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Veröffentlicht am 03.10.2022

Im Elend bleibt kein anderes Heilungsmittel als Hoffnung nur. (William Shakespeare)

Ein Kind namens Hoffnung
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1938 Berlin. Die im Jahr 1900 geborene Pfarrerstochter Elly Berger hat völlig andere Vorstellungen vom Leben als ihr Vater. Sie möchte Köchin werden und verlässt deshalb ihr Elternhaus in Bonn, um in Berlin ...

1938 Berlin. Die im Jahr 1900 geborene Pfarrerstochter Elly Berger hat völlig andere Vorstellungen vom Leben als ihr Vater. Sie möchte Köchin werden und verlässt deshalb ihr Elternhaus in Bonn, um in Berlin erst eine Ausbildung im Adlon zu absolvieren und dann eine Anstellung im Haushalt der jüdischen Arztfamilie Sternberg anzunehmen, wo sie auch ein neues Zuhause findet. Das Verhältnis zu Hanns und Sara Sternberg ist bald freundschaftlich geprägt und ihr sechsjähriger Sohn Leon hat einen Narren an Elly gefressen. Während sich mit dem politischen Aufstieg der Nazis die Lage der jüdischen Bevölkerung immer mehr verschlechtert, sogar gefährlich zu werden droht, glaubt Hanns weiterhin, dass er als Neurologe nichts zu befürchten hat. Doch das wird ihm und seiner Frau zum Verhängnis, denn sie werden aufgrund von Denunziationen von den Nazis verhaftet. Leon wird von Elli gerettet, mit dem sie zu ihrer eigenen Familie nach Bonn flieht und ihn als ihren eigenen Sohn ausgibt. Aber dort sind sie nicht willkommen, ihr strenger Vater ist zwar um ihre Sicherheit besorgt, doch Leon will er nicht im Hause haben. So bleibt Elly nichts weiter übrig, als sich mit Leon durchzuschlagen, bis dessen Eltern sich wieder um ihn kümmern können…
Marie Sand hat mit „Ein Kind namens Hoffnung“ ihren Debütroman vorgelegt, der den Leser in die dunkelste Zeit deutscher Geschichte zurückführt, wo er mit Elly eine der damaligen Personen kennenlernt, die sich unter großer Gefahr für andere selbstlos einsetzten. Der flüssige, farbenfrohe und gefühlvolle Erzählstil nimmt den Leser sofort mit auf eine Reise in die Vergangenheit, wo er über den Zeitraum von 1938 bis 1958 das Schicksal von Elly und Leon hautnah mitverfolgt. Elly hat schon als junge Frau ihre eigenen Ziele verfolgt, auch wenn sie dafür ihr sicheres Elternhaus verlassen musste. In einer fremden Stadt hat sie sich ihren Wunsch, Köchin zu werden, mit viel Fleiß verwirklicht und bei den Sternbergs nicht nur Arbeitgeber, sondern eine Ersatzfamilie gefunden, wo sie auch noch ihrer Kochleidenschaft frönen kann. Als die Sternbergs deportiert werden, übernimmt Elly die Verantwortung für deren Sohn Leon, was für sie beide eine ständige Gefahr und eine lange Flucht bedeutet. Über die Jahre sucht Elly nach Leons Mutter Sara, auch als sie selbst schon Mutter ist. Befremdlich ist die Tatsache, dass sie Leon sogar ihrer eigenen Tochter Matilda vorzieht. Natürlich kennt sie Leon schon lange und dessen Schicksal berührt sie umso mehr, da sie selbst in dem Haushalt seiner Familie gelebt hat. Doch das eigene Kind sollte eigentlich einen größeren Stellenwert einnehmen, zumindest einen gleichwertigen. Einige von Ellys Handlungen sind zwar nachvollziehbar, vieles wirkt aber auch überzogen und an der Grenze zur Unglaubwürdigkeit. Unzureichend ist auch die Recherche der Autorin, was an einigen Wissensfehlern deutlich wird.
Die Charaktere sind mit menschlichen Eigenschaften ausgestattet und in Szene gesetzt. Der Leser findet jedoch keinen emotionalen Zugang zu ihnen, so dass er über die Handlung hinweg als Zaungast fungiert und alles mitverfolgt. Elly ist eine starke, entschlossene und mutige Frau, die ihr eigenes Wohl hintenan stellt, um die Erwartungen, vor allem Saras, zu erfüllen. Dass sie diesen Erwartungen alles andere einschließlich ihrer eigenen Tochter, unterordnet, ist befremdlich und nicht nachvollziehbar. Dadurch wirkt sie oft verbissen, unnachgiebig und verletzend. Sara und Hanns sind freundliche Menschen, doch während Sara mit ihren feinen Sinnen die Lage schnell durchschaut hat, ist Hanns ein Träumer, der die Anzeichen ausblendet. Matilda muss tagtäglich für die Liebe und Aufmerksamkeit ihrer Mutter kämpfen.
„Ein Kind namens Hoffnung“ ist ein unterhaltsames Debüt über eine starke Frau, die sich in einer grausamen Zeit dem unermüdlichen Schutz eines Kindes verschrieben hat. Die mangelhafte Recherche sowie der fehlende emotionale Zugang zur Hauptprotagonistin nebst ihrer oft zweifelhaften Handlungsweise machen diesen Roman leider nur mittelmäßig. Eingeschränkte Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 03.10.2022

