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Veröffentlicht am 13.03.2022

Irren ist menschlich und Vergeben göttlich. (Alexander Pope)

Das Haus am Deich – Sicherer Hafen
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Nach langer Verlobungszeit hat sich Frida endlich dazu durchgerungen, Wilfried zu heiraten, doch die Hochzeitsfeier verkommt zu einem Trauerspiel. Nicht nur Fockos Mutter belegt Frida mit einem schrecklichen ...

Nach langer Verlobungszeit hat sich Frida endlich dazu durchgerungen, Wilfried zu heiraten, doch die Hochzeitsfeier verkommt zu einem Trauerspiel. Nicht nur Fockos Mutter belegt Frida mit einem schrecklichen Unglücksfluch, auch Sohnemann Peter will Wilfried nicht als Vaterersatz akzeptieren. Fridas beste Freundin Erna benimmt sich ebenfalls völlig daneben, denn sie hatte schon immer ein Auge auf Wilfried geworfen und neidet Frida insgeheim ihr Glück. Das stellt auch die Freundschaft zwischen den beiden Frauen auf die Probe. Während Erna schließlich Heiko, einem Arbeitskollegen von Wilfried, das Jawort gibt und gemeinsam mit ihm und ihrer Tochter Sanne nach Ostberlin zieht, kommt Peters Vater Focko nach Jahren der Weltumsegelung endlich wieder in seinen Heimatort, um sich um seinen Sohn zu kümmern. Als 1961 der Mauerbau in Berlin über Nacht stattfindet und die Grenzen geschlossen werden, gelingt Erna mit Tochter Sanne im letzten Moment die Flucht und sie kehren zurück in die Heimat, wo Fridas Ehe mit Wilfried vor dem Ende steht, weil Focko wieder eine Rolle in Fridas Leben spielt…
Regine Kölpin hat mit „Sicherer Hafen“ den finalen Band ihrer Deichhaus-Trilogie vorgelegt, der den Vorgängern an Unterhaltungswert, Spannung und historischem Hintergrund in nichts nachsteht. Mit flüssigem, farbenfrohem und gefühlvollem Schreibstil wird der Leser nochmals auf Zeitreise in die 60er Jahre geschickt, wo er im Wechsel mal im kleinen Örtchen Butjadingen, mal in Berlin die Geschicke um die Freundinnen Frida und Erna nebst ihren Lieben sowie historische Begebenheiten wie der Mauerbau in Berlin oder die große Sturmflut von 1962 hautnah miterleben darf. Fridas Leben war bisher eine Achterbahn und die von ihrer Mutter erhoffte Eheschließung mit Wilfried soll nun endlich Frieden für alle bringen. Doch die Wirklichkeit sieht anders aus, denn gegen die Liebe ist bekanntlich jeder machtlos, also auch Frida und Erna, was die Freundschaft der beiden gefährlich ins Wanken bringt. Frida hat mit der fortschreitenden Demenz ihrer Mutter alle Hände voll zu tun, dabei erfährt sie auch den Grund, warum Focko über Jahre verschwunden war. Die große Sturmflut bringt nicht nur Frida und Focko einander wieder näher, auch der Mauerbau in Berlin und Ernas Flucht zurück in die Heimat lässt die beiden Freundinnen wieder enger zusammenwachsen. Die Autorin hat den geschichtlichen Hintergrund sehr gut mit ihrer Handlung verknüpft, doch vor allem sind ihr die zwischenmenschlichen Beziehungen zwischen ihren Protagonisten wunderbar gelungen. Der Leser findet sich in einem Wechselbad der Gefühle wieder und leidet vor allem mit Frida und Focko.
Die Charaktere wurden realitätsnah weiterentwickelt und können mit ihren authentischen menschlichen Eigenschaften den Leser sofort überzeugen, der sich als Teil ihrer Gemeinschaft fühlt und mit ihnen fiebert. Frida ist eine herzensgute Frau, die es allen recht machen will, dabei aber oftmals vergisst, dass auch sie Glück verdient. Sie ist hilfsbereit, gutmütig, fleißig und kann ihren Lieben kaum etwas abschlagen. Erna ist eine quirlige und lebensfrohe Frau, die allerdings manchmal etwas egoistisch wirkt. Wilfried meint es zwar gut, ist aber nachtragend und hat zu wenig Vertrauen in seine Frau, dabei ist er selbst nicht ehrlich. Heiko ist vom Sozialismus geblendet und frönt immer noch dem alten Rollenverhalten. Focko hat endlich erkannt, was im Leben wichtig ist und wird dadurch für Peter und Frida zum Fels in der Brandung.
„Sicherer Hafen“ setzt der herrlichen Deichhaustrilogie ein wunderbares, emotionales Ende. Die gelungene Mischung aus Familiengeschichte, Liebe, Freundschaft, Hoffnung und Historie wurde hier auf sehr gefühlvolle Weise sowohl unterhaltend als auch spannend dem Leser präsentiert, so dass dieser das Buch nicht aus der Hand legen konnte. Absolute Leseempfehlung für einen wunderschönen Pageturner!

