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Veröffentlicht am 16.08.2024

Mut steht am Anfang des Handelns, Glück am Ende. – Demokrit

Das Lied der Biene
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Seit Jahren ist Marga geschieden und hat mit ihrer Stelle als Haushälterin bei dem Unternehmer Paul Alprecht den Lebensunterhalt für sich und ihre Tochter Conny erarbeitet. Nun geht Conny eigene Wege, ...

Seit Jahren ist Marga geschieden und hat mit ihrer Stelle als Haushälterin bei dem Unternehmer Paul Alprecht den Lebensunterhalt für sich und ihre Tochter Conny erarbeitet. Nun geht Conny eigene Wege, der Grund für die momentane Funkstille zwischen Marga und ihr. Wenigstens ihre Freundinnen Kirsten und Eva halten ihr die Stange und versuchen Marga aus ihrem zurückgezogenen Leben zu locken. Als ausgerechnet am Tag, als Marga aufgrund der hochnäsigen und übergriffigen Verlobten ihres Arbeitgebers kündigen möchte, diese im Swimmingpool an einem Bienenstich verstirbt, wendet sich Margas Leben um 180 Grad. Marga möchte ihren Chef Paul in seiner Trauer unterstützen, deshalb schreibt sie ihm via E-Mail anonym Worte des Trostes und der Unterstützung, die Paul langsam wieder aufbauen. Er möchte unbedingt wissen, wer ihm diese Mails zukommen lässt, doch bis er durch Zufall herausfindet, dass es sich hierbei um Marga handelt, stehen sich die beiden privat schon sehr viel näher, als es jeder von ihnen es je für möglich gehalten hätte…
Gabriela Groß hat mit „Das Lied der Biene“ einen wunderschönen, unterhaltsamen Gegenwartsroman vorgelegt, dessen Handlung einerseits wie ein modernes Märchen anmutet, andererseits auch wie aus dem Leben gegriffen zu sein scheint. Der flüssig-leichte, farbenfrohe und empathische Erzählstil stellt den Leser sofort an Margas Seite, lässt diesen tief in ihre Seelenwelt blicken, während er gleichzeitig darauf hofft, dass Margas Leben vom Glück geküsst wird und sie aus ihrem Schneewittchenschlaf erwacht. Marga hat sich über die Jahre selbst immer mehr in den Hintergrund bugsiert und das Leben an sich vorbeiziehen lassen, was zwar sicher ist, aber auch schrecklich langweilig. Doch das Unglück in Pauls Haus lässt sie über sich hinauswachsen. Mutig und liebevoll formuliert sie Briefe per E-Mail an Paul, um nicht nur ihn bei seiner Trauer zu unterstützen, sondern auch, um ihre unbegründeten Schuldgefühle in den Griff zu bekommen. Dass Paul ihr auf die Schliche kommt, gleicht dem verlorenen gläsernen Schuh von Cinderella. Er musste irgendwann herausfinden, wer ihn die ganze Zeit mit sensiblen Worten und Lebensweisheit aufbaut. Die Autorin hat ihre Handlung wunderbar gestrickt und lässt den Leser Stück für Stück den Standesdünkel zwischen Haushälterin und Chef vergessen. Hier geht es um zwei Menschen, die auf der Suche nach dem privaten, erfüllenden Glück suchen und mit Unterstützung ihres Umfeldes Zugeständnisse und mutige Schritte machen müssen, damit es gelingt. Die farbenprächtigen Landschaftsbeschreibungen Portugals bilden einen schönen Rahmen und vermitteln eine aufgelockerte Atmosphäre, in der vieles passieren kann.
Die Charaktere sind ausgesprochen lebendig und authentisch beschrieben. Ihre glaubwürdigen Eigenschaften lassen den Leser glauben, sie schon lange zu kennen, weshalb er ihnen nicht von der Seite weicht, um keinen Augenblick ihres Schicksals zu verpassen. Marga ist eine patente, liebenswerte Frau, die ihr Licht viel zu sehr unter den Scheffel stellt. Sie ist hilfsbereit, zupackend und bisher leider „unsichtbar“. Doch im Verlauf der Geschichte wird sie immer mutiger, gewinnt Stärke und eine gewisse Leidenschaft – sie kämpft für sich und das steht ihr wahnsinnig gut. Paul ist ein freundlicher Mann, der trotz seines Reichtums nicht abgehoben, sondern sehr menschlich geblieben ist. Sowohl sein Freund Jörg als auch Stieftochter Inga nehmen ihm die Scheuklappen von den Augen. Aber auch Margas Tochter Connie sowie die Freundinnen Eva und Kirsten tragen zum Wohlfühlcharakter der Geschichte bei.
„Das Lied der Biene“ ist ein wundervoller Roman über Hoffnung, Mut, den eigenen Schatten zu überspringen, und vor allem Stärke, endlich für sich und sein Glück einzustehen. Ein modernes Märchen, das überall jederzeit wahr werden kann. Absolute Leseempfehlung für einen Roman, der mitten ins Leserherz trifft!

