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Veröffentlicht am 15.03.2024

Roman mit Charme und Reiz.

Moselruh
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Moselruh, ein beschauliches Seniorenheim für Demenzkranke. An der Mosel gelegen, von Ordensschwestern geführt, ist dieser Ort eigentlich eine Idylle. Wenn da nicht eines Morgens der junge Pfleger Daniel ...

Moselruh, ein beschauliches Seniorenheim für Demenzkranke. An der Mosel gelegen, von Ordensschwestern geführt, ist dieser Ort eigentlich eine Idylle. Wenn da nicht eines Morgens der junge Pfleger Daniel tot aufgefunden worden wäre. Die Bewohner stört weniger der Tod des Pflegers, denn den bekommen viele gar nicht so richtig mit, als die Tatsache, dass sie nun nicht mehr von ihm betuttelt werden. Zu allem Überfluss ist ein Bewohner verschwunden. Während die Schwestern auf der Suche nach ihm sind, muss das Unglück mit dem Pfleger passiert sein. Deshalb erhält die hinzugerufene Mordkommission nur sehr spärliche Informationen rund um das Tatgeschehen. Die, die sich erinnern könnten, waren nicht da, und die anderen können sich nicht erinnern.

Als der entschwundene Bewohner wieder auftaucht, wird festgestellt, dass ein weiterer Herr abgängig ist. Mit großem Suchaufgebot wird bis nach Luxemburg hinein nach ihm gesucht. Schließlich ist er mit dem Tod des Pflegers verschwunden, könnte also ein tatverdächtiger sein.

Das Autorenduo hat einen charmanten Ermittlerkrimi vorgelegt. Mit viel Humor wird die Demenz anhand der Heimbewohner geschildert. Ein Schmunzeln lässt sich beim Lesen genauso wenig unterdrücken wie beim Umgang mit solch Betroffenen in der eigenen Familie. Die Polizei wird dabei gleich mit im Heim einquartiert. So gestalten sich die Ermittlungen leichter und es muss nicht immer zwischen Trier und Moselruh gependelt werden, zumal der eine oder andere Kollege hier im Heim seine Tante sehen kann.

Mit viel Detailtreue wird sowohl die Arbeit des Pflegepersonals als auch der Polizei ausgestattet. Als Leser bleibt man an der Geschichte, um auch die Rückkehr der Ausreißer erleben zu können. Dass man an der Klärung des Todesfalles interessiert ist, muss nicht betont werden. Schließlich müssen auch hier die falschen Fährten ausgeschlossen werden. Es bleibt bis zum Ende offen, ob es sich um einen Unfall oder einen Mord handelt.

Ein empfehlenswerter Roman mit Charme und Reiz.

© Detlef Knut, Düsseldorf 2016

Veröffentlicht am 15.03.2024

Spannung pur mit interessanten Figuren

Die Bildhauerin
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Minette Walters arbeitete viele Jahre als Redakteurin in London bevor sie das fiktive Schreiben begann. Ihr erster Roman „Im Eishaus“ wurde sofort zum internationalen Bestseller und als bestes Krimidebüt ...

Minette Walters arbeitete viele Jahre als Redakteurin in London bevor sie das fiktive Schreiben begann. Ihr erster Roman „Im Eishaus“ wurde sofort zum internationalen Bestseller und als bestes Krimidebüt ausgezeichnet. Der vorliegende Roman „Die Bildhauerin“ ist ihr zweiter Roman und erhielt den Edgar-Alan-Poe-Preis. Walters lebt mit ihrer Familie in Hampshire und ihre Romane spielen häufig in und um Southampton im Süden Englands.

