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Veröffentlicht am 12.11.2022

Ein ganz besonderer Aufbau des Thrillers

Weißer Rabe
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Dieser Psychothriller von Bram Dehouck kommt aus und spielt in den Niederlanden. Es ist der fünfte Roman von Bram Dehouck, der mit den vorhergehenden Romanen einige niederländische Krimipreise erhalten ...

Dieser Psychothriller von Bram Dehouck kommt aus und spielt in den Niederlanden. Es ist der fünfte Roman von Bram Dehouck, der mit den vorhergehenden Romanen einige niederländische Krimipreise erhalten hat.

Thema dieses Thrillers »Weißer Rabe« ist Mobbing am Arbeitsplatz. Schließlich ist die Figur, die hier als weißer Rabe bezeichnet wird, ein ungewöhnlicher Blender, wie es sie in vielen Unternehmen gibt.

Stefanie arbeitet seit 12 Jahren in der Firma und ist für Marketing und Kommunikation verantwortlich, nachdem ihre langjährige Kollegin das Unternehmen verlassen hatte.

Der Chef hat nun einen weiteren Mann für Marketing eingestellt. Schnell wird klar, dass Nick ein Blender ist, der sofort alles daran setzt, Stephanie aus der Firma zu vertreiben. Nur so kann er die alleinige Macht im Unternehmen haben. Doch als arroganter Mensch hat er nicht damit gerechnet, dass sich Stefanie wehrt.

Mir hat ganz besonders der Aufbau des Romans gefallen. Seine Struktur ist ungewöhnlich und weicht von derjenigen anderer Autoren ab. Die Stränge verlaufen hier nicht parallel nebeneinander, sondern chronologisch nacheinander unter Einbeziehung von Rückblenden.

Der Thriller besteht aus drei Teilen, wobei jeder Teil die Perspektive einer anderen Figur in den Fokus rückt.

Im ersten Teil geht es um das Mobbing selbst und Stefanie steht im Mittelpunkt. Dieser Teil ist nichts für schwache Nerven, denn die Fiesheit kann den Leser auf die Palme bringen. Diese schreiende Ungerechtigkeit. Hinzu kommen die privaten Probleme des Mobbingopfers.

Im zweiten Teil steht die Polizistin Tess Jonkann im Fokus. Mit ihrem Ermittlerteam jagt sie einen Täter. Zu Beginn dieses Teils fühlt man sich in eine andere Szenerie versetzt. Die ersten ein bis zwei Absätze jedes Kapitels zeigen an, dass sich die Polizistin auf einen Gerichtstermin vorbereitet. Der restliche Teil jedes Kapitels ist eine Rückblende auf das tatsächliche Geschehen bei den Ermittlungen.

Der dritte Teil des Buches bietet schließlich die Auflösung der Spannungsbögen aus der Sicht einer weiteren Figur, die als Zuschauer den Gerichtsprozess verfolgt.

Der Thriller ist fies und spannend, löst aber schließlich zufriedenstellend auf und ist somit auch ungemein unterhaltsam. Den Namen Bram Dehouck sollte sich jeder merken und auf seine Favoriten Favoritenliste setzen, wenn er gerne Psychothriller liest.

© Detlef Knut, Düsseldorf 2022

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 10.09.2022

Liebesroman mit einem Touch Thrill – perfekt zum Abtauchen

Im Traum bin ich bei dir
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Mit dem Roman von Nicholas Sparks taucht man eigentlich gleich zu Beginn in zwei verschiedene Romane ein. Die beiden Geschichten werden abwechselnd präsentiert und jeweils mit den Namen ihrer Protagonisten ...

Mit dem Roman von Nicholas Sparks taucht man eigentlich gleich zu Beginn in zwei verschiedene Romane ein. Die beiden Geschichten werden abwechselnd präsentiert und jeweils mit den Namen ihrer Protagonisten übertitelt.

In der ersten Geschichte geht es um Colby, einem Farmer aus North Carolina. Nach vielen Jahren hat er das erste Mal Gelegenheit, etwas Urlaub zu machen. Doch dieser Urlaub ist auch mit vergnüglicher Arbeit verbunden, denn in seiner knappen Freizeit schreibt er gerne Songs. Und der Zufall hat ihn in ein Restaurant nach Florida geführt, wo er drei Wochen lang auftreten und Musik machen soll. Dabei erzählt Colby seine Lebensgeschichte von Kindheit an und lernt ein Mädchen aus der Großstadt mit ihren drei Freundinnen kennen, die gerade das College beendet haben. Diese Geschichte ist eine sich aufbauende Liebesgeschichte zwischen Colby und dem Mädchen.