Veröffentlicht am 05.08.2024

Wenn du etwas wagst, wächst dein Mut. Wenn du zögerst, deine Angst. – Gandhi

Träume aus Meerglas und Sand
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Nach der Scheidung von ihrem berühmten, aber übergriffigen Ehemann Ty kehrt Sophia Prescott mit ihrem dreijährigen Sohn Collin in ihre Heimatstadt Sunset Cove zurück, um dort bei ihrer Mutter und ihren ...

Nach der Scheidung von ihrem berühmten, aber übergriffigen Ehemann Ty kehrt Sophia Prescott mit ihrem dreijährigen Sohn Collin in ihre Heimatstadt Sunset Cove zurück, um dort bei ihrer Mutter und ihren Freundinnen ihre Enttäuschung und ihren Schmerz zu verarbeiten. Derweil lässt sich der engagierte Kinderarzt Weston Sawyer in Sunset Cove nieder, um Abstand vom Unfalltod seiner Frau Claire zu bekommen und einen Neustart zu wagen. Als Sophia sich bei Weston Sawyer für einen Job als Assistentin bewirbt, um ihren Lebensunterhalt zu sichern, erhält sie schon bald eine Zusage. Doch die Zusammenarbeit zwischen den beiden ist sowohl für Sophia als auch für Weston aufgrund ihrer unterschiedlichen Ansichten eine Herausforderung. Aber Stück für Stück klappt das Miteinander zwischen den beiden immer besser und sie kommen sich immer näher. Gibt es für Sophia und Weston die Chance auf ein gemeinsames Glück?
T. I. Lowe hat mit „Träume aus Meerglas und Sand“ den dritten Teil ihrer Sunset Cove-Reihe vorgelegt, der den Leser nicht nur ins wunderschöne Örtchen Sunset Cove entführt, sondern mit einer berührenden Geschichte wunderbar zu unterhalten weiß. Der flüssige, gefühlvolle und bildhafte Erzählstil stellt den Leser schnell an Sophias Seite, wo ihre Gedanken- und Gefühlswelt kennenlernt und jeden ihrer Schritte mitverfolgt. Die Rückkehr nach Sunset Cove bedeutet für Sophia nicht nur, wieder mit ihren Freundinnen Josie und Opal vereint und ihrer Unterstützung sicher zu sein, sondern auch den Trost und die Liebe ihrer Mutter zu erhalten. Die Misshandlungen durch ihren Ehemann haben Sophia Selbstvertrauen gekostet und seelische Blessuren hinterlassen, die erst einmal verheilen müssen, aber auch Sohn Collin hat an der Trennung der Eltern zu knabbern. Die Arbeit bei Kinderarzt Weston Sawyer hält Sophia in Atem, da sie beide starke Charaktere sind und jeweils mit ihrem Schicksal hadern. Erst, als sich jeder dem anderen nach und nach öffnet und über den erlittenen Verlust spricht, wird die Zusammenarbeit harmonischer und freundschaftlicher. Die Autorin hat ein gutes Händchen für die zwischenmenschlichen Beziehungen sowie die Schicksale ihrer Protagonisten, denn mit viel Empathie und glaubhaften Handlungen sorgt sie beim Leser für warmherzige Lesemomente und eine Gefühlsachterbahn nebst Kopfkino. Der christliche Aspekt wird angenehm mit der Geschichte verwoben und handelt von Vertrauen in Gott, Vergebung, Trauerverarbeitung und Neubeginn.
Die Charaktere sind lebensecht gezeichnet und mit authentischen menschlichen Eigenschaften in Szene gesetzt worden. Aufgrund ihrer Glaubwürdigkeit folgt der Leser ihnen auf Schritt und Tritt und genießt dabei die Zeit in Sunset Cove. Sophia ist eine liebenswerte, aber etwas naive Frau, die aufgrund des ehemals wohlhabenden Lebensstils oft falsch eingeschätzt wird. Sie ist verletzt, unsicher und hadert mit sich selbst, versucht aber, sich für ihren Sohn zusammenzureißen. Weston ist ein sehr gläubiger Mann, der in seinem Beruf seine Berufung gefunden hat. Er ist hilfsbereit und fürsorglich, hat aber mit seinen Dämonen zu kämpfen. Sophias Sohn Collin ist ein Herzensbrecher und das Zünglein an der Waage. Die alten Ladies vom Strickclub sowie die Freundinnen Opal und Josie mit ihren Ehemännern sorgen für zusätzlichen Unterhaltungswert in der Geschichte.
„Träume aus Meerglas und Sand“ ist ein schöner Roman über Neuanfänge, Schicksalsbewältigung, Hoffnung, Liebe und Freundschaft. Den Leser erwartet eine gefühlvolle, abwechslungsreiche Handlung, die aufzeigt, dass der Glaube einiges bewirken kann. Verdiente Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 23.07.2024

