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Veröffentlicht am 15.09.2016

Pablo & Eva - eine bittersüße Liebe

Madame Picasso
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1911 flüchtet Eva Gouel vor einer geplanten arrangierten Hochzeit aus ihrem Elternhaus in die Metropole Paris, um sich dort ihr eigenes Leben aufzubauen. Über ihre Freundin Sylvette findet sie eine Anstellung ...

1911 flüchtet Eva Gouel vor einer geplanten arrangierten Hochzeit aus ihrem Elternhaus in die Metropole Paris, um sich dort ihr eigenes Leben aufzubauen. Über ihre Freundin Sylvette findet sie eine Anstellung als Näherin im berühmten Moulin Rouge und nennt sich fortan Marcelle Humbert. Recht schnell macht sich Eva/Marcelle einen Namen als zuverlässige Arbeitskraft, die von ihren Kollegen für ihre Einfälle und ihr Gespür sehr geschätzt wird. Ausgerechnet im Moulin Rouge sieht sie den berühmten Maler Pablo Picasso zum ersten Mal, ohne zu wissen, wer er ist. Als sie sich kurze Zeit später erneut begegnen und einander vorgestellt werden, sind sich beider der gegenseitigen Anziehungskraft bewusst, doch Eva hält sich zurück, ist Picasso doch seit vielen Jahren mit Fernande verbandelt, die sich überall Madame Picasso nennt. Doch diese Beziehung steht bereits am Abgrund und je öfter sich Eva/Marcelle und Pablo Picasso treffen, umso näher kommen sie sich. Bis sich Picasso endgültig von Fernande trennt und fortan Eva als seine Muse und Inspiration, aber gleichzeitig auch als seine „Madame Picasso“ vorstellt. Die Liebe der beiden ist sehr tief und Picasso hat ihr schon einen Heiratsantrag gemacht, als Eva schwer erkrankt.

Anne Girard hat mit ihrem Roman „Madame Picasso“ einen wunderschönen historischen Liebesroman vorgelegt, der exzellent recherchiert wurde und von vielen Hintergrundinformationen gestützt wird. Dadurch ist ihr mit kleinen Einschränkungen ein sehr authentisches und biografisches Werk gelungen, das sich durch einen poetischen und bezaubernden Schreibstil herrlich lesen und den Leser an einer der schönsten und zugleich traurigsten Liebesgeschichten der neueren Geschichte teilhaben lässt. Die Landschaftsbeschreibungen und auch die Örtlichkeiten in Paris sind wunderbar beschrieben, so dass man sich sofort in die damalige Künstlermetropole zurückversetzt fühlt und alles vor dem inneren Auge lebendig wird. Die Charaktere sind sehr realistisch angelegt, was erneut die Recherchearbeit der Autorin hervorhebt. Pablo Picasso galt immer als stolzer, schwieriger, leicht selbstverliebter Mann, der andererseits aber auch sehr großzügig sein konnte. Die Grundlage für seine Angst vor Krankheit und Tod wurde schon in seinen jungen Jahren gelegt und erklärt innerhalb des Romans so manche seiner Reaktionen. Eva ist eine sehr junge und anfangs leicht zu beeindruckende Frau, die alles für ihre große Liebe tut und dabei über sich hinaus wächst und dadurch Pablo Picasso eine große Unterstützung ist.

„Madame Picasso“ ist eine Hommage an Eva Gouel und eine einzigartige Liebesgeschichte zu Beginn des vergangenen Jahrhunderts. Sehr schön wurden auch Informationen zur damaligen Mode und den Lebensgewohnheiten eingestreut und die Erwähnung zahlreicher berühmter Namen aus Kunst und Kultur, die sich zur gleichen Zeit in Paris traf und austauschte, macht das Buch noch einmal mehr zum Leseschmaus.

Auch die Aufmachung des Romans wurde vom Aufbau Verlag liebevoll gestaltet. Schon das Cover ist eine Augenweide, im Umschlag versteckt sich dann noch ein Stadtplan von Paris aus dem Jahr 1911, anhand dessen man sich gut orientieren kann.

Ein Lesemuss für alle Liebhaber historischer Bücher, wunderbarer Liebesgeschichten und gut recherchierter Romane. Absolute Leseempfehlung, einfach wunderschön!!!

