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Veröffentlicht am 25.09.2016

Klammheimlich, still und leise...

Wenn ihr schlaft
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Obwohl die Haustür abgeschlossen ist und auch sonst keine Spuren auf einen Eindringling hinweisen, verschwindet der kleine George mitten in der Nacht aus seinem Bett. Die Polizei steht vor einem Rätsel, ...

Obwohl die Haustür abgeschlossen ist und auch sonst keine Spuren auf einen Eindringling hinweisen, verschwindet der kleine George mitten in der Nacht aus seinem Bett. Die Polizei steht vor einem Rätsel, denn es gibt auch keine Lösegeldforderungen von Entführer. Als dann die kleine Bailey ebenfalls verschwindet, ohne dass es Spuren gibt, steht Ermittler Sean Corrigan mit seinem Team mächtig unter Druck, die Kinder und vor allem den Täter zu finden. Wird Corrigan seiner Spürnase gerecht und findet den Entführer?

Luke Delaney hat mit seinem Buch „Wenn ihr schlaft“ seinen dritten Thriller rund um den Chefermittler Sean Corrigan vorgelegt. Der Schreibstil ist flüssig und temporeich, fordert den Leser geradezu heraus, der rasanten und gleichfalls perfiden Handlung zu folgen und sich an die Seite von Corrigan zu heften, um den Taten auf die Spur zu kommen. Der Spannungsbogen wird sofort sehr hoch aufgebaut und steigert sich durch das Tempo und die verschiedenen aufgezeigten Perspektiven weiter bis zum Finale. Die Hilflosigkeit der Polizei, die nach jedem Strohhalm greift, ist geradezu spürbar. Der Autor lässt seine eigenen Erfahrungen als ehemaliger Polizist sehr gut in den Roman einfließen, dadurch wirkt alles noch glaubhafter und realer. Sowohl die Angst als auch die Entschlossenheit übertragen sich regelrecht auf den Leser.

Die Charaktere sind sehr unterschiedlich ausgestaltet, wirken durch ihr Verhalten aber sehr lebensecht und authentisch. Sean Corrigan ist ein knallharter Typ, der seine eigenen Dämonen im Verborgenen hält. Er setzt sich selbst unter Druck, was sich auf sein Team überträgt. Die Presse und die Vorgesetzten verschärfen diesen Druck noch und alle arbeiten gegen die Zeit. Die Angst, ein totes Kind zu finden wie der vermeintliche Gedanke an Missbrauch, überträgt sich von den Protagonisten ebenso auf den Leser und setzt diesen beim Lesen ebenfalls unter Anspannung.

„Wenn ihr schlaft“ ist ein sehr rasanter Psychothriller, der durch seinen geschickten Erzählstil regelrecht einen Film vor dem inneren Auge des Lesers ablaufen lässt. Nachdem die ersten beiden Romane des Autors recht blutig und brutal gewesen sind, wirkt dieses Buch allein durch die Wahl und das Setzen der Worte, um das Unheil spürbar zu machen. Alle Liebhaber von Psychothrillern werden hier voll auf ihre Kosten kommen. Unbedingt Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 24.09.2016

Eine Reise ins Ungewisse

Das Geheimnis der Mittsommernacht
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Clara wuchs in einem Waisenhaus auf und hat als Bedienstete in einem wohlhabenden Haushalt in Bonn gearbeitet, wo sie ihren Ehemann Olaf Ordal kennenlernte. Nun hat Olaf eine Stelle in der Südsee auf Samoa ...

Clara wuchs in einem Waisenhaus auf und hat als Bedienstete in einem wohlhabenden Haushalt in Bonn gearbeitet, wo sie ihren Ehemann Olaf Ordal kennenlernte. Nun hat Olaf eine Stelle in der Südsee auf Samoa angeboten bekommen und will mit seiner Frau und dem gemeinsamen Sohn Paul zu neuen Ufern aufbrechen. Doch da erreicht die Familie eine Nachricht aus Pauls norwegischer Heimat, die alle Reisepläne auf den Kopf stellt. Clara und ihre Familie reisen Roros, einem kleine Bergbaustädtchen in Norwegen, aber kaum dort angekommen, ist der Empfang durch Olafs Eltern frostig und abweisend. Bei einem unglücklichen Sturz kommt Olaf ums Leben und hinterlässt Clara völlig mittellos mit ihrem kleinen Sohn in einem fremden Land, wo die Menschen ihr mit Misstrauen und Argwohn begegnen. Clara rafft all ihren Mut zusammen und baut sich mithilfe einiger unvoreingenommener Einwohner Roros ein neues Leben für ihren Sohn und sich selbst auf. Dabei trifft sie auf Sofie Svartstein, die jüngste Tochter des mächtigsten Mannes am Ort. Die beiden Frauen mögen sich sofort und freunden sich miteinander an. Aber sie teilen noch mehr miteinander, erst nach und nach wird der Schleier eines Geheimnisses gelüftet, dass ihre Familien miteinander verbindet.