Veröffentlicht am 27.02.2022

Tanz auf dem Vulkan

Palais Heiligendamm - Tage der Entscheidung
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1933 Bad Doberan. Die NSDAP gewinnt immer mehr an Einfluss in Deutschland, was auch das Palais Heiligendamm zu spüren bekommt. Dort gibt sich die Staatsspitze die Klinke in die Hand, was die Hoteleigentümerfamilie ...

1933 Bad Doberan. Die NSDAP gewinnt immer mehr an Einfluss in Deutschland, was auch das Palais Heiligendamm zu spüren bekommt. Dort gibt sich die Staatsspitze die Klinke in die Hand, was die Hoteleigentümerfamilie Falkenhayn vor schwierige Entscheidungen stellt. Die dritte Generation der Familie hat nun das Sagen im Hotel und muss sich über jeden ihrer Schritte Gedanken machen, denn die Zeit gleicht einem Tanz auf dem Drahtseil und eine falsche Äußerung könnte sie alles kosten…
Michaela Grünig hat mit „Tage der Entscheidung“ den dritten Band ihrer historischen „Palais-Heiligendamm“-Serie vorgelegt, der den beiden Vorgängern an Schicksalsschlägen, spannender Dramatik und vor allem geschichtlichem Hintergrund in nichts nachsteht. Der flüssige, farbenprächtige und gefühlvolle Erzählstil katapultiert den Leser zurück ins letzte Jahrhundert, wo er sich in der dunkelsten Zeit deutscher Geschichte wieder im luxuriösen Hotel niederlässt, um dort die Geschicke der Familie und ihrer illustren Gäste über den Zeitraum von 1933 bis 1939 mitzuverfolgen. Elisabeth und Julius stehen dem Hotel wieder vor, nachdem sich Paul mit seinem Geliebten nach Berlin aufgemacht hat. Paul wird von seinen Zweifeln innerlich zerrissen und muss seine Liebe im Geheimen leben, die ihn doch nicht glücklich macht. Luises Ehe ist inzwischen für sie unerträglich und doch sieht es so aus, als wenn sie ihr nicht entrinnen könnte. Und Julia verliebt sich ausgerechnet in einen Abenteurer, der ihr das Herz brechen könnte. Grünig lässt ihre akribische Recherche wunderbar in ihre Handlung einfließen und bringt dem Leser nicht nur die gesellschaftliche und politische Stimmung näher, sondern lässt ihn während der Lektüre direkt an den innerlichen Konflikten ihrer Protagonisten teilhaben. Oftmals stellt man sich dabei die Frage, ob man den schmalen Grat und die zu fällenden Entscheidungen genauso getroffen hätte. Gerade die schlimme Propaganda der Nazis, deren Parolen und Gesetze, die sich gegen Juden, Homosexuelle und Regimegegner richtete, lassen die Atmosphäre innerhalb der Geschichte oftmals düster erscheinen, wobei die unterschwellige Spannung allzeit spürbar ist. Fast ist es so, als säße man auf einem Pulverfass, das sich sekündlich entzünden kann. Während man sich der Gedanken- und Gefühlswelt der Protagonisten allzeit bewusst ist, kann man der Autorin für die feinsinnige Gestaltung ihrer Charaktere nur Respekt zollen. Der Leser durchläuft das gesamte Gefühlsbarometer, während die dunklen Wolken des Krieges ihre Boten vorausschicken.
Die Charaktere sind vielfältig gestaltet und liebevoll ins Bild gesetzt. Ihre glaubwürdigen Ecken und Kanten geben dem Leser die Möglichkeit, sich als Teil von ihnen zu fühlen und mit ihnen zu fiebern. Julia ist eine sehr engagierte und selbstbewusste Frau, die ihren eigenen Kopf hat und die Dinge in die Hand nimmt, sich dabei auch nicht vor tiefgreifenden Entscheidungen scheut. Paul lebt ein gefährliches Leben, wandelt immer auf dem Drahtseil, denn seine Neigung bringt ihn und seine Familie in Gefahr. Er will es jedem recht machen, was ihn in den Abgrund zu ziehen droht. Julius besitzt die Weitsicht, die Elisabeth vermissen lässt und diesen Fehler fast zu spät bemerkt. Aber auch Fabian, Hugo, Oskar, Luise, Friedrich und Johanna gestalten die Geschichte mit ihren Auftritten durchweg spannend und abwechslungsreich, so dass man die Seiten kaum aus der Hand legen kann.
„Tage der Entscheidung“ ist wieder einmal ein Pageturner der Extraklasse, der mit einer gelungenen Mischung aus Familiengeschichte, Einzelschicksalen, jeder Menge Dramatik sowie einem exzellent recherchierten historischen Hintergrund von Beginn an zu überzeugen weiß. Absolute Leseempfehlung für einen großartigen Roman!