Die Vernunft kann nur reden. Es ist die Liebe, die singt. (Joseph de Maistre)

Ulla und die Wege der Liebe
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1919 Berlin. Endlich ist der Erste Weltkrieg vorbei, doch die Dehmels haben nicht nur Paulas Tod zu verkraften, sondern müssen sich, wie viele andere auch, mehr schlecht als recht durchs Leben schlagen. ...

1919 Berlin. Endlich ist der Erste Weltkrieg vorbei, doch die Dehmels haben nicht nur Paulas Tod zu verkraften, sondern müssen sich, wie viele andere auch, mehr schlecht als recht durchs Leben schlagen. Als Heinrich Dehmel endlich aus dem Krieg zurückkehrt, ist die junge Künstlerin Ursula Stolte froh, ihre große Liebe endlich wieder in die Arme schließen zu können und mit ihm gemeinsam den Tod seiner Mutter zu verarbeiten, denn Paula war ihr immer ein großes Vorbild. Ulla nimmt Heinrichs Heiratsantrag an, um mit ihm eine eigene Familie zu gründen, doch ihre Eigenständigkeit als Künstlerin möchte sie deshalb nicht aufgeben. Aber Heinrich macht es ihr nicht leicht, denn er fällt als Ernährer der Familie aus, da ihm nach seiner Approbation als Arzt ein weiteres Studium wichtiger ist. Mit der Geburt der gemeinsamen Tochter Fine sollte das Glück eigentlich perfekt sein, doch bleibt es vor allem Ursula, Spitzname Ulla, vorbehalten, sich um Haushalt, Kind und das Wohl der Familie zu kümmern. Dabei will sie auch ihre künstlerischen Tätigkeiten weiterverfolgen. Ob ihr das gelingen wird? Und auch bei den anderen Mitgliedern der Familie Dehmel bahnen sich Probleme an…
Ulrike Renk hat mit „Ulla und die Wege der Liebe“ den dritten Teil ihrer historischen Dehmel-Familiensaga vorgelegt, der den Leser erneut in der Zeit zurückreisen lässt, um dort die Geschicke der einzelnen Protagonisten mitzuverfolgen, während er gleichzeitig den geschichtlichen Hintergrund der damaligen Zeit hautnah miterlebt. Der flüssige, bildhafte und empathische Erzählstil erlaubt dem Leser den Zutritt zum engsten Familien- und Freundeskreis. Der Zeitrahmen erstreckt sich über einen Zeitraum von 1919 bis 1924, den die Autorin ihre Handlung aus realen und fiktiven Komponenten sehr gekonnt gewebt hat, so dass der Leser einmal mehr fasziniert das Leben der belegten Berliner Familie eintauchen kann. Paula Dehmel ist inzwischen verstorben, sie war die Seele und der Mittelpunkt der Dehmels, die alle miteinander