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Veröffentlicht am 20.10.2021

Der Teufel und die tiefe blaue See ... The devil and the deep blue sea ...

Der Tod und das dunkle Meer
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Doppelbödiges Spiel um Sein und Schein, raffiniert und hintergründig, mit sehr starken, authentischen, weiblichen Protagonisten.

1634. Batavia ( Indonesien ). Die mächtige Ostindien-Kompanie ist reich ...

Doppelbödiges Spiel um Sein und Schein, raffiniert und hintergründig, mit sehr starken, authentischen, weiblichen Protagonisten.

1634. Batavia ( Indonesien ). Die mächtige Ostindien-Kompanie ist reich und sehr einflussreich. Die Niederländer ( siebzehn Herren als Anführer ) verdienen sehr gut an ihren Kolonien. Muskatblüten, Gewürze, der kostbare Pfeffer und Seide sind eminente Handelsgüter. 

Von Batavia nach Amsterdam zu gelangen war für diese Schoner eine hochriskante Reise, die gut und gern acht Monate in Anspruch nahm.

Es gab nur eine einigermaßen gute Route und das Meer/ e waren größtenteils noch Oceania Incognita. 

Stürme, Piraten, stürmende Piraten und Krankheiten kamen noch als unwägbare Faktoren hinzu. 

Wer weiß, welche Mysterien die Ozeane noch unter ihrer nassen Haut verbergen. 

Der Engländer Samuel "Sammy" Pipps und sein bester Freund, der Niederländer und ehemalige Soldat/ Söldner Arent Hayes, der nun auch sein Angestellter ist, sind ein kongeniales detektivisches Ermittlerpaar. Reverenzen an Sherlock und John durchaus beabsichtigt. Wobei auch hier Sammy als das Genie aufscheint. 

Sie sind nach Batavia berufen worden, im Auftrag des dortigen Generalgouverneus Jan Haan. Etwas äußerst Wertvolles kam abhanden und erfolgreich beschaffen sie es wieder. 

Trotz seines legendären Rufs und seiner Berühmtheit wird Sammy, für den Leserin aus zunächst noch unklaren Gründen, in Ketten gelegt und an Bord des Segelschiffes Saardam verbracht, in eine enge, schmutzige Zelle geworfen. 

Jan Haan will unverzüglich mit dem Konvoi der anderen Schiffe nach Amsterdam aufbrechen. 

Am Hafen kommt es zu einem sehr unheimlichen Zwischenfall. Ein Aussätziger prophezeit ihnen, daß ein Teufel Der alte Tom genannt, das Schiff mitsamt seiner Besatzung und Passagiere in seine unheiligen Klauen zu bringen gedenke. Dann stirbt er spektakulär, indem er in Flammen aufgeht. 

An Bord mehren sich die bedrohlichen Omen. Es gibt schon bald mindestens einen Verschwundenen und Tote. 

Arent, der durchaus klug genug ist, um zu ermitteln, braucht nun dringender denn je Sammys deduktive Fähigkeiten, um dieses Enigma zu lösen. Denn an Dämonen glaubt er nicht. 

Er lernt die klugen und sympathischen Frauen Sara, Lia, Creesjie und Isabel kennen, die eine sehr wichtige Rolle bei seinen Erkundigungen spielen werden. Lia ist Saras und Jans Teenagertochter, Isabel eine Prädikantin und Creesjie die Geliebte und beste Freundin Saras. 

Werden diese Menschen, dank ihrer Synergie das Rätsel lösen können, bevor der Alte Tom oder wer oder was auch dahintersteckt, ihrer aller Untergang weit von zu Hause ist? 

Derart lebendig plastisch geschrieben, daß all die sinnlichen Impressionen, die der Autor intendiert hat, direkt vom Leser
in erfassbar sind. Diese Vitalität und das Epische seiner Erzählweise ziehen einen schnell in den Sog des Leseflows. 

Fängt man erst einmal an zu lesen, hört man gar nicht mehr auf, weil sich das Dunkle am peripheren Sehfeld immer mehr zusammenrottet und wie ein Miasma das ganze Buch durchzieht, immerzu auf Unheil aus.

Jan Haan und einige andere Charaktere sind so richtig schön mit Antipathie aufgeladen, sodaß man sie so gar nicht mag. 

Die Frauen dieses Buches sind äußerst starke, intelligente und authentisch ausgestaltete Protagonistinnen. Chapeau! Nicht immer selbstverständlich. 

Die aufkeimende Sympathie zwischen Arent und Sara ist bezaubernd sowie berührend. Der Autor zeigt gut auf, wie sehr Frauen damals eingeschränkt worden sind. 