Christine Kabus hat mit ihrem neuen Buch „Das Geheimnis der Mittsommernacht“ einen sehr lebendig und unterhaltsam erzählten historischen Roman vorgelegt, der in der rauen Landschaft Norwegens beheimatet ist. Der Schreibstil ist herrlich flüssig, schon der Prolog ist geheimnisvoll und lädt den Leser zum Miträtseln ein. Die Landschaftsbeschreibungen sind sehr detailliert, man hat das ursprüngliche und geheimnisvolle Norwegen vor Augen, einem Land, in dem die Feen und Trolle von jeher zuhause sind. Die Handlung wird aus zwei Perspektiven erzählt, die zwar beide im gleichen Zeitalter zuhause sind, doch einmal aus Claras Sicht berichtet wird und zum anderen die Erlebnisse von Sofie erzählen. Dabei kreuzen sich die Wege der Frauen immer wieder, bis sie sich immer mehr annähern. Durch die wechselnde Erzählweise entwickelt sich eine gewisse Spannung, die sich im Laufe der Geschichte immer mehr steigert. Die Autorin versteht sich gut darin, dem Leser immer nur kleine Hinweise zu geben, um ganz langsam das Ausmaß der ganzen Geschichte und des Geheimnisses zusammen zu setzen. Auch die damaligen Lebensverhältnisse der Menschen in der kleinen Bergbauerstadt wird sehr schön dargestellt: die eingeschworene Gemeinschaft, die allem Fremden gegenüber misstrauisch eingestellt ist und lieber für sich ist oder das Gerede hinter dem Rücken der Leute, die ihre Mitmenschen damit brandmarken und sie so versuchen auszugrenzen.

Die Charaktere hat die Autorin sehr schön ausgestaltet, ihnen regelrecht Leben eingehaucht, indem sie ihnen Ecken und Kanten verliehen hat und ihre Gedanken und Gefühle für den Leser offen präsentiert. Clara ist eine sehr sympathische Frau, die den Leser sehr schnell für sich einnimmt. Sie hat bereits einige Schläge in der Vergangenheit verkraften müssen und musste mit ihrer Ehe lernen, sich in der besseren Gesellschaft zu Recht zu finden. Als ihr Ehemann stirbt, steht sie vor dem Nichts und ist doch mutig genug, die Ärmel hochzukrempeln, um alles für ihren kleinen Sohn zu tun und sich in einem fremden Land ihr Auskommen zu erarbeiten. Clara ist ein offenes und hilfsbereites Wesen, die mitfühlt und sich auch für harte Arbeit nicht zu schade ist. Dadurch fliegen ihr auch einige Herzen zu. Sofie ist ebenfalls eine sympathische Person, die im Gegensatz zu Clara allerdings in einem reichen Elternhaus behütet aufwuchs. Aber Sofie ist ein Freigeist und hat ein ehrliches Wesen, kann sich in die Menschen hineinfühlen. Sie ist hilfsbereit und unterstützt ihre Mitmenschen, sucht dabei einen Weg, sich selbst frei entfalten zu können und ihrem Leben eine eigene Richtung zu geben. Die Nebenprotagonisten mit ihren eigenen kleinen Geschichten untermalen und unterstützen die Handlung auf ihre eigene persönliche Art, sind sie doch alle miteinander irgendwie verwoben in diesem norwegischen Bergbaustädtchen.

„Das Geheimnis der Mittsommernacht“ ist ein sehr unterhaltsamer historischer Roman zur Zeit der Jahrhundertwende vor der wunderschönen Kulisse Norwegens, der auch eine gewisse Spannung nicht vermissen lässt. Wer gern Bücher über fremde Ländern liest und auch historisch interessiert ist, wird mit diesem Roman bestimmt schöne Lesestunden verbringen. Auf jeden Fall eine Leseempfehlung!!!

Veröffentlicht am 24.09.2016

Feindinnen - Freundinnen - Schwestern

Wie zwei Inseln im Meer
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Nachdem ihre Mutter gestorben ist, kehrt Michelle nach 10 Jahren von der Army zurück auf ihre Heimatinsel, wo ihr das Hotel Blackberry Island Inn gehört, dass ihre Mutter Brenda für sie treuhänderisch ...

