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Veröffentlicht am 10.05.2018

Gefühle sind nichts für Weicheier!

Traummänner und andere Wundertüten
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Seit sie als Teenager dem Polizisten Archer Hunt bei einer Razzia begegnet ist, ist sie insgeheim in diesen smarten und harten Kerl verliebt, der sie damals gerettet hat. Damals musste Archer wegen ihr ...

Seit sie als Teenager dem Polizisten Archer Hunt bei einer Razzia begegnet ist, ist sie insgeheim in diesen smarten und harten Kerl verliebt, der sie damals gerettet hat. Damals musste Archer wegen ihr den Polizeidienst quittieren und sich ein neues Arbeitsumfeld suchen. Nun ist Elle zu einer toughen Geschäftsfrau mutiert und arbeitet ausgerechnet Tür an Tür mit Archer, der seine Security-Firma im gleichen Haus in San Francisco betreibt wie Elle ihr Unternehmen als Hausverwalterin. Ab und zu hilft sie Archer bei einigem seiner Aufträge als Lockvogel, aber sonst versuchen die beiden, sich aus dem Weg zu gehen, denn immer, wenn sie aufeinandertreffen, ist die Luft voller elektrischer Spannung und die zwei umkreisen sich in einem imaginären Ring. Ihrer Außenwelt ist schon lange klar, dass die beiden zusammen gehören, doch Elle konzentriert sich lieber auf ihre Online-Kurse, Schuhe und ihre Freunde, während Archer weiterhin Risiken eingeht. Leider funktioniert das Gehirn allerdings anders und sowohl Elles als auch Archers kreisen ständig um den anderen. Werden sie sich endlich ihre Gefühle gestehen und als Paar zusammenfinden?
Jill Shalvis hat mit ihrem Buch „Traummänner und andere Wundertüten“ den dritten Band rund um das Haus in der Heartbreaker Bay vorgelegt, das den Vorgängern an Spannung, Unterhaltung und prickelnden Szenen in Nichts nachsteht. Der Schreibstil ist wunderbar flüssig, gefühlvoll und gleichzeitig mit einer Prise Erotik gespickt. Der Leser zieht mit den ersten Zeilen in den Wohn- und Geschäftskomplex in San Francisco ein und lernt neben Elle und Archer auch all die anderen netten, schrulligen oder chaotischen Bewohner dort kennen, die meist alle miteinander befreundet sind oder Schicksale teilen. Der Leser fühlt sich schnell als Teil der Gemeinschaft. Durch witzige, schlagfertige Dialoge und ungewöhnliche Wendungen gelingt es der Autorin, die Spannung zwischen Elle und Archer immer mehr zu erhöhen, so dass man regelrecht mitfiebern muss, wann die beiden sich endlich mal ehrlich miteinander auseinandersetzen und ihre Gefühle sprechen lassen.
Die Charaktere sind sehr liebevoll ausgearbeitet und in Szene gesetzt worden. Durch ihre individuellen Eigenheiten wirken sie herrlich normal und lebendig. Elle ist eine Frau, die schon so einiges in ihrem Leben durchmachen musste und Dinge getan hat, auf die sie nicht stolz ist. Aber sie ist dadurch auch eine mutige, starke und zähe Persönlichkeit geworden, die sich zu behaupten weiß. Ihr einzig schwacher Moment ist Archer und die Gefühle für ihn, die sie sehr gut vor ihrer Umwelt verbergen möchte. Sie ist fleißig und hat nur eine kostspielige Leidenschaft für Schuhe. Elle ist ehrgeizig und will es im Leben zu etwas bringen. Archer ist ein smarter Kerl, der sich seit seinem Ausstieg aus dem Polizeidienst ein eigenes Unternehmen aufgebaut hat. Nach außen gibt sich Archer als harter Typ, doch innendrin hat er einen ganz weichen Kern, der beim Anblick von Elle völlig zerläuft. Doch er versucht das zu unterbinden, was ihm nur sehr kläglich gelingt. Auch die übrigen Protagonisten kennt man zumeist schon aus den Vorgängerbüchern, sie alle bilden eine große Gemeinschaft und einen Freundeskreis, der sich immer unterstützt oder wenn nötig, dem einen Schubs gibt, der in braucht. Erwähnt werden sollte auch der alte Brunnen, der im Innenhof steht und der als münzensammelnder Wunschbrunnen fungiert, so manch einer hat danach seine Liebe gefunden.
„Traummänner und andere Wundertüten“ ist ein toller Liebesroman mit abwechslungsreicher Handlung und vielen spritzigen Momenten und scharfzüngigen Dialogen, die einfach viel Spaß beim Lesen machen. Absolute Leseempfehlung, denn hier passt wieder alles zusammen!