Man sieht nur, was man sehen will und man glaubt, was man glauben will. Mit diesem Sein und Schein, Doppelbödigkeit und Hintersinnigkeit jongliert Stuart Turton sehr gekonnt. 

Auf großartige Weise verknüpft er verschiedene Handels- und Zeitebenen miteinander, wobei er letztere immer wieder auf ganz bestimmte Art und Weise einbindet. Das ist stimmig und das Buch atmet spürbar Atmosphäre. 

Dank der Länge des Buches hat der Autor die Chance, mehr als "nur" einen Krimi vorzulegen. Es ist auch ein psychologisches Porträt mehrerer Personen und eine Analyse der menschlichen Befindlichkeiten an sich. Denn Habgier, Macht, Neid, Eifersucht betreffend hat sich seit damals nichts wesentlich geändert. 

So gesehen ist das Werk ebenso ein Sittengemälde. Durch das abgeschlossene Setting des Schiffes werden ebenso Reminiszenzen an Agatha Christie geweckt. Abgelegenes Landhaus, einsame Insel usw. 

Das Buch offenbart überraschende Kehren und trotz der einen oder anderen eigenen Schlußfolgerung verblüfft das Ende dennoch. Gruselig ist das Werk auf jeden Fall. 

Es gibt direkt im Buchdeckel und auf dem Frontispiz eine erläuternde Bleistiftzeichnung des Schiffes und der Kabinen mit dazugehörigen Passagieren usw. Einen erläuternden, kurzen Prolog, ein Verzeichnis der Dramatis Personae, ein witziges Nachwort existieren ebenso. 

Außerdem ist das Buch haptisch durch seine Hochwertigkeit ein Erlebnis! 

Historische Fiktion, so einzigartig dürfen Bücher immer sein! Danke an Stuart Turton und Tropen!!!!! 

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Veröffentlicht am 20.10.2021

In die Wellen des Abyssus gezogen ...

SHIFTERS – Radikal böse
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Das Buch las ich bereits vor einiger Zeit.

In Seattle werden grausame Morde begangen. Der Ermittler Jack Cordesman ist der Ansicht, daß Bisswunden an den Leichen auf Kannibalismus verwiesen.

Rote Haare, ...

Das Buch las ich bereits vor einiger Zeit.

In Seattle werden grausame Morde begangen. Der Ermittler Jack Cordesman ist der Ansicht, daß Bisswunden an den Leichen auf Kannibalismus verwiesen.

Rote Haare, die als Indiz gefunden werden, verweisen darauf, daß der Serienkiller eine Frau sein könnte.

Diese Ermittlungen sind aber nicht DER Schwerpunkt des Buches. Aber Locke, ein armer Poet, wird gegen seinen Willen darin involviert.

Er wird in Unheimliches hineingezogen und hätte er darauf eingehen soll, den dichterischen Auftrag eines gewißen Lehte anzunehmen. Allein schon dieser Nome de plume ( ? ) verheißt nichts Gutes, wer die griechische Mythologie kennt.

Er ahnt nicht, daß etwas Vampirisches sein Unwesen in der City treibt.

Man erfährt während der Handlung differerierende Sichtweisen, was dem Buch Tiefgründigkeit und eine enorme Wechselwirkung verleiht, was zusätzlich Spannkraft in due Handlung bringt.

Auch die Geheimnisvolle kommt zu Wort. All die eminenten Elemente den Mythos Vampire betreffend sind enthalten, in extremo.

Wie bei Edward Lee gewohnt gehen Abscheu, Erotik und Horror erneut enge Bande ein.

Wer nicht riskieren will, daß ihm das Essen aus dem Gesicht fällt, das er oder sie vor Stunden verzehrt hat, sollte 1. natürlich ein hartgesottener Horrorfan sein und 2. ziemlich fortgeschritten in der Lektüre des Facettenreichtums dieses Subgenres.

Allen anderen rate ich von diesem Buch ab. Denn es ist schön abgründig, aber ebenso mit Atmosphäre, stimmig, überzeugenden Protagonisten und einem schönen Clash zwischen Realität und dem Verschieben des Grauens in die Normalität.

Weil ich Lyrik sehr schätze, mag ich es außerordentlich, daß, Locke geschuldet, dementsprechende Passagen immer wieder vorkommen. Gelungen! Ebenso die elegante, geschliffene Sprache!

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Veröffentlicht am 19.10.2021

Eins führt zum anderen ... One thing leads to another ...

