Profilbild von Dreamworx

Dreamworx

Lesejury Star
offline

Dreamworx ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Dreamworx über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 30.08.2020

Schwestern - ein Band für die Ewigkeit

Kinder ihrer Zeit
0

Rosa flieht 1945 mit ihren 11-jährigen Zwillingstöchtern Emma und Alice vor den Russen aus ihrer Heimat Ostpreußen. Unter unglücklichen Umständen wird Alice von ihrer Mutter und ihrer Schwester getrennt. ...

Rosa flieht 1945 mit ihren 11-jährigen Zwillingstöchtern Emma und Alice vor den Russen aus ihrer Heimat Ostpreußen. Unter unglücklichen Umständen wird Alice von ihrer Mutter und ihrer Schwester getrennt. Rose verzweifelt an dem Verlust der Tochter, einzig Emma hält an dem Gedanken fest, ihre Schwester irgendwann doch wieder in die Arme schließen zu können. In Westberlin bauen sich die zwei Frauen ein neues Leben auf. Zwölf Jahre gehen ins Land, bevor sich die Zwillingsschwestern sich wiedersehen, wobei ihnen beiden deutlich vor Augen steht, wie sehr sie sich doch in unterschiedliche Richtungen entwickelt haben. Alice lebt in Ost-Berlin und macht Emma mit dem Physiker Julius Laakmann bekannt, in den sich Emma verliebt. Julius sitzt zwischen zwei Stühlen, denn er wird von der Stasi beobachtet und möchte doch nur zu gern in den Westen. Als Alice auf einmal wie vom Erdboden verschwunden ist und Julius seine Beziehung zu Emma abbricht, fällt Emma in ein tiefes Loch. Doch sie gibt nicht auf und versucht auf eigene Faust, die Menschen, die sie liebt, zu retten, bevor die Grenzen zwischen West und Ost sich für immer schließen…
Romane von Claire Winter sind wie seltene Edelsteine, über die man sich riesig freut, wenn man endlich wieder einen in die Finger bekommt, denn die Autorin besticht nicht nur mit akribischer Hintergrundrecherche und Faktennähe, sondern greift mit ihrem flüssigen, berührenden und atmosphärisch-dichten Erzählstil nach des Lesers Herz und Seele. „Kinder ihrer Zeit“ ist wieder so ein Exemplar, dessen Seiten einem durch die Finger rinnen, während man als Leser mit Rosa, Emma und Alice fiebert zu einer Zeit, als der Eiserne Vorhang kurz vor der Erstellung stand und dann jahrzehntelang als Schandfleck Deutschlands Bevölkerung, Familien und Freunde voneinander trennte. Wunderbar webt Winter ihre fiktive Geschichte von einer getrennten Familie mit den politischen Ereignissen der damaligen Zeit, die das Ende des Krieges sowie die Aufteilung Deutschlands in BRD und DDR thematisiert. Konnten sich die Menschen in der Anfangszeit noch zwischen Ost und West bewegen, kam dies mit dem Mauerbau völlig zum Erliegen. Der Leser hat einen Logenplatz sowohl in West- als auch in Ost-Berlin, um das Schicksal von Emma und Alice hautnah mitzuerleben. Besonders eindrucksvoll sind die Einblicke, die Winter dem Leser über die unterschiedlichsten Methoden der Geheimdienste gewährt. Der KGB sowie die Stasi waren nicht zimperlich, um ihre Forderungen durchzusetzen. Ohne Rücksicht auf Verluste setzen sie Menschen einem immensen Druck aus. Mit wechselnden Perspektiven strickt die Autorin eine Geschichte voll atemloser Spannung, wobei die Schicksale der Protagonisten den Leser weder kalt- noch loslassen.
Die Charaktere sind wunderbar ausgestaltet und mit der Geschichte verankert. Menschliche Eigenschaften sowie ihre Lebendigkeit lassen sie authentisch und glaubwürdig wirken. Zwischen ihnen und dem Leser gibt es von Beginn an eine besondere Nähe, die das Mitfühlen und Mitfiebern selbstverständlich machen. Emma ist ein fürsorglicher und mitfühlender Mensch, dem die Freiheit über alles geht. Dafür geht sie auch große Risiken ein. Alice ist mit einer Ideologie aufgewachsen, die den Klassenfeind verachtet und aus dessen Fängen sie sich nicht befreien kann. Rosa kann sich ihrer Schuldgefühle nicht erwehren und wird immer mehr zu einem Schatten ihrer selbst. Markov vom KGB ist das personifizierte Böse. Sergej ist ein hilfsbereiter und warmherziger Mann. Max ist ein Freigeist, der sich gegen Ungerechtigkeiten zur Wehr setzt. Irma war Alice erst eine Freundin, doch zu welchem Preis. Julius hat sich unbewusst in eine schwierige Lage gebracht, die ihm einiges abverlangt.
„Kinder ihrer Zeit“ ist von der ersten bis zur letzten Seite ein Kleinod: ein brillanter Mix aus gefühlvoller Familiengeschichte, exzellenter Hintergrundrecherche und Politthriller. Besser kann man Geschichte nicht lebendig werden lassen – Prädikat „Besonders wertvoll“! Chapeau!!!