verbunden und die Familie zusammengehalten hat. Mit ihrer Heirat wird Ulla Stolte ebenfalls eine Dehmel, auf die einige Herausforderungen zukommen, denn zu jener Zeit sind es immer noch die Männer, die in fast allen Dingen den Ton angeben und Entscheidungen treffen, die die Frauen zu akzeptieren haben. In Freundin Vera hat sie einen Fels in der Brandung an ihrer Seite, obwohl diese in dem Künstler Tetjus einen Ehemann an der Seite hat, der in seiner Lebensweise nur zu sehr ihrem Vater Richard Dehmel ähnelt und seine eigenen Bedürfnisse im Blick hat. Durch die sehr akribische Recherche der Autorin nimmt der Leser nicht nur regen Anteil am Familiengeschehen, sondern erlebt auch die Folgen des Krieges mit, die sich auf die Bevölkerung niederschlagen. So muss diese nicht nur unter der Inflation leiden, auch die Anzeichen von Judenfeindlichkeit mehren sich.
Die Charaktere wurden liebevoll und glaubwürdig weiterentwickelt, der Leser fühlt sich sofort wohl in ihrer Mitte und fühlt sich als Teil der Familie. Ulla ist eine liebenswerte Frau, die mit ihrem ruhigen und ausgeglichenen Wesen so mancher Familienzwistigkeit den Wind aus den Segeln nimmt und für einen Lösungsweg sorgt. Vera ist mit ihrer Extrovertiertheit Ullas perfektes Gegenstück. Tetjus und Heinrich wirken beide auf ihre Weise egoistisch in der Art, wie sie ihr Leben gestalten wollen, wobei sie keine Rücksicht auf ihre Frauen nehmen, von diesen aber alles erwarten. Aber auch Ida sorgt für einigen Wirbel nach Richards Tod, was sie nicht gerade zur Sympathieträgerin macht.
„Ulla und die Wege der Liebe“ ist nicht nur eine unterhaltsame Fortsetzung der Familiensaga, sondern besticht durch den gelungenen Mix aus historischem Hintergrund, Liebe, Freundschaft und einigen Schicksalsschlägen, die gemeistert werden wollen. Absolute Leseempfehlung für ein Abtauchen in alte Zeiten und in eine interessante Familie, die es wirklich gegeben hat. Einfach wunderbar!

Veröffentlicht am 25.09.2022

Was wir heute tun, entscheidet darüber, wie die Welt morgen aussieht. (Marie v. Ebner-Eschenbach)

Zwischen heute und morgen
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1960 Hamburg, Köln, San Remo. Das neue Jahrzehnt läutet endlich den Aufbruch für die drei vom Krieg gebeutelten und miteinander befreundeten Familien Borgfeldt, Aldenhoven und Canna ein. Die Kunstgalerie ...