Chimäre
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Es sieht erst nach einem "gewöhnlichen" Mord aus. Eine an ihre nächtliche Ruhestätte gebundene Frau ist unnatürlich in eine äußerst tote Leiche verwandelt worden. In Hamburg-Elmsbüttel.

Die beiden kantigen, ...

Es sieht erst nach einem "gewöhnlichen" Mord aus. Eine an ihre nächtliche Ruhestätte gebundene Frau ist unnatürlich in eine äußerst tote Leiche verwandelt worden. In Hamburg-Elmsbüttel.

Die beiden kantigen, aber durchaus sympathischen Ermittler Marten Stolzin und Jo Hersig vom LKA sind in diesem Fall involviert.

Hat es etwas mit der Szene des BDSM zu tun? Aber es wird sehr brisant.

Denn sie stellen fest, daß die Tote einen Flugschein besaß und ein Sportflugzeug ihr eigen nannte. Diese Frau war massiv unter Druck gesetzt worden und hätte dieses Flugobjekt mit dem Passagier C4 Plastiksprengstoff in ein unbekanntes Target steuern sollen.

Das BKA wird hinzugezogen und die Sirene des Terroralarms aktiviert.

Vom BKA wird die HK Samantha ( wer so heißt wie ich, muß einfach toll sein! Har! ) Baumann entsandt. Mit scharfem Verstand, attraktiv, aber leicht autistisch.

Sie löst Kontroversen unter den beiden LKA -Männern aus. Marten ist an- und Jo abgetörnt.

Es beginnt ein Kampf gegen die Uhr, wenn man noch rechtzeitig jene Terroristen in petto stoppen will ...

Der Jurist und Unternehmer Falk Röbbelen hat exzellent und geradezu schweißtreibend recheriert. Durch diese akkurate und akribische Vorarbeit, auf die er auch im Nachwort eingeht, hat er größtmögliche Authentizität in das Buch gebracht, trotz einiger künstlerischer Freiheiten, die aber immer dazugehören.

Das Buch beginnt wie eine im Dschungel schleichende Großkatze, die sich ganz allmählich, aber kontinuierlich auf den Leserin zuschleicht. Und dann, ihrer Beute immer näherkommend, akzeliert sie ihr Tempo, um sich regelrecht auf den Inhaliererin der Zeilen zu stürzen.

Der Bogen der Suspense wird kontinuierlich auf hohem Niveau gehalten und es wird immer furioser und fesselnder, eben wie Seile aus Jute.

Die Protagonisten überzeugen ebenso durch ihre glaubwürdige Ausgestaltung und hakenschlagende Kehren verstehen es, einen bei der Stange zu halten, wobei ich hoffe, daß diese nicht aus Dynamit ist.

Ein hochexplosives Buch, wobei ich hoffe, daß der Inhalt niemals von der Realität eingeholt wird. Danke, Falk Röbbelen!!!!!

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Veröffentlicht am 19.10.2021

Ein kleiner Mord hier, ein bißchen Abmurksen da ...

Wort für Mord
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O Paula! Wenn du DAS geahnt hättest ... Da bist du die Emperess of Crime von Vienna, vergießt literarisch ( Wiener ) Blut und weißt nicht, was du dir angelacht hast.

Jakob Primm ( nicht Jakob Grimm, ...

O Paula! Wenn du DAS geahnt hättest ... Da bist du die Emperess of Crime von Vienna, vergießt literarisch ( Wiener ) Blut und weißt nicht, was du dir angelacht hast.

Jakob Primm ( nicht Jakob Grimm, du Witzbold aus der vorletzten Reihe! Klappe halten! ) ist regelrecht obsessiv verbissen in Frau Paula Hogitsch.

Als sie eine Lesung abhält, aus ihrem neuesten Thriller "Zwischen den Zeilen" trifft Jakob schier der Schlag.

Es scheint wie eine Dokumentation seiner selbst anzulügen, denn der Protagonist begeht exakt in allen Details beide Morde, wie er höchstselbst sie einst vollzogen hatte, wo er einmal wohnte.

Wie kann sie Kenntnis davon haben? Er gerät unter großen Druck. Soll das ein lancierter Trick sein, um ihn zu entlarven und der Justiz zu überantworten? Was hat er nun vor? Was wird geschehen? Schwebt Paula womöglich in großer Gefahr?

Differierende Perspektiven sowie Zeitebenen bringen Dynamik und Verve in den Plot.

Durch den einnehmenden Schreibstil gerät man sehr schnell in den Flow. Psychologisch sehr fein ausgefeilt überzeugen die Protagonisten als auch die Handlung durch Authentizität.