Veröffentlicht am 30.08.2020

Diesmal nur Mittelmaß - leider!

Schicksalssterne
0

1910 Hannover. Als die jüdische Bankierstochter Mia Gutermann auf den adligen Offizier Julius von Gerstorf trifft, ist es für beide Liebe auf den ersten Blick. Aber der Erste Weltkrieg streckt schon seine ...

1910 Hannover. Als die jüdische Bankierstochter Mia Gutermann auf den adligen Offizier Julius von Gerstorf trifft, ist es für beide Liebe auf den ersten Blick. Aber der Erste Weltkrieg streckt schon seine Fühler aus, so dass das junge Paar mit dem Segen von Mias Vater Jakob nach Neuseeland auswandert, um dort ein Gestüt aufzubauen und Pferde zu züchten. Bald schon haben sich Mia und Julius in ihrer neuen Heimat eingelebt, doch dann bricht der Krieg aus, der auch im fernen Neuseeland seine Fühler ausstreckt und dem unschuldigen Paar zum Verhängnis wird. Der Spionage angeklagt werden Mia und Julius getrennt voneinander interniert, während das Schicksal des Gestüts nun in den Händen der jungen Wilhelmina liegt…
Sarah Lark hat mit „Schicksalssterne“ einen unterhaltsamen historischen Roman vorgelegt, der den Leser ins vergangene Jahrhundert zurückreisen lässt, um Mia und Julius durch eine schicksalsträchtige Zeit zu begleiten. Der eingängige und farbenfrohe Schreibstil führt den Leser vom biederen Hannover ins abenteuerliche Neuseeland, wo die Protagonisten sich alsbald eine Lebensgrundlage aufbauen. Die sehr ausführlichen Informationen über Pferde und alles, was mit ihnen zu tun hat, lassen die Geschichte phasenweise sehr langatmig werden und lenkt immer wieder von der eigentlichen Haupthandlung ab. Ebenso kam die Reise von Deutschland nach Neuseeland etwas zu kurz, denn solch eine Überfahrt war zur damaligen Zeit doch etwas Besonderes und nicht ganz ungefährlich. Die Autorin ist bekannt durch ihre Romane vor exotischer Kulisse, allerdings lässt sie diesmal eine intensivere Beschreibung des Handlungsortes nebst kulturellem Hintergrund und Lokalkolorit vermissen. Glaubhaft dargestellt sind dagegen die Anfeindungen, denen sich Deutsche im Ausland damals gegenüber sahen. Mit einigen Wendungen versucht die Autorin, die Spannung zu steigern, doch insgesamt plätschert die Geschichte mehr oder weniger vor sich hin, lässt sich zwar gut weglesen, besitzt jedoch kaum wirkliche Höhen.
Die Charaktere sind sehr unterschiedlich angelegt, während einige sehr detailliert und greifbar überzeugen können, wird bei anderen nur an der Schale gekratzt. Der Leser steht als Beobachtungsposten am Rand, denn wirkliche Nähe will leider nicht aufkommen. Mia ist zwar manchmal etwas naiv, strahlt aber einen Optimismus und eine Kraft aus, die man ihr gar nicht zutrauen würde. Sie stellt sich den Herausforderungen und gewinnt dadurch an Stärke und Mut. Julius wirkt dagegen völlig blass, schwächlich und aalglatt. Er ist zwar ein angenehmer Zeitgenosse, doch wirkt er oftmals wie ein Drückeberger. Er möchte immer den Weg des geringsten Widerstandes gehen, was im normalen Leben aber nicht funktioniert. Julius hätte einige Ecken und Kanten vertragen können. Wilhelmine ist eine Kämpfernatur, die ohne Rücksicht auf Verluste auf ihre Ziele hinarbeitet. Dieser Egoismus gepaart mit Hinterhältigkeit lässt sie nicht gerade zum Leserliebling avancieren.
„Schicksalssterne“ ist ein unterhaltsamer historischer Roman, der sich gut für zwischendurch eignet, wenn man keine großen Ansprüche stellt und zudem zu den Pferdeverrückten gehört, die jede Info darüber wie einen Schwamm aussaugen. Diesmal kann die Autorin nicht überzeugen, Nicht das beste Buch, allenfalls unterer Durchschnitt – eingeschränkte Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 30.08.2020