Veröffentlicht am 06.05.2018

Der Traum von der Spieldose

Träume aus Silber
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Nachdem Lilian mit Hilfe der silbernen Spieldose ihres Großvaters endlich ihre Familie wiedergefunden und einige Zeit mit Vater, Großmutter und Freunden in deren neuer Heimat Kapstadt verbracht hat, lassen ...

Nachdem Lilian mit Hilfe der silbernen Spieldose ihres Großvaters endlich ihre Familie wiedergefunden und einige Zeit mit Vater, Großmutter und Freunden in deren neuer Heimat Kapstadt verbracht hat, lassen sie die Gedanken an ihre ältere Schwester Margarethe alias Emma nicht los. Sie möchte diese unbedingt ebenfalls finden und reist mit Freund Sam und Vater Peter nach London, um dort mit der Suche zu beginnen, während sie mit Sam ihre Brücken in London abbaut, um gemeinsam nach Kapstadt überzusiedeln. Durch das rote Kreuz erfahren sie, dass Emma bei der Familie Murphy als Pflegekind gewohnt hat und bei einem Bombenangriff ums Leben kam. Doch diese Informationen sind nicht einwandfrei, da sich auch die Polizei für den Fall interessiert, denn Emmas Totenschein wurde von einem Arzt ausgestellt, der wegen Dokumentenfälschung ins Gefängnis musste. Bei der Suche begegnet Lilian weiteren Pflegekindern der Murphys und erhält immer mehr Spuren, das Emma doch noch am Leben ist. Werden sich die Schwestern doch noch einmal in den Armen liegen und die Familie endlich vereint sein? Und welche Rolle hat die silberne Spieldose diesmal?
Mina Baites hat mit ihrem Buch „Träume aus Silber“ die Fortsetzung ihres Romans „Die silberne Spieldose“ vorgelegt, der dem Vorgänger in punkto Spannung und Gefühl in Nichts nachsteht. Der Handlung kann man zwar ohne Kenntnisse des ersten Bandes gut folgen, aber es wäre zu empfehlen, den ersten Teil zu lesen aufgrund der familiären Geschichte und der Beziehungen der Protagonisten untereinander. Der Schreibstil ist flüssig, fesselnd, bildhaft und ebenso gefühlvoll, der Leser steigt schon mit dem spannenden Prolog in die Handlung ein, der einem während der atemberaubenden Handlung immer wieder ins Gedächtnis kommt. Die Geschichte wird aus drei Perspektiven erzählt, die eine lässt den Leser teilhaben an Lilians Nachforschungen in England, der zweite berichtet von Großmutter Lottes Leben in Kapstadt und der dritte gibt Einblick in das Leben der irischen Schreinerin Ceara Foley. Durch den Wechsel der Perspektiven wird die Spannung immer weiter in die Höhe geschraubt und gleichzeitig fügen sich nach und nach alle Puzzlesteine zu einem vollständigen