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Veröffentlicht am 14.05.2020

Mutter und Monster

Mein Name ist Monster
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Mein Name ist Monster- Katie Hale

Eine Dystopie, die mich im Grunde bereits mit dem ersten Satz hatte: "Wenn die Welt in Flammen steht, vergisst man leicht, dass es Eis gibt. Die meisten vergaßen es, ...

Mein Name ist Monster- Katie Hale

Eine Dystopie, die mich im Grunde bereits mit dem ersten Satz hatte: "Wenn die Welt in Flammen steht, vergisst man leicht, dass es Eis gibt. Die meisten vergaßen es, nicht alle."

Zu Beginn des Romans lernt man die Protagonistin kennen. Eine junge Frau, die nach diversen Katastrophen, die die Menschheit ausgelöscht haben, im Saatguttresor auf Spitzbergen überlebt hat und nun mit einem Boot an der schottischen Küste angeschwemmt wird. Sie wandert durchs Land, immer auf der Suche nach Vorräten, die ihr das Überleben sichern sollen. Man hat den Eindruck, sie genießt die Einsamkeit, verspürt eher so etwas wie Erleichterung angesichts der leeren Städte und Dörfer. Da trifft sie eines Tages auf eine weitere Überlebende, ein junges Mädchen.

Wenn das Ende über die Menschheit hereingebrochen ist und nur noch eine einzige Person übriggeblieben ist, würde man sich als Leser jemanden wünschen, der so ziemlich anders ist als "Monster", wie sich die Protagonistin nennt. Denn diese ist leider alles andere als eine Sympathieträgerin oder Heldin. Sie war schon als Kind eigenbrötlerisch und wenig empathisch. Ein Psychologe könnte mit Sicherheit eine entsprechende Störung diagnostizieren. Doch in Rückblenden erfährt man, dass sie genau durch diese Eigenschaften Kriege und Seuchen überleben konnte. Tatsächlich fand ich diese Erklärung sehr schlüssig. Nun nimmt sie sich tatsächlich guten Willens dieses Mädchens an. Kurzerhand macht sie sich selbst zu "Mutter" und überträgt ihren alten Namen "Monster" auf das Mädchen, das eine Kämpferin werden soll. Es ist zunehmend tragisch zu lesen, wie „Mutter“ ständig an ihrer fehlenden Emotionalität und Fähigkeit zur Empathie scheitert und das Zusammenleben dadurch zur Qual wird.

Ist diese Geschichte im ersten Teil eine klassische Dystopie - man erfährt einiges über die Hintergründe der Auslöschung der Menschheit und begleitet die Protagonistin auf ihrem Überlebenskampf in einer beinahe leeren Umgebung, gibt es etwa bei der Hälfte des Romans einen krassen Einschnitt. Das Mädchen taucht auf und die Macken der Hauptfigur treten voll zutage. Wie auch soll eine Frau Ende Zwanzig, die niemals körperliche Nähe zulassen konnte, nun einfühlsam auf das sexuelle Erwachen einer Jugendlichen eingehen. Diese fehlerbehaftete Beziehung nimmt nun sehr viel Raum ein. Ich persönlich fand das aber sehr spannend, da die beiden, ohne irgendeine Einwirkung von außen, sich auf Gedeih und Verderb gegenseitig ausgeliefert sind.

Sprachlich hat mir dieses Buch sehr gut gefallen, es sind kurze Kapitel und die Autorin glänzt durch eine prägnante, ausdrucksstarke Erzählweise.
Ein durchaus unbequemes Buch, eine Dystopie, die klassisch beginnt und dann einen ganz anderen Verlauf nimmt. Trotz allem, ein Buch, das ich regelrecht verschlungen habe! Insgesamt ein sehr gelungenes Debüt.
5 Sterne



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Veröffentlicht am 02.05.2020

Miracle submarine

Miracle Creek
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Miracle Creek- Angie Kim

Ein wirklich beeindruckender Gerichtsthriller. Mitreißend und packend, einfach wunderbar erzählt. Man möchte ins Buch klettern, um nachträglich ins Geschehen eingreifen zu können ...

Miracle Creek- Angie Kim

Ein wirklich beeindruckender Gerichtsthriller. Mitreißend und packend, einfach wunderbar erzählt. Man möchte ins Buch klettern, um nachträglich ins Geschehen eingreifen zu können und das Furchtbare abzuwenden. Gerade habe ich diesen Roman beendet und man merkt, ich bin schwer begeistert.

Aber zum Inhalt.
In der amerikanischen Kleinstadt Miracle Creek fliegt eine Scheune in die Luft. Eine südkoreanische Einwandererfamilie, die leider nie wirklich in der neuen Heimat angekommen ist, bietet dort medizinische Behandlungen an. Ein kleiner Junge und eine junge Frau sterben in den Flammen, mehrere Menschen werden schwer verletzt.
Ein Jahr nach dem Unglück beginnt die Gerichtsverhandlung, angeklagt ist die Mutter des toten Jungen. Aber kann eine Mutter wirklich absichtlich ihr Kind töten?