Jedes Leben ist ein Geschenk

Schicksalhafte Zeiten
0

1942 Berlin. Während der Zweite Weltkrieg die Bevölkerung durch die Hölle jagt, kämpft Luise als Hebamme in der Neuköllner Klinik um jedes der Neugeborenen. Ihren Status als Oberhebamme hat sie verloren, ...

1942 Berlin. Während der Zweite Weltkrieg die Bevölkerung durch die Hölle jagt, kämpft Luise als Hebamme in der Neuköllner Klinik um jedes der Neugeborenen. Ihren Status als Oberhebamme hat sie verloren, weil sie um keinen Preis in die NSDAP eintreten wollte. Zusätzlich kümmert sie sich um die Kinder der Zwangsarbeiterinnen, die als minderwertig eingestuft werden und deshalb weniger Betreuung erhalten. Margot hat die Klinik verlassen, weil die Zwangssterilisationen sie sehr belastet haben. Als freie Hebamme in einem Frauengefängnis behandelt sie die Insassinnen, die schon bald von ihren Babys getrennt werden, um dem Tod entgegenzugehen, weil sie sich gegenüber der Partei kritisch geäußert haben. Margot versucht alles, um den Frauen zu helfen und bringt sich in eine gefährliche Lage. Edith hat es mit ihrem Ehemann gerade noch rechtzeitig geschafft, in die Schweiz zu gehen, bevor die Nazi-Häscher sie als Jüdin in ihre schmutzigen Finger bekommen. Die Distanz zwischen den Freundinnen wird derweil mit einem regen Briefverkehr überbrückt immer mit der Hoffnung verbunden, doch bald wieder miteinander vereint zu sein…
Linda Winterberg hat mit „Schicksalhafte Zeiten“ den dritten Teil ihrer historischen Hebammen-Saga vorgelegt, der den Zweiten Weltkrieg und die Machenschaften der Nazis sehr lebendig in das Gedächtnis des Lesers rückt. Mit flüssigem, bildhaften und atmosphärisch-dichtem Erzählstil fesselt die Autorin den Leser an die Seiten, lässt ihn abtauchen ins vergangene Jahrhundert, um dort an der Seite von Luise, Margot und deren Freundin Christa mitzuerleben, mit welchen Schicksalen sie konfrontiert waren und unter welchen Arbeitsbedingungen sie ihren Beruf bzw. ihre Berufung ausübten. Empathisch, aber auch pragmatisch vermittelt die Autorin die grausamen, unmenschlichen Gesetze der Nazis, die es erlaubten, dass Frauen zur Abtreibung oder Sterilisation gezwungen wurden oder Föten aus dem Mutterleib geschnitten wurden. Meinungsfreiheit bedeutete oftmals