Bild zusammen. Die Autorin hat auch für diesen Roman wieder gründliche Hintergrundrecherche betrieben und neben Themen wie traumatische Verdrängung durch einschneidende Erlebnisse, den Verkauf von Kriegswaisen auch den Rassismus in Südafrika Teil ihrer Handlung werden lassen. Mina Baites alias Ines Klockmann ist eine Meisterin darin, den Leser die Gefühlswelt ihrer Protagonisten auf sehr einfühlsame und lebendige Weise zu beschreiben, dass diese beim Lesen fast greifbar sind.
Die Charaktere wurden liebevoll und individuell ausgearbeitet und mit Leben versehen. Sie wirken durchweg real und authentisch, der Leser fühlt sich ihnen auf besondere Weise verbunden, als wären sie enge Freunde oder Familienangehörige und kann sich gut in sie hineinversetzen. Lilian ist eine liebenswerte und lebenslustige Frau, die endlich den Großteil ihrer Familie wiedergefunden hat. Der Verlust ihrer älteren Schwester nagt an ihr wie ein Stachel, was ihr genug Hartnäckigkeit verleiht, die Suche nach ihr zu intensivieren. Aufgrund ihrer freundlichen Art öffnen sich ihr schnell einige Türen, hinter denen sie Hilfe findet. Sam ist ein warmherziger Mann, der seine zukünftige Frau in jeder Lebenslage unterstützt. Vater Peter lässt den Verlust seiner ältesten Tochter nicht los, er hofft, sie doch noch einmal in die Arme zu schließe. Lotte ist eine resolute Frau, die sich aufopferungsvoll für die Schwachen und Benachteiligten einsetzt, aber nicht gefeit ist vor dem Hass und dem Neid der anderen. Friedrich weicht nicht von ihrer Seite und hat in Lotte auf seine alten Tage noch die Liebe gefunden. Ceara lebt mit Ehemann Aidan und Mutter Rhonda in Ballygall, einem Vorort von Dublin. Sie hat Gedächtnislücken und große Narben am Körper. Sie fürchtet sich vor Menschenmengen und hat sich bisher sämtlichen Behandlungen in Bezug auf ihre Ängste und Albträume verweigert, so dass fast ihre Ehe auf dem Spiel steht. Die anderen Protagonisten stützen die Handlung und geben ihr weitere Spannung. Die absolute Hauptrolle aber hat wieder einmal die silberne Spieldose inne, die sich mal als Original, mal als Nachbildung aus Holz wie ein roter Faden durch die Geschichte zieht und das Bindeglied für die Familienzusammenführung ist.
„Träume aus Silber“ ist ein wunderschöner historischer Roman über die Suche nach geliebten Menschen, alte Erinnerungen und schwere Schicksalsschläge. Die Geschichte berührt von der ersten Zeile an und klingt noch lange nach, wenn die letzte Seite gelesen ist. Absolute Leseempfehlung für eine besonders gelungene Lektüre!

