapp, kaum ein Wort zuviel. Trotzdem, oder gerade deshalb, steckt viel Herz in diesen arbeitsamen Menschen. Sehr authentisch.
Es ist wie eine Momentaufnahme, ein Blick auf eine gewisse Zeit im Leben dieser Menschen im Tal. Beginn und Ende zufällig gewählt. So gibt es eigentlich keinen Handlungsstrang, der konkret zu einem Ende geführt wird. Es ist wie das Leben selbst. Dinge verändern sich, andere bleiben, wie sie waren. All die Figuren in der Geschichte treibt die Frage um, wohin sie gehören. Es ist das Thema Heimat und Wurzeln, das hier eine große Rolle spielt. Eine endgültige Antwort darauf finden allerdings die wenigsten.
Ein grandioser Schreibstil, große Themen unserer und jeder Zeit. Ich habe diesen Roman sehr gerne gelesen und vergebe gerne 5 Sterne und eine dringende Leseempfehlung!

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Veröffentlicht am 11.09.2021

Familienbande

Die letzten Romantiker
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Die letzten Romantiker – Tara Conklin
Diese Familiengeschichte, die den Zeitraum von 1981 bis 2079 umspannt, konnte mich richtig fesseln und berühren!
Die vier Geschwister Renee, Caroline, Joe und Fiona ...

Die letzten Romantiker – Tara Conklin
Diese Familiengeschichte, die den Zeitraum von 1981 bis 2079 umspannt, konnte mich richtig fesseln und berühren!
Die vier Geschwister Renee, Caroline, Joe und Fiona verlieren 1981 plötzlich ihren Vater. Als wäre das nicht schon genug versinkt die völlig überforderte Mutter im Anschluss jahrelang in einer tiefen Depression. Eine Phase, die die Geschwister als „die große Pause“ bezeichnen. Die Kinder sind gänzlich auf sich selbst gestellt. Was nach außen hin einigermaßen funktioniert, hinterlässt in den Kinderseelen tiefe Spuren.
Gerade Renee, die Älteste, organisiert das neue Familienleben. Sie kümmert sich ums Essen, um die Hygiene, um die Hausaufgaben aller Kinder und um die Sporttermine. Es ist eine immense Verantwortung, die sie für die Geschwister übernimmt. Viel zu früh wird sie mit Dingen konfrontiert, mit denen sich ein Kind nicht beschäftigen sollte. Ein Gefühl, das sie nie mehr wieder ganz loswird.
Tatsächlich werden diese besonderen Umstände der Kindheit gerade mal auf den ersten knapp hundert Seiten beschrieben. Ich hatte das Gefühl, die Charaktere hier schon recht gut kennengelernt zu haben. Anschließend begleitet der Roman die vier Geschwister immer wieder in wichtigen Phasen ihres Lebens. So selbstverständlich und ineinandergreifend sich die vier in ihrer Kindheit umeinander gekümmert haben, so schwierig und kompliziert wird dieses Verhältnis im Erwachsenenalter. Jeder Einzelne hat damals tiefe Wunden davongetragen. Die Autorin gibt hier hochspannende Einblicke in die Psychen ihrer Figuren. Sehr authentisch und komplex. Ergreifend und erschütternd.
So ist dies eine Geschichte über Liebe und Verantwortung. Insbesondere zwischen Familienmitgliedern, aber auch zwischen Partnern. Es geht darum, wie sich die Liebe zu einem Menschen verändern kann und auch ganz verschwinden. Und darum, dass alle Liebe manchmal nicht reicht, jemand
Jeder der vier versucht seine Wunden auf eigene Art zu heilen oder zu vertuschen. Es geht hier auch um die Selbstbestimmung der Frau und den schweren Weg dorthin, bzw. dass dieser Weg für jeden ein anderer sein kann. Es ist ein wirklich sehr kluges Buch, eine Geschichte, die einem nahe geht und auch Genregrenzen sprengt.
Nicht zu vergessen wäre die wirklich wundervolle Sprache, die mich sofort in ihren Bann gezogen hat und von der ersten bis zur letzten Seite gefesselt hat.
Dieser Roman konnte etwas in mir berühren. Ich fand ihn ganz wunderbar. Deshalb selbstverständlich 5 Sterne und eine riesengroße Leseempfehlung von mir!

