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Veröffentlicht am 09.02.2019

Was nützt die Freiheit des Denkens, wenn sie nicht zur Freiheit des Handelns führt. (Jonathan Swift)

Die Antwort auf Vielleicht
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Der Mitzwanziger Adam lebt bei seiner 90-jährigen Oma und arbeitet als Fahrer für ein Bremer Taxiunternehmen, das Krebspatienten zu ihren Behandlungen zu Ärzten und Kliniken fährt und wieder nach Hause ...

Der Mitzwanziger Adam lebt bei seiner 90-jährigen Oma und arbeitet als Fahrer für ein Bremer Taxiunternehmen, das Krebspatienten zu ihren Behandlungen zu Ärzten und Kliniken fährt und wieder nach Hause bringt. Eines Tages steigt eine junge, attraktive Frau namens Jessi in seinen Wagen, und Adam verliert sein Herz auf Anhieb. Er weiß, dass Jessi sehr krank ist und erfährt bald, dass ihr nicht mehr viel Zeit bleiben wird. Adam möchte Jessi die Zeit bis zum Abschied von der Welt so wunderschön wie möglich gestalten, gleichzeitig wird es für ihn die schwerste Zeit seines Lebens, verliert er doch die Frau, die sein Herz doch so sehr zum Glühen bringt. Aber die Tage mit Jessi machen ihm auch klar, dass er selbst sein Leben in die Hand nehmen muss, um seine eigenen Träume endlich zu leben…
Hendrik Winter hat mit seinem Buch „Die Antwort auf Vielleicht“ einen sehr emotionalen Roman vorgelegt, der die persönlichen Erfahrungen des Autors als Taxifahrer für Krebspatienten miteinfließen lässt und so noch viel greifbarer auf den Leser wirkt. Der Schreibstil ist locker-flüssig und nimmt den Leser von Beginn an mit auf eine Reise, wobei man das gesamte Gefühlsbarometer durchlebt und der Geschichte am Ende einen Platz im Herzen einräumt. Mit viel Empathie, Einfühlungsvermögen und Hoffnung lässt der Autor den Leser an Gedanken und Gefühlen seiner Protagonisten teilhaben, so menschlich gezeichnet, dass man sich selbst wiederfindet und auch Neues entdeckt. Ohne Kitsch und Klischees, aber mit viel Gespür für die täglichen Sorgen und Nöte der Kranken sowie derjenigen, die sich um sie bemühen, erhält der Leser ein offenes, klares und vor allem glaubwürdiges Bild.
Die Auswahl der Charaktere ist sehr stimmig, weil sie mit ihren Sorgen und Nöten, aber auch durch ihr Verhalten sehr glaubhaft wirken. Es sind Menschen, denen man jeden Tag begegnet, ob als Nachbar oder Arbeitskollege, ob als U-Bahn-Bekanntschaft oder aus dem Sportstudio. Gerade diese Nähe zum Menschen, die der Autor beschreibt, lässt den Leser mit den Protagonisten verschmelzen, mit ihnen leiden, hoffen, trauern und auch das Leben feiern. Adam ist ein freundlicher Mann, der die Richtung für sein eigenes Leben noch nicht gefunden hat. Er ist ein Suchender, der sich um diejenigen kümmert, die nicht mehr viel Zeit zum Suchen haben. Adam wirkt oftmals verschlossen und eher scheu, aber er ist auch ein Mensch, dem sich Kranke anvertrauen auf einem immer wieder schweren Gang. Das schafft ungewollt immer wieder eine gewisse Nähe. Jessi ist eine attraktive junge Frau, die zwar schwerkrank ist, aber vor Leben sprüht, noch Pläne hat und ihrem Schicksal mit Mut entgegensieht, während die Hoffnung sie nie verlässt. Die weiteren Protagonisten wie Oma Olga oder auch Jessis Tochter lockern die Handlung auf und geben ihr einen zusätzlichen persönlichen Anstrich.
„Die Antwort auf Vielleicht“ ist ein bewegender und gefühlvoller Roman, der den Leser mitten ins Herz trifft und einmal mehr mit dem Finger darauf zeigt, wie kostbar das Leben ist und dass wir nur begrenzt Zeit haben auf dieser Erde, um daraus das Bestmögliche zu machen. Träume soll man leben und nicht immer wieder raufschieben. Zauberhaft und authentisch erzählt und jede Minute Lesezeit wert. Die Geschichte vergisst man nicht so schnell. Absolute Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 09.02.2019