Kim taucht tief ein in die Seelenwelten und Privatleben ihrer Figuren. Es geht um behinderte Kinder und was das für die Familien bedeutet. Es geht um Integrationsprobleme, den täglichen Kampf zwischen Tradition und Moderne. Und vor allen Dingen wird ganz schnell klar, dass hier jeder einzelne etwas zu verbergen hat. Immer wieder kommen neue Dinge ans Licht, die die Täterfrage immer wieder verändert. Es sind hochkomplexe Zusammenhänge, denen der Leser folgt, immer wieder auf Irrwegen. Amerikanische Gerichtsverhandlungen, mit seinen Besonderheiten, wie Geschworene etc. sollte man aber mögen.

Beachtlich fand ich die psychologische Feinfühligkeit und den Tiefgang, mit der die Autorin aus den unterschiedlichen Perspektiven erzählt. Die Beteiligten kennen sich teilweise schon lange, die Beziehungen sind stark miteinander verflochten und immer wieder kommen neue Verknüpfungen und Motive ans Licht. Ein kleiner Stein kann in diesem Buch eine riesige Lawine ins Rollen bringen.

Ein Buch, das ich kaum mehr aus der Hand legen konnte und das mich atemlos zurückgelassen hat. Beste Unterhaltung! Eine dringende Leseempfehlung!

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Veröffentlicht am 02.05.2020

Die Menschenschlange

Das Tor
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Das Tor- Basma Abdel Aziz

Die Bewohner eines fiktiven orientalischen Staates sind seit der Niederschlagung von Aufständen auf verschiedenste Genehmigungen durch das Tor angewiesen. Doch dieses öffnet ...

Das Tor- Basma Abdel Aziz

Die Bewohner eines fiktiven orientalischen Staates sind seit der Niederschlagung von Aufständen auf verschiedenste Genehmigungen durch das Tor angewiesen. Doch dieses öffnet einfach nicht und vor dem Tor bildet sich bereits eine lange Menschenschlange, die länger und länger wird.
Tatsächlich liegt das Hauptaugenmerk dieses Romans auf dieser Menschenschlange. Sowohl das Tor selbst als auch die Hintergründe, die zu dessen Entstehung beigetragen haben, werden nicht näher erklärt. Es geht vielmehr um Bewegungen innerhalb dieser Menschenmenge. Wer benimmt sich verdächtig, wer bringt Gerüchte in Umlauf, wer kommt mit der belastenden Situation besser zurecht, oder schafft es sogar noch, daraus Profit zu schlagen. Eine gesellschaftliche Dynamik, die durchaus interessant zu lesen ist.

Yahya wird am Rande des letzten Aufstandes verletzt, der Arzt Tarik möchte ihm gerne helfen, d.h. ihn operieren, darf dies ohne eine entsprechende Genehmigung des Tors jedoch nicht tun. Und so findet sich Yahya mit einer frischen Wunde in der Schlange wieder. Sein bester Freund ist meistens an seiner Seite, etliche neue Bekannte lernt er dadurch kennen. Sie alle sind dem herrschenden Regime bereits einmal unangenehm aufgefallen und müssen nun beispielsweise eine Genehmigung beantragen, um Brot zu kaufen.

Ich persönlich halte dieses Werk weniger für eine Dystopie als vielmehr für die Zustandsbeschreibung eines totalitären Staates. Und bei dieser Momentaufnahme bleibt es leider auch, denn die Handlung tritt mehr oder weniger auf der Stelle. Ein Spannungsbogen fehlt beinahe komplett. So dass sich mir am Ende die Frage stellte, was will mir die Autorin damit sagen? Dem Klappentext kann man entnehmen, dass die Ägypterin als Psychiaterin für Trauma Patienten, auch Folteropfer, arbeitet. Spätestens diese Informationen legen nahe, dass sie die Zustände in ihrem Heimatland (überspitzt) anprangern möchte. Eine wirklich mutige Frau. Umso bedauernswerter, dass mich diese Geschichte und ihre Protagonisten auf der Gefühlsebene so gar nicht erreichen konnten. Ein Gefühl der Fremdartigkeit blieb bis zuletzt. Möglicherweise ist dies auch der Übersetzung aus dem arabischen geschuldet. Auffällig und den Lesefluss sehr störend empfand ich beispielsweise die extrem häufige Verwendung von Konjunktiven, vor allem in indirekten Reden.

Insgesamt empfand ich diese Lektüre leider als ziemlich zäh und ergebnislos. Normalerweise lese ich sehr gerne alles was in die Richtung Dystopie und Gesellschaftskritik geht. Leider leider konnte mich dieser Roman trotz allem einfach nicht überzeugen…



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Veröffentlicht am 23.04.2020

Verschwunden im Eis

Das Eis-Schloss
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Das Eis-Schloss - Tarjei Vesaas

Ein wirklich außergewöhnlicher Roman eines norwegischen Schriftstellers, der erst sehr spät anlässlich der Buchmesse 2019 ins Deutsche übersetzt wurde. In Norwegen ist ...