den Tod, denn Andersdenkende sahen die Nazis als Gegner an, der ausgemerzt werden musste. Geburtshilfe fand in Bunkern oder Luftschutzkellen statt, während immer das Damoklesschwert über den Hebammen schwang, nicht im Sinne der Nazis gehandelt zu haben, dabei entdeckt und denunziert zu werden. Die eingeschobenen Briefe von Edith sind geschickt gewählt, so bleibt der Leser über den Werdegang aller Freundinnen auf dem Laufenden. Die Verknüpfung von historischem Hintergrund gepaart mit fundierter Recherche und fiktiver Geschichte ist hier wieder einmal hervorragend gelungen.
Die Charaktere sind eindrucksvoll in Szene gesetzt, wirken mit ihren menschlichen Eigenschaften nicht nur lebendig und glaubwürdig, sondern vor allem authentisch. Der Leser findet sich schnell wieder im Kreis liebgewonnener Frauen, mit denen er nicht nur durch ein wahres Gefühlsbarometer läuft, sondern Höhen und Tiefen teilt, hofft, bangt und fiebert. Luise ist ob ihrer Gradlinigkeit nur zu bewundern. Ihre Hilfsbereitschaft und Engagement verdient den größten Respekt, zumal sie immer das Wohl der anderen ohne Blick auf den sozialen oder religiösen Hintergrund im Sinn hat. Margot, die bisher immer sehr kämpferisch rüberkam, wirkt in diesem Band etwas sensibler. Doch auch sie hilft ohne Rücksicht auf Verluste, selbst wenn sie sich selbst Gefahren aussetzen muss. Christa ist ebenfalls eine zupackende Frau, der das Wohl ihrer Patienten am Herzen liegt. Aber auch Edith, Johanna, Elise und weitere Protagonisten leisten ihren Beitrag in dieser wohldurchdachten Geschichte.
„Schicksalhafte Zeiten“ ist eine sehr gelungene Fortsetzung aus dem Leben der Freundinnen, die man liebgewonnen hat und gern weiterhin begleitet, um an ihrem Schicksal teilzuhaben. Akribische Recherche und sehr informative Einblicke gepaart mit einer fesselnden, gefühlvollen Handlung lassen den Leser an den Seiten kleben. Absolute Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 29.08.2020

Wenn die Vergangenheit noch immer präsent ist...

Das Bild der Vergangenheit
0

20 Jahre ist es her, seit Lanas Freundin Klara-Isabell bei einem gemeinsamen Ausflug auf mysteriöse Weise verschwand. Seither hat die 29-jährige Kunsttherapeutin Lana außer ihrer Familie niemanden mehr ...