Lokalkolorit ist durch den Wiener Schmäh ebenso enthalten, was noch zusätzlich das Flair erhöht.

Diverse Wendungen halten die Spannung konstant hoch und machen das Buch lesenswert bis zum letzten Wort. Aber wenn eine Gang von Wölfen sich den Tarnnamen Sabine gibt und kollektiv einen Thriller verfasst, kann nur Gutes dabei herauskommen! Danke, Sabine Wolfgang!!!!!

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Veröffentlicht am 19.10.2021

Übel mitgespielt?

Charakter
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Wie gut kennt ihr euch mit niederländischer Literatur aus? Wieviele unserer schreibenden Nachbarn habt ihr schon gelesen und wißt sie zu schätzen?

Mulisch und Co. sowieso, aber auch solche wie Multatuli, ...

Wie gut kennt ihr euch mit niederländischer Literatur aus? Wieviele unserer schreibenden Nachbarn habt ihr schon gelesen und wißt sie zu schätzen?

Mulisch und Co. sowieso, aber auch solche wie Multatuli, Couperus und eben hier Bordewijk? Nee. Kennen viele nicht mehr oder gar nicht. Eine unterschätzte Perle der Literatur. Ein Klassiker, der wieder mehr gelesen werden sollte.

Dreverhaven hatte sich einst an seiner Bediensteten Jacoba Katadreuffe vergriffen. Infolgedessen kam der illegitime Sohn Jacob zur Welt.

Sie arbeitet nicht mehr für ihn und weigert sich beharrlich, seine monetäre Hilfe anzunehmen.

Er läßt sie, gekränkt dadurch, einfach fallen. Mehr schlecht als recht versorgt Jacoba ihr Kind während der schwierigen Zeit des Ersten Weltkriegs.

Die Mutter ist nicht gerade beredt, sehr knapp mit Worten also, was Jacob von ihr ( unbewußt? ) übernimmt. Er ist ebenso integer und stolz wie sie.

Sie hindert ihn daran, Pläne zu verwirklichen.

Das ändert jedoch nichts daran, daß er ambitioniert dennoch ein großes Endziel verfolgt. Er möchte Jurist, genauer: Anwalt werden und ein wahres Unikat unter all den wandelnden Menschen dort draußen sein.

Er wendet sehr viel Energie und Ehrgeiz wie Elan sowie Zeit für seinen Traum auf, muß Schulden machen, um sein Vorhaben zu finanzieren.

Und da kommt sein biologischer Vater ins Spiel. Der ist nämlich Gerichtsvollzieher und macht ihm immerzu einen Strich durch die Rechnung, wenn er denkt, er habe endlich ein Plateau erreicht.

Dreverhaven ist ein inhumaner Tyrann, dem es sadistische Freude bereitet, Menschen in schwierigen Lebensumständen noch mehr fertigzumachen.

Jacob wird bald von dem immanenten Impuls angetrieben, es seinem Alten zu zeigen, nicht nur Rache zu nehmen für die Demütigungen, sondern weit weit mehr!

Der Autor, der von 1884 bis 1965 gelebt hatte, versteht es hier, mit kühlem Blick und Wort gnadenlos seine Protagonisten wie Befindlichkeiten zu sezieren.

Wie unter dem Elektronenmikroskop sehen wir ihrem desperaten Zappeln zu und erkennen durch mehrfaches Aufleuchten während der Lektüre, wie sehr diese ihre Eigenschaften nach außen hin zum Schutzpanzer geworden sind.

Denn man kann des öfteren hinter ihre harten Fassaden blicken und sehen, daß die Umstände sie derart geformt haben und komplett andere Bedingungen sie so anders hätten machen können.

Im Grunde genommen kann man mit allen dreien Mitleid sowie Mitgefühl haben, weil sie alle drei verpasste Gelegenheiten hinter sich haben und dazu noch ( unnötigerweise ) das Glück verfehlen.

Alle drei sind tief unglücklich und trauern um ihr eigentlich "verlorenes" Leben, ohne sich dessen gewahr zu sein.

Der Autor selbst war Rechtsanwalt und besaß einen sehr scharfen Blick für die Befindlichkeiten der Nächsten. Dieses Buch hier besitzt eine eigentümliche Abgründigkeit, die noch heute zu bannen versteht.

1998 gewann die Verfilmung als bester ausländischer Film den Oscar. Unbedingt lesen! Vertraut mir! Ich weiß, was ich tue! Das Buch hier entdeckte ich durch Zufall, worüber ich froh bin!

https://de.wikipedia.org/wiki/Ferdinand_Bordewijk

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