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Veröffentlicht am 24.05.2019

Revenge

Golden Cage. Trau ihm nicht. Trau niemandem. (Golden Cage 1)
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Golden Cage – Camilla Läckberg

Revenge

Ein Traumpaar in der Welt der Reichen und Schönen. Faye und Jack führen mit ihrer Tochter Julienne das perfekte Leben, scheinbar. Denn die Beziehung ist nicht, ...

Golden Cage – Camilla Läckberg

Revenge

Ein Traumpaar in der Welt der Reichen und Schönen. Faye und Jack führen mit ihrer Tochter Julienne das perfekte Leben, scheinbar. Denn die Beziehung ist nicht, wie sie nach außen hin wirkt. Faye tut alles um Jack zu gefallen, dieser begegnet ihr jedoch nur mit Verachtung. Am Ende ist Julienne verschwunden und im Luxus-Apartment ist eine Blutlache. Wie konnte es dazu kommen?

Über sehr weite Teile (etwa die Hälfte des Buches) wird die jämmerliche Situation der unglücklichen, finanziell und psychisch abhängigen Faye beschrieben, die sich dem dominanten, perfektionistischen Jack bis zur Selbstaufgabe unterordnet. Hier kommt auch der Titel ins Spiel: Goldener Käfig, Faye hat alles, führt scheinbar ein tolles Leben, doch ihr Mann kontrolliert sie, will sie klein halten. Bis Faye eines Tages zum Rundumschlag, zur Rache schreitet. Dieser Roman hat eine sehr starke Gewichtung auf das Beziehungsdrama zwischen Faye und Jack. Hier finde ich den Klappentext etwas irreführend, denn um die verschwundene Julienne geht es erst auf den letzten Seiten.

Man merkt, dass der Autorin die Unabhängigkeit der Frauen sehr wichtig ist. Eine grundsätzlich gute Idee, doch an einigen Stellen übertreibt sie es meiner Meinung nach etwas. An den Männern in diesem Roman lässt sie grundsätzlich kein gutes Haar, bis auf einen gegen Ende hin. Aber das ist ein Handlungsstrang, den ich überflüssig und kitschig fand.

Allesamt sind die Protagonisten extrem unsympathisch, auch Faye ist absolut berechnend. Sehr viel wird über abstoßenden, geradezu gewalttätigen, seelenlosen Sex ausgetragen, der wohl zusätzlich verdeutlichen sollte, wie sehr Faye sich unterordnet. Das war mir deutlich zu viel, das hätte ich nicht gebraucht.

Grundsätzlich ist dieser Roman/Thriller durchaus fesselnd geschrieben und man fliegt nur so durch die Seiten. Gerade gegen Ende tauchten aber Handlungsstränge auf, die ich unnötig fand. Auch die Auflösung am Ende war mir zu schnell, zu problemlos, zu unglaubwürdig.

Veröffentlicht am 21.05.2019

Eine Ferienfreundschaft

Bell und Harry
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Jane Gardam - Bell und Harry

Eine Ferienfreundschaft

Von der bekannten britischen Autorin hab ich bisher lediglich "Weit weg von Verona" gelesen, das mich leider nicht wirklich begeistern konnte. Trotzdem ...

Jane Gardam - Bell und Harry

Eine Ferienfreundschaft

Von der bekannten britischen Autorin hab ich bisher lediglich "Weit weg von Verona" gelesen, das mich leider nicht wirklich begeistern konnte. Trotzdem wollte ich es hiermit noch einmal mit einem ihrer Werke versuchen. Auch Bell und Harry ist ein älteres Werk von Gardam, welches nun erst ins Deutsche übersetzt wurde (1981, The Hollow Land).

Es handelt sich hier um ein recht dünnes Büchlein und auch die Handlung ist im Prinzip schnell erzählt. Stadtkind (Harry) trifft auf Landkind (Bell). Die Urlauber kommen viele Jahre immer wieder und es entspinnt sich ein englisches Bullerbü, nur plätschert es etwas lustlos vor sich hin.

Dabei schreibt die Autorin in einer schönen Sprache, liefert großartige Landschaftsbeschreibungen und liebevolle Charakterzeichnungen. Trotzdem war mir das Ganze zu oberflächlich und zu ereignislos.
Insgesamt eine nette und süße Geschichte einer Ferienfreundschaft, oft aber auch irgendwie banal, Bullerbü halt. Viele schöne, auch literarisch großartige Stellen, die ein idyllisches Landleben beschreiben. Abgerundet wird die Geschichte immer wieder mit leisem Witz, typisch englisch absolut korrekt.

Ein netter Roman, ich persönlich werde es aber mit der Autorin kein weiteres Mal versuchen. Irgendwie liegt mir ihr Erzählstil einfach nicht.

Veröffentlicht am 21.05.2019

Gelungene Mischung aus Entwicklungs- und Kriminalroman

Für eine kurze Zeit waren wir glücklich
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Für eine kurze Zeit waren wir glücklich - William Kent Krueger

Eine scheinbar ganz normale, zumindest nach außen hin glückliche Familie, in der Frank, 13, und sein jüngerer Bruder Jake als Söhne eines ...