Schlaftablette ohne Risiko und Nebenwirkungen

Anna O.
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Ein Anruf lässt den forensischen Psychologen und Schlafexperten Dr. Benedict Prince in die Schlafklinik „The Abbey“ eilen, denn dort wurde heimlich die 29-jährige Anna Ogilvy eingeliefert, die vor vier ...

Ein Anruf lässt den forensischen Psychologen und Schlafexperten Dr. Benedict Prince in die Schlafklinik „The Abbey“ eilen, denn dort wurde heimlich die 29-jährige Anna Ogilvy eingeliefert, die vor vier Jahren angeblich ihre besten Freunde erstochen haben soll und seit der Tat in einem komaähnlichen Tiefschlag liegt. Sie gilt als dringend tatverdächtig, muss aber erst einmal wach werden, bevor ein Gerichtstermin überhaupt in Frage kommt. Unter Aufsicht der Behörden soll Dr. Prince Anna endlich wecken. Ob es ihm gelingen wird, und welche Tatsachen kommen dann endlich ans Licht?
Matthew Blake hat mit „Anna O.“ einen Roman vorgelegt, an dem sich die Geister scheiden. Es soll tatsächlich Leser geben, die dieses Buch als Thriller bezeichnen, jedoch gibt es Gott-sei-Dank auch diejenigen, die diese Geschichte als eine der wirksamsten Schlaftabletten schlechthin ansehen. Obwohl das Thema „Morden während des Schlafwandels“ recht interessant ist und vom Autor ausgiebig recherchiert wurde, wird es innerhalb der Handlung eher wie eine Abhandlung präsentiert, was den Leser nicht fesseln kann. Der Schreibstil ist flüssig, vermag aber trotz wechselnden Perspektiven und unterschiedlichen Handlungssträngen sowie den Zeitensprüngen zwischen Gegenwart und Vergangenheit keinerlei Spannung zu vermitteln. Alles wirkt wie eine willkürliche Aufzählung, eine Aneinanderreihung an Begebenheiten, wobei man sich manchmal fragt, was sie wirklich mit dem Fall zu tun haben. Vieles wirkt sehr konstruiert und kann den Leser so gar nicht überzeugen. Die recht verworren erzählte Handlung ohne jegliche Spannung lässt Langeweile aufkommen, man quält sich regelrecht durch die doch recht stattliche Anzahl von 480 Seiten und hofft, endlich selbst aufzuwachen, um der Qual ein Ende zu bereiten.
Die Charaktere sind durchweg unsympathisch und unnahbar, der Leser fühlt sich keinem von ihnen verbunden und beobachtet daher die Szenerie eher als unbeteiligter Zaungast. Dr. Prince ist ein Karrierist, der sich von dem Fall natürlich noch mehr Ansehen verspricht. Er wirkt regelrecht besessen. Ebenfalls blass bleiben Annas Mutter, die Kommissarin sowie die Bloggerin. Keiner von ihnen kann wirklich überzeugen.
„Anna O.“ ist eine langweilige, konstruierte Story, die niemandem den Schlaf raubt. Im Gegenteil: es sollte als Schlaftablette ohne Nebenwirkungen verschrieben werden. Ansonsten Ablage P – keine Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 13.07.2024

Das Leben ist die Summe all unserer Entscheidungen. - Albert Camus

Blankenese - Zwei Familien
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1939 Hamburg. Die Familien Casparius und Jacobson schicken ihre Kinder Charlotte, Max und Kurt auf einen Kindertransport nach England, wo sie diese aufgrund ihrer jüdischen Wurzeln vor den Nazis in Sicherheit ...

