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Veröffentlicht am 01.06.2019

Traumtanz

Wie ein Tanz auf Morgentau
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Ihre Kindheit hat Alice zusammen mit ihrer Mutter Rose bei ihren Großeltern in England verbracht. Diese hatten ein gutgehendes Tanzstudio auf ihrer Haneysuckle Farm, das für Alice ein zweites Zuhause war ...

Ihre Kindheit hat Alice zusammen mit ihrer Mutter Rose bei ihren Großeltern in England verbracht. Diese hatten ein gutgehendes Tanzstudio auf ihrer Haneysuckle Farm, das für Alice ein zweites Zuhause war und von einer großen Tanzkarriere träumen ließ. Nach einem großen Streit mit ihrem Vater verlässt Rose mitsamt Alice England Richtung New York. Aber selbst dort hat Alice all die Jahre Heimweh nach England und ihrem Großvater. Als sich ihr Traum einer Broadwaykarriere als Tänzerin nicht verwirklichen lassen und ihr Großvater im Krankenhaus liegt, sieht Alice den Augenblick gekommen, New York nach 13 Jahren den Rücken zu kehren und endlich in ihre geliebte englische Heimat zurückzukehren. Aber sie möchte auch endlich herausfinden, warum Rose und ihr Großvater sich damals gestritten und seitdem nie mehr Kontakt miteinander hatten…
Christie Barlow hat mit „Wie ein Tanz auf Morgentau“ einen wunderschönen und gefühlvollen Roman vorgelegt, der den Leser mit seinem flüssigen und anrührenden Schreibstil sofort abholt und in die Geschichte hineinbeamt, wo er aufgrund der Ich-Erzählform Alice‘ Sichtweise übermittelt bekommt und es somit nicht schwer fällt, mit ihr mitzufiebern, zu rätseln, zu träumen und zu fühlen. Mit viel Einfühlungsvermögen verpackt die Autorin ein altes Familiengeheimnis ebenso gut in ihrer Geschichte wie eine romantische Liebe. Aber auch alltägliche Probleme wie Misstrauen gegenüber Fremden sowie der Zusammenhalt in einer kleinen Ortsgemeinschaft sind hier sehr schön herausgearbeitet. Erst nach und nach werden die Rätsel enthüllt, so dass sich die Spannung immer auf einem guten Niveau hält, der Leser bei der Stange bleibt und alles wunderbar vor Augen hat.
Die Protagonisten wurden lebendig und glaubwürdig ausgearbeitet, sie wirken sehr realitätsnah und vor allem authentisch. So fällt es dem Leser nicht schwer, sich an ihrer Seite niederzulassen und sie während der Handlung zu begleiten. Alice ist eine liebenswert junge Frau, die so einiges durchmachen musste. Zeitweise wirkt sie zerrissen, aber immer mit einem Hauch von Optimismus. Dazu besitzt sie Hartnäckigkeit und Stärke sowie eine warmherzige Seele. Als Leser wünscht man sich für sie einfach nur Glück und Harmonie. Sam ist ein sympathischer Mann, der sich allerdings gegen Misstrauen behaupten muss und einiges einstecken muss. Doch er bleibt sich selbst treu und überzeugt durch sein freundliches Wesen. Aber auch die Dorfbewohner oder Alice‘ Freundin Grace sind überzeugende Nebendarsteller, die die ganze Geschichte mit zusätzlicher Spannung versehen.
„Wie ein Tanz auf Morgentau“ ist nicht nur ein besonders schön gewählter Titel, sondern passt wunderbar zu dieser emotionalen Geschichte. Alle, die gern alte Geheimnisse offen decken und dazu ein romantisches Herz haben, werden dieses Buch bestimmt mögen. Hier ist die Leseempfehlung absolut verdient!

Veröffentlicht am 01.06.2019

Insel der Entscheidung

Inselküsse
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Die 43-jährige Marie hat es nicht leicht, ihre drei Kinder und sich durchzubringen, da es hinten und vorne nie reicht trotz Nebenjob als Kellnerin und ihrem Versuch, mit Töpferarbeiten Geld zu verdienen. ...