Veröffentlicht am 27.02.2022

Der Fluss setzt seinen Weg zum Meer fort, ob das Rad der Mühle gebrochen ist oder nicht. (Khalil Gibran)

Ein Sonett für die Müllerin
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1649. Die Mühle sichert der 30-jährigen Sophie und ihrem Vater ihr Auskommen in einem kleinen Dorf im Westerwald, das noch immer unter Räubereien der Soldaten leidet, obwohl der Krieg beendet ist. Ihr ...

1649. Die Mühle sichert der 30-jährigen Sophie und ihrem Vater ihr Auskommen in einem kleinen Dorf im Westerwald, das noch immer unter Räubereien der Soldaten leidet, obwohl der Krieg beendet ist. Ihr Ehemann wurde vor 4 Jahren Soldat, seitdem ist Sophie ohne Nachricht von ihm, trotzdem ist sie ihm weiter treu ergeben. Als eine Leiche ohne Kopf im Mühlengraben gefunden wird, kursieren im Dorf bald die wildesten Gerüchte. Dann verschwinden immer mehr Dinge und unbekannte Geräusche in der Nacht lassen Sophie nicht zur Ruhe kommen. Während Magd Martha an einen Spukgeist glaubt, macht sich Sophie pragmatisch an die Suche nach den Ursachen. Dann kehrt ihr Ehemann Dietrich zurück…
Annette Spratte hat mit „Ein Sonett für die Müllerin“ einen sehr unterhaltsamen historischen Roman vorgelegt, der ihre Leserschaft nicht nur eine Zeitreise ins 17. Jahrhundert antreten lässt, sondern auch menschliche Schicksale gekonnt mit geschichtlichem Hintergrund verbindet und dabei sogar noch leichte kriminalistische Züge zum Vorschein kommen lässt. Der flüssige, farbenfrohe und empathische Erzählstil katapultiert den Leser direkt an Sophies Seite, wo man hautnah die kommenden Ereignisse mitverfolgen darf. Interessant webt die Autorin sowohl eine Leiche und sämtliche Spekulationen rund um den Toten ein, lässt den Dorfklatsch aufleben, während die fleißige Sophie nicht nur den Haushalt mithilfe von Magda und Knecht Konrad stemmt, sondern auch die Hauptverantwortung für die Mühle trägt, da ihr alter Vater dies gesundheitlich nicht mehr schafft. Ihr Glaube trägt sie durch die harte Zeit und lässt sie nicht verzweifeln, obwohl sie durch ihren kriegsgeschädigten Ehemann so manche Tortur zu erleiden hat. Die mysteriösen Vorfälle, aber auch die kleinen Aufmerksamkeiten, die wie durch Zauberhand erscheinen, schaffen eine gelungene Abwechslung in Sophies Alltag, die ihre Seele