Veröffentlicht am 15.09.2016

Nur die Wahrheit macht Dich frei

Die verbotene Zeit
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London 1975. Die deutschstämmige Journalistin Carla Whitman leidet nach einem schweren Autounfall unter Gedächtnisverlust, die Erinnerung an die vergangenen Monate vor dem Unfall fehlen ihr. In ihrer Ehe ...

London 1975. Die deutschstämmige Journalistin Carla Whitman leidet nach einem schweren Autounfall unter Gedächtnisverlust, die Erinnerung an die vergangenen Monate vor dem Unfall fehlen ihr. In ihrer Ehe mit Ehemann Tom fühlt sie sich unwohl und hat ständig das Gefühl, dass er und auch ihre Eltern Paul und Dora Behringer sie belügen oder ihr etwas verheimlichen. Da Carla das Gefühl hat, dass die verlorene Zeit sehr wichtig für sie und ihr Leben ist, strengt sie eigene Nachforschungen an, um die ihr fehlenden Puzzlesteine wieder an ihren Platz zu setzen. Bei Gesprächen mit ihrem Ehemann Tom weicht dieser ihr immer wieder aus, auch ihr Vater Paul kann ihr nicht in die Augen sehen und ihre Mutter Dora lebt seit geraumer Zeit in einem Sanatorium in Cornwall, sie hat den Verlust der ältesten Tochter Anastasia, Carlas Schwester, vor rund 16 Jahren nicht verwunden, die von jetzt auf gleich spurlos verschwunden ist. Carla findet ein altes Notizbuch und eine Telefonnummer, die sie zum Journalisten David Gray führt. David stand vor dem Unfall mit Carla in Verbindung, weil er für seinen alten jüdischen Freund und Violinisten Jules Cohn nach einer engen Freundin von Carlas Mutter Dora suchte, Edith von Stettenheim. Diese ist nach dem zweiten Weltkrieg spurlos verschwunden, doch laut Carlas Vater Paul waren Dora und Edith gar nicht so eng befreundet. Carla und David begeben sich auf Spurensuche in die Vergangenheit und stoßen auf viele Geheimnisse und Wahrheiten, durch die Carla die Geschichte ihrer Eltern kennenlernt und die auch ihr eigenes Leben für immer verändern werden.

Nach ihrem ersten Roman „Die Schwestern von Sherwood“ legt Claire Winter nun ihr neues Buch „Die verbotene Zeit“ vor. Der Schreibstil ist wunderbar flüssig, zieht er den Leser doch bereits im Prolog völlig in Bann und fesselt ihn mit Vermutungen, Rätselraten sowie geschickt gelegten Wendungen bis zur letzten Seite. Die Handlung ist aufgeteilt in zwei Zeitebenen, zum einen begleitet der Leser Carla 1975 bei dem Versuch, ihre Erinnerungen wieder zu finden und ihr Leben zu ordnen. Die zweite Zeitebene beginnt im Berlin 1922 und zeichnet das Leben von Dora, Edith, Paul und Jules bis kurz nach Ende des zweiten Weltkrieges ins Jahr 1946 auf. Der Spannungsbogen wird bereits auf den ersten Seiten aufgebaut und zieht sich durch die Zeitebenen hindurch bis zum Schluss. Der geschichtliche Hintergrund wurde von der Autorin sehr akribisch recherchiert und außerordentlich geschickt mit der Handlung verflochten. Die Beschreibung der Lebensumstände, der politischen Situation und auch der örtlichen Gegebenheiten wie auch die Grausamkeiten des Nazi-Regimes wirken sehr authentisch und lebensecht und bringen dem Leser einmal mehr diese Zeit ganz nah.