Als Bildhauerin wird die mehr als übergewichtige Oliv Martin im Gefängnis bezeichnet. Sie sitzt bereits seit fünf Jahren hier, weil sie gestanden hat, ihre Mutter und ihre jüngere Schwester in der Küche des elterlichen Hauses ermordet zu haben. Den Beinamen Bildhauerin hat sie von den anderen Gefängnisinsassinnen und Wärterinnen erhalten, weil sie Puppen aus Modelliermasse knetet und diese gelegentlich wie Voodoopuppen mit Nadeln durchsticht. Als Oliv vor fünf Jahren das Geständnis ablegte, gab es keine weiteren Tatverdächtigen ohne Alibi, deshalb waren die Ermittlungen schnell abgeschlossen und auch die Gerichtsverhandlung ging rasant über die Bühne. Allenfalls die Begleitumstände waren bemerkenswert da die 23jährige von Presse und Öffentlichkeit als Monster gebrandmarkt wurde, ihre Hässlichkeit aufgrund ihrer Leibesfülle passte geradezu perfekt zu der Grausamkeit der Tat.

Auch im Gefängnis ist sie so etwas wie eine Diva. Ihre Mitgefangenen trauen sich nicht, sie etwas härter anzupacken. Oliv hat sich damit eine Rolle zugelegt, mit der sie sich lästige Menschen vom Leib hält.

Die Journalistin und Schriftstellerin Rosalind Leigh hat von ihrem Verleger den Auftrag bekommen, ein Buch über einen bizarren Fall zu schreiben. Eigentlich widerstrebt es ihr, solch ein Auftragswerk zu schreiben, doch dann stößt sie auf Olive Martin und auf deren dunkles Geheimnis. Sie entdeckt immer mehr Ungereimtheiten, die so gar nicht zu dem ansonsten klaren Fall passen. Rosalind macht sich auf den Weg, deren Unschuld zu beweisen.

Doch bis zum Ende des Romans kann sich der Leser nicht sicher sein, ob die Beweiskette, die die Schriftstellerin aufstellt, lückenlos ist. Das wird immer wieder zwischendurch klar. Der Roman wird aus unterschiedlichen Perspektiven erzählt. Über große Teile verfolgt der Leser die Handlungen der Schriftstellerin Rosalind und sieht alles aus mehreren Blickwinkeln. Er kann ihr dabei gut folgen und mit ihrer Meinung einhergehen. In dem Moment aber, wenn der Erzähler lediglich den Raum um die Bildhauerin ausleuchtet, wird ein komplett anderes Bild wiedergegeben. So verwundert es nicht, dass am Ende des Romans, der bis dahin einen glücklichen Verlauf nahm, dem Leser das Schaudern über den Rücken läuft.

Spannung pur mit interessanten Figuren, die erst zueinander finden müssen. Eine unterhaltsame Milieustudie aus den Arbeitervierteln der südenglischen Hafenstadt.

© Detlef Knut, Düsseldorf 2016

Veröffentlicht am 15.03.2024

Ein weiterer Fall für Jesse Stone, dem Polizeichef von Paradise.

Verfolgt in Paradise
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Ein weiterer Fall für Jesse Stone, dem Polizeichef von Paradise, einem kleinen Örtchen an der Ostküste, welches sich gerade mal zwölf Polizisten leisten kann. Jesse, der in den Verfilmungen von Tom Selleck ...

Ein weiterer Fall für Jesse Stone, dem Polizeichef von Paradise, einem kleinen Örtchen an der Ostküste, welches sich gerade mal zwölf Polizisten leisten kann. Jesse, der in den Verfilmungen von Tom Selleck gespielt wird, hat es dieses Mal nicht mit Mord und Totschlag zu tun. Seine Probleme sind zunächst die eines Provinzstädtchens. Eine Schulleiterin, die den kleinen Mädchen vor der Klasse unter die Röcke schaut. Angeblich weil sie will, dass die Mädchen darunter gesittet aussehen und sich nicht auf den Weg von Schlampen verirren. Parallel dazu werden Jesses Leute auf einen Spanner aufmerksam, der zunächst nur die Frauen bei Nacht durch deren Wohnungsfenster beobachtet und sich Nachtfalke nennt. Doch dann geht der Spanner auch noch weiter.