streicheln oder ihren wachen Geist fordern. Spannend ist auch Marthas Unkerei, die sich durch ihren Aberglauben manifestiert und zeigt, wie sehr die Menschen etwas in ungewöhnliche Situationen hineininterpretiert haben. Die Handlung beinhaltet eine Vielzahl von Themen, die gut nebeneinander bestehen. Da finden sich Kriegstraumata neben häuslicher Gewalt wieder, unterschiedliche religiöse Ansichten und das damalige Leben und die Rolle der Frau in der Gemeinschaft. Auch der christliche Aspekt spielt hier eine große Rolle, ist aber sehr feinsinnig in die Geschichte eingearbeitet. Neben Nächstenliebe, Hoffnung und Vergebung geht es vor allem in den Glauben an Gott und den Trost, den er spendet.
Die Charaktere sind liebevoll ausgestaltet und in Szene gesetzt, mit ihren glaubhaften menschlichen Zügen können sie schnell überzeugen, einige von ihnen wachsen dem Leser sehr schnell ans Herz, aber auch der Bösewicht darf natürlich nicht fehlen. Sophie ist eine fleißige, warmherzige und vor allem fürsorgliche Frau, die sich um ihre Lieben kümmert und ihnen jegliche Unterstützung angedeihen lässt. Sie besitzt eine innere Stärke, für die man ihr Respekt zollen muss, denn sie lässt sich nicht unterkriegen, so schlimm das Schicksal ihr auch mitspielt. Martha ist eine kauzige Frau, doch sitzt ihr Herz am rechten Fleck. Sie sagt, was sie denkt und stellt sich vor diejenigen, die Hilfe brauchen. Dietrich ist ein Teufel in Menschengestalt, der seinen Unmut an den Schwächeren auslässt, vor allem aber an seiner Frau. Aber auch Konrad und Sophies Vater haben tragende Rollen in dieser abwechslungsreichen Geschichte.
„Ein Sonett für die Müllerin“ ist ein historischer Roman, der nicht nur mit menschlichen Schicksalen und dem täglichen Alltag der damaligen Zeit wunderbar fesselt und unterhält, sondern dem Leser auch emotional und gedanklich einiges zu bieten hat. Absolute Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 20.02.2022

„Ein Pfund Mut ist mehr wert als eine Tonne Glück.“ (James Abram Garfield)

Die Dorflehrerin
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1911. Antonie Weber wird als frisch gebackene Lehrerin von den Englischen Fräulein in München ins Berchtesgadener Land ins kleine Örtchen Tannau geschickt, weil dort seit langem der Lehrer aufgrund von ...