Nachdem ihre Mutter gestorben ist, kehrt Michelle nach 10 Jahren von der Army zurück auf ihre Heimatinsel, wo ihr das Hotel Blackberry Island Inn gehört, dass ihre Mutter Brenda für sie treuhänderisch verwaltet hat. Michelle ist vom Kriegseinsatz sowohl körperlich als auch seelisch angeschlagen und möchte endlich zur Ruhe kommen. Doch kaum betritt sie das Hotel, läuft ihr ihre ehemals beste Freundin Carly, die durch Vorkommnisse in der Vergangenheit dann zu ihrer Feindin wurde, über den Weg. Carly lebt mit ihrer Tochter Gabby im Inn und arbeitet dort von morgens bis abends, damit der Betrieb reibungslos läuft. Sowohl bei Michelle als auch bei Carly sind alte Wunden noch nicht verheilt, was die Beziehung zwischen den beiden Frauen schwierig gestaltet. Als wäre das nicht genug, steht das Inn kurz vor dem Bankrott. Ist es möglich, die ehemalige Freundschaft zwischen Carly und Michelle wiederzubeleben? Und kann das Inn noch gerettet werden?

Susan Mallery hat mit ihrem Buch „Wie zwei Inseln im Meer“ einen wunderschönen und berührenden Roman vorgelegt, der zu keiner Zeit ins Kitschige abdriftet und gerade deswegen sehr real wirkt. Der Schreibstil ist flüssig und zieht den Leser sofort in den Bann der Geschichte. Bereits ab der ersten Seite steht man als unsichtbarer Statist an Michelles Seite und erlebt ihre ersten Schritte auf heimatlichem Boden, nachdem sie 10 Jahre mit der Army im Krieg war. Die Landschaftsbeschreibungen von der Insel sind sehr detailliert gehalten und verleihen beim Lesen den Eindruck, alles vor Augen zu haben. Die Autorin greift viele verschiedene Konfliktthemen auf und setzt sie innerhalb der Romanerzählung behutsam und mit viel Feingefühl um. So geht es nicht nur um das Posttraumatische Stresssyndrom, dass viele Army-Soldaten bei der Rückkehr in ein normales Leben begleitet, sondern auch um Alkoholismus, Alleinerziehende, Geschäftsschwierigkeiten und mangelnde Kommunikation bei zwischenmenschlichen Beziehungen. Die Dialoge sind teils humorvoll, teils konfliktbeladen formuliert, vermitteln aber sehr authentische Diskussionen und Streitgespräche, wie sie tagtäglich überall auf der Welt geführt werden, was ebenfalls ein großes Plus für dieses Buch bedeutet.

Die Charaktere sind sehr schön ausgestaltet und vermitteln dem Leser ein Gefühl von Wiedererkennen, denn alle sind Menschen mit Ecken und Kanten, die unsere Nachbarn, Freunde oder Bekannte sein könnten, die sich mit den gleichen Lebensproblemen herumschlagen. Alles wirkt sehr lebensecht und authentisch. Michelle ist eine sympathische Frau, die sich gern tough und kraftvoll gibt, dabei haben sich die Erlebnisse im Kriegseinsatz nicht nur in ihr Gehirn eingebrannt, sondern haben zudem noch körperliche Einschränkungen zur Folge. Doch nicht nur die Kriegserlebnisse machen Michelle zu schaffen, sondern auch Dinge aus der Vergangenheit, die ihr das Vertrauen in ihre engsten Freunde und die Familie genommen haben. Michelle ist aber auch eine Frau, die anpackt und sich den Dingen stellt, auch wenn sie nur langsam voran kommt und immer wieder Niederlagen einstecken muss. Carly ist ebenfalls eine sympathische Person, die ebenfalls in der Vergangenheit so einiges erlebt hat, sich liebevoll um ihre kleine Tochter kümmert und für das Hotel alles in ihrer Macht stehende tut. Sie scheut keine schweren Aufgaben und wirkt immer gut gelaunt und positiv eingestellt. Selten sieht man bei ihr Verzweiflung oder Verzagen, sie kann dies gut kaschieren. Auch die anderen Protagonisten unterstützen die Handlung mit ihren kleinen Episoden und beleben die Geschichte somit zusätzlich.

„Wie zwei Inseln im Meer“ ist ein wunderschöner Roman über die Freundschaft, die Liebe, die Macht der Vergangenheit und die Vorstellung einer glücklichen Zukunft. Jeder, der emotionale und schön erzählte Geschichten liebt, wird hier bestens bedient. Absolute Leseempfehlung für ein Lesehighlight 2016!