20 Jahre ist es her, seit Lanas Freundin Klara-Isabell bei einem gemeinsamen Ausflug auf mysteriöse Weise verschwand. Seither hat die 29-jährige Kunsttherapeutin Lana außer ihrer Familie niemanden mehr näher an sich herangelassen, zu sehr liegt ihr der Verlust der Freundin noch auf der Seele. Als Lana eines Abends nach der Eröffnung ihrer eigenen Gemäldeausstellung von zwei vermummten Fremden angegriffen wird und verschleppt werden soll, kann sie sich in letzter Minute durch Selbstverteidigung retten. Lana meldet den Angriff der Polizei, was sofort einige ihrer Brüder auf den Plan ruft, die fürs BKA arbeiten. Kaum ist Lana vor ihrem einsam gelegenen Strandhaus angekommen, steht ein Amerikaner vor ihr, der sich als Connor Landauer vorstellt und sie des Kunstdiebstahls und -schmuggels beschuldigt. Als erneut Angriffe nicht nur auf Lana, sondern auch auf Connors Stiefschwester Carly stattfinden, die in letzter Minute vereitelt werden können, bestehen Lanas Geschwister darauf, sie in Sicherheit zu bringen, wobei auch Connor seine Hilfe anbietet, der bereits sein Herz an Lana verloren hat. Sämtliche Kontakte Lanas werden durchleuchtet, doch was hat es mit Lanas angeblicher Kunstschmuggelei auf sich? Immer mehr führen die Spuren in die Vergangenheit…
Noa C. Walker hat mit „Das Bild der Vergangenheit“ einen neuen packenden Roman um die Wieland-Familie vorgelegt, der den Leser von der ersten Seite nicht nur durch eine spannungsgeladene Geschichte, sondern auch mit gefühlvollen Passagen und dem tollen Familienzusammenhalt der Wielands zu fesseln weiß. Der flüssige, bildhafte und emotionale Erzählstil schleust den Leser mit wenigen Worten an die Seite von Lana, wo er ihr als unsichtbarer Schatten auf Schritt und Tritt folgt, wobei ihm nicht nur deren Gedankenwelt wie ein offenes Buch präsentiert wird, sondern ihn auch durch eine Achterbahn der Gefühle jagt. Der farbenfrohe Schreibstil der Autorin lässt vor dem inneren Auge des Lesers die Handlung wie einen Kinofilm ablaufen, schon mit dem ersten Kapitel wird der Puls auf Hochtouren gejagt, was auf sehr gut angelegten Spannungsbogen zurückzuführen ist. Wechselnde Perspektiven, die auch den Täter miteinbeziehen, puschen die Spannungskurve immer weiter nach oben. Der enge Zusammenhalt der Familie Wieland wird in diesem Roman erneut sehr deutlich, jeder steht für den anderen ein, niemand wird mit seinen Sorgen allein gelassen, wobei sie sich spielerisch und mit viel Humor gegenseitig liebevoll necken. Dem Leser selbst wäre so viel Einmischung bis in die privatesten Details fast schon zu viel, doch in Anbetracht der einzelnen Schicksalsschläge ist die Fürsorglichkeit gut nachvollziehbar. Kriminalistische Elemente sind hier mit einer sich anbahnenden Liebesgeschichte wunderbar miteinander verwoben.
Die Charaktere sind liebevoll ausgestaltet und in Szene gesetzt. Mit ihren menschlichen Eigenschaften wirken sie lebendig und authentisch. Der Leser findet sich von Beginn an in der Mitte von alten Freunden wieder, hofft, bangt und fühlt mit ihnen. Lana ist eine selbstbewusste und schlagkräftige Frau, die niemanden außer ihrer Familie an sich herankommen lässt, zu sehr hat die Vergangenheit Spuren auf ihrer Seele hinterlassen und sie zusätzlich Schuldgefühle plagen. Connor ist ein selbstsicherer, offener Mann mit großem Beschützerinstinkt. Aber auch die Wielands sind nicht ohne, sei es T, Lars, Jonas, Thomas oder Timo. Zusätzlich spielen Peter und Klara-Isabells Familie nicht unerhebliche Rollen in der Geschichte.
Mit „Das Bild der Vergangenheit“ schreibt sich Walker einmal mehr ins Herz des Lesers, denn sie versteht es auf wunderbare Weise, abenteuerliche Spannung und emotionale Liebesgeschichte miteinander zu verbinden. Das gut konzipiertes Handlungskonstrukt sowie der Wechsel zwischen Dramatik, humorvollen, schlagfertigen Dialogen und gefühlvollen Momenten ist unwiderstehlich und lässt den Leser an den Seiten kleben. Absolute Leseempfehlung!!

Veröffentlicht am 29.08.2020

Agent Marigold

Hill House - Der Wind in den Lilien
0

1917 Frankreich. Während der Krieg Europa fest im Griff hat und ihre Freundinnen Rose Mandeville und Alice Buxton mit ihren Familien in England weilen, versorgt Vera Lyttleton offiziell als Krankenschwester ...