1960 Hamburg, Köln, San Remo. Das neue Jahrzehnt läutet endlich den Aufbruch für die drei vom Krieg gebeutelten und miteinander befreundeten Familien Borgfeldt, Aldenhoven und Canna ein. Die Kunstgalerie der Aldenhovens in Köln hat die Durststrecke überwunden und hat nun großen Zulauf. Schon bald werden Gerda und Heinrich Großeltern, denn ihre Tochter Ursula erwartet ihr erstes Kind. Die lebt mit Ehemann Joachim bei den Borgfeldts in Hamburg, was vor allem oft mit Elisabeth zu Konflikten führt, die alle sehr für sich vereinnahmt, vor allem Ursels Töchterchen Henrike. Elisabeths Kurt kann seine Ehe nur noch aushalten, indem er genügend Abstand zwischen sich und seine Frau bringt. Derweil hat Pips, der als Jazz-Pianist für Gianni Canna in dessen Bar gearbeitet hat, San Remo für Hamburg verlassen, um in der Nähe seiner großen Liebe Ursula zu sein, die jedoch nun einem anderen gehört. Dabei hat er immer noch nicht verarbeitet, was er durch die Nazis erdulden musste…
Carmen Korn hat mit „Zwischen heute und morgen“ den zweiten Teil ihrer historischen Drei-Städte-Trilogie vorgelegt, der den Leser sowohl mit den Geschichten dreier eng miteinander verbunden Familien unterhält als auch den damaligen historischen Hintergrund wunderbar wieder aufleben lässt. Der flüssige, farbenfrohe und empathische Erzählstil Korns lässt den Leser in der Zeit zurückreisen, um sich in den 60er Jahren wiederzufinden und über wechselnde Perspektiven sowie dreier unterschiedlicher Handlungsorte einen Blick durchs Schlüsselloch der einzelnen Familien zu werfen und ihre Sorgen und Nöte zu erfassen. Auch diesmal legt die Autorin wieder großen Wert auf Authentizität, die sie durch exzellente Recherche in ihre Geschichte mit einfließen lässt. Der Romantitel ist erneut Programm, denn die Handlung erzählt nicht nur von der älteren Generation, die immer noch mit den Kriegsfolgen zu kämpfen hat, sondern bringt nun auch ihre Kinder ins Spiel, die sich mit ganz anderen täglichen und zeitgemäßen Problemen herumschlagen, während die Zeit des Wirtschaftswunders Fahrt aufnimmt und der Zweite Weltkrieg anscheinend verblasst. Korn schafft es sehr geschickt, den Spagat zwischen den Älteren und Jüngeren aufzuzeigen, während die damaligen gesellschaftlichen und politischen Ereignisse unterschwellig vorbeiziehen und Einfluss nehmen wie z.B. den Bau der Berliner Mauer, das Hamburger Hochwasser, die Ermordung John F. Kennedys und die Zeit des Kalten Krieges. Vor allem die zwischenmenschlichen Beziehungen und ihre Entwicklung bringen einiges an Spannungen mit sich und lassen den Leser die Seiten nur so durch die Finger rinnen.
Die Charaktere wurden weiterentwickelt und glaubwürdig inszeniert, so dass der Leser sich gut mit ihren Ecken und Kanten identifizieren kann. Schnell hat er sich in ihrer Mitte eingenistet und verfolgt voller Spannung ihren Erlebnissen. Während Ursula mit Joachim ihr Glück gefunden hat, entfremden sich Elisabeth und Kurt immer mehr voneinander, was Kurt kaum noch erträgt, Elisabeth dagegen kaum bemerkt. Heinrich und Gerda haben ihre Durststrecke überstanden und atmen endlich auf. Margarethe und Bruno sind sich ebenfalls noch sehr eng verbunden. Neben Carla und Uli hat auch Gianni endlich die Liebe gefunden. Pips ist ein trauriger, melancholischer Zeitgenosse, der zu viel erlebt und bisher nicht verarbeitet hat. Aber auch Jules, Nina und Vinton spielen in dieser Handlung wichtige Rollen.
„Zwischen heute und morgen“ bietet mit einem Mix aus unterschiedlichen Familiengeschichten und –schicksalen sowie ausgezeichnet recherchiertem historischen Hintergrund eine wunderbare Zeitreise in die jüngste Vergangenheit. Absolute Leseempfehlung für eine sehr unterhaltsame Lektüre!

Veröffentlicht am 25.09.2022

Ligurien - Veni, vidi, amavi!

Ligurien - ReiseMomente
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Unsere Familie hat 3 Jahre in Italien gelebt, in der Zeit haben wir nicht nur die Gastfreundlichkeit der Landesbewohner sowie die Kultur kennen- und lieben gelernt, sondern auch so manche Region erkundet. ...

