Nichts ist wie es scheint....
Elternabend„Anscheinend verbringen die Eltern gemeinsam mit ihren Kindern eine Nacht auf Schilfwerder in einer Freizeiteinrichtung. Das verbinden die dann gleich mit einem Elternabend. Klingt irgendwie spannend.“
Für ...
„Anscheinend verbringen die Eltern gemeinsam mit ihren Kindern eine Nacht auf Schilfwerder in einer Freizeiteinrichtung. Das verbinden die dann gleich mit einem Elternabend. Klingt irgendwie spannend.“
Für Masochisten vielleicht.“
//S.191//
Klappentext:
Sascha Nebel hat sich zur falschen Zeit am falschen Ort das falsche Auto für einen Diebstahl ausgesucht. Kaum, dass er hinter dem Steuer eines Geländewagens Platz genommen hat, zieht eine Horde demonstrierender Klimaaktivisten durch die Straße. Allen voran eine junge Frau, die den SUV mit einer Baseballkeule demoliert. Als die Polizei auf der Bildfläche erscheint, ergreifen Sascha und die Unbekannte die Flucht und platzen in den Elternabend einer 5. Klasse. Um die Nacht nicht in Polizeigewahrsam zu verbringen, bleibt ihnen keine andere Wahl: Sie müssen in die Rolle von Christin und Lutz Schmolke schlüpfen, den Eltern des 11jährigen Hector, die bislang jede Schulveranstaltung versäumten. Zwei wildfremde Menschen, zwischen denen kaum größeres Streitpotential herrschen könnte, geben sich als Vater und Mutter eines ihnen völlig unbekannten Kindes aus. Dabei ist die Tatsache, dass Hector der größte Rüpel der Schule ist, sehr schnell ihr kleinstes Problem …
Meine Meinung:
Sebastian Fitzek gehört seit ein paar Jahren zu meinen absoluten Lieblingsautoren und ich habe einige seiner Thriller gelesen, aber bisher keinen seiner "Nicht-Thriller", was ich aber nun endlich mal ändern wollte. Ich war sehr gespannt, ob und wie mir dieser Roman gefallen würde, da es mir auch hier immer wieder begegnet ist und die Meinungen durchaus recht auseinandergehen.
Wer schon mal etwas, von Fitzek gelesen hat, weiß, wie skurril und schräg seine Geschichten werden können, aber selbst mich überraschte "Elternabend" wirklich sehr. Anfangs war ich noch nicht so wirklich davon überzeugt, weil es schon herrlich schräg und turbulent zuging, mir aber auch etwas zu viel war. Ich fühlte mich von all den kleinen Informationsfetzen schon etwas erschlagen, aber es gab auch einige Szenen, wo ich laut lachen musste, weil es einfach zu herrlich überladen war. Alleine schon die ersten Kapitel, wo sich der arme Sascha nicht nur mit "Fridays for Future" Anhängern und der Polizei rumschlagen musste, sondern sich plötzlich auf dem Weg zu einem Elternabend befand und nun eine Frau und einen Sohn hatte. Zu seiner Figur erfährt der Leser schon zu Beginn relativ viel, auch wenn es eher Andeutungen sind und ich viele Fragen im Kopf hatte. Die Auflösungen machten mich schon traurig und viele seiner rätselhaften Aussagen und Gedanken machten aber nun mehr Sinn.
Da ich nicht spoilern möchte und das würde ich garantiert, wenn ich genauer auf den Inhalt eingehen würde, mache ich es mal kurz, oder versuche es...
Ich hatte mir zwar ein wenig etwas anderes unter diesem Elternabend vorgestellt und wurde von ein paar Infos sehr überrascht, aber Fitzek behielt für mich hier eine sehr gut gelungene Balance und wurde nie zu schwermütig oder zu abgedreht, auch wenn es ein paar Szenen gab, wo man dies durchaus denken könnte. Alles, was in diesem Freizeitheim passierte war einfach nur skurril und absolut komisch. Ich wollte meinen Vater auch echt mal fragen, ob ihm die eine oder andere Szene bekannt vorkommen könnte, denn so abwegig erschienen mir manche Dinge gar nicht so sehr. Und die Eltern machten mich zum Teil fassungslos und mitunter war ihr Benehmen zum Fremdschämen, vor allem bei der Tanzszene und dem stillen Örtchen konnte nicht mehr vor Lachen. Es ging nicht nur um die üblichen Themen wie Noten, wer mit wem Streit hat, sondern auch um etliche private Probleme der Eltern, bei denen durchaus auch brisantes ans Tageslicht kam.