1911. Antonie Weber wird als frisch gebackene Lehrerin von den Englischen Fräulein in München ins Berchtesgadener Land ins kleine Örtchen Tannau geschickt, weil dort seit langem der Lehrer aufgrund von Krankheit ausgefällt. Schon ihre Ankunft wird für Antonie zur Zerreißprobe, denn dem Bürgermeister ist eine weibliche Lehrerin suspekt und will sie sofort nach München zurücksenden. Doch Pfarrer Bichler, der monatelang die Schulvertretung gemacht hat, springt Antonie zur Seite. Während die Dorfbewohner von Tannau Antonie mit Misstrauen und Ablehnung begegnen, erwirbt sich die junge Lehrerin mit ihren neuen Unterrichtsmethoden die Lernbegeisterung ihrer Schülerinnen und Schüler. Nach und nach ändern auch die Dorfbewohner ihre Einstellung zu Antonie. Förster Sebastian Berger, dem Antonie schon bei ihrer Anreise begegnet ist, hat bald sein Herz an sie verloren, aber auch Antonie selbst merkt, dass sie dem jungen Mann Gefühle entgegen bringt, die ihrer beruflichen Laufbahn im Wege stehen…
Bettina Seidl hat mit „Die Dorflehrerin“ einen wunderschönen historischen Roman vorgelegt, der den Leser zu einer Zeitreise ins vergangene Jahrhundert einlädt, um Antonies Lebensweg in der abgeschieden gelegenen Bergwelt für ein Jahr zu begleiten. Der flüssige, farbenfrohe und empathische Erzählstil nimmt den Leser sofort für sich ein, der an der Seite von Antonie einiges über ihre Vergangenheit erfährt und hautnah dabei ist, wenn sie sich vielen Widrigkeiten entgegenstellt. Antonie hat als Waise bereits einen harten Lebensabschnitt hinter sich und sich bei den Englischen Fräuleins in München gut auf ihren Lehrerinnenberuf vorbereitet. Damals durften nur unverheiratete Frauen als Lehrerinnen arbeiten, sobald sie heirateten, war ihnen die Ausübung dieses Berufes untersagt. Feinsinnig und gefühlvoll beschreibt die Autorin Antonies harte Anfangszeit in Tannau, wo sie dem Präsentierteller der Dorfbewohner ausgesetzt war, die sie erst einmal ablehnten. Einzig der Pfarrer stand Antonie bei sowie zwei couragierte Frauen, während der Bürgermeister und die Ehefrau des erkrankten Lehrers von Beginn an ihr Gift versprühen. Eindrucksvoll wird das Leben in Tannau sowie die tagtäglichen Schwierigkeiten der Bewohner geschildert, aber auch die alten verkrusteten Denkweisen werden aufgezeigt. Antonie muss hart arbeiten, um sich nach und nach in die Herzen der Dorfbewohner zu schleichen, bei den Kindern hat sie das leichteres Spiel, denn sie hat die Fähigkeit, mit neuen Lernmethoden bei ihnen das Interesse zu wecken.
Die Charaktere sind authentisch inszeniert, besitzen glaubwürdige menschliche Züge, die sie dem Leser nahbar machen und seine Neugier wecken. Antonie ist eine zurückhaltende, freundliche junge Frau, die schon einiges durchmachen musste, um ans Ziel ihrer Träume zu gelangen. Innerlich unsicher nimmt sie den Kampf mit sich selbst und den zu meisternden Herausforderungen auf, zeigt Mut und Stärke. Pfarrer Bichler ist ein reizender und hilfsbereiter Mann, auch Hebamme Helena macht Antonie immer wieder Mut und stärkt ihr den Rücken, ebenso Monika. Der Bürgermeister ist ein echter Stinkstiefel, der gefangen ist in den damaligen Rollenmustern. Förster Sebastian ist ein warmherziger und liebenswerter Mann, der viel fortschrittlicher denkt als alle anderen.
„Die Dorflehrerin“ ist ein schöner historischer Roman, der den Leser in die alte Zeit entführt und ihm die damaligen Denkweisen und das harte Leben sowie die gelebten gesellschaftlichen Normen sehr nahe bringt. Die berührende Handlung weiß den Leser von der ersten Seite an einzufangen und nicht mehr loszulassen, vor allem die Hauptprotagonistin wächst einem mit jeder Zeile mehr ans Herz. Wunderbar erzählt, was eine absolute Leseempfehlung verdient!

Veröffentlicht am 06.02.2022

Das Schicksal nimmt nichts, was es nicht gegeben hat. (Seneca)

Schicksalszeit
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Sommer 1914. Das Grandhotel Deutscher Kaiser der Familie Laverne im nahe der französischen Grenze gelegenen Kurort Bad Lichtenberg ist der Hotspot des gesellschaftlichen Lebens und bald mal das Erbe der ...