Veröffentlicht am 06.05.2018

Mut zum Kampf

Morgen gehört den Mutigen
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Dass ihre Cousine Rose angeblich im Zweiten Weltkrieg gestorben ist, überzeugt die junge Amerikanerin Charlotte „Charlie“ St. Claire nicht. Sie selbst ist ungewollt schwanger und 1947 in Begleitung ihrer ...

Dass ihre Cousine Rose angeblich im Zweiten Weltkrieg gestorben ist, überzeugt die junge Amerikanerin Charlotte „Charlie“ St. Claire nicht. Sie selbst ist ungewollt schwanger und 1947 in Begleitung ihrer Mutter auf dem Weg in die Schweiz, um dort ihr Kind unauffällig zur Welt zu bringen. Doch Charlie möchte die Gelegenheit nutzen, um nach ihrer Cousine Rose zu suchen. Sie erhofft sich die Unterstützung von Eve Gardiner, einer Frau, die im Krieg einen Frauenspionagering namens „Alice“ angehörte. Doch Eve sperrt sich zuerst, jedoch hat Charlie ein schlagendes Argument, denn der Mann, in den Eve einmal sehr verliebt war, scheint ebenfalls eine Verbindung zu Rose gehabt zu haben. Die beiden Frauen machen sich gemeinsam auf, Nachforschungen anzustellen, wobei jede von ihnen einen ganz eigenen Grund für die Suche verfolgt…
Kate Quinn hat mit ihrem Buch „Morgen gehört den Mutigen“ einen sehr spannenden historischen Roman vorgelegt, der sich als wahrer Pageturner entpuppt. Der Schreibstil ist fließend und gleichzeitig fesselnd, der Leser wird regelrecht in die Handlung hineingesogen. Die Handlung teilt sich in zwei Zeitebenen auf, der eine umreißt die Jahre 1915 bis 1947 und gibt dem Leser einen genauen Einblick in Eve und ihr Leben. Der andere beginnt mit dem Jahr 1945 und berichtet über Charlie und ihr Schicksal, bis die beiden Frauen sich begegnen und sich gemeinsam auf die Suche machen. Durch die geschickt gelegten Perspektivwechsel steigert sich die Spannung innerhalb der Geschichte immer mehr und gibt erst nach und nach Geheimnisse preis. Die Autorin hat sehr gut recherchiert und den historischen Hintergrund sowie einige geschichtlich belegbare Personen mit in ihre Handlung eingeflochten. Sehr geschickt sind hier Realität und Fiktion miteinander verwoben worden. Die Informationen über das Spionagenetzwerk und die Ausbildung der Frauen sowie den Gefahren, denen sie sich aussetzten, sind faszinierend zu lesen und zeugen von viel Stärke und ihren Glauben an das, für das sie zu kämpfen bereit waren.
Die Charaktere sind sehr vielschichtig und lebendig ausgestaltet und überzeugen durch ihre individuellen Eigenschaften. Sie wirken durchweg sehr realitätsbezogen, menschlich und vor allem authentisch. Eve Gardiner ist eine toughe Frau, sie ist ungemütlich und benimmt sich oftmals eher wie ein Kerl, indem sie trinkt und raucht und derb ist, sich abschottet, um in dem Grauen um sie herum zu bestehen. Ständig in Angst leben fordert seinen Preis. Aber sie ist auch eine mutige und strake Frau, die mal geliebt hat und betrogen wurde. Dieser Betrug nagt an ihr und lässt sie Rache verspüren, die sie schon lange in sich trägt. Charlie ist mit ihren 19 Jahren noch recht jung, trotzdem kann man ihr nichts vormachen. Wenn man sie für naiv hält, täuscht man sich. Sie wuchs zwar behütet auf, aber lebt in einem Gefängnis, das von ihrer Familie geführt wird. Charlie will ausbrechen und die Suche nach Rose ist ihr erster Schritt in Richtung Selbständigkeit. Auch die weiteren Protagonisten wie Finn, Violett oder auch René tragen mit ihrem Auftreten dazu bei, die Spannung weiter zu steigern und der Handlung weitere Authentizität zu verleihen.
„Morgen gehört den Mutigen“ ist ein fesselnder historischer Roman, den man, einmal begonnen, nicht mehr aus der Hand legen kann. Es geht um Geheimnisse, Liebe, Verrat und den Krieg und seine Folgen, die hier auf besondere Weise zu einer tollen Geschichte verwebt wurden. Absolut verdiente Leseempfehlung für alle, die sich für dieses Genre begeistern könnten!

Veröffentlicht am 05.05.2018

Fatale Leidenschaft

Alles Begehren
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Als Kate Andrews und Callum McGregor sich zum ersten Mal 1985 in einer Bar in Schottland über den Weg laufen, ist sie eine lebensbejahende 21-jährige Schauspielstudentin und er ein 36-jähriger Familienvater. ...