Die erste Hälfte war wirklich sehr schräg, bis es dann zu einem Plot Twist kam, der nicht nur die nötige Tiefe in die Geschichte reinbrachte, die ich sehr begrüßt habe, sondern es auch runder machte. Es war immer noch schräg, aber durch die viele neuen Infos wurde es auch spannender und interessanter und ich war sehr gespannt, wie es ausgehen würde, obwohl es dieses Mal ja nicht um die üblichen Verdächtigen ging. Aber das war für mich auch mal eine willkommene Erfrischung.
Die Geschichte wurde aus der Ich-Perspektive von Sascha alias Lutz geschrieben, was mir gut gefiel. Allerdings gab es zwischendurch einen Wechsel und es wurde aus der allgemeinen Erzählerperspektive der Polizisten Torsten und Helmut geschrieben. Perse war das auch nicht schlecht, da es bei diesen beiden "Trotteln" einiges zum Lachen gab und sie mich leicht wahnsinnig machten, aber ich mag diesen Wechsel einfach nicht, das riss mich leider jedes Mal für einen Moment aus dem Lesefluss und ich musste mich kurz neu orientieren.
Das Ende hatte ein paar kleine Längen, aber mir gefielen die vielen kleinen Wendungen und Überraschungen, die da auf den Leser warteten und auch, wenn es ein klein wenig offen blieb, wurden die meisten meiner Fragen beantwortet und mir gefiel es super, dass es mich auch emotional mitnahm. Mir schwirrte aber dennoch schon etwas der Kopf von dem ganzen Geschehen.
Meine Highlight ist und bleibt aber die kleinen Zeichnungen am Anfang jedes Kapitels, was perfekt zum Inhalt passte und obwohl manche wirklich sehr, sehr kurz und andere recht lang waren, passte die Einteilung ganz gut.
Trotz der schweren Themen habe ich schon lange nicht mehr so lachen müssen und ich liebe seinen trockenen und manchmal recht schwarzen Humor, der dennoch auch respektvoll blieb.
Die Charaktere waren manchmal etwas anstrengend gewesen und vor allem diesen Arne konnte ich nicht leiden, auch wenn ich seinen Zorn auf den falschen Lutz schon verstehen konnte. Aber irgendwie mochte ich sie auch echt gerne, egal, wie abgedreht es wurde und eine Person auf die andere hackte, weil ihr oder ihm etwas nicht an dem Verhalten des Kindes passte.
Sascha alias Lutz konnte ich anfangs nicht so gut leiden, weil ich sein Verhalten nicht verstehen konnte. Aber je mehr man über ihn erfährt, desto besser verstand ich seine Gedanken und Beweggründe und ich fand ihn schon auf seine Art mutig. Mir gefielen die lauten und leisen Töne und wie er sich für ein Kind einsetzt, das gar nicht mal zu ihm gehörte.
"Wilma-Christin", um sie mal wie Sascha zu nennen, war definitiv mehr als geheimnisvoll und auch, wenn ich anfangs leichte Angst vor ihr hatte, weil sie auf jeden Fall sehr abgedreht wirkte, mochte ich so sofort. Ihr ganze passiv-aggressive Art gefiel mir und zum Ende wurde auch klar, warum sie so handelte und reagierte. Da wirkte sie mitunter auch sanfter und wie eine ganz andere Person, zumal einiges auch mehr Sinn ergab.
Der Schreibstil ist typisch Fitzek und unterhielt mich bis auf kleinere Längen echt super. Ja, es war mir manchmal etwas zu schräg und es war melodramatischer als sonst, aber der Plot Twist rettete einiges und verschaffte der Geschichte mehr Tiefe. Zudem hielt es dennoch super die Balance und wurde nicht zu skurril oder zu dramatisch.
Fazit:
Mir fiel diese Rezension nicht so ganz leicht, weil ich am liebsten über alles geredet hätte und Kurzfassungen mir einfach schwer fallen, aber ich hoffe, man erkennt, worauf ich hinaus wollte. Fitzek kann auch wunderbar Geschichten abseits seines typischen Genres schreiben, auch wenn es für mich leicht gewöhnungsbedürftig war und der Geschichte mehr Inhalt durchaus etwas gut getan hätte. Aber ich mag den Twist und finde es super, dass es so gut die Balance gehalten hat und nur an vereinzelten Stellen etwas zu viel wurde. Der Humor ist klasse und ich liebe diese ganzen Anspielungen. Ich bin auf mehr gespannt und vergebe:
4 von 5 Sterne