Veröffentlicht am 17.09.2016

Mit Kompromissen zu einem erfüllten Leben

Die eigensinnige Ärztin
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1893 Chicago. Billy Jack Tate ist studierte Ärztin und hat sich mit einer eigenen Praxis in Chicago einen Traum erfüllt. Doch leider sind die Vorbehalte gegenüber Ärztinnen noch immer groß, so dass sie ...

1893 Chicago. Billy Jack Tate ist studierte Ärztin und hat sich mit einer eigenen Praxis in Chicago einen Traum erfüllt. Doch leider sind die Vorbehalte gegenüber Ärztinnen noch immer groß, so dass sie kaum Patienten hat. Als sie nach einer Rede vor dem Frauenkongress das Angebot bekommt, als Ärztin im Frauenhaus der Weltausstellung zu praktizieren. Ihr erster richtiger Patient ist ausgerechnet der Texas Ranger Hunter Scott, dessen Bekanntschaft sie auf ungewöhnliche und unfreiwillige Art vor ihrer Kongressrede machen musste. Als Hunter ein ausgesetztes Baby findet und zu Billy bringt, kümmern sich beide rührend um den kleinen Jungen und suchen gemeinsam nach einer geeigneten Unterbringung. Dabei stoßen sie auf viele Missstände in den Armenvierteln der Stadt und sind sich einig darin, den Menschen dort Unterstützung angedeihen zu lassen. Obwohl Billy und Hunter sich in vielen Dingen uneins sind, kommen sie sich dennoch immer näher. Werden sie ihre verschiedenen Lebensvorstellungen in Einklang bringen können?

Deeanne Gist hat mit ihrem Buch „Die eigensinnige Ärztin“ einen sehr unterhaltsamen historischen Liebesroman vorgelegt. Der Schreibstil ist flüssig, die Autorin schafft mit ihrem Erzählstil sehr stimmungsvoll mal eine Atmosphäre der Hoffnungslosigkeit und Trauer, mal eine der Selbstlosigkeit und des Glücks. Der Leser wird ab der ersten Seite in eine Zeit katapultiert, als es für Frauen weder Wahlrecht gab noch die Möglichkeiten, sich beruflich selbst zu verwirklichen. Eine Frau hatte den Haushalt zu führen und für Mann und Kinder zu sorgen, während ein Studium und ein Beruf dem Mann vorbehalten war. Die Dialoge zwischen den Hauptprotagonisten sind spritzig und zeigen deutlich die verschiedenen Lebensauffassungen auf, die es zu verteidigen gilt. Auch die gesellschaftlichen Unterschiede werden in diesem Roman sehr schön aufgezeigt. Die Ärmsten der Armen haben schon von Kindesbeinen an kaum die Möglichkeit, ihrer elenden Situation zu entfliehen. Es gibt weder Bildung noch Spielplätze, die zur Entwicklung der Kinder beitragen. Dafür bleibt diesen auch keine Zeit, da sie ebenfalls schon im jungen Alter einer Arbeit nachgehen müssen, um für den Familienunterhalt beizutragen.

Die Charaktere sind sehr schön ausgestaltet und wirken mit ihren Ecken und Kanten lebendig und authentisch. Billy Jack Taylor ist eine starke, energische, selbstbewusste und gebildete Frau, die sich ihre Ausbildung hart erarbeitet hat. Sie ist selbstlos und mitfühlend, liebt ihre Arbeit und geht völlig in ihr auf. Dabei hat sie mit Vorurteilen zu kämpfen, da sie sich in einer Männerdomäne bewegt. Billys Temperament bringt sie oftmals in Schwierigkeiten, doch verliert sie nie den Mut, Lösungen zu finden. Hunter Scott ist ein Mann von Ehre und vertritt das Gesetz mit jeder Faser seines Herzens. Als echter Südstaatler hat er noch die Vorstellung von Frauen am Herd. Doch er ist lernfähig und lässt sich durch Taten überzeugen. Hunter besitzt Mitgefühl und packt mit an, wo man Hilfe braucht. Sowohl Billy als auch Hunter sind starke Charaktere, die für ihre Prinzipien und Überzeugungen einstehen und die beweisen, dass auch Kompromisse keine Niederlage bedeuten müssen, um das Glück zu finden.