Das Geheimnis von Currawong Manor

Sturmtöchter
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1945 Australien. Bei einer Kunstausstellung trifft der Maler Rupert Partridge auf die 17-jährige Ginger Jarvis und engagiert sie als Aktmodell für seine Gemälde. Gingers Leben ändert sich völlig, als sie ...

1945 Australien. Bei einer Kunstausstellung trifft der Maler Rupert Partridge auf die 17-jährige Ginger Jarvis und engagiert sie als Aktmodell für seine Gemälde. Gingers Leben ändert sich völlig, als sie in das Herrenhaus des Malers auf Currawong Manor am Mt. Bellwood einzieht. In dem alten Haus starb Ruperts Ehefrau in derselben Nacht, in der seine Tochter Shalimar unter merkwürdigen Umständen ums Leben kam. Alle gingen davon aus, dass der Maler sich seiner Familie entledigt hat, so wurde er als Mörder verurteilt und gehängt. Gingers aufstrebende Karriere und das neue Leben waren mit einem Schlag beendet…
2000 Australien. Die angesehene Fotografin Elizabeth Thorrington reist für die Arbeit an dem Buch „Flowers oft he Ruins“ über ihren Großvater Rupert Partridge nach Currawong Manor. Viele wilde Gerüchte ranken sich um diesen Ort und die ehemaligen Bewohner. Elizabeth will die Zeit nutzen und mehr über die Vergangenheit und das Leben ihres Großvaters erfahren, sie glaubt nicht daran, dass er ein Mörder war. In dem alten Herrenhaus trifft sie auf Ginger, die ihr viel erzählen könnte, doch diese ist verschlossen wie eine Auster. Erst nach und nach öffnet sich Ginger Elizabeth und lässt sie endlich an der Vergangenheit und der alten Familientragödie teilhaben…
Josephine Pennicott hat mit ihrem Buch „Sturmtöchter“ einen unterhaltsamen, fesselnden und atmosphärischen Roman vorgelegt, der den Leser durch wechselnde Zeitebenen an einer alten Familiengeschichte teilhaben lässt, die ihre Auswirkungen noch bis in die Gegenwart reichen. Der Schreibstil ist flüssig, bildhaft und teilweise recht düster, was aber sehr gut zur erzählten Geschichte passt und dem Leser bei der Lektüre den einen oder anderen Gänsehautschauer beschert. Schnell taucht man in die Geschichte ein und lässt sich sowohl von der Gegenwartsgeschichte als auch von der Vergangenheitsebene einfangen. Durch die abwechselnden Zeitstränge wird die Spannung gut gesteigert und lässt viel Raum für eigene Spekulationen. Einem Puzzlestück gleich setzen sich die Fragmente nach und nach zusammen und ergeben ein vollständiges Bild. Die Autorin zeichnet für die Vergangenheit ein ausschweifendes und exzentrisches Leben der Protagonisten, dass nicht nur Neid sondern auch Vorurteile heraufbeschwor und so die Fallstricke für eine Aburteilung wurden, die ein tragisches Ende nach sich zogen. Die Landschaftsbeschreibungen sind sehr bildhaft und farbenfroh, so dass man die australische Landschaft vor Augen hat, während man sich in die Geschichte vertieft.
Die Charaktere sind sehr detailliert ausgestaltet und mit Leben versehen worden. Sie besitzen individuelle Eigenschaften, die sie authentisch und real wirken lassen. Der Leser kann seine Sympathien gerecht verteilen, sich in die Protagonisten hineinversetzen und mit ihnen auf eine Achterbahn der Gefühle gehen. Rupert war eine exzentrische Künstlerseele, der seiner eigenen Familie einiges abverlangte. Ginger ist noch eine junge und unerfahrene Frau, als sie sich von Rupert umgarnen lässt, und die Begegnung mit ihm lässt ihr Leben schillernd und aufregend werden. Umso tiefer ist der Sturz, nachdem er nicht mehr da ist. Ruperts Tochter Shalimar ist eine nicht zu beneidende junge Frau, denn sie hat unter dem Lebensstil ihres Vaters gelitten. Elizabeth ist eine gestandene Frau, die den Dingen auf den Grund geht. Sie besitzt Geduld und Einfühlungsvermögen und ist insgeheim auf der Suche. Auch die anderen Protagonisten wie die unheimliche Puppenlady geben der Handlung zusätzliche Düsternis und etwas Geheimnisvolles.
„Sturmtöchter“ ist ein spannender Roman um alte Familiengeheimnisse, gespickt mit tragischen Ereignissen, und die Liebe hat auch ihren Platz. Leider ist dieser Roman nicht so gelungen wie der Vorgängerroman „Dornentöchter“ der Autorin. Trotzdem ein guter Schmöker für unterhaltsame Lesestunden.