Der Roman lebt von den Dialogen. Es wird sehr viel geredet. Dabei fließen viele Anekdoten und Begebenheiten der vorhergehenden Romane ein. Das gibt dem Leser, der die vorhergehenden kennt (was aber kein Muss ist), das Gefühl, heimisch in einer Familie oder bei guten alten Bekannten zu sein. Die häufigsten Gesprächspartner sind die beiden Mitarbeiter Molly und Suit. Das Frotzeln untereinander nimmt kein Ende. Aber Jesse unterhält sich auch wieder mit seinem Psychiater Dix. In gewohnter Weise längt Jesse von seinem Alkohol- und Frauenproblem ab und benutzt Dix für seine aktuellen Ermittlungen. Die Art und Weise der Dialoge treibt dem Leser das Schmunzeln ins Gesicht.

Die deutsche Übersetzung steht dem Humor und der Ironie des Protagonisten in Nichts nach, wenn man davon absieht, dass Molly anfangs Kommissar und später Inspektor ist. Hier hätte wahrscheinlich der amerikanische Dienstgrad vollkommen ausgereicht.

Wie bereits erwähnt, ist es nicht notwendig, alle vorherigen Jesse-Stone-Romane zu kennen. In kurzen Absätzen und Stichworten wird alles Wichtige erwähnt und der Leser ist voll im Bilde. So erfährt er von dem Rauswurf Jesses bei der LAPD genauso wie von dessen Ex-Frau Jenny und einigen weiteren Liebschaften.

Die extrem knappen Beschreibungen und die ausgiebigen Wortwechsel schaffen ein Bild von der amerikanischen Kleinstadt und dem pulsierenden Leben auf dem Polizeirevier, welches fesselt. Dass es dabei um kei9ne großen Mordsachen geht, dass Jesse dieses Mal ohne SEK und Schießen aus der Hüfte auskommt, stört gar nicht. Man liest die Gespräche, hört sie im inneren Ohr und hat das Gefühl, mitten unter den Figuren dabei zu sein und mitreden zu können.

Jesse Stone, ein Sympathiebolzen, von dem man gelesen haben muss.

© Detlef Knut, Düsseldorf 2016

Veröffentlicht am 15.03.2024

vom Meister des Psychothrillers

Der Sumpf
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In diesem Roman des Meisters des Psychothrillers geht es um einen Todeskandidaten Bobby Ferguson. Als Student ist er in den Strudel der Justiz geraten und zum Tode verurteilt worden. Er versucht alles, ...

In diesem Roman des Meisters des Psychothrillers geht es um einen Todeskandidaten Bobby Ferguson. Als Student ist er in den Strudel der Justiz geraten und zum Tode verurteilt worden. Er versucht alles, um der Todeszelle zu entfliehen. Dabei steht in seinem persönlichen Drehbuch auch der Journalist Matt Cowart. Ferguson ist davon überzeugt, dass dieser Journalist dazu in der Lage ist, seinen Fall wieder neu aufrollen zu lassen. Matt nbeißt an, beginnt zu recherchieren und schreibt seine Artikel, schreibt von Verfehlungen der Ermittler und der Behörden. Doch Matt ahnt zu diesem Zeitpunkt nicht, auf was er sich da wirklich eingelassen hat und wie tief er in den Sumpf gerät.

Katzenbach versteht es wie kaum ein anderer, die Spannung aus dem Inneren heraus kommen zu lassen. Immer wieder werden Zweifel gesät an dem, was gesprochen wird. Matt Cowart interessiert sich in seiner Eigenschaft als Reporter für sehr viele Menschen aus dem Umfeld des Todeskandidaten. Doch er spürt, dass ihm immer wieder Lügen aufgetischt werden. Ob das die Polizisten sind, die damals ermittelten, oder Verwandte der Verurteilten, oder Mitinsassen des Staatsgefängnisses. Seine Vermutungen zum Tathergang des Falles, wegen dem Ferguson verurteilt wurde, bekommen durch diese Lügen immer wieder einen Knacks. Dadurch gewinnt der Roman einen ungeheuren Sog, der dafür sorgt, dass er kaum aus der Hand gelegt werden kann.