Unsere Familie hat 3 Jahre in Italien gelebt, in der Zeit haben wir nicht nur die Gastfreundlichkeit der Landesbewohner sowie die Kultur kennen- und lieben gelernt, sondern auch so manche Region erkundet. Dabei haben wir uns vor allem in die malerischen Gegenden der Toskana, der Amalfi-Küste und Ligurien verliebt.
Als wir die Möglichkeit hatten, in den Reiseführer „Ligurien-Reisemomente“ von Bernadette Olderdissen hineinzuschauen, waren wir sofort schwer begeistert. Zum einen waren wir sofort von dem Format überzeugt, dass in jede Handtasche passt. Die Aufmachung des 256 Seiten starken Büchleins ist schon vom Anblick her eine Augenweide, denn es überkommt einen sofort Fernweh bei dem Anblick vom farbenfrohen Cinque Terre. Die Autorin versprich 50 Mikroabenteuer in Ligurien zum Entdecken und Genießen, darauf lässt man sich schon als Leser sehr gern ein, so erhält man einige Inspirationen für den nächsten Besuch der wunderschönen italienischen Region.
Unterteilt ist der kleine Reiseführer in die Kapitel „Genua und Umgebung“, Levante-Genuas Hinterland und Golfo Paradiso“, „Levante bis zu den Cinque Terre“, „Levante-Golfo dei Poeti und sein Hinterland“, „Ponente-Hinterland und Küste nahe Genua“, „Ponente-Savona und Alassio“ sowie „Ponente-Zwischen Imperia und der französischen Grenze“. Ein Vorwort, Kurioses und Besonderheiten, die Top 10 der Sehenswürdigkeiten von Ligurien und ein Register machen dieses Büchlein komplett. Jedes Kapitel hat vorab eine kleine Karte, um dem Leser zu verdeutlichen, was ihm im Nachgang präsentiert wird. Mit ihrem eingängigen Beschreibungs- und Erzählstil nimmt die Autorin den Leser gedanklich sofort mit auf Reisen, denn die aneinandergereihten Geschichten lassen nicht nur von Sehenswürdigkeiten und Abenteuern träumen, sondern auch so manches wiedererkennen, was man selbst schon besucht hat. Vor allem Genua, das eigentlich einen eher schlechten Ruf hat und uns auch nicht gerade zum längeren Verweilen animierte, werden wir uns aufgrund der Empfehlungen das nächste Mal ausführlicher ansehen.
Ligurien hat nicht nur Strand und Meerblick zu bieten, sondern lockt auch mit Bergregionen und alten abgelegenen Dörfern, die es zu erkunden lohnt. Die Autorin hat eine Fülle von nützlichen Informationen zusammengetragen, die für einen geplanten Urlaub in dieser Region sehr hilfreich sind. Untermalt wird alles mit wunderschönen farbenfrohen Bildaufnahmen, die die Vorfreude auf die Reise nur noch mehr schüren.
Allen, die ihren nächsten Urlaub in Ligurien planen, sei dieser außergewöhnliche Reiseführer sehr empfohlen. Man blättert immer wieder darin, schwelgt in Erinnerungen und findet andauernd etwas Neues, was man noch sehen möchte. Finale Ligure, Alassio, Savona und Cinque Terre haben uns schon das Herz gestohlen, aber es gibt noch viel mehr zu entdecken. Absolute Leseempfehlung!!!

Veröffentlicht am 11.09.2022

Muttersein ist eine Liebesgeschichte, die niemals endet.

Das Medaillon
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1939. Im vom Bombenhagel zertrümmerten Warschau sieht sich das jüdisch-polnische Ehepaar Rosa und Itzhak Dunovich vor großen Herausforderungen, denn sie sind gezwungen, ins Warschauer Ghetto zu ziehen, ...