1917 Frankreich. Während der Krieg Europa fest im Griff hat und ihre Freundinnen Rose Mandeville und Alice Buxton mit ihren Familien in England weilen, versorgt Vera Lyttleton offiziell als Krankenschwester Kriegsversehrte in einem Lazarett in Nordfrankreich. Doch insgeheim ist Vera auch für den englischen Geheimdienst aktiv und sammelt Informationen. Ihr Herz schlägt doppelt so schnell, wenn der schottische Arzt Frederick Redmond in der Nähe ist, der gleichzeitig ihr Vorgesetzter beim Geheimdienst ist und für den ihr Herz Sturm schlägt. Für einen gefährlichen Geheimdienstauftrag muss Vera nach Lille reisen, wo sie sich gegen die deutschen Besatzer behaupten muss. Als Vera erfährt, dass Redmond bei einem Angriff getötet wurde, fällt sie wegen des Verlusts ihrer großen Liebe in ein tiefes Loch. Sie hofft, sich in einer kenianischen Missionsstation mit medizinischen Tätigkeiten ablenken zu können. Ob Vera sich von dem Schlag erholen und wieder glücklich sein wird?
Das Autorenduo Annis Bell hat mit „Wind in den Lilien“ einen spannungsgeladenen und unterhaltsamen Abschlussband ihrer historischen Hill House-Trilogie vorgelegt, der den Leser wieder von Beginn an zu fesseln weiß. Mit flüssigem, packendem und bildhaftem Erzählstil wird der Leser schnell ins damalige Jahrhundert gebeamt, um sich an der Seite von Vera wiederzufinden, während das Kopfkino anspringt. Diesmal wurden Frankreich sowie Kenia als Handlungsorte gewählt und geben dem Leser mit den Schilderungen nicht nur einen guten Einblick in die jeweiligen Örtlichkeiten, sondern zeigen auch die Diskrepanz zwischen den Ländern auf, die sich nicht nur gesellschaftlich, sondern auch landschaftlich sehr voneinander unterscheiden. Tiefgründig lässt die Autorin den Leser an der Doppelbelastung Veras teilhaben, denn das Jonglieren zwischen Krankenpflege und Dienst am Vaterland als Agentin „Marigold“ gehen auch an Vera nicht spurlos vorüber, rufen dabei aufgrund ihres Mutes und ihrer Einsatzbereitschaft nicht nur jede Menge Respekt beim Leser hervor, sondern lassen ihn auch tief in ihre Gedanken- und Gefühlswelt hineintauchen. Der historische Hintergrund wurde sehr gut recherchiert und mit der Handlung verknüpft. Der Spannungsbogen ist von Beginn an hoch angelegt und steigert sich im Verlauf der Geschichte immer weiter in die Höhe, so dass der Leser das Buch kaum aus der Hand legen kann.
Liebevoll ausgestaltete und in Szene gesetzte Charaktere überzeugen mit ihren menschlichen Ecken und Kanten, was sie authentisch und lebendig wirken lässt. Der Leser heftet sich lautlos in das Geschehen ein und fiebert mit den Protagonisten mit. Vera hat sich zu einer selbstbewussten und mutigen Frau gemausert, die sich nicht nur dem Dienst am Vaterland verschrieben hat, sondern auch ihre Aufgabe als Krankenschwester ernst nimmt. Sie ist warmherzig und mitfühlend, beweist aber auch Stärke und Kampfgeist. Redmond ist ein Mediziner mit Herzblut, der ebenfalls einen Spagat hinlegt. Trevor Ingram ist ein zurückhaltender Mann mit außergewöhnlichen Fähigkeiten, der dem Leser schnell ans Herz wächst. Aber auch Mary McGregor, die Portmans, Jodie Green und weitere altbekannte Gesichter bereichern die Geschichte und machen dem Leser den Abschied schwer.
Mit „Wind in den Lilien“ geht eine furiose Trilogie seinem Ende entgegen. Der Roman vereint Freundschaft, Liebe, Schicksalsschläge, Kriegsgeschehen und Abenteuer in sich, was für den Leser eine unwiderstehliche Mischung bedeutet und ihn am Buch kleben lässt. Absolute Leseempfehlung für einen Pageturner!