Die Charaktere sind sehr vielfältig und detailliert angelegt, so dass man sie sich wunderbar vorstellen kann. Man hat beim Lesen das Gefühl, als begleite man alte Freunde und schaue ihnen bei ihren Handlungen über die Schulter. Carla ist eine sehr sympathische, wahrheitsliebende Frau. Der Unfall und seine Folgen machen ihr schwer zu schaffen und lassen sie sich in ihrem eigenen Leben unwohl fühlen. Erst wenn sie alle Teile wieder an ihrem Platz weiß, kann sie sich wieder sicher fühlen. Carla ist intelligent, hartnäckig und folgt ihrer Intuition, die ihr den Weg weist, was Gut und Böse ist. David ist ein ehrlicher und sympathischer Mann, der bei der Hilfe für einen alten Freund auf Carla trifft und sich dadurch das Leben der beiden verändert. Er ist hilfsbereit und unterstützt Carla in all ihren Unternehmungen. Dora und Edith werden schon als Kinder Freundinnen, obwohl Dora die Tochter der Haushälterin ist und Edith die Tochter aus wohlhabendem Hause. Auch wenn beide vom Typ her grundverschieden sind, wachsen sie wie Schwestern zusammen und teilen ihre Freude und ihr Leid miteinander. Edith hat eine starke Persönlichkeit, trägt ihr Herz auf der Zunge und schert sich nicht um Konventionen. Dora dagegen ist die zurückhaltendere und empfindsamere, die sich alles sehr zu Herzen nimmt und daran zu zerbrechen droht. Die Entwicklung der Protagonisten innerhalb dieses Romans ist außerordentlich gelungen, sehr lebendig und realitätsnah. Gerade das macht dieses Buch sehr außergewöhnlich und lesenswert.

„Die verbotene Zeit“ ist ein Gesellschaftsroman mit historischem Hintergrund par excellence. Die Geschichte fesselt vom ersten Moment an und lässt einen nicht mehr los, bis man hinter alle Geheimnisse gekommen ist. Dabei wachsen einem die Protagonisten und ihre Schicksale so sehr ans Herz, dass man sie auch lange nach der Lektüre noch im Gedächtnis bewahren wird.

Eine absolute Leseempfehlung für diesen Roman, der seinesgleichen sucht. Ausgezeichnet gemacht, Frau Winter. Chapeau!

Veröffentlicht am 15.09.2016

Bens Geheimnis

Daringham Hall - Das Erbe
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Die Tierärztin Kate verbrachte ihre Kindheit nach dem Tod der Eltern auf dem Gut Daringham Hall der Familie Camden auf und führt nun ein angenehmes Leben in dem kleinen Dorf Salters End in East Anglia ...

Die Tierärztin Kate verbrachte ihre Kindheit nach dem Tod der Eltern auf dem Gut Daringham Hall der Familie Camden auf und führt nun ein angenehmes Leben in dem kleinen Dorf Salters End in East Anglia in der Nähe des Gutes. Eines Abends überwältigt sie einen Mann, von dem sie denkt, er ist ein Einbrecher. Doch schnell sieht sie ihren Fehler ein und kümmert sich um den Fremden, den sie aufgrund eines Zettels in seiner Hosentasche Ben nennt. Wie sich herausstellt, wurde er vor ihrem Zusammentreffen schon verprügelt. Als er erwacht, hat er sein Gedächtnis verloren und weiß nicht einmal seinen Namen. Kate nimmt ihn bei sich daheim auf und schon bald fühlt sie sich von dem attraktiven Unbekannten stark angezogen. Niemand vermisst Ben und niemand kennt ihn. Erst als sein amerikanischer Unternehmenspartner ihn endlich aufspürt, erlangt Ben sein Gedächtnis wieder und auch der Grund seines Englandbesuches fällt ihm wieder ein. Ab diesem Moment verhält sich Ben anders, auch Kate gegenüber, denn er hat eine Rechnung mit den Camdens offen. Was verbirgt die Familie Camden? Wird es eine Zukunft für Ben und Kate geben?

Kathryn Taylor hat mit „Daringham Hall: Das Erbe“ den ersten Band ihrer Trilogie um die Familie Camden und das Gut vorgelegt, der Liebesgeschichte und Familiengeheimnis wunderbar zu verbinden weiß. Der Schreibstil ist schön flüssig zu lesen, der Leser taucht von Beginn an ein in die Welt der Protagonisten und fühlt sich wie in einem unterhaltsamen Film bei der Beobachtung der Geschichte.

