Würdet ihr auf einer Insel leben wollen, auf der Straftäter jedweder Schwere frei herumlaufen dürfen?
Raum 211Ehrlich gesagt, würde ich mich bei dem Gedanken, einem Triebtäter oder Gewaltverbrecher ohne Hemmungen begegnen zu können, nicht wohl fühlen. Doch bevor ich mich gedanklich dieser Vorstellung hingeben ...
Ehrlich gesagt, würde ich mich bei dem Gedanken, einem Triebtäter oder Gewaltverbrecher ohne Hemmungen begegnen zu können, nicht wohl fühlen. Doch bevor ich mich gedanklich dieser Vorstellung hingeben darf, lädt uns das Buch erst einmal zu einem Speeddate mit zig Personen ein. Der Leser erfährt minimal kurze Einblicke in das Leben der unterschiedlichsten Menschen, einem alten Kriegsveteranen, der es sich mit einem eigenen Pub an der Ostsee gemütlich gemacht hat, einem Pädophilen, der in einer Panikattacke sein 13-jähriges Lustobjekt unter die Erde brachte, einem jungen Sozialarbeiter, der seinen Platz in der (Arbeits-)Welt noch finden muss, eine junge Dame, die ihren untreuen Freund um seine Männlichkeit bringt, diverse Politiker und Forscher, die hinter der Pharmaindustrie stehen usw. usf. Nach so vielen Protagonisten innerhalb sehr kurzer Kapiteln war ich erst mal etwas platt und wären die Lebenseindrücke oder -ausschnitte nicht so interessant gewesen, wäre hier vermutlich der Punkt gekommen, an dem ich das Buch aus der Hand gelegt hätte, denn Reizüberflutung ohne Handlung gibt es bereits im Fernseher genug.
Doch zum Glück blieb ich am Ball, denn die Personen eint alle eine spannende, faszinierende und zugleich erschreckende Geschichte:
Sie sind Beteiligte in einem grausamen Spiel, ob als Marionette, Akteur, Financier oder Überlebenskämpfer - sie sind die scheinbare Weiterführung des Libet-Experiments, einem Versuch, der Mitte der achtziger beweisen sollte, dass Menschen ihre Handlungen nicht kontrollieren können, da das Gehirn bereits vor der bewussten Entscheidung einen Nervenimpuls zur Ausführung der Tat sendet.
Doch dass es hier nicht um die Begnadigung von vermeintlichen Tätern geht, wird spätestens dann klar, als der Leser erkennt, wer die Strippenzieher des Projekt sind und was die eigentlichen Ziele.
Besonders gut hat mir an dem Buch die Einarbeitung der philosophischen Anreize gefallen. Sie geben Stoff über die Frage des Buches auch mal aus einem anderen Blickwinkel heraus nachzudenken und zeigt teilweise Wege auf, welche Beweggründe Menschen haben können und die Vorgaben der Gesetze zu überschreiten. Nur das Ende der Haupthandlung – mal wieder eine eingeflochtene Liebesgeschichte, die zur Befreiung eines der Gefangenen führt, war mir ein zu dauergenutztes, ausgelutschtes Element.