Veröffentlicht am 03.02.2019

Wenn andere über Leben oder Tod entscheiden

Als die Tage ihr Licht verloren
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30er-40er Jahre Berlin. Linda und Brigitte Hoffmann leben mit ihren Eltern Leonhard und Margarethe in Berlin. Großmutter Elizabeth wohnt nur einige Straßen weiter. Jugendfreundin Lene wohnt in der Nachbarschaft ...

30er-40er Jahre Berlin. Linda und Brigitte Hoffmann leben mit ihren Eltern Leonhard und Margarethe in Berlin. Großmutter Elizabeth wohnt nur einige Straßen weiter. Jugendfreundin Lene wohnt in der Nachbarschaft und hat sich schon immer als 3. Tochter der Familie gesehen, doch mit dem Teenageralter entfremden sich die Frauen. Lene heiratet einen aufstrebenden NS-Anhänger, doch noch immer will sie von der Familie Hoffmann nicht lassen, die sich niemals der Partei anschließen würden. Während Gitte von einem Jurastudium träumt und durch Beziehungen im Reichsministerium arbeitet, ist Linda mit ihrem Job Sekretärin unzufrieden, sie gar nicht weiß, was sie will. Das ändert sich mit der Begegnung des Schuhmachermeisters Erich Kupfer. Die beiden heiraten schnell, und Linda hilft schon bald in dem außergewöhnlichen Laden mit. Als Hitler immer mehr an Macht gewinnt, wird der Laden bald von NS-Soldaten frequentiert. Erwin wird eingezogen und kommt von der Front nicht mehr zurück, was Linda in eine tiefe Depression fallen lässt. Das Gesetz zur Euthanasie ist zu diesem Zeitpunkt noch geheim, die geistig Verwirrten und Kranken werden heimlich deportiert. Durch Denunziation aus der Nachbarschaft wird auch Linda abgeholt, die Familie weiß nicht, wo sie ist, bis Gitte ein Dokument in die Hände fällt…
Stephanie von Hayek hat mit dem Buch „Als die Tage ihr Licht verloren“ ihren Debütroman vorgelegt, eine Familiengeschichte vor historisch belegtem Hintergrund. Der Schreibstil ist flüssig und lässt den Leser schnell in das alte Berlin eintauchen, um bei der Familie Hoffmann einzuziehen und als stiller Beobachter die Ereignisse mitzuverfolgen, die bei ihnen Einzug halten. Die Autorin hat den historischen Hintergrund gut recherchiert und gibt ihm einen relativ großen Raum in ihrer Geschichte. Die Vorbereitung der Nazis, die Gesellschaft von psychisch und seelisch Kranken zu säubern, sowie die geheime Planung und Ausführung wird hier sehr sachlich geschildert, was dem Leser bei der Lektüre Gänsehaut beschert. Hinter verschlossenen Türen und mit unterzeichneten Geheimhaltungsvereinbarungen ketteten die Oberen normale Bürger für die Durchführung ihres „Säuberungsaktionsprogramm“ an sich, vom LKW-Fahrer bis zum Arzt. Wie schnell jemand nur