Die 43-jährige Marie hat es nicht leicht, ihre drei Kinder und sich durchzubringen, da es hinten und vorne nie reicht trotz Nebenjob als Kellnerin und ihrem Versuch, mit Töpferarbeiten Geld zu verdienen. Aber Marie lässt sich nicht unterkriegen und kümmert sich auch noch liebevoll um ihre alte Nachbarin Ruth. Als die Nachricht bezüglich des Hausverkaufs verbunden mit einer Sanierung und Mieterhöhung kommt, weiß Marie, dass sie die nicht stemmen kann und mit ihren Kindern ein neues Domizil suchen muss. Aber wohin? Ruth ist ihr rettender Engel, denn sie hat ein Haus auf Rügen und bietet Marie an, zusammen mit ihr und ihren Kindern dort einzuziehen. Bei näherer Besichtigung erweist sich das Haus allerdings als ziemliche Bruchbude, die dringend renoviert werden müsste. Tischler Christian ist mit seinen zwei Kindern ihr nächster Nachbar und unterstützt sie bei den Renovierungsarbeiten, löst aber auch Herzflattern bei Marie aus. Wird Marie mit ihrer Familie auf Rügen bleiben und noch einmal auf das Glück vertrauen?
Evelyn Kühne hat mit „Inselküsse“ wieder einen unterhaltsamen und kurzweiligen Liebesroman vorgelegt, der mit seinem locker-flüssigen und bildhaften Erzählstil den Leser regelrecht in die Seiten hineinsaugt, um hautnah Teil von Maries Leben zu werden und alle Ereignisse aus erster Hand zu erfahren. Die Autorin hat sich mit der Insel Rügen nicht nur ein wunderschönes Setting als Hintergrund ausgesucht, dass durch die guten Beschreibungen während der Lektüre vor dem inneren Auge des Lesers entsteht, sondern besitzt auch ein geschicktes Händchen, Geschichten aus dem täglichen Leben einfühlsam zu verpacken und an den Leser zu bringen. Aktuelle Themen wie Haussanierungen und Mietwucher sind hier verarbeitet und sprechen den Zeitgeist an. Aber auch die Gedanken und Gefühle von Marie werden von der Autorin sehr glaubwürdig transportiert, hat sie doch als alleinerziehende Mutter an vielen Baustellen zu kämpfen, aber auch als Frau bisher kein Glück in der Wahl ihrer Partner gehabt.
Die Charaktere sind gut ausgestaltet, ihnen wurde regelrecht Leben eingehaucht. Der Leser kann sich gut in sie hineinversetzen, gerade weil sie wie aus dem Leben gegriffen wirken und man das eine oder andere Schicksal zu kennen glaubt. Marie ist eine sympathische Frau mit viel Herz, die an vielen Fronten zu kämpfen hat. Sie ist realistisch, dabei mutig und offen, denn sie lässt sich auf ein gewagtes Experiment ein, wobei sie eigentlich nichts zu verlieren hat. Ruth ist eine kränkliche alte Dame, die von Marie „adoptiert“ wurde und somit Familienanschluss bekommen hat. Sie ist eine freundliche und warmherzige Frau, die Angst vor dem Alleinsein hat und froh ist um die Aufmerksamkeit, die ihr geschenkt wird. Christian ist ein Mann, der fleißig zupacken kann, allerdings verhält er sich zeitweilig schon etwas merkwürdig. Ebenso bringen die kleinen Nebenprotagonisten wie Ole oder Karo etwas Schwung und zusätzliches Gefühl in die Handlung.
„Inselküsse“ hat alles, was es für einen unterhaltsamen Urlaubsroman braucht: realistische Charaktere und Themen, die aus dem Hier und Jetzt stammen. Schön verpackt mit einer Portion Liebe, Familie und den Start in ein neues Leben vor herrlicher Inselkulisse. Verdiente Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 30.05.2019

Le rêve de vivre en Provence

Das kleine Hotel in der Provence
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Das kann er doch nicht ernst meinen – ein guter Kerl? Lilly ist völlig am Boden, als ihr Freund Jan ausgerechnet an ihrem Jahrestag mit ihr Schluss macht und sich einer anderen zuwendet. Dabei hat sie ...