Der christliche Aspekt dieses Buches zeigt sich hauptsächlich in dem Verhalten der Protagonisten. Neben kleinen Gebeten sind es vor allem Mitgefühl und Unterstützung für die Ärmsten der Armen, um auch ihr Leben lebenswerter zu machen. Gleichzeitig geht es um Hoffnung und Vertrauen, dass man in einen Menschen entgegen bringen sollte, um ihm das nötige Selbstvertrauen zu geben, sich zu verändern.

„Die eigensinnige Ärztin“ ist ein historischer Liebesroman, der keinen Moment trivial wirkt und sich mit wirklich wichtigen Themen auseinander setzt. Absolute Leseempfehlung für alle, die historische Romane und schöne Liebesgeschichten lieben!

Veröffentlicht am 15.09.2016

Malones Geschichten

Das verlorene Kind
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Eigentlich ist Malone ein ganz normaler kleiner Junge, der gern sein Stofftier „Gouti“ mit sich herumträgt und in ihm seinen besten Freund sieht, dem er all seine Geheimnisse anvertrauen kann. Kinder haben ...

Eigentlich ist Malone ein ganz normaler kleiner Junge, der gern sein Stofftier „Gouti“ mit sich herumträgt und in ihm seinen besten Freund sieht, dem er all seine Geheimnisse anvertrauen kann. Kinder haben ja bekanntlich eine blühende Phantasie und erzählen gern Geschichten. Doch als er dem Schulpsychologen Vasil von seinem Geheimnis berichtet, dass seine Mutter Amanda nicht seine richtige Mutter sei und er vorher schon ein anderes Leben geführt hat, wird Vasil hellhörig und setzt sich mit der Polizeiermittlerin Marianne Augresse in Verbindung. Marianne allerdings hält dies vorerst nur für das Gerede eines kleinen Jungen und schenkt ihm aufgrund eines schwierigen Falles mit einer Räuberbande von Deauville nicht viel Aufmerksamkeit. Vasil konnte allerdings nicht ahnen, dass er sich durch die Kontaktaufnahme mit Marianne eine Lawine lostritt, denn jemand möchte auf keinen Fall, dass die Geschichte von Malone genauer untersucht wird. Kommt die Wahrheit dennoch ans Licht?

Michel Bussi hat mit seinem neuen Buch „Das verlorene Kind“ einen sehr unterhaltsamen und spannenden Roman vorgelegt. Der Schreibstil ist wunderbar zu lesen, das Buch ist kaum aus der Hand zu legen, so sehr fesselt die Geschichte. Der Spannungsbogen wird bereits zu Beginn sehr hoch angelegt und zieht sich wie ein roter Faden bis zum Finale, wobei er sich immer weiter steigert. Auch die düstere, melancholische Atmosphäre des Romans trägt dazu bei, dass sich die Spannung immer weiter erhöht. Dem Autor ist es sehr gut gelungen, mehrere fesselnde Erzählstränge nebeneinander herlaufen zu lassen, um sie am Ende zusammenzufügen. Dabei gibt er die Lösungen immer nur bröckchenweise heraus, fast wie ein Puzzle, wobei der Leser immer wieder einen kleinen Stein einfügen kann. Durch geschickte Wendungen und Verwirrtaktik dreht der Leser sich oftmals um die eigene Achse und ist doch wie gebannt durch die Handlung.

Die meisten Charaktere bleiben meist eher farblos, doch Malone ist eine große Ausnahme. Der kleine Junge besticht durch seine Art und Weise, wie er die Dinge sieht und wie er sie den Mitmenschen vermittelt. Der Leser zieht oftmals in Zweifel, ob er nun gerade die Wahrheit sagt, oder ob er wieder in seine Phantasiewelt eingetaucht ist. Marianne ist dagegen für eine Polizeiermittlerin viel zu emotional und gefühlsbetont, wirkt dadurch nicht sehr überzeugend für ihre Position. Auch Vasil hebt sich mit seinem Wesen nicht besonders hervor, er wirkt seltsam eindimensional in dieser rasanten Geschichte.

Bis kurz vor Schluss ist „Das verlorene Kind“ rundum gelungen, ja geradezu ein Pageturner. Doch dann bricht das Ende heran und die Handlung regelrecht zusammen, obwohl die meisten Fäden inzwischen miteinander verknüpft wurden. Aber dieses Konstrukt wirkt einfach unglaubwürdig und nicht nachvollziehbar. Aber will man sich etwas anderes vorstellen? Besser nicht – so nimmt man es hin und ist trotz dieses etwas unbefriedigenden Ausgangs doch irgendwie vom Buch begeistert. Denn Bussi versteht es wirklich, sehr unterhaltsame und spannende Lesestunden zu bereiten. Deshalb gibt es auch eine Leseempfehlung!