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Veröffentlicht am 11.09.2021

Kornkreise

Der perfekte Kreis
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Der perfekte Kreis – Benjamin Myers

Es ist eine eigenartige, doch besondere Freundschaft, die Redbone und Calvert verbindet. Die beiden könnten unterschiedlicher nicht sein, trotzdem ist es eine ehrliche, ...

Der perfekte Kreis – Benjamin Myers

Es ist eine eigenartige, doch besondere Freundschaft, die Redbone und Calvert verbindet. Die beiden könnten unterschiedlicher nicht sein, trotzdem ist es eine ehrliche, tiefe Verbindung. Genauso ungewöhnlich wie die beiden Männer ist ihr gemeinsames Hobby: die Planung und Ausführung von Kornkreisen. Von Mal zu Mal werden die Muster besser und aufwendiger. Am Ende des Sommers soll der perfekte Kornkreis stehen.

Nachdem ich bereits das Werk „Offene See“ des Autors geliebt habe, war ich umso gespannter auf seinen neuen Roman. Wie auch der Vorgänger ist auch dies eine sehr ruhige, atmosphärische Geschichte, die sich in der Gegenwart beinahe ausschließlich um die Kornkreise dreht. Auch das hat eine gewisse Spannung inne. Die beiden wollen nicht als Ersteller erkannt werden, die nächtlichen Aktionen finden heimlich statt – in der ständigen Gefahr erkannt zu werden. Nach und nach wird zudem klar, wieviel diese Kornkreise, diese sommerliche Beschäftigung für die beiden Männer bedeutet. Beides sind zutiefst zerrissene, traumatisierte Gestalten. Die Kornkreise zugleich Rettung und Therapie.

Es steckt eine tiefe Liebe zu Natur und heimischer Tierwelt in diesen Kornkreisen. Die Männer arbeiten behutsam, ohne Schäden anzurichten. Der Autor thematisiert Umweltsünden, sowie den bereits einsetzenden Klimawandel. Die Kornkreise verkörpern die Schönheit der Schöpfung und versuchen die Heilung zweier Seelen.

Wie schon im Erstlingswerk überzeugt Myers durch eine wunderbare, poetische Sprache, tiefe Naturverbundenheit und tiefe, wahre Gefühle. Ganz großes Kino – trotz wenig Handlung. Wunderbar! Große Leseempfehlung und 5 Sterne!

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Veröffentlicht am 14.08.2021

Kit

Sommernachtserwachen
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Sommernachtserwachen – Meg Rosoff
Ein Sommer wie jeder Sommer am Meer für die 6-köpfige Familie aus London. Das alte Ferienhaus gehört der Familie und ist regelmäßiges Feriendomizil. Aber etwas ist anders ...

Sommernachtserwachen – Meg Rosoff
Ein Sommer wie jeder Sommer am Meer für die 6-köpfige Familie aus London. Das alte Ferienhaus gehört der Familie und ist regelmäßiges Feriendomizil. Aber etwas ist anders dieses Jahr, denn der charismatische Kit Goddon und sein weit weniger attraktiver Bruder verbringen diese Zeit mit ihnen. Bereits bei Kits Ankunft wird deutlich, welchen Eindruck er insbesondere auf die Mädchen macht. Im Nu sind gleich mehrere Familienmitglieder in ihn verliebt und bis zum Ende des Sommers hat Kit jede Menge Chaos und Unheil angerichtet.
Die Mädchen der Familie sind recht unbedarft und lassen sich mehr oder minder leicht von Kits Sog mitreißen. Schnell wird klar, dass Kit ein Spiel spielt – nach seinen eigenen Regeln. So handelt diese Geschichte von Täuschung und Manipulation – und von Liebe, wenn auch einseitiger.
Es ist ein spannender Jugendroman, der sich schnell weglesen lässt und zum Nachdenken anregt. Mir persönlich war er zu schnell vorbei, irgendwo hätte ich mir noch mehr Informationen gewünscht. Die Figuren hätte man noch besser ausarbeiten können, ebenso wie die Geschichte an sich. Aber ja – es handelt sich um ein Jugendbuch, von daher ist das schon in Ordnung.
4 Sterne für einen unterhaltsamen, nachdenklich machenden Jugendroman.

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