Das kann er doch nicht ernst meinen – ein guter Kerl? Lilly ist völlig am Boden, als ihr Freund Jan ausgerechnet an ihrem Jahrestag mit ihr Schluss macht und sich einer anderen zuwendet. Dabei hat sie für ihn ihre Heimatstadt Freiburg aufgegeben und ist zu ihm nach Rostock gezogen, um dort als Hochzeitsfotografin zu arbeiten. Was soll sie jetzt machen? Zurück nach Freiburg den elterlichen Fotoladen übernehmen – das will Lilly auf keinen Fall, ihr schwebt eher ein kleines verträumtes Hotel nur für Single-Frauen mitten in der Provence vor. Bei ihrer Internetsuche stößt sie auf ein Haus in dem kleinen Ort Pivette und kauft sie es von jetzt auf gleich. Ihre Cousine Valeska, die mit ihrer Familie in der Nähewohnt und ihr auch noch eine gute Freundin ist, nimmt Lilly nach ihrer langen Reise in Empfang. Als diese ihr allerding den Antiquitätenhändler Oliver als Unterstützer aufhalsen will, wehrt sich Lilly mit Händen und Füßen, von Männern hat sie erst einmal genug. Zwar kann sie für die Bruchbude jede Hand gebrauchen, aber Lilly krempelt die Ärmel hoch, denn sie hat schon genaue Vorstellungen, wie es einmal sein soll. Als die ersten Gäste kommen und dann auch noch eine alte Liebe unerwartet vor ihr steht, bricht bei Lilly das Chaos aus…
Marion Stieglitz holt mit „Das kleine Hotel in der Provence“ das französische Flair direkt in die heimische Wohnung. Der Schreibstil ist locker-frisch, farbenfroh und mit feinem Witz ausgestattet, so startet der Leser seinen gedanklichen Kurzurlaub und verschwindet schnell zwischen den Seiten, um an der Seite von Lilly eine abenteuerliche Reise ins Ungewisse hautnah mitzuerleben. Mit bildhaften Landschaftsbeschreibungen verführt die Autorin in die malerische Provence, lässt ein verschlafenes französisches Dörfchen lebendig werden und ein altes Gebäude wie ein verträumtes Schloss erscheinen. Dazu gehören auch die individuell und detailliert gestalteten Mottozimmer, die tolle Bilder im Kopf erstrahlen lassen und man selbst in jedes von ihnen einziehen möchte, um sich dort verwöhnen zu lassen. Geschickt gelegte Wendungen, Missverständnisse und Überraschungen halten den Leser bis zum Ende bei der Stange, der natürlich auf ein Happy End hofft. Sehr schön sind übrigens auch die am Ende des Buches aufgeführten Weisheiten für jede Gelegenheit, die man sich immer wieder einmal zu Gemüte führen sollte.
Die Charaktere sind lebendig gezeichnet und vermitteln das Gefühl, sie bereits schon länger zu kennen. Ihre individuellen Ecken, Kanten und Launen lassen sie glaubhaft und authentisch wirken, so dass der Leser sich sofort mit ihnen wohlfühlt und sich gern in ihrer Mitte niederlässt. Die 28-jährige Lilly hat nicht nur von Männern die Nase voll, sondern auch vom Fotografieren von Hochzeitspaaren. Endlich fasst sie den Mut, ihr Leben umzukrempeln und ihm eine neue Richtung zu geben, die sie sich schon lange erträumt hat. Sie besitzt Spontanität und Phantasie. Lilly ist eine freundliche Frau, die oftmals etwas naiv und unbedarft erscheint, sie besitzt aber auch ein freundliches und fürsorgliches Wesen, dass ihr so manches (Gäste)Herz öffnet. Valeska ist nicht nur Lillys Cousine, sondern auch eine gute Freundin. Sie ist pragmatisch, realistisch, ehrlich und sieht das Leben nicht durch eine rosarote Brille. Marianne ist eine Frau mit Lebensweisheit, die die Dinge im richtigen Licht sieht und behutsam auf Dinge hinweist. Valeskas Töchterchen Paula ist ein kleiner Schatz, die unverstellt und unverblümt ihre Meinung zu allem kundtut und meistens Recht hat. Summer ist ein echt nervtötender Gast, der Lillys Laune immer wieder herausfordert. Aber auch Protagonisten wie Oliver, Noah und Jan machen mit ihren Auftritten die Handlung rundum gelungen.
„Das kleine Hotel in der Provence“ besticht mit einer charmanten Aussteiger- und Liebesgeschichte sowie mit viel Herz und Seele, die dem Leser eine tolle Auszeit beschert und zudem dezent darauf hinweist, dass man das Leben selbst in der Hand hat und jede Minute genießen soll. Verdiente Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 30.05.2019

Identitätssuche

Die 48 Briefkästen meines Vaters
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Die Nachricht trifft die Römerin Chiara Ferrari an ihrem 25. Geburtstag wie ein Schlag, denn ihre Patentante Viola sagt doch tatsächlich, dass ihr vermeintlicher Vater, der vor ihrer Geburt gestorben ist, ...