Für eine kurze Zeit waren wir glücklich - William Kent Krueger

Eine scheinbar ganz normale, zumindest nach außen hin glückliche Familie, in der Frank, 13, und sein jüngerer Bruder Jake als Söhne eines Pastors in New Bremen aufwachsen. Bis im Sommer 1961 der Tod in ihr Leben tritt, und das gleich mehrmals. Ihre Welt gerät aus den Fugen, denn auch die eigene Familie droht daran zu zerbrechen. Binnen weniger Wochen müssen die beiden Jungs erwachsen werden.

Die Charaktere der beiden Jungen fand ich sehr interessant, weil sie nämlich grundverschieden sind. Der Erzähler Frank ist der typische Draufgänger, der erst handelt bevor er nachdenkt und dadurch auch immer mal wieder in Schwierigkeiten gerät. Jake dagegen, leidet sehr unter seinem Stottern und ist ein nachdenklicher, schüchterner Typ, der immer wieder versucht seinen Bruder einzubremsen. Hatte ich am Anfang noch die Befürchtung, dass es sich bei den beiden um Stereotype handelt, so wird im weiteren Verlauf der Handlung eine deutliche und glaubwürdige Entwicklung der Persönlichkeiten deutlich.

Es geht um das Ertragen und den Schmerz großer Verluste, um Schuld und Vergebung, letztendlich immer ums Erwachsen werden.
"Mitten im größten Leid verstehen sie, was es heißt, einander beizustehen, eine Familie zu sein und anderen zu vergeben." Klappentext

Getragen wird diese Geschichte von einer sehr ruhigen, dennoch atmosphärischen Grundstimmung. Ein einfaches amerikanisches Landleben im Stil von Kent Haruf. Stark erinnert fühlte ich mich auch an eine Fernsehserie aus meiner Kindheit, „Unsere kleine Farm“ eine heile Welt mit viel Religion und Gottvertrauen.

Eine traurige, aber stimmige Geschichte, letztendlich versöhnlich. Trotz aller Tragödien, die sich ereignen, schafft es der Autor trotzdem, eine positive Stimmung zu hinterlassen.

Veröffentlicht am 10.05.2019

Eine Reise mit dem Greyhound-Bus, ohne Ziel und ohne Sinn

Willkommen in Lake Success
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Willkommen in Lake Success – Gary Shteyngart

Was anfangs als Parodie auf die Mächtigen der amerikanischen Finanzbranche und als beißende Gesellschaftskritik gelesen werden kann, verliert sich am Ende ...

Willkommen in Lake Success – Gary Shteyngart

Was anfangs als Parodie auf die Mächtigen der amerikanischen Finanzbranche und als beißende Gesellschaftskritik gelesen werden kann, verliert sich am Ende in geschmacklosen Episoden, die immer unplausibler werden.

Hals über Kopf bricht Barry Cohen aus seinem unglücklichen Luxusleben aus, entsorgt Handy und Kreditkarte. Auf seiner ereignisreichen Reise mit einem Greyhound-Bus quer durchs Land, erkennt er, dass er jahrelang in einer Blase der Reichen und Perfekten lebte. Das echte Amerika ist ihm weitgehend fremd. Auf der Suche nach dem echten Amerika und einem einfacheren Leben durchquert er es von Ost nach West. Erstes Hauptziel ist seine Jugendliebe Leyla, von der er annimmt, dass sie all die Jahre nur auf ihn gewartet hat.
Barry ist eine selbstverliebte, unsympathische Katastrophe. Beruflich zwar erfolgreich (Multimillionär), menschlich aber ein Desaster mit hohem Fremdschäm-Faktor. Er verkörpert eine besondere Art des American Dream. Vom Sohn des Poolreinigers zum Millionär und wieder zurück, oder so ähnlich.
Ein Grund für Barrys Flucht ist sein autistischer Sohn. Dieser passt nicht in seine perfekte Welt, stellt für seine Eltern einen Makel dar. Dieses Thema finde ich durchaus sensibel beschrieben.

Der Leser muss damit klarkommen, dass mindestens der Hauptprotagonist sich wie ein absoluter Kotzbrocken verhält, Ähnlichkeiten zu Trump, den Barry nur deshalb nicht wählt, weil er Witze über Behinderte macht, sind unverkennbar. Und ja, zumindest teilweise ist es satirisch überspitzt und nicht ganz ernst zu nehmen, trotzdem könnte ich mich mit Barrys Frauenbild und zügellosen Trieben nicht anfreunden. Vor allem aber sehe ich auch den Sinn dahinter nicht, warum diese Aspekte so extrem hervorgehoben wurden.