Die Charaktere sind vielfältig und mit besonderem Blick aufs Detail angelegt worden, sie haben alle ihre Eigenheiten und wirken deshalb sehr lebendig und interessant. Kate ist eine sehr sympathische und hilfsbereite Frau, die ihre Mitmenschen unterstützt und ein großes Herz für Tiere und Gestrandete hat. Sie hat viele Freunde, aber es gibt auch Personen, die ihr nicht so zugetan sind, aus welchen Gründen auch immer. Ben ist ein knallharter Geschäftsmann, der nur aus einem Grund auf dem Land landet, doch dann trifft er auf Personen, die sich von ihm nicht beeindrucken lassen, was ihm den Gedächtnisverlust einbringt. Solange Ben keine Erinnerung an sein altes Leben hat, ist er ein richtig toller Kerl, packt bei Kate im Haus mit an und wirkt offen, locker und liebenswert. Doch ab dem Moment, an dem die Erinnerung wieder da ist, verwandelt sich Ben in einen richtigen Kotzbrocken, den man am liebsten in die Wüste schicken würde. Er ist verbohrt, eiskalt und abweisend, als hätte er all die ihm entgegengebrachte Hilfsbereitschaft vergessen. Sämtliche Nebenprotagonisten sind ebenfalls sehr interessant skizziert und geben der Haupthandlung einen sehr schönen Rahmen. Besonders erwähnt sei noch die alte Gutsherrin Lady Eliza, die wirklich eine harte Nuss ist und ein wirklicher Snob.

„Daringham Hall: Das Erbe“ ist ein sehr unterhaltsamer Liebesroman mit einem Familiengeheimnis und genügend Spannung, um einen schönen Tag auf dem Sofa zu verbringen und in die Welt der Schönen und Adligen einzutauchen. Aufgrund des Suchtpotentials kann man gespannt sein auf die Folgebände. Absolute Leseempfehlung zum Wegträumen!

Veröffentlicht am 15.09.2016

Das Erbe des schottischen Königs Macbeth

Distel und Rose
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1078. Die junge Aelswith lebt am Hofe von Königin Margaret. Eines Tages wird sie nach einem Streich von einem Wanderheiler und seinem Gehilfen vom Hof entführt. Während sie mit den beiden auf Wanderschaft ...

1078. Die junge Aelswith lebt am Hofe von Königin Margaret. Eines Tages wird sie nach einem Streich von einem Wanderheiler und seinem Gehilfen vom Hof entführt. Während sie mit den beiden auf Wanderschaft ist, werden sie von den Rittern der Königin verfolgt, doch auch andere sind ihnen auf den Fersen und hinterlassen verbrannter Dörfer und jede Menge toter Menschen. Warum wurde sie entführt und was haben die beiden vermeintlichen Wanderheiler mit ihr vor? Wer ist wirklich das geheime Kind von Macbeth?

1791. Magdalene ist eine Leseratte und würde ihr Leben am Liebsten von Büchern umgeben verbringen und einen eigenen Roman schreiben. Doch sie geht auf Wunsch ihres Vaters mit dem schottischen Lord David MacBrannan die Ehe ein und zieht auf dessen Landgut in die schottischen Highlands. Das Leben dort ist Magdalene fremd ebenso wie ihr Ehemann, so fühlt sie schnell Heimweh aufkommen und langweilt sich. An der Haushaltsführung hat sie keinerlei Interesse, doch als sie die Bibliothek des Hauses entdeckt, schöpft sie Hoffnung. Als Magdalene alte Pergamentrollen findet, erfährt sie von einer geheimnisvollen Geschichte um den alten schottischen König Macbeth. In den Highlands planen die Schotten den Aufstand gegen die Gutsbesitzer und Magdalene schlägt sich immer mehr auf die Seite der Schotten und gegen ihren Ehemann. Sie beginnt sogar, sich für die Lebensweise der armen Bewohner zu interessieren, vor allem aber für einen ganz bestimmten Schotten namens Seoras. Auch der geheimnisvolle „rote König“, der für die Schotten mit den Gutsbesitzern Katz und Maus spielt, hat es Magdalene angetan. Wird sie sich gegen ihren Ehemann entscheiden?