Die zweite Geschichte ist das krasse Gegenteil von der ersten. Wir erfahren von Beverly, die mit Ihrem sechsjährigen Sohn Tommy vor ihrem Mann flüchtet. Ihr Mann ist ein Ehemann mit zwei Gesichtern. Er schlägt sie an Stellen, wo die blauen Flecke nicht so auffallen. Er ist sehr jähzornig auch gegenüber dem Sohn. Beverly hat schon lange den Entschluss gefasst, ihr Zuhause zu verlassen und mit dem Jungen woanders hinzugehen. Sie hat einen detaillierten Plan für ihre Flucht und ist mittlerweile an einem neuen Ort angekommen. Man spürt Beverlys Angst und ihren Verfolgungswahn.

Um zu erfahren, wie diese beiden Geschichten zusammenhängen, müsst ihr den Roman lesen. Er bietet ein unfassbares Ende.

Nicholas Sparks ist bekannt für seine Liebesromane mit einem gehörigen Touch an krimineller Spannung. Vordergründig sind seine Romane, genauso wie dieser, romantisch, aber im Hintergrund läuft oft eine perfide Geschichte ab, die sehr nah an einen Thriller herankommt.

Von der Erzählweise her ist die der Roman umgangssprachlich und unterhaltsam aufgearbeitet. Es ist erstaunlich, wie scheinbar problemlos herkömmliche und alltägliche Sachen beschrieben werden. An vielen Stellen erkennt man Gedanken, Überlegungen und Herangehensweisen wieder, wie man sie selbst haben würde, obwohl die Geschichte aus dem Amerikanischen kommt.

Zu Beginn des Romans wurde viel wiederholt, was mir nicht ganz so gut gefallen hat. Beispielsweise erzählt Colby seine Lebensgeschichte als Ich-Erzähler und einige Kapitel später, nachdem er das Mädchen aus der Großstadt kennengelernt hat, werden genau dieselben Ereignisse erneut in der wörtlichen Rede erzählt, weil er auch dem Mädchen aus seinem Leben berichtet. Damit gab es viele Informationen gleich zu Beginn doppelt.

Der Roman mit seinen zwei Geschichten ist nichtsdestotrotz unterhaltsam und sorgt dafür, dass man in jeder Geschichte wissen möchte, wie es weitergeht. Da man als Leser aber auch weiß, dass beide Geschichten irgendwie zusammengehören müssen, bildet dies den Bogen, mit dem man bis zum Ende sehr gut durchkommt. Ein bisschen Florida, ein bisschen Nashville, ein bisschen Song Writing, ein bisschen Musik und schließlich paranoider Thrill. Durchaus zu empfehlen!

© Detlef Knut, Düsseldorf 2022

Veröffentlicht am 26.08.2022

Etwas von Lady Chatterley

Freie Liebe
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Der Roman von Tessa Hadley ist mal wieder ein schöner Roman, bei dem es nicht um Verbrechen, wohl aber um feinsinnige Spurensuche geht.

Eine der Hauptfiguren ist auf jeden Fall Phyllis Fischer. Sie und ...

Der Roman von Tessa Hadley ist mal wieder ein schöner Roman, bei dem es nicht um Verbrechen, wohl aber um feinsinnige Spurensuche geht.

Eine der Hauptfiguren ist auf jeden Fall Phyllis Fischer. Sie und Ihre Familie wird zunächst umfangreich vorgestellt. Sie ist mit Roger verheiratet. Gemeinsam haben sie die beiden Kinder Colette (13) und Hugh (9). Phyllis hatte viele Jahre in Kairo gelebt und dann in England ein trautes Heim aufgebaut.

Eines Abends sollte Nicholas Knight zu Besuch kommen. Er ist der Sohn einer netten, guten Freundin und frisch in London eingetroffen. Seine Mutter hatte ihn ermuntert doch mal die Fischers zu besuchen. Die Fischers würde sich sicherlich um ihn kümmern. Sie hat dabei sicherlich auch an die Tochter Colette gedacht, welche später vielleicht eine gute Partie für ihren Sohn abgeben würde. Pflichtbewusst stellt er sich dem. Obwohl ihn all das Spießertum der Fischers noch am ersten Abend auf den Senkel geht. Colette findet er abstoßend. Das Essen mag er auch nicht. Aber in einem schnellen, flüchtigen Gedanken scheint ihm die reife Frau irgendwie attraktiver.