Shteyngart zeichnet ein Bild Amerikas im Jahr vor Trump. Gerade der Anfang erschien mir als gelungene Mischung aus Gesellschaftskritik und Humor. Oft derb mit deftigen Anspielungen und Seitenhieben, aber durchaus treffend. Es ist unheimlich viel versteckt, wovon ich mit Sicherheit nicht alles überhaupt erkannt habe.
Für mich hat dieses Buch stark begonnen, mit vielen kleinen Spitzen und Satireelementen, leider hat es ab der Hälfte des Romans stark nachgelassen. Ich hatte mir ein umfassenderes Bild Amerikas kurz vor Trumps Amtszeit erhofft. Gerne auch als Satire aufgearbeitet. Im ersten Teil wirkt es noch so, als könnte der Roman entsprechendes liefern, doch dann driftet er in Banalitäten und sinnlose Provokation ab. Bis zum Ende ist keinerlei wirkliche Entwicklung des Protagonisten erkennbar, der Nervfaktor sehr hoch.

Keine Frage, dieses Buch polarisiert und provoziert. Am Ende war für mich aber keine klare Message erkennbar. Mein Eindruck ist, der Autor hat sich zu viel vorgenommen, zu viele Themen angerissen, und am Ende keines vernünftig umgesetzt

Veröffentlicht am 06.05.2019

Eine große Erzählstimme

Bella Ciao
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Bella Ciao – Raffaella Romagnolo

Nach einem halben Jahrhundert kehrt Giulia Masca als wohlhabende Frau nach Italien zurück. Damals war sie nach dem großen Verrat ihres Verlobten Pietro und ihrer besten ...

Bella Ciao – Raffaella Romagnolo

Nach einem halben Jahrhundert kehrt Giulia Masca als wohlhabende Frau nach Italien zurück. Damals war sie nach dem großen Verrat ihres Verlobten Pietro und ihrer besten Freundin Anita Hals über Kopf in die USA ausgewandert. Während sie es dort zu Wohlstand brachte (American Dream) und mit ihrer Familie in Frieden leben konnte, litten die in Italien Zurückgebliebenen, während zweier Kriege große Not.

Dieser Roman zeichnet sich durch sehr dichte und atmosphärische Erzählweise aus. Die Autorin erzählt sprachgewaltig und dramatisch vom Leben zweier starker Frauen und ihrer Familien in einer unruhigen Zeit in Italien und am Rande auch Amerika. Dabei werden dem Leser die politischen Begebenheiten und typischen Schicksale der einfachen Landbevölkerung nahegebracht. Ich fühlte mich während der Lektüre inspiriert, das ein oder andere Detail was geschichtliche Hintergründe des 20. Jahrhunderts betrifft, zu recherchieren.

Dabei ist diese Geschichte durchaus anspruchsvoll zu lesen. Das liegt am einen an oben bereits erwähnten politischen Zusammenhängen, zum Anderen, springt die Erzählstimme zwischen den Zeiten und auch den verschiedenen Perspektiven und das zum Teil mitten im Absatz. Wenn man sich erstmal eingelesen hat, ist dies aber durchaus logisch und nachvollziehbar, handelt es sich doch um die Erinnerungen von Giulia. Außerdem gibt es unheimlich viel Personal, kein Wunder, schließlich werden fünfzig Jahre abgehandelt und die Geschichte von zwei Familien erzählt. Bei der Orientierung hilft allerdings ein Stammbaum, der auch zweimal aktualisiert wird.

Ein Zusammentreffen der beiden Frauen findet erst im letzten Abschnitt statt. Im Rückblick geht es auch gar nicht primär um dieses Treffen sondern vielmehr um eine berührende und fesselnde Rückschau auf die Leben zweier starker Frauen, die sich einst so nah wie Schwestern waren, deren Schicksale dann aber höchst unterschiedlich verliefen.
So werden dem Leser Not und Leid in Zeiten des Krieges eindrucksvoll vor Augen geführt. Sowohl auf der Seite der jungen Männer, die in den Krieg ziehen müssen, als auch auf der Seite der zurückbleibenden Frauen, Alten und Kinder. Emotional, ohne auf die Tränendrüse zu drücken oder in Kitsch abzugleiten.

Ein sehr lesenswertes und lehrreiches Buch, durch die Sprachgewalt der Autorin wirkt es sehr dominant. Einmal angefangen, kann man sich dem Zauber kaum noch entziehen.

Zum Schluss noch eine Anmerkung zur Bedeutung des Titels „Bella Ciao“. Diesen sehr passenden Titel hat der Diogenes Verlag dem Roman verpasst. Ursprünglich wurde er nämlich unter dem Namen „Destino“ in Italien veröffentlicht.
Die Melodie des Liedes Bella ciao wurde bereits Anfang des 20. Jahrhunderts von ausgebeuteten Arbeiterinnen gesungen. Es beklagt die harten Arbeitsbedingungen unter der stechenden Sonne. Weltweit bekannt wurde das Lied in seiner Adaption durch die Resistenza, der italienischen Widerstandsbewegung gegen den Faschismus während des Zweiten Weltkrieges. (Quelle: Wikipedia)