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Veröffentlicht am 01.12.2018

Einfach gefangen auf Gut Greifenau!

Gut Greifenau - Abendglanz
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"Abendglanz" ist der erste Band der brandneuen Familiensaga von Hanna Caspian, die als "Gut Greifenau"-Trilogie im Handel verfügbar ist. Alle drei Bände werden bis März 2019 erscheinen.

Es ist Mai 1913. ...

"Abendglanz" ist der erste Band der brandneuen Familiensaga von Hanna Caspian, die als "Gut Greifenau"-Trilogie im Handel verfügbar ist. Alle drei Bände werden bis März 2019 erscheinen.

Es ist Mai 1913. Die Zeiten sind im Umbruch. Die Grafenfamilie von Grafenau hält traditionell an eingefahrenen Wegen und Ritualen fest. Doch den Kindern wird das Korsett der adligen Etikette zu eng. Der alte Patriarch verstirbt bald, sein Sohn hat bisher nur gelernt, Lebemann zu sein. Doch er ist der Erbe des Gutes und regiert fortan als neuer Patriarch. Aber sein Sohn Konstantin hat Landwirtschaft studiert und brennt darauf, seine Ideen dem Vater vorzustellen und das Gut für die Zukunft fit zu machen. Sein Großvater hatte ihn mit "dem neuen Zeug' ins Leere laufen lassen. Obwohl sein Vater nicht viel von Landwirtschaft versteht, will der die Zügel aber nicht aus der Hand geben. Konstantins Schwester Katharina verliebt sich in einen etwa gleichaltrigen Industriellenjungen. Obwohl dessen Eltern, somit auch er, steinreich sind, kommt für die Gräfin eine Verbindung von Katka mit Julius nicht infrage. Die Hauptberufung der Gräfin besteht darin, ihre Tochter so teuer wie möglich zu verheiraten. Da kommt ihr ein Neffe des Kaisers gerade recht. Doch Katharina wehrt sich.

Hanna Caspian hat ein allumfassendes Universum rund um Gut Greifenau (fiktiv!) geschaffen. Vorbild mag die britische TV-Serie "Downton Abbey" gewesen sein. Denn genau wie dort gibt es zahlreiche Handlungsstränge in allen Schichten der Menschen, die in diesem Roman eine Rolle spielen. Sowohl bei den Bediensteten als auch bei der Adelsfamilie, bei den Pächtern, den Dorfangestellten und den Bekannten gibt es Geheimnisse und Verwicklungen. Es müssen zahlreiche Probleme gelöst werden. Der Autorin ist es fantastisch gelungen, den Weg zum Ziel zu machen. Soll heißen, dass zunächst nicht auf eine Lösung am Ende des Romans/ der Trilogie hingearbeitet wird. Der Leser verfängt sich dermaßen in den Verwicklungen der einzelnen Figuren, leidet mit ihnen, freut sich mit ihnen, wünscht Ihnen die Pest an den Hals. Am Ende möchte man nur noch wissen, wie es mit den einzelnen Figuren weitergeht. Für mich persönlich gilt: Gefangen auf Gut Greifenau! Ich wünsche es ebenso jedem neuen Leser, jeder neuen Leserin.

© Detlef Knut, Düsseldorf 2018

Veröffentlicht am 19.11.2018

Ein fesselnder Roman, knallhart und rücksichtslos.

Flucht nach Mexiko
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Dave Robicheaux, Protagonist dieser Krimi Reihe von James Lee Burke, wird in diesem Roman an alte Vorgänge in seinem Leben erinnert. Obwohl er seine Erinnerungen lieber verdrängen würde, zwingt ihn das ...