1939. Im vom Bombenhagel zertrümmerten Warschau sieht sich das jüdisch-polnische Ehepaar Rosa und Itzhak Dunovich vor großen Herausforderungen, denn sie sind gezwungen, ins Warschauer Ghetto zu ziehen, obwohl sie eigentlich nur aus Litauen gekommen sind, um Rosas Mutter zu besuchen. Das Leben dort ist geprägt von Hunger, Entbehrungen und vor allem von den Grausamkeiten der Nazis. Itzhak, der sich Sorgen um seine eigene Familie macht, reist nach Litauern und lässt Rosa und die neugeborene Tochter Ania zurück. Rosas Lage wird im Ghetto immer schwieriger und als Itzhak nicht zurückkehrt, muss sie eine schwere Entscheidung treffen, um wenigstens das Leben ihrer Tochter zu retten. Währenddessen verliert die mit dem Polen Janek Kumiega verheiratete Engländerin Sophie in Warschau ihr Kind und muss allein mit der Trauer fertig werden, denn sie hat lange keine Nachricht von ihrem Ehemann mehr erhalten, der als Kampfpilot im Einsatz ist. Um sich abzulenken, setzt Sophie all ihre Kraft ein, die geknechtete jüdische Bevölkerung zu unterstützen, wenn sie sich selbst dabei in große Gefahr begibt…
Cathy Gohlke hat mit „Das Medaillon“ einen sehr berührenden und fesselnden historischen Roman vorgelegt, der den Leser in die dunkelste Zeit des vergangenen Jahrhunderts zurückreisen lässt, um zwei starke Frauen kennenzulernen, die mit ihren Taten Hilfsbereitschaft, Menschlichkeit und Liebe leben. Dass die Handlung auf tatsächlichen Begebenheiten beruht, erhöht den Authentizitätscharakter der Geschichte und macht sie noch interessanter, denn der Autorin gelingt es ausgezeichnet, Fiktion und Realität miteinander zu verknüpfen. Der flüssige und bildhafte Erzählstil bringt den Leser schnell in polnische Warschau, wo er sich inmitten des Zweiten Weltkrieges über wechselnde Perspektiven an der Seite unterschiedlicher Protagonisten wiederfindet und Einblick in deren Gedanken- und Gefühlswelt erhält, während er ihr Schicksal hautnah mitverfolgt. Die Autorin lässt mit ihre Worten das Warschauer Ghetto nebst seinen Bewohnern und all seinen dort herrschenden Unmenschlichkeiten plastisch vor dem Auge des Lesers entstehen, der tief in das Schicksal der Menschen abtaucht und dabei eine Achterbahn der Gefühle erlebt, die noch lange nachhallt. Während das unerträgliche Leid der jüdischen Bevölkerung einem die Tränen in die Augen treiben, ist es vor allem die Menschlichkeit derjenigen, die unter größter Gefahr helfen und unterstützen, die einem großen Respekt abringen. Sowohl das Schicksal von Rosa und ihren Angehörigen als auch das von Sophie nebst ihren Lieben gehen unter die Haut. Die von ihnen gefällten Entscheidungen haben eine große Tragweite und man fragt sich während der Lektüre oftmals selbst, ob man solche Wege gewählt hätte. Gerade der christliche Glaube hat diesen Menschen in einer grausamen, trostlosen Zeit Mut und Hoffnung gespendet und über sich hinauswachsen lassen.
Die Charaktere sind facettenreich gestaltet, ihre glaubwürdigen menschlichen Ecken und Kanten machen sie dem Leser nahbar, der ihr Schicksal atemlos verfolgt. Rosa ist eine selbstlose Frau, die verunsichert und verängstigt eine weitreichende Entscheidung treffen muss, die ihr das Herz bricht, aber ein Leben rettet. Sophia ist eine Kämpfernatur, die einen großen Verlust erlitten hat und ihre Trauer in Kraft und Unterstützung für andere umwandelt. Die innere Zerrissenheit beider Frauen ist durchweg gut spürbar, jede Mutter kann ihre Gefühle nachvollziehen. Aber auch Itzak, Janek, Aina und viele mehr bereichern das Buch mit ihren Auftritten.
„Das Medaillon“ ist ein Roman voller Leid, Trauer, Liebe, Hoffnung, Überlebenskampf und viel Mut. Fesselnd und wunderbar einfühlsam erzählt, trifft diese Geschichte den Leser mitten ins Herz, wo sie noch lange verbleibt, nachdem die letzte Seite gelesen ist. Absolute Leseempfehlung für ein echtes Highlight - Chapeau!!!