durch üble Nachrede in diesem Programm landen konnte, ist geradezu beängstigend. Auf niemanden war mehr Verlass, nicht auf die Nachbarn oder Freunde, auch nicht auf den Arzt. Stellte man Fragen nach dem Verbleib der Angehörigen, dann bekam man keine Auskunft. Schon das Verschwinden von so vielen Angehörigen aus Klinken und Hospitälern sowie aus der Familienwohnung hätte viele Menschen stutzig werden lassen sollen. Man mag gar nicht glauben, dass so wenige Menschen Fragen gestellt haben.
Die Charaktere sind sehr differenziert ausgearbeitet und spiegeln die gesamte Palette von verschiedenen Eigenheiten wieder. Der Leser steht zwar außen vor, kann sich jedoch gut in einzelne Personen hineinversetzen. Linda ist eine sensible Frau, die lange nicht weiß, was sie vom Leben erwartet, bis ihr die Liebe begegnet. Sie wirkt zu Beginn fröhlich und aufgeschlossen, doch insgeheim schlummert in ihr eine Sehnsucht nach dem Unbekannten. Als sie die Liebe verliert, verliert sie sich selbst. Doch als sie aus dem Alptraum endlich erwacht, zeigt sich eine starke und mutige Frau. Gitte ist die Selbstbewusste, die genau weiß, was sie will. Doch erst als ihr die Augen geöffnet werden, ist sie bereit, etwas gegen den Wahnsinn zu unternehmen. Oma Elisabeth ist eine Patriarchin, die das Herz am rechten Fleck hat und schon früh alles durchschaut hat, was auch auf ihren Sohn Leonhard zutrifft. Lene ist eine naive Frau, die sich im Glanz ihres NS-Ehemanns sonnen will und gleichzeitig Teil der Familie Hoffmann sein möchte. Durch unbedachte Äußerungen bringt sie eine Maschinerie in Gang, auf dessen Zug einige andere aufspringen und andere damit ins Unglück stürzen. Auch die weiteren Protagonisten wie Dr. Vogeler, Herr Linden oder auch der Schuhverkäufer bereichern die Handlung durch ihr Auftreten.
„Als die Tage ihr Licht verloren“ ist ein sowohl spannender als auch tragischer Roman, der einen nach Luft schnappen lässt ob der Dinge, die dort geschildert werden als auch, um den Mut und die Courage einiger weniger zu bewundern, die sich dem unglaublichen Treiben entgegen stellten. Ein sehr tiefer Einblick in die dunkelste Seite der damaligen Geschichte sowie die Hoffnung, dass es solche Zeiten niemals wieder geben wird! Absolute Leseempfehlung ist hier wirklich verdient!

Veröffentlicht am 03.02.2019

Suche Arbeit und finde die Liebe

Ein Job für Neill Archer
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1893. Neill Archer schlägt sich seit 3 Jahren quer durchs Land, um Geld zu verdienen, damit er mit seinem besten Freund Josaiah zusammen eine Farm kaufen kann. Nun ist er in der kleinen Ortschaft Dry Gulch ...