Dem Leser wird eine ungewöhnliche Verbrecherjagd geboten, bei der er nicht weiß, ob da nicht vielleicht ein Geist gejagt wird. Der Egotrip einzelner Leute ist gepflastert mit jede Menge falscher Fährten.

© Detlef Knut, Düsseldorf 2016

Veröffentlicht am 15.03.2024

raffinierte Montage der Geschichte

Galveston
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Es ist der Debütroman des Autors der amerikanischen Serie „True Detectives“, der eine spannende Geschichte aus dem Milieu der Verbrechen schildert und dennoch kein Kriminalroman ist.

Im Mittelpunkt steht ...

Es ist der Debütroman des Autors der amerikanischen Serie „True Detectives“, der eine spannende Geschichte aus dem Milieu der Verbrechen schildert und dennoch kein Kriminalroman ist.

Im Mittelpunkt steht der Geldeintreiber und Killer Roy Cady, wegen seiner hünenhaften Erscheinung Big Country genannt. An dem Tage, als er von seinem Arzt erfährt, dass er wegen Lungenkrebs bald sterben wird, wird er von seinem Chef zu einem Auftrag geschickt, soll dieses Mal aber keine Schießeisen mitnehmen. Als er mit seinem Kollegen Angelo dort eintrifft, wo sie das Geld einkassieren sollen, treffen sie den Mann tot an. Im selben Moment werden sie beide angegriffen, es wird auf sie geschossen. Während Angelo tödlich verletzt wird, erledigt Big Country die unbekannten Gegner, wird selbst verletzt und trifft in dem Chaos auf eine junge Frau, die vor lauter Angst nur so schlottert.

Big Country vermutet, dass er selbst in eine Falle gelockt wurde und nimmt sich in der ersten Reaktion der jungen Frau mit Namen Raquel, genannt Rocky, an. Die erkennt ihre Chance, zusammen mit ihrem „Retter“ aus ihrem beschissenen Verhältnissen zu fliehen. Alle Versuche Roy Cadys, Rocky wieder loszuwerden, scheitern. Sie hängt sich wie eine Klette an ihn, erzählt ihm eine neue rührselige Geschichte nach der anderen. Weil Big Country weiß, dass er nicht mehr lange zu leben hat, zählt für ihn nur eines: Rocky und sich außer Reichweite seines Chefs zu bringen und sich dann an diesem zu rächen. Denn nur der kann ihn in die Falle gelockt haben.

Pizzolatto hat diesen Roman aus der typischen Ich-Perspektive eines Privatdetektivs erzählt. Zwar ist der Protagonist kein solcher, aber er ist ähnlich heruntergekommen, fühlt sich ähnlich schlecht, sehnt sich nach einer Familie und hat den Rest durch die Todesnachricht seines Arztes und den Anschlag auf ihn bekommen. Er ist ein Verlierertyp durch und durch (In Hollywood wäre aus meiner Sicht Tommy Lee Jones der geeignete Schauspieler, aber ich habe ja keinen Einfluss auf ein Casting.), der aus seinem Leben erzählt. Das ist stimmig und überzeugt. Die ungewöhnliche Figur des Protagonisten hat darüber hinaus ihren besonderen Reiz und bricht jedes Klischee. Aber auch Rocky, die als freche Rotznase in die Szenerie einsteigt, wird wachsen und versuchen, ihrer Verliererrolle zu entkommen.

Die raffinierte Montage der Geschichte, die Ende der 1980er Jahre beginnt und zwölf Jahre später endet, schafft einen besonderen Spannungsbogen. Die Frage, ob man einen Killer mögen kann, stellt sich gar nicht. Ein sehr zu empfehlender Roman, der inzwischen längst von Hollywood verfilmt wurde.

© Detlef Knut, Düsseldorf 2016