Doch dann passiert es offenbar. Nicky, wie er genannt wird, muss tags darauf ständig an Phyllis denken. Ihm leuchtet gar nicht ein, warum das so ist. Und Phyllis bekommt ihn nicht aus dem Kopf, doch dabei könnte er ihr Sohn sein. Es passiert, was passieren musste: Beide beginnen eine Affäre miteinander. Und schließlich zieht Phyllis aus ihrem Heim aus, ohne der Familie eine Information zu hinterlassen, wohin sie verschwunden ist.

Dieser Roman von Tessa Hadley hat mich auf erfreuliche Weise an Lady Chatterley von D. H. Lawrence erinnert. Obwohl es bei der Lady von damals um einen eher gleichaltrigen Liebhaber ging und nicht, wie hier, um die Liebe einer erwachsenen Frau zu einem jungen Mann, der auch ihr Sohn sein könnte. Dennoch haben beide Romane eine gewisse Ähnlichkeit in Bezug auf die Liebschaft und Affäre, denn sie sind Ehebruch- und Liebesroman zugleich, aber auch bei der Wahl der wohlklingenden Worte und Beschreibungen. Er lässt sich trotz der manchmal überlangen Absätze sehr angenehm lesen.

Jede der Figuren wird mit ansprechenden Bildern und Szenen so vorgestellt, dass man sie unbedingt zu kennen meint. Das betrifft auch z. B. die pubertierende Colette, deren Erwachsenwerden im Rahmen ihrer Familie und im Rahmen ihrer Freundinnen auf faszinierende Weise geschildert wird.

Colette nimmt für mich auch eine besondere Rolle ein, die zu der Spurensuche führt, die bereits oben angesprochen wurde. Da sie genauso wenig wie der Vater und der Bruder weiß, warum ihre Mutter so plötzlich verschwunden ist, ist sie diejenige, die am meisten Ehrgeiz zeigt, den Grund herauszufinden. Die beiden Männer der Familie scheinen das Verschwinden einfach so hinzunehmen. Mit Colette wird der Roman angenehm spannend und bekommt etwas Nervenkitzel.

Aber auch ihre Mitter Phyllis hält immer wieder Überraschungen bereit. Als Leser sollte man sich nicht in einer anfänglichen Wohlfühlzone einrichten. Es wird so manches Geheimnis an die Oberfläche gespült, mit dem man zu Beginn nicht gerechnet hat.

Wer Lust hat, sich in einen wunderschönen Roman zu vertiefen, der sollte auf »Freie Liebe« nicht verzichten.

© Detlef Knut, Düsseldorf 2022

Veröffentlicht am 28.07.2022

Nicht ohne Augenzwinkern

Schottenkomplott
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Dieser Krimi von Gordon Tyrie ist ein weiterer Hebriden-Krimi unter einem Pseudonym, der aus der Feder des Glauser-Preisträgers Thomas Kastura stammt. Wieder übernimmt das Hochlandrind This Lizzy eine ...

Dieser Krimi von Gordon Tyrie ist ein weiterer Hebriden-Krimi unter einem Pseudonym, der aus der Feder des Glauser-Preisträgers Thomas Kastura stammt. Wieder übernimmt das Hochlandrind This Lizzy eine führende Hauptrolle in diesem Roman.

Wir erleben ein munteres Völkchen auf der Hebrideninsel Colonsay, garniert mit einigen gut gelaunten (manchmal auch eher nicht) Hochlandrindern und anderem Getier.

Der Ex-Killer Hynch hat sich hierher verkrochen, um seinen Ruhestand zu genießen. Gerade ist er im Begriff, sich der örtlichen Theatergruppe Pure Dead Brilliant Drama Club, kurz PDBDC, anzuschließen. Doch seine Vergangenheit holt ihn ein. Nach einer Kontaktanzeige in der regionalen Tageszeitung fliegt seine Tarnung offenbar auf. Gegen Bezahlung von viel Geld wird er darüber informiert, dass ihn eine Killerin jagt.

Die Geschichte ist stets mit einem Augenzwinkern zu lesen. Ob das die Menschen sind, die jeder für sich einen schrägen Typen, egal ob Männlein oder Weiblein, darstellen, oder ob es die Tiere sind, die aus ihrer Sicht die Menschen als eigenartige Geschöpfe betrachten. Allen voran Thin Lizzy, die in diesem Roman nicht ihren ersten Auftritt hat und nach der irischen Band benannt ist.