1893. Neill Archer schlägt sich seit 3 Jahren quer durchs Land, um Geld zu verdienen, damit er mit seinem besten Freund Josaiah zusammen eine Farm kaufen kann. Nun ist er in der kleinen Ortschaft Dry Gulch gelandet. Auf der Suche nach Arbeit macht er sich erst einmal auf in die Kirche, denn dort kann man Kontakte knüpfen, aber leider hat niemand einen Tipp für ihn. Jedoch findet er nach dem Gottesdienst einen Zettel in seiner Bibel, der ihm den Weg zur Witwe Clara Danvers weist, deren Dach dringend repariert werden muss. Neill macht sich auf den Weg dorthin und findet eine Ruine vor. Hier gibt es viel zu reparieren und nicht nur das Dach. Auch die hochschwangere Bewohnerin Clara hat ihre Problem mit einem machtbesessenen Schwiegervater. Neill erkennt schnell, dass es hier an allen Ecken und Enden Hilfe bedarf. Wird es ihm gelingen, die Schwierigkeiten aus dem Weg zu schaffen?
Karen Witemeyer hat mit „Ein Job für Neill Archer“ eine sowohl spannende als auch romantische und historisch angehauchte Kurzgeschichte geschrieben, die dem Leser eine erholsame kleine Auszeit und gleichzeitig schöne Lesemomente beschert. Der Schreibstil ist flüssig und gefühlvoll, von der ersten Seite an versinkt der Leser in einem vergangenen Jahrhundert und findet sich an Neills Seite im texanischen Westen wieder, wo Werte wie Familie, Zusammengehörigkeitsgefühl, Hilfsbereitschaft, Offenheit und Ehrlichkeit noch eine Rolle spielen und auch der christliche Glaube tief in den Menschen verankert war, ihnen Trost, Hoffnung und Kraft spendete. Alles Werte, die man manchmal in der heutigen Zeit vermisst und sich nach ihnen zurücksehnt, als die Welt noch überschaubarer und vielleicht auch etwas altmodischer war. Der Familienzusammenhalt spielt in dieser Geschichte ebenfalls eine große Rolle, wo jeder für jeden einsteht und ihm bei Schwierigkeiten unter die Arme greift.
Die Charaktere sind sehr liebevoll ausgestaltet und mit Leben versehen worden. Mit ihren individuellen Eigenschaften wirken sie für die damalige Zeit authentisch und realitätsnah. Der Leser kann sich gut in sie hineinversetzen, mit ihnen leiden und mitfiebern, dass das Gute gewinnt. Neill ist ein freundlicher und offener Mann, der sich seinen Traum mit ehrlicher Arbeit erfüllen will. Dafür ist ihm keine Arbeit zu schwer oder mühselig. Er ist mitfühlend, fürsorglich und hat einen ausgeprägten Gerechtigkeitssinn. Clara musste schon einige Schicksalsschläge einstecken, dazu gehört auch die Ausgrenzung aus der Gesellschaft aufgrund ihrer Herkunft. Sie ist eine starke Persönlichkeit, die sich allein durchkämpfen musste, dabei aber immer eine Schulter zum Anlehnen vermisst hat. Vertrauen fällt ihr schwer aufgrund von vielen Enttäuschungen, das muss sie langsam wieder lernen. Auch die weiteren Protagonisten wie Neills Brüder Archer, Jim oder sein Freund Josaiah haben in dieser Geschichte ihren festen Platz und halten die Werte hoch, die ein christliches Leben ausmachen.
„„Ein Job für Neill Archer“ ist eine wunderschöne Kurzgeschichte, die dem Namen „Kleine Auszeit“ alle Ehre macht und sowohl durch eine romantische Liebesgeschichte wie auch christliche Werte besticht. Vertrauen, Vergebung und Hoffnung haben in ihr einen großen Stellenwert und machen die Geschichte sehr lesenswert. Sehr zu empfehlen!

Veröffentlicht am 03.02.2019

Ein Leben wie eine Patchwork-Decke

Der Stoff des Lebens
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Gerade meint es das Leben nicht besonders gut mit Simone. Der Ex-Mann bekommt mit einer anderen ein Kind, was er mit ihr nie haben wollte. Nun ist es für Simone zu spät. Und dann stirbt auch noch ihre ...