1939 Hamburg. Die Familien Casparius und Jacobson schicken ihre Kinder Charlotte, Max und Kurt auf einen Kindertransport nach England, wo sie diese aufgrund ihrer jüdischen Wurzeln vor den Nazis in Sicherheit sind. Die Trennung von Jugendfreundin Fanni macht Kurt schwer zu schaffen, zumal er in England in einem Heim aufwachsen muss. Max‘ Zwillingsschwester Sonja kümmert sich dagegen um ihre Mutter und die familieneigene Reederei, da der Vater einfach untergetaucht ist, um seine eigene Haut zu retten. Aber die Androhung einer Zwangsenteignung durch die Nazis macht es Sonja immer schwerer, die Reederei weiterzuführen. Eine Zwangsehe mit einem hochrangigen Nazi wäre die einzige Lösung. Derweil entwickelt Fanni als Krankenschwester bei der Zusammenarbeit mit dem Kinderarzt Otto Casparius Gefühle für diesen, während Jugendfreund Kurt sich mit falscher Identität in die Royal Air Force mogelt und schon bald gezwungen ist, Luftangriffe gegen seine Heimatstadt Hamburg zu fliegen…
Michaela Grünig hat mit „Blankenese – Schwere Entscheidungen“ den zweiten Teil ihrer historischen Blankenese-Familiensaga vorgelegt, der in punkto Spannung, großen Emotionen sowie wunderbarer Hintergrundrecherche dem Vorgängerband in nichts nachsteht und den Leser mit den ersten Zeilen völlig in den Bann zieht. Der flüssig-leichte, farbenfrohe und gefühlvolle Erzählstil lässt den Leser sofort in die Vergangenheit reisen, um die Lebenswege der einzelnen Protagonisten hautnah i mitzuerleben, während er zwischen England und Deutschland hin- und herpendelt. Der Zeitrahmen spannt sich über die Jahre 1939 bis 1949, die Kriegszeit wird sehr gut wiedergespiegelt ebenso wie die Phase der Entnazifizierung, wobei alles sehr gut mit den Handlungen der Protagonisten verknüpft ist. Sonja kämpft an allen Fronten, sie kümmert sich nicht nur rührend um ihre Mutter, sondern versucht mit allen Mitteln, die Reederei zu erhalten, obwohl die Zwangsenteignung durch die Nazis droht. Der faule Kompromiss durch den Antrag eines Nazis stellt sie vor eine gewaltige Entscheidung. Derweil muss Kurt sich in England durch die Zeit im Heim durchbeißen, doch er sieht seine Chance in der Royal Air Force, in die er durch einen Trick eintritt. Aber auch er steht vor einer großen Herausforderung, als von ihm verlangt wird, Bomben über Hamburg abzuwerfen, wo seine Jugendfreundin Fanni lebt. Die Autorin hat nicht nur den historischen Hintergrund wunderbar mit ihrer Geschichte verbunden, sondern macht sehr deutlich, vor welche tiefgreifenden Entscheidungen die Menschen damals standen. Da geht es nicht nur um Kinderverschickung ins Ausland und die Trennung von Familien, sondern auch um den Erhalt von Eigentum vor dem Schrecken der Enteignung oder die Ausführung von militärischen Befehlen wohlwissend, dass am Zielort Menschen leben, die man kennt und liebt. Diese Gewissenskonflikte werden immer wieder deutlich und bescheren dem Leser neben einem großartigen Kopfkino vor allem Gänsehaut und eine Achterbahn der Gefühle.
Die Charaktere sind liebevoll ausgestaltet und in Szene gesetzt worden. Sie besitzen glaubwürdige menschliche Ecken und Kanten und überzeugen durch ihre Authentizität. Der Leser kann gar nicht anders als ihnen auf Schritt und Tritt zu folgen. Kurt musste schnell erwachsen werden und eigene Entscheidungen für sich selbst treffen. Er hat sich zu einem guten, gewissenhaften Mann entwickelt, der sich durch Mut und Verantwortungsgefühl auszeichnet. Sonja muss einiges auf ihren Schultern tragen, zeigt neben Zähigkeit und Geschäftssinn auch eine sehr sensible und feinfühlige Seite. Aber auch Fanni, Charlotte, Max und Otto tragen viel zum Unterhaltungswert der Geschichte bei.
Der Titel „Schwere Entscheidungen“ ist in diesem Roman Programm, die nicht nur vom ausgezeichneten Erzählstil und der Recherche der Autorin lebt, sondern auch mit Familiengeschichte, Liebe und historischem Hintergrund zu fesseln weiß. Absolute Leseempfehlung für einen Pageturner der Extraklasse!

Veröffentlicht am 13.07.2024

Die Strippenzieherin von Tinseltown

Eve
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1938/39. Eve Ross ist einem Zug auf dem Weg nach Los Angeles, nachdem sie sich in New York von ihrem Verlobten getrennt und alle Brücken hinter sich abgebrochen hat. Im Speisewagen lernt sie den pensionierten ...