Julia Kröhn hat mit ihrem Roman „Distel und Rose“ einen wunderbaren historischen Roman vorgelegt, der den Leser durch zwei parallel laufende Zeitebenen führt verbunden durch das Erbe des schottischen Königs Macbeth, der schon im 11. Jh. als grausamer Herrscher galt und im 18. Jh. von den Schotten verherrlicht wird. Jedem Leser ist Macbeth durch Shakespeares Werk ein Begriff, doch wie es sich um die tatsächliche Geschichte des Königs verhält, weiß niemand, der sich nicht damit auseinander gesetzt hat. Die Autorin hat gründlich recherchiert und die geschichtlichen Hintergründe sehr schön in ihren Roman einfließen lassen. Auch die Landschaftsbeschreibungen sind sehr detailliert, so dass man während der Lektüre die zerrissene Schönheit Schottlands regelrecht vor dem inneren Auge vorbeiziehen sieht.

Die Charaktere sind schön ausgearbeitet und wirken zeitgemäß und lebensecht. Aelswith ist eine sympathische junge Frau, die den Schalk im Nacken sitzen hat. Sie ist ein wenig vorlaut, aber auch abenteuerlustig und im Herzen gut. Bruder Nynias ist ein Baum von einem Kerl, der nur Gutes im Schilde führt und mit seinem Hammer mehr droht, als etwas Böses damit zu tun. Magdalene ist eine junge und sehr naive junge Frau, die durch ihre Wankelmütigkeit und ihr mangelndes Interesse an ihrer Umwelt nicht gerade sympathisch wirkt. Zu Beginn der Geschichte wirkt sie nahezu oberflächlich und teilnahmslos, doch im Laufe der Handlung merkt man, dass sie auf der Suche nach Liebe und Zuneigung ist, sie leider aber bei den falschen Menschen sucht und so immer wieder enttäuscht wird. Ihre Naivität bringt sie mehr als einmal in eine sehr böse Situation, doch sie entwickelt immer mehr Sicherheit. Vor allem kann man ihr nicht nachsagen, dass sie sich die Hände nicht schmutzig machen will. Ihr Ehemann David ist die meiste Zeit eher undurchschaubar, meist wirkt er nüchtern und zurückhaltend, doch dann überrascht seine Liebe zur Musik und vor allem auch sein unternehmerisches Denken, das recht fortschrittlich und zum Wohl der Menschen ist. Leider kann er dies mit seinen Worten nicht vermitteln. Sein Bruder Caelan ist ein Hansdampf in allen Gassen, gerade aus Indien zurückgekehrt, unterstützt er seinen Bruder bei dem Vorhaben, das Gut fortschrittlicher zu gestalten, so dass alle Bewohner und Pächter mehr Wohlstand erwerben. Doch Caelan hat auch eine geheime Seite, die erst sehr spät zum Vorschein kommt. Abigail, die Magdalene schon seit Kindheit an betreut, ist eine eher aufdringliche Person, die Magdalene jeden Schritt vorgibt, so dass diese ihre eigenen Gedanken nicht mehr hören kann. Doch zum Ende der Geschichte überrascht Abigail doch mit ihrer Verbundenheit zu ihrem Schützling und dessen Familie.

„Distel und Rose“ ist ein spannender historischer Roman, dessen zwei Handlungsstränge parallel sehr schön abgestimmt sind, so dass man einige Fragen immer im anderen Teil beantwortet bekommt. Die von der Autorin herbeigeführten Wendungen können einige Male überraschen und halten die Spannung der Geschichte auf gleichbleibend hohem Niveau. Ein sehr unterhaltsamer und lehrreicher Roman, der allen Historienfans gefallen dürfte. Eine Leseempfehlung gibt es hierfür auf jeden Fall!

Veröffentlicht am 13.07.2024

Die Strippenzieherin von Tinseltown

Eve
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1938/39. Eve Ross ist einem Zug auf dem Weg nach Los Angeles, nachdem sie sich in New York von ihrem Verlobten getrennt und alle Brücken hinter sich abgebrochen hat. Im Speisewagen lernt sie den pensionierten ...