Dave Robicheaux, Protagonist dieser Krimi Reihe von James Lee Burke, wird in diesem Roman an alte Vorgänge in seinem Leben erinnert. Obwohl er seine Erinnerungen lieber verdrängen würde, zwingt ihn das Geständnis eines alten Mannes zum Gegenteil. Die Ereignisse um das Verschwinden von Ida Durban treten in den unmittelbaren Vordergrund. Sein Halbbruder Jimmy war damals so verknallt in Ida, dass der so viele Jahre kaum an ein anderes Mädchen gedacht hatte. Jimmy und Ida wollten damals nach Mexiko abhauen und ein neues Leben beginnen. Doch Jimmy wartete an dem ausgemachten Termin umsonst, Ida kam nie. Von dem Tag an blieb sie verschwunden. Und je mehr Zeit verging, umso mehr glaubte Jimmy, dass sie tot war.

Der Fall von der Vermissten Ida ist aber nicht der einzige Fall, mit dem sich Dave befasst. Seine Freundin, Kollegin und Chefin Helen bei der Polizei holt ihn wegen seiner außerordentlich guten Ermittlungsleistungen in den Dienst zurück. Schließlich ist gerade ein Serienmörder unterwegs, der junge Frauen entführt und brutal ermordet. Dave ist gut und sie braucht jeden Mann, da kann sie auf die Gründe seiner Entlassung keine Rücksicht nehmen.

James Lee Burke ist für seine schonungslose Beschreibung des Amerikas von heute bekannt. Es ist das Amerika abseits der riesengroßen Megacitys, ein Amerika in den Tiefen des Landes, ein Amerika, wo US-Präsident Trump seine Freude hat, Wähler zu gewinnen. Doch der Autor protokolliert in seinen Fiktionen sehr authentisch und detailreich die Vorgänge in der amerikanischen Seele. Neben den actionreichen Szenen holt Burke immer wieder Luft und lässt die Gedanken der Leser baumeln, wenn er durch den Kopf und die Erinnerungen des Protagonisten dessen Leben und Gefühlswelt schildert. Man kommt so nah an Dave Robicheaux heran, dass man meint, mit ihm in einer Kneipe zu sitzen und ein Bier zu trinken. Dabei trinkt der gar kein Bier. In anderen Momenten fasziniert Burke mit einer Landschaftsbeschreibung, wenn das Auto über die Straßen rollt oder geangelt wird. Und besonders beruhigend ist es, wenn sich der Protagonist an solche schönen Bilder erfreut. Jegliche Brutalität und Gewalt, zu der Robicheaux immer wieder gezwungen wird, ist dann verschwunden. Man spürt den Drang genau wie Dave, allen Schmutz und Dreck hinter sich zu lassen. Die Mischung aus besinnlichen und actionreichen Szenen ist dem Schriftsteller extrem passend gelungen.

Ein fesselnder Roman, der seinen Autor von der besten Seite zeigt.

Unbedingt zu lesen!


© Detlef Knut, Düsseldorf 2018

Veröffentlicht am 11.11.2018

Krimi mit einem besonderen Pariser Lokalkolorit

Madame Bertin steht früh auf
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Ab nach Paris, dachte ich mir und griff bei diesem Buchtitel und seinem Klappentext zu. Für Kriminalromane im „Miss Marple"-Stil gibt es ja schon eine ganze Reihe von Autorinnen und Autoren, z. B. ermittelt ...

Ab nach Paris, dachte ich mir und griff bei diesem Buchtitel und seinem Klappentext zu. Für Kriminalromane im „Miss Marple"-Stil gibt es ja schon eine ganze Reihe von Autorinnen und Autoren, z. B. ermittelt in Cornwall „Miss Mabel" (Rebecca Michéle) oder am Niederrhein „Kati Küppers" (Barbara Steuten). Wenn der Verlag also einen Krimi als die „Miss Marple von Paris" ankündigt, dann wird er gewisse Erwartungen bei den Lesern wecken. Und diese werden im vorliegenden Roman erfüllt.