1938/39. Eve Ross ist einem Zug auf dem Weg nach Los Angeles, nachdem sie sich in New York von ihrem Verlobten getrennt und alle Brücken hinter sich abgebrochen hat. Im Speisewagen lernt sie den pensionierten Inspektor der Mordkommission, Charlie Granger, kennen, der gerade überlegt, nach dem Tod seiner Frau in LA alle Brücken hinter sich abzubrechen und zu seinem Sohn zu ziehen. Schon bald ist Charlie von Eve fasziniert, bringt sie ihn doch dazu, seine Pläne noch einmal zu überdenken. Kaum in LA angekommen, mietet sich Eve im Beverly Hills Hotel ein, wo sie auf den ehemaligen Schauspieler Prentice Symmons trifft, dessen Ruhm inzwischen verblasst ist und der seinen Kummer mit Essen betäubt. Auch er fällt schnell in Eves Bann, überlässt ihr sogar seinen Chauffeur, um die Stadt kennenzulernen. Bei einem ihrer Ausflüge begegnet Eve zufällig der jungen aufstrebenden Schauspielerin Olivia de Havilland und nimmt sich ihrer an. Die beiden werden schnell Freundinnen, und als Olivia in Schwierigkeiten gerät und Eve sogar von deren Studio als Aufpasserin engagiert wird, trommelt Eve all ihre neuen Bekanntschaften zusammen, um Olivias Ruf zu retten…
Amor Towles hat mit „Eve“ eine kleine, aber feine Gesellschaftssatire vorgelegt, die sowohl mit wunderbaren Charakterstudien als auch mit einer amüsanten Story überzeugen kann, obwohl die Geschichte kaum Spannungsbögen bietet. Der flüssige und bildhafte Erzählstil lässt den Leser nicht nur ins alte Hollywood reisen, sondern stellt ihn auch mal an die Seite von Eve, Charlie und anderer Protagonisten, wo er deren Gefühls- und Gedankenwelt genau erkunden kann. Während der Leser sich voll und ganz auf die einzelnen Personen konzentriert, baut sich im Hintergrund ein Schurkenstück in Form von Erpressung auf. Eve, die sich vorgenommen hat, ihre neue junge Freundin Olivia zu beschützen, zieht ihre bereits gemachten Bekanntschaften zusammen und macht sich mit deren Hilfe daran, den Erpressern ein Bein zu stellen. Interessant ist, wie sehr es Eve gelingt, vor allem Charlie und Prentice wieder das Gefühl zu geben, gebraucht zu werden. Beide sahen sich selbst schon als abgeschrieben und für die Gesellschaft bereits unsichtbar, doch beide leben in den ihnen zugeteilten Aufgaben völlig auf und zeigen ganz neue Gesichtszüge. Towles hat seiner Geschichte zudem eine interessante Kulisse als Hintergrund beigefügt, denn das alte Hollywood mit seinen Studios fasziniert auch heute noch. Außerdem macht er deutlich, wie damals mit jungen Schauspielerinnen verfahren wurde, die eigene Vorstellungen und Wünsche hatten.
Die Charaktere sind sehr detailliert und authentisch gezeichnet, so dass der Leser sofort ein Bild vor Augen hat. Unsichtbar verfolgt er die Protagonisten bei ihren Handlungen und hofft auf einen guten Ausgang. Eves Gesicht ist durch eine einseitige Narbe gekennzeichnet und vielleicht macht dies schon neugierig auf sie. Sie umgibt etwas Geheimnisvolles, doch animiert es gerade ihre neuen Bekanntschaften, sich ihr zu öffnen. Sie spart mit Worten, gibt nicht viel von sich preis, jedoch ist alles, was sie sagt, in irgendeiner Weise genau auf den Punkt. Charlie ist ein gutmütiger Kerl, der den Polizeidienst vermisst und die Chance ergreift, wieder ins Geschehen einzugreifen. Prentice vegetiert regelrecht vor sich hin, doch mit Eves Hilfe springt er über seinen Schatten und wächst noch einmal über sich hinaus. Olivia ist noch sehr jung und unbedarft, doch durch Eve gewinnt sie an Selbstvertrauen. Aber auch Billie und weitere Protagonisten lassen ihre Fußspuren in dieser Geschichte.
„Eve“ ist nicht nur eine unterhaltsame Gesellschaftssatire, sondern auch eine Geschichte über das Miteinander sowie Geben und Nehmen. Manchmal braucht es einen Schubs aus der richtigen Richtung, um dem Leben neue Würze zu geben. Genau dies wird in der Handlung immer wieder deutlich. Verdiente Leseempfehlung für ein Buch mit Tiefgang!