1938/39. Eve Ross ist einem Zug auf dem Weg nach Los Angeles, nachdem sie sich in New York von ihrem Verlobten getrennt und alle Brücken hinter sich abgebrochen hat. Im Speisewagen lernt sie den pensionierten Inspektor der Mordkommission, Charlie Granger, kennen, der gerade überlegt, nach dem Tod seiner Frau in LA alle Brücken hinter sich abzubrechen und zu seinem Sohn zu ziehen. Schon bald ist Charlie von Eve fasziniert, bringt sie ihn doch dazu, seine Pläne noch einmal zu überdenken. Kaum in LA angekommen, mietet sich Eve im Beverly Hills Hotel ein, wo sie auf den ehemaligen Schauspieler Prentice Symmons trifft, dessen Ruhm inzwischen verblasst ist und der seinen Kummer mit Essen betäubt. Auch er fällt schnell in Eves Bann, überlässt ihr sogar seinen Chauffeur, um die Stadt kennenzulernen. Bei einem ihrer Ausflüge begegnet Eve zufällig der jungen aufstrebenden Schauspielerin Olivia de Havilland und nimmt sich ihrer an. Die beiden werden schnell Freundinnen, und als Olivia in Schwierigkeiten gerät und Eve sogar von deren Studio als Aufpasserin engagiert wird, trommelt Eve all ihre neuen Bekanntschaften zusammen, um Olivias Ruf zu retten…
Amor Towles hat mit „Eve“ eine kleine, aber feine Gesellschaftssatire vorgelegt, die sowohl mit wunderbaren Charakterstudien als auch mit einer amüsanten Story überzeugen kann, obwohl die Geschichte kaum Spannungsbögen bietet. Der flüssige und bildhafte Erzählstil lässt den Leser nicht nur ins alte Hollywood reisen, sondern stellt ihn auch mal an die Seite von Eve, Charlie und anderer Protagonisten, wo er deren Gefühls- und Gedankenwelt genau erkunden kann. Während der Leser sich voll und ganz auf die einzelnen Personen konzentriert, baut sich im Hintergrund ein Schurkenstück in Form von Erpressung auf. Eve, die sich vorgenommen hat, ihre neue junge Freundin Olivia zu beschützen, zieht ihre bereits gemachten Bekanntschaften zusammen und macht sich mit deren Hilfe daran, den Erpressern ein Bein zu stellen. Interessant ist, wie sehr es Eve gelingt, vor allem Charlie und Prentice wieder das Gefühl zu geben, gebraucht zu werden. Beide sahen sich selbst schon als abgeschrieben und für die Gesellschaft bereits unsichtbar, doch beide leben in den ihnen zugeteilten Aufgaben völlig auf und zeigen ganz neue Gesichtszüge. Towles hat seiner Geschichte zudem eine interessante Kulisse als Hintergrund beigefügt, denn das alte Hollywood mit seinen Studios fasziniert auch heute noch. Außerdem macht er deutlich, wie damals mit jungen Schauspielerinnen verfahren wurde, die eigene Vorstellungen und Wünsche hatten.
Die Charaktere sind sehr detailliert und authentisch gezeichnet, so dass der Leser sofort ein Bild vor Augen hat. Unsichtbar verfolgt er die Protagonisten bei ihren Handlungen und hofft auf einen guten Ausgang. Eves Gesicht ist durch eine einseitige Narbe gekennzeichnet und vielleicht macht dies schon neugierig auf sie. Sie umgibt etwas Geheimnisvolles, doch animiert es gerade ihre neuen Bekanntschaften, sich ihr zu öffnen. Sie spart mit Worten, gibt nicht viel von sich preis, jedoch ist alles, was sie sagt, in irgendeiner Weise genau auf den Punkt. Charlie ist ein gutmütiger Kerl, der den Polizeidienst vermisst und die Chance ergreift, wieder ins Geschehen einzugreifen. Prentice vegetiert regelrecht vor sich hin, doch mit Eves Hilfe springt er über seinen Schatten und wächst noch einmal über sich hinaus. Olivia ist noch sehr jung und unbedarft, doch durch Eve gewinnt sie an Selbstvertrauen. Aber auch Billie und weitere Protagonisten lassen ihre Fußspuren in dieser Geschichte.
„Eve“ ist nicht nur eine unterhaltsame Gesellschaftssatire, sondern auch eine Geschichte über das Miteinander sowie Geben und Nehmen. Manchmal braucht es einen Schubs aus der richtigen Richtung, um dem Leben neue Würze zu geben. Genau dies wird in der Handlung immer wieder deutlich. Verdiente Leseempfehlung für ein Buch mit Tiefgang!