Madame Bertin ist Inhaberin einer Bäckereikette in Paris. Sie hat als Bäckermeisterin höchste Ehren erlangt und darf deshalb den französischen Präsidenten im Elysée-Palast beliefern. Doch nun möchte sie sich zur Ruhe setzen und hat die Geschäftsführung an ihren Neffen abgegeben. Plötzlich sieht sie im Haus gegenüber hinter einer Fensterscheibe eine blutige Hand hinabgleiten. Aufgeregt begibt sie sich dorthin, weil sie einen Unfall vermutet. Doch da ist im Hausflur und an dem Fenster nichts zu entdecken. Ihr Anruf bei der Polizei lässt sie jetzt dumm dastehen. Doch nicht mit Madame Berti!. Sie ist fest davon überzeugt, dass in diesem Haus ein Verbrechen geschehen ist. Schließlich weiß sie doch, was sie gesehen hat. Ihr Counterpart von der Polizei ist da ganz anderer Meinung. Die Verwicklungen machen den Roman immer spannender. Dadurch, dass das Setting schon durch den Lieferantenstatus an die Regierungskreise heranreicht, zeigen die verschiedensten Spuren wunderbar auch in diese Richtung. Zudem gibt es ein zwielichtiges Restaurant, in welchem gepokert wird. Die Pokerrunden sind ebenfalls mit hochrangigen Geschäftsleuten und Politikern besetzt.

Das Pariser Lokalkolorit kommt hervorragend zum Vorschein. Man sieht die Wasserpfützen auf den Gehsteigen, man riecht den warmen Gestank der Metro. Paris-Liebhaber werden einen großen Wiedererkennungswert haben, sehr bildreich wird diese Metropole in die Handlung eingebunden. Ebenso bildreich, aber für mich wesentlich zu detailreich und langatmig, sind die Beschreibungen von Kleinigkeiten des täglichen Bedarfs, z. B. der Inhalt eines Kühlschrankes über mehrere Seiten hätte gerne gekürzt werden können, ohne dass der Handlung des Romans damit Schaden zugefügt worden wäre.

Ein gemütlicher und humorvoller Krimi mit einem besonderen Lokalkolorit, der mir sehr viel Spaß gemacht hat.

© Detlef Knut, Düsseldorf 2018

Veröffentlicht am 23.10.2018

Fasziniert nicht nur durch seine Erzählweise

Das Leuchten in mir
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Schlägt man einen Roman von dem französischen Schriftsteller Gregoire Delacourt auf, so entfaltet sich sofort ein Gefühl von ganz besonderer Literatur. Das hat er in der Vergangenheit mehrfach bewiesen ...

Schlägt man einen Roman von dem französischen Schriftsteller Gregoire Delacourt auf, so entfaltet sich sofort ein Gefühl von ganz besonderer Literatur. Das hat er in der Vergangenheit mehrfach bewiesen und auch die jetzige deutschsprachige Fassung aus dem Hoffmann und Campe Verlag steht dem nicht nach.

Emmanuelle ist fast Vierzig, 18 Jahre davon verheiratet und hat zwei Kinder. Sie erzählt von einer ungewöhnlichen Begegnung. Sie erzählt von einem fremden Mann. Sie versucht, vor ihm zu verbergen, dass sie ihn beobachtet, dennoch sucht sie immer wieder den Ort auf, an dem sie ihn zum ersten Mal traf. Irgendwann begegnen sich ihre Augen, irgendwann lädt er sie zu Essen ein. Sie weiß nicht, wie ihr geschieht. Sie liebt doch ihren Mann, sie liebt ihre Familie. Warum fühlt sie sich zu diesem fremden Mann, der mittlerweile kein Fremder mehr ist, hingezogen? Dann beschließen beide, gemeinsam fortzugehen und ein ganz neues Leben zu beginnen. Doch da passiert das Unfassbare und das Leben bekommt tatsächlich eine Wendung.