Als Kate Andrews und Callum McGregor sich zum ersten Mal 1985 in einer Bar in Schottland über den Weg laufen, ist sie eine lebensbejahende 21-jährige Schauspielstudentin und er ein 36-jähriger Familienvater. Die können sich der gegenseitigen Anziehung nicht entziehen und stürzen sich Hals über Kopf in eine Affäre, die erst durch die Entdeckung von Callums Ehefrau Belinda ein jähes Ende findet. 17 Jahre gehen ins Land, Kate ist inzwischen mit Matt verheiratet und Mutter einer Tochter, gleichzeitig ist sie als Schauspielerin erfolgreich, da steht ihr Callum plötzlich wieder gegenüber. Die Begegnung wirbelt beider Leben kräftig durcheinander und stürzt sie in ein Gefühlschaos. Wie wird sich ihrer beider Leben verändern?
Ruth Jones hat mit ihrem Buch „Alles Begehren“ einen sehr unterhaltsamen und emotionalen Debütroman vorgelegt. Der Schreibstil ist flüssig und fesselt den Leser von der ersten Seite an. Die Geschichte wird auf verschiedenen Perspektiven erzählt, so dass der Leser einen guten Rundumblick aus erster Hand über die Gedanken und Gefühle von Callum, Kate, Matt und Belinda erhält. Gleichzeitig wird durch den Wechsel zwischen den Jahren 1985 und 2002 dem Leser Einblick in Callums und Kates gemeinsame Geschichte in der Vergangenheit geliefert, um die Beziehung der beiden besser zu verstehen. Gleichzeitig erfährt er aber auch, was die beiden in der Zwischenzeit bis zur erneuten Begegnung alles wiederfahren ist. Die Autorin erzählt die Geschichte mit viel Geschick, ohne sie besonders auszuschmücken, sondern recht nachvollziehbar und bedient sich dabei auch recht schwieriger Themen wie Alkoholismus, Magersucht und Depressionen, die sie aber sehr glaubhaft in die Handlung hineinwebt und so den Leser manche Dinge besser verstehen lässt.
Die Charaktere sind sehr schön ausgestaltet und in Szene gesetzt worden. Sie wirken sehr menschlich sowohl aufgrund ihrer individuellen Eigenschaften als auch in Hinblick auf ihre Gefühls- und Gedankenwelt, was sie sehr authentisch macht. Der Leser kann sich gut in sie hineinversetzen. Callum ist ein freundlicher Mann, der eigentlich ein glückliches Leben mit seiner Familie führt. Aber das reicht ihm nicht, er lässt sich von seinem Begehren steuern und verliert dabei den Blick auf die wesentlichen Dinge, die ihm Sicherheit geben. Er geht Risiken ein und oftmals wirkt er einfach dumm, weil er nicht darüber nachdenkt, was ihn das alles kosten wird. Kate ist eine sehr selbstbewusste und starke Frau, die sich einfach nimmt, was sie will ohne Rücksicht auf Verluste. Ihre Ehe macht sie nicht glücklich, dafür trauert sie immer noch der Vergangenheit und Callum hinterher. Gleichzeitig ist sie von vielen Ängsten befallen, und kämpft gegen einige Dämonen, unter anderem gegen Depressionen an. Vielleicht, weil sie doch nicht alles bekommen hat, was sie sich erträumte? Auch die weiteren Protagonisten wie Callums Ehefrau Belinda und Kates Mann Matt sind sehr gut dargestellt und geben der Handlung zusätzlichen Input.
„Alles Begehren“ ist ein gekonnt erzählter fesselnder Roman über Vertrauen, Betrug, Liebe und Begehren und über die Folgen, die daraus entstehen, weil viele andere Menschen wie ein Sog mit in eine schicksalshafte Spirale gezogen werden. Absolute Leseempfehlung für eine Entdeckung!

Veröffentlicht am 01.05.2018

Die Magie der Farben - das Kaleidoskop der Liebe

Die Fäden des Glücks
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Schon als junges Mädchen hat Carlotta in der Turiner Oper, wo ihre selbstbewusste Mutter Mimi als Gewandschneiderin arbeitet, Zuflucht vor den Verspottung anderer Kinder gesucht, die sie als dick und unansehnlich ...

Schon als junges Mädchen hat Carlotta in der Turiner Oper, wo ihre selbstbewusste Mutter Mimi als Gewandschneiderin arbeitet, Zuflucht vor den Verspottung anderer Kinder gesucht, die sie als dick und unansehnlich bezeichnet haben. Nur Daniele, der Sohn des Stofffabrikanten Giordano, ist ihr ein enger Freund und die beiden erleben so manche Abenteuer in dem Opernhaus, bis Daniele in ein Internat muss und Carlotta nie wieder etwas von ihm hört, ihn über all die Jahre aber schmerzlich vermisst. Nun besitzt Carlotta, die inzwischen zu einer schönen und selbstbewussten Frau geworden ist und insgeheim vom Bereisen der Welt träumt, zusammen mit ihren jüngeren