Gerade meint es das Leben nicht besonders gut mit Simone. Der Ex-Mann bekommt mit einer anderen ein Kind, was er mit ihr nie haben wollte. Nun ist es für Simone zu spät. Und dann stirbt auch noch ihre Mutter Anna, zu der sie immer so ein gutes Verhältnis gehabt hat, ganz im Gegensatz zu ihrer Schwester. Simone fühlt sich einsam und allein, steht vor der Riesenaufgabe, nun auch noch den Nachlass ihrer Mutter zu regeln. Beim Ausräumen stößt sie auf eine kleine Truhe mit unterschiedlichen bunten Stoffresten. Was es wohl damit auf sich hat? Simone wittert ein Geheimnis und fängt an, in der Vergangenheit ihrer Mutter zu stöbern, die sie schnell auf eine abenteuerliche Reise führt, wo sie den Stoffen folgt. Simone lernt nicht nur ihre Mutter neu kennen, diese Reise ist bestimmt auch ihr Schicksal neu…
Sylvia Benesch hat mit ihrem Buch „Der Stoff des Lebens“ einen sehr interessanten und unterhaltsamen Roman vorgelegt, der eine alte Familiengeschichte in sich vereint und den Leser nicht nur in die Vergangenheit abtauchen lässt, sondern auch gedanklich mit Simone auf eine abenteuerliche Reise schickt, um Dinge aus dem Leben ihrer Mutter aufzudecken, die sich wie ein Stoffstück langsam entfalten und ihre Farben geheimnisvoll schimmern lassen sowie ihr Geheimnis preisgeben. Der Schreibstil ist einnehmend flüssig, gefühlvoll und farbenprächtig, der Autorin gelingt es mühelos, den Leser zu umgarnen, ihn wie eine Seidenspinne mit ihrer Handlung zu umweben und ihn in der berührenden Geschichte festzuhalten, bis alles aufgedeckt und das Bild vollständig ist. Durch die verarbeiteten Themen wie Vertreibung und Flucht gewinnt die Handlung an Ernsthaftigkeit und Dramatik, was auf die gute Recherche der Autorin zurückzuführen ist. Durch die wechselnden Perspektiven wird eine unterschwellige Spannung erzeugt, die den Leser das Buch nicht aus der Hand legen lässt. Die gedankliche Reise nach Irland, Italien und ins exotische Myanmar während der Lektüre geben der Handlung das gewisse Etwas und auch den Spekulationen Raum, was sich wohl als nächstes offenbart.
Den Charakteren wurde Leben und Seele eingehaucht, sie wirken durchweg authentisch und vor allem sehr menschlich, so dass man sich als Leser wunderbar mit ihnen identifizieren, ihre Gefühle, Sorgen und Hoffnungen teilen kann und mit ihnen fiebert. Simone ist eine Frau am Scheidepunkt, bisher hat es das Leben nicht so gut mit ihr gemeint, sie musste sich von einigen Träumen verabschieden und hadert noch damit, wohin ihre Reise wohl gehen mag. Aber Schicksalsschläge sind oftmals Krafttreiber, so geht Simone ohne großen ausgefeilten Plan ein Experiment an, das sie persönlich wachsen lässt sowie ihre Neugier auf die Dinge, die sie herausfindet. Ihre Mutter Anna war eine Frau, die schon früh Verantwortung für ihr eigenes Leben übernehmen musste, weil es das Schicksal von ihr verlangte, wobei sie ihre Träume immer bewahrte und die Stoffe ihr Leben kennzeichneten.
„Der Stoff des Lebens“ ist eine wunderschöne Zeitreise mit vielen kraftvollen Bildern und Emotionen, die das Leserherz berührt und noch nachklingt. Wunderbar erzählt und sehr empfehlenswert!