Faszinierend an diesem Roman ist seine Montage und der gesamte Stil, auf den der Autor ein besonderes Augenmerk gelegt hat. Die Geschichte von Emma wird zunächst in drei Teilen erzählt, wobei die Kapitelzählung im ersten Teil rückwärts verläuft bis zu dem Zeitpunkt, der einen Wendepunkt im Leben der Protagonistin darstellt. Ab dann wird vorwärts gezählt. Die Kapitel enthalten manchmal nur einen oder zwei Sätze, die mit Metaphern oder Zitaten gefüllt sind. Der Geschichte "Die Ziege des Monsieur Segiun" von Alphonse Daudet kommt dabei eine besondere Rolle zu. Sie ist im Anschluss des Romans deshalb noch mal komplett abgedruckt. Die Perspektive aus der Sicht der Protagonisten schafft eine ganz besondere Nähe zum Leser. Man hat das Gefühl, Emmanuelle mindestens genauso gut zu kennen wie das ihre Freundin Sophie tut. Jeder der drei Teile vermittelt einen eigenen Spannungsbogen durch einen anders gearteten Konflikt, dessen Lösung man unbedingt erfahren möchte.

Ein dramatischer und hinreißender Liebesroman, der nicht nur durch seine Erzählweise sondern auch durch seine Tiefe besticht.

Veröffentlicht am 09.10.2018

Spannung, Humor, Verbrechen

Raues Wetter
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Nun habe ich meinen ersten Spenser-Roman, jedoch nicht meinen ersten Parker-Roman gelesen. Ich muss sagen, er enttäuscht nicht. Im Gegenteil, er macht Lust auf mehr. Im Mittelpunkt dieser Krimireihe steht ...

Nun habe ich meinen ersten Spenser-Roman, jedoch nicht meinen ersten Parker-Roman gelesen. Ich muss sagen, er enttäuscht nicht. Im Gegenteil, er macht Lust auf mehr. Im Mittelpunkt dieser Krimireihe steht der Privatdetektiv Spenser, der in der gleichnamigen 80er-Jahre-TV-Serie von Robert Urich gespielt wird.

Im vorliegenden Roman wird Spenser von einer High Society Lady angeheuert, um bei der Hochzeit ihrer Tochter als Mann an ihrer Seite aufzutreten. Sie selbst war dreimal verheiratet, jeweils mit Millionären, denen sie das Geld aus der Tasche gezogen hat. Die Hochzeit findet auf einer Insel, dem Anwesen ihres dritten Ex-Mannes, statt. Irgendwie hat Spenser kein gutes Gefühl bei diesem Auftrag. Einfach nur als männlicher Begleiter auftreten? Völlig ungewohnt für ihn. Rätselhaft wird es dann aber, als einer seiner Erzfeinde, der Graue Mann, der die Verbrecherszene an der Ostküste beherrscht, ebenfalls als Gast auftaucht. Aber es dauert nicht lange, und es werden tote Wachleute aufgefunden. Zudem wird der frische Schwiegersohn der Lady erschossen und der Graue Mann verschwindet mit der Braut in seinem Hubschrauber. Das war offenbar eine sehr kurze Ehe, die vielleicht gerade mal für eine Erbschaft standhält? Spenser ist neugierig und beginnt zu ermitteln.

Es muss Gründe geben warum die Romane von Parker in TV-Serien verwandelt wurden („Spenser", „Jesse Stone"). Wahrscheinlich weil sie einfach spannend, amüsant und gut sind. Er lässt seine Figuren in sämtlichen Milieus ermitteln und gibt ausreichend privaten Spielraum. Spenser hat immer einen kessen Spruch auf den Lippen. Voller Ironie und Sarkasmus interviewt er die Leute, die er mit Verbrechen in Verbindung bringt. Mit einem spitzbübischen Hintergedanken unterhält er sich aber mit seinen Freunden und Bekannten. Dialoge sind generell die Besonderheit und Stärke in den Parker-Romanen, so auch in diesem. Wenig Erzählstränge, umso mehr wörtliche Rede. Außerdem ist sich Robert B. Parker nicht zu schade für ein gelegentliches Crossover seiner Reihen. So haben seine beiden Protagonisten Jesse Stone und Spenser jede Menge gemeinsame Bekannte.

Ein Roman, mit dem man sich entspannt in den Sessel lehnen und in eine andere Welt abtauchen kann.

© Detlef Knut, Düsseldorf 2018