Gordon Tyrie zeichnet ein Bild von Menschen eines bestimmten Schlages , wie es in vielen britischen Filmen und TV-Serien für die Briten im Allgemeinen und die Schotten im Besonderen gegeben wird. Der Humor, mit dem der Autor dies macht, kann kaum britischer sein. Spontane Lacher stellen sich selten ein. Es muss erst mal sacken und braucht manchmal auch drei Seiten.

Sehr gut gefallen haben mir die Karte von der Hebriden-Insel und die Liste der Figuren zu Beginn des Buches. Hier kann man schnell einen Blick darauf werfen, wenn man bei dem ganzen Umherirren auf der Insel die Orientierung verloren hat. Gut gemacht.

Alles in allem macht der Roman Spaß, auch wenn man den Kriminalfall manchmal aus dem Auge verliert. Aber Landschaft, Leute, Rinder und Whisky zu genießen, klappt bestens. Ich mag Thin Lizzy.

© Detlef Knut, Düsseldorf 2022

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Veröffentlicht am 23.07.2022

Faktenreiche und interessante Geschichten

Singende Barsche
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Mit Buch ist mir doch tatsächlich ein kleines Büchlein mit mehr als sechzig Kriminalgeschichten aus meiner Heimat Mecklenburg-Vorpommern in die Hände gekommen.

Der Autor Bert Lingnau veröffentlich seit ...

Mit Buch ist mir doch tatsächlich ein kleines Büchlein mit mehr als sechzig Kriminalgeschichten aus meiner Heimat Mecklenburg-Vorpommern in die Hände gekommen.

Der Autor Bert Lingnau veröffentlich seit vielen Jahren im kultur kalender von MV jeden Monat einen authentischen Kriminalfall aus den Regionen. Bereits 2016 erschien mit nicht ganz fünfzig dieser Fälle das Büchlein »Rübe ab!«. Mit »Singende Barsche« folgte nun der zweite Teil mit weit über fünfzig Fällen.

Die einzelnen Kriminalfälle sind Geschichten und Anekdoten sind sorgfältig recherchiert, sofern noch Informationen zu den authentischen Fällen existieren. Sie wurden vom Autor aufbereitet und bestens präsentiert. Es sind teils lustige, teils aber auch bewegende Geschichten aus vielen Jahrzehnten, die von Armut, Not und Elend aus diesen nördlichen Teilen Deutschlands erzählen.

Ein Inhaltsverzeichnis gliedert die Geschichten in die verschiedenen Tatorte. Jede Geschichte ist drei Seiten lang und enthält eine Abbildung. Das ist oft ein Bild aus dem jeweiligen Ort, entweder aktuell oder historisch. Jedes Kapitel wird mit der Karikatur eines Barsches begleitet, der darauf hinweist, ob es sich um eine lustige oder ernstzunehmende Geschichte handelt. Am Ende des Taschenbuches gibt es ein seitenlanges Quellenverzeichnis.

Da das Buch auch als Reiseführer zu den Tatorten für Meck-Pomm-Touristen oder Hobbykriminalisten genutzt werden kann, fehlt auch keine Klappkarte. In dieser Karte sind wieder die Symbole der Barsche enthalten und geben einen Überblick, an welchen Orten ein Verbrechen stattgefunden hat. Das ist toll gemacht.

Die faktenreichen Geschichten stammen aus mehreren hundert Jahren und bieten einen Blick auf die Zeitgeschichte der Regionen im Nordosten Deutschlands. Die Anlässe für die Verbrechen sind recht unterschiedlich. Sind es einmal Weihnachtsbaumdiebe, so können es beim nächsten Mal schlitzohrige Fischer oder aber auch Kindsmörder sein. Und so ist auch der Mörder seiner Familie dabei, der keinen Ausweg aus der Not sieht, letztendlich aber nicht den Mut aufbringt, wie gedacht, auch sich selbst zu richten. In einer anderen Geschichte wird über das „Sündenhaus“ in der Stralsunder Schillstraße berichtet, welches um 1913 gerum zu einem Stralsunder Skandal wurde. Und der Leser erfährt von der letzten Schlacht, in der die dänische Krone im Jahre 1227 versucht hat, Norddeutschland an sich zu reißen.

Stets als Begleiter für eine Reise in Mecklenburg-Vorpommern zu empfehlen. Aber auch jeder Mecklenburger wird sich über diese Fakten aus seiner Heimat wundern und freuen können.

© Detlef Knut, Düsseldorf 2022