Sommer 1914. Das Grandhotel Deutscher Kaiser der Familie Laverne im nahe der französischen Grenze gelegenen Kurort Bad Lichtenberg ist der Hotspot des gesellschaftlichen Lebens und bald mal das Erbe der Geschwister Franz, Victoria und Luise. Doch diese haben momentan ganz andere Vorstellungen von ihrem zukünftigen Leben. Während Franz seine Karriere als Hauptmann bei der kaiserlichen Armee absolviert, kreisen seine Gedanken um seine große Liebe Clara. Schwester Luise hat sich vor allem bei ihrem Vater Johannes in Ungnade gestürzt, denn sie hatte in Paris eine skandalöse Affäre mit einem verheirateten Mann und ist nun reumütig in den Schoß der Familie zurückgekehrt, um zu Kreuze zu kriechen. Und das 16-jährige Nesthäkchen Victoria ist in Liebe zu einem russischen Pianisten entbrannt. Der Erste Weltkrieg steht vor der Tür und wird auch das Leben der Familie Laverne gründlich in den Grundmauern erschüttern…
Katja Maybach hat mit „Schicksalszeit“ den Eröffnungsroman ihrer historischen Dilogie um die Familie Laverne vorgelegt, dessen Kombination aus Familiengeschichte und geschichtlichem Hintergrund von der ersten Seite an den Leser zu begeistern weiß. Der flüssige, farbenprächtige und emotionsgeladene Erzählstil lässt schnell das Kopfkino des Lesers anspringen und bringt ihn nicht nur zurück ins vergangene Jahrhundert, sondern lädt ihn auch in die üppige, luxuriöse Umgebung des Grandhotels ein, wo er sich unter die illustre Gesellschaft mischt und die Entwicklungen innerhalb der Eignerfamilie verfolgt. Während im Hintergrund der Pianist dem Klavier Melodien entlockt und die leisen Gespräche der Hotelgäste eine wohlige Atmosphäre schaffen, erhält der Leser über wechselnde Perspektiven Einblick in die Gedanken- und Gefühlswelt einzelner Familienmitglieder. Das Hotel ist ein eigener Kosmos, wo Unbeschwertheit und Sorglosigkeit gepaart mit Eleganz und Laissez-faire herrschen, derweil der Erste Weltkrieg kurz bevorsteht, der die Welt für viele aus den Angeln heben wird. Der Leser erlebt die Machtgewalt des Krieges, der von einem Moment zum anderen das Leben aller verändert und das Hotel zum Lazarett mutieren lässt. Sowohl Luise als auch Franz und Victoria müssen unterschiedliche Schicksalsschläge und Schwierigkeiten meistern, Entscheidungen für ihr weiteres Leben treffen und an diesen wachsen, auch wenn das bedeutet, gegen den Wunsch der Eltern zu handeln und gegen den Strom der Gesellschaft zu schwimmen. Maybach hat den historischen Hintergrund wunderbar mit ihrer Handlung verwebt, baut die Spannung mit ihren Protagonisten immer weiter auf und fesselt den Leser so regelrecht an die Buchseiten.
Die Charaktere sind liebevoll in Szene gesetzt und sprühen voller Leben. Sie wirken realistisch und glaubwürdig, so dass der Leser sich gern an ihre Fersen heftet, um ihr Schicksal zu begleiten. Franz sieht seine Zukunft eher in einer militärischen Laufbahn als im Familienhotel. Er sitzt zwischen zwei Stühlen, denn er hat die wahre Liebe gefunden, aber eine alte Affäre will ihn nicht loslassen. Luise wirkt kapriziös und eigenwillig, doch nun muss sie reumütig in den Schoss der Familie zurück, die sie ihren Fehltritt spüren lässt. Victoria ist ein dauerverliebter Backfisch, der einfach kein Glück hat. Gerda ist eine egoistische und rachsüchtige Frau, die anderen das Leben zur Hölle macht, um ihren Willen durchzusetzen.
Mit „Schicksalsjahre“ ist Katja Maybach ein wunderbar fesselnder Einstieg in ihr Familienepos gelungen. Neben akribisch recherchierten historischen Fakten darf der Leser eine ungewöhnliche Familie und deren unterschiedliche Lebenswege und Schicksale kennenlernen. Ein Roman, der von Anfang bis Ende eine Achterbahn der Gefühle beim Leser hervorruft, der nun händeringend und voller Erwartung auf die Fortsetzung wartet! Absolute Leseempfehlung für einen Pageturner!