Das Eis-Schloss - Tarjei Vesaas

Ein wirklich außergewöhnlicher Roman eines norwegischen Schriftstellers, der erst sehr spät anlässlich der Buchmesse 2019 ins Deutsche übersetzt wurde. In Norwegen ist der Autor sehr bekannt und hat den wichtigsten Literaturpreis des Landes erhalten. Und das zu Recht. Ich bin äußerst beeindruckt von dieser Geschichte und einer sehr intensiven wenn auch irgendwie fremdartigen Erzählweise.

Zwei elfjährige Mädchen, Siss und Unn sind gerade dabei, sich anzufreunden, da verschwindet Unn in der Umgebung des Eis-Schlosses plötzlich spurlos.
Der Leser steckt in den Köpfen dieser beiden Kinder, die bis zu einem gewissen Punkt abwechselnd erzählen. Er nimmt Teil an deren kindlicher Sichtweise, Angst und Verzweiflung. Eine beklemmende Atmosphäre baut sich auf, der man sich kaum entziehen kann. Der Autor schafft das mit einer sehr knappen, teils kindlichen Sprache und transportiert trotzdem so viel an Gefühlen der Mädchen. Hinterlegt ist diese düstere, geheimnisvolle Stimmung vom eiskalten, schneereichen Winter Norwegens.

Eine Geschichte über das Verschwinden eines Kindes in der Landschaft Norwegens, aber auch eine Gesellschaftsstudie. Es wird aufgezeigt wie sich die Menschen in ihrer Umgebung um Siss verhalten, wie sie denken, es würde von ihnen erwartet, wie sie das Mädchen trotz allem niemals fallen lassen und am Ende wieder in ihre Gemeinschaft zurückholen.

Man spürt die eisige Kälte, sieht das durchsichtige Eis, hört das laute Knacken des vom Tauwetter bedrängten Eis-Schlosses im Frühjahr.
Eine wahrlich atemberaubende Lektüre und eine großartige Entdeckung. Unbedingt lesen!
5 Sterne

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Veröffentlicht am 23.04.2020

Mehr Inselflair als Spannung

Mitten im August
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Mitten im August - Luca Ventura

Mehr Lokalkolorit als Spannung

Ein gemütlicher Krimi mit viel Lokalkolorit, der auf Capri spielt. Tatsächlich ist genau das die eigentliche Stärke dieses Buches. Man ...

Mitten im August - Luca Ventura

Mehr Lokalkolorit als Spannung

Ein gemütlicher Krimi mit viel Lokalkolorit, der auf Capri spielt. Tatsächlich ist genau das die eigentliche Stärke dieses Buches. Man fühlt sich wie im Urlaub, riecht und schmeckt das süditalienische Lebensgefühl und Flair. Das kommt alles sehr gut rüber, ist süffig zu lesen.

Der Name des Autors ist übrigens ein Pseudonym, die Originalsprache allerdings Deutsch. Mehr ist mir zur Identität nicht bekannt. Ich persönlich hatte aber an mehreren Stellen den Eindruck, dass die Effizienz der süditalienischen Polizei recht kritisch dargestellt wird. Ob dies nun beabsichtigt ist, oder einfach nur Ist-Zustände beschreiben soll, sei dahingestellt.

Vor der traumhaften Kulisse Capris wird ein junger Mann erstochen in einem Boot aufgefunden. Inselpolizist Rizzi, ein toller Typ und seine neue Kollegin Cirillo, geheimnisvoll, nehmen die Ermittlungen auf. Normalerweise passiert auf der Insel nicht allzu viel, deshalb ist dies Rizzis erster Mordfall.
Es gibt viel lesenswertes Drumherum, insbesondere über Rizzis Privatleben. In seiner Freizeit hilft er seinem Vater in dessen Obst- und Gemüsegärten, echtes Inselflair eben.
Man merkt aber schon, dass dieser Krimi als erster Band einer Reihe angelegt ist. Es bleibt noch vieles offen.

Beinahe bekommt man das Gefühl, die Ermittlungen zu diesem Mord stünden gar nicht unbedingt an erster Stelle. Es wird teils schlampig ermittelt, teils in fehlender Absprache im Team, teils auch blockiert vom übergeordneten Neapel. Auf jeden Fall wird der Leser oft nur nebenbei, oder auch gar nicht über Ermittlungsergebnisse etc. informiert. Wirkliche Spannung bleibt dabei leider auf der Strecke.

Den Fall an sich fand ich letztendlich nur mittelmäßig, dafür punktet dieser Krimi mit süditalienischem Flair und Gelassenheit. Zu erwähnen wären noch die wirklich wunderbaren Karten auf den Klappeninnenseiten.

3,5 Sterne

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