Die Nachricht trifft die Römerin Chiara Ferrari an ihrem 25. Geburtstag wie ein Schlag, denn ihre Patentante Viola sagt doch tatsächlich, dass ihr vermeintlicher Vater, der vor ihrer Geburt gestorben ist, überhaupt nicht ihr Vater sei. Dass sie aus einem One-Night-Stand ihrer Mutter Livia mit einem unbekannten Matrosen von der bretonischen Insel Groix entstanden sein soll, muss sie erst einmal verdauen. Sie will der Sache nachgehen und macht sich von Rom auf den Weg ins französische Groix in der Hoffnung, vielleicht ihren leibhaftigen Vater zu finden. Während der Schiffsüberfahrt lernt sie Gabin und Urielle kennen, die auch nach Groix wollen und mit denen sie sich sofort gut versteht und eine Unterkunft in Urielles Familie findet. Der Zufall spielt Chiara den Job als Vertretung der Inselbriefträgerin in die Hände, eine gute Möglichkeit, sich umzuhören, die Menschen auszufragen und nach ihrem Vater zu suchen, während sie die Post an die Bewohner von Groix verteilt. Wird Chiara tatsächlich ihren Vater kennenlernen?
Lorraine Fouchet hat mit „Die 48 Briefkästen meines Vaters“ einen unterhaltsamer und teils ungewöhnlicher Roman, der mit poetischem und ebenso leicht humorigem Erzählstil nicht nur seinen Protagonisten, sondern auch Gegenständen wie Briefkästen und Fahrrädern das Wort erteilt, was erst einmal für Verwirrung sorgt, allerdings dann doch in Neugier umschlägt, denn so mancher Briefkasten weiß so einiges zu erzählen. Aber erst einmal folgt der Leser einer verletzten Chiara auf eine spontane Reise, wurde sie doch all die Jahre von ihrer eigenen Mutter Livia belogen. Das Verhältnis zwischen Livia und Chiara ist nicht nur lieblos, sondern gleicht einem Eisschrank. Doch dass ausgerechnet ihre Ersatzmutter Viola den jahrelangen Betrug offenlegt, lässt nichts mehr erscheinen, wie es einmal war. Die Autorin lässt in ihrer Geschichte ihre Protagonistin nach ihrer eigenen Herkunft suchen und macht die Sehnsucht nach dem Vater, der immer fehlte, deutlich. Das kommt vor allem auch bei Chiaras Aufenthalt in Uriells Familie zum Ausdruck. Während er Chiara auf ihrem Weg begleitet, begegnet der Leser durch einen zweiten Handlungsstrang dem unbekannten Charles, der seinen Blick in die Vergangenheit richtet. Die wechselnden Erzählperspektiven und Sichtweisen sind manchmal etwas verwirrend, tragen aber am Ende zur Auflösung der Geschichte bei.
Die Charaktere sind sehr unterschiedlich angelegt, so dass der Leser seine Sympathien gerecht verteilen kann. Schon die Bewohner der Insel Groix sind individuell, um nicht zu sagen skurril angehaucht, wirken auf ihre Art kauzig, schrullig und verschroben, aber auch sehr liebenswert. Sie spiegeln ihre recht einsame Gegend wieder, in der alle zusammenhalten und an einem Strang ziehen müssen. Chiara hat nie eine richtige Familie gehabt, litt immer unter der kalten Art ihrer Mutter. Nun lernt sie bei neuen Freunden nicht nur echtes Familienleben kennen, sondern muss sich auch mit ihrer Identität auseinandersetzen, die durch den Betrug ihrer Mutter und ihrer Tante in Frage gestellt wurde. Chiara ist aber auch eine Frau, die nicht aufgibt und hartnäckig versucht, Antworten zu finden. Chiaras Mutter Livia wirkt wie eine herzlose und unterkühlte Person, doch insgeheim ist sie von Schuldgefühlen geplagt und bestraft sich selbst, aber auch ihre eigene Tochter, durch die Unterdrückung von Gefühlen wie Wärme und Liebe. Viola ist ebenfalls nicht gerade eine Sympathieträgerin, sie ist eine neidische Frau, die geradezu darauf aus ist zu verletzen. Gabin ist ein geheimnisvoller Mann, der selbst auf der Suche ist. Aber auch Urielle und ihre Familie beleben die Geschichte zusätzlich.
"Die 48 Briefkästen meines Vaters" ist ein Roman über Identitätsfindung, Freundschaft, neue Freunde, alte Gefühle und natürlich die Liebe, der mit Melancholie, Poesie und viel Herz erzählt wird. Verdiente Leseempfehlung für eine anrührende Geschichte.

Veröffentlicht am 26.05.2019

La lumière de provence

Lisette und das Geheimnis der Maler
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Frankreich 1937 während des Zweiten Weltkrieges: Lisette hat ein Faible für die Kunst und Farben, dies wurde bei ihr schon durch eine Nonne im Waisenhaus gefördert. Eigentlich hatte sie einen Job in einer ...

Frankreich 1937 während des Zweiten Weltkrieges: Lisette hat ein Faible für die Kunst und Farben, dies wurde bei ihr schon durch eine Nonne im Waisenhaus gefördert. Eigentlich hatte sie einen Job in einer Pariser Galerie in Aussicht, doch dann wird der Großvater ihres Mannes André krank. So verlässt das Paar Paris, um sich in Andrés südfranzösische Heimat Roussillon in der Provence niederzulassen, einer eher dörflichen Gegend, der Lisette zuerst gar nichts abgewinnen kann. Als sie allerdings die Gemäldesammlung von Großvater Pascal zu Gesicht bekommt, die neben Picasso auch Cézanne und Pissarro beinhaltet, und deren Geschichte erfährt, ist sie fasziniert. Pascal weckt in ihr auch die Liebe zur Provence, der ländlichen und farbenfrohen Gegend, deren Düfte wie Lavendel die Nase kitzeln. Dann stirbt Pascal und André versteckt die Gemälde vor den Nazis, bevor er gegen sie in den Krieg zieht und dort sein Leben lässt. Nun ist Lisette allein und macht sich auf die Suche nach dem Bilderversteck. Aber auch andere haben Interesse daran, diese Bilder zu finden…
Susan Vreeland hat mit „Lisette und das Geheimnis der Maler“ einen sehr unterhaltsamen und fesselnden Roman mit historischem Setting vorgelegt, in dem es sich vor allem um vor den Nazis versteckte Kunstschätze von Impressionisten und Expressionisten dreht, die sich heutzutage in den Museen der Welt größter Beliebtheit erfreuen, mit ihren Farben und ihrem Detailreichtum die Seele streicheln und dem Betrachter einen unvergesslichen Augenschmaus der besonderen Art liefern. Die in der Geschichte erwähnten Bilder sind allerdings von der Autorin erfunden und dienen als Nebenprotagonisten ihrer Handlung. Der Schreibstil ist flüssig, leise, detailliert und bildgewaltig. Die Autorin malt mit ihren Worten ein eigenes Gemälde und den Leser regelrecht während der Lektüre in der Betrachtung versinken lässt. Wer die Provence kennt und auch Gemälde von Künstlern wie Cézanne oder Pissarro aus der Nähe betrachtet hat, ist immer wieder fasziniert von der Detailgenauigkeit und der ganz speziellen Lichtbrechung, die es fast ausschließlich in diesem Landstrich gibt. Wunderbar lässt die Autorin die weitläufige Landschaft mit den vielfarbigen Blumen vor dem inneren Auge des Lesers entstehen, die Aromen und Düfte scheinen einem regelrecht in die Nase zu steigen. Auch die Bewohner des Roussillon erweckt Vreeland zurückhaltend und mit viel Herz zum Leben.
Die Charaktere sind mit Herz und Seele versehen, wirken authentisch, glaubhaft und natürlich, so dass sich der Leser mit ihnen wohlfühlt und ihre Geschichte mit viel Interesse verfolgt. Lisette ist eine sympathische Frau, die schon in ihrer Kindheit die Kunst und die Welt der Farben lieben gelernt hat. Überhaupt ist sie eine freundliche, starke und liebevolle Persönlichkeit, die eigentlich das quirlige Leben der Stadt liebt, aber das geruhsame Savoir Vivre auf dem Land durchaus zu schätzen lernt. Sie wächst an ihren Aufgaben und entwickelt Mut und Entschlossenheit. Samuel Becket hat tatsächlich einige Zeit im Luberon verbracht ebenso wie Marc Chagall mit seiner Familie, dies in diesem Roman wiederzufinden, war eine schöne Randerscheinung. Pascal ist ein alter Mann, der viele interessante Begegnungen hatte und die Maler mit Farbe versorgte. Aber auch Künstler wie Cézanne und Pissarro haben ihren besonderen Platz in dieser Geschichte.
„Lisette und das Geheimnis der Maler“ ist ein gelungener kunsthistorischer Streifzug, eingebettet in eine fiktive Geschichte und eine atemberaubend schöne Landschaft, die man einmal im Leben besucht haben sollte, um das französische Lebensgefühl regelrecht einzuatmen und dort die Museen zu besuchen. Tut der Seele gut wie auch dieses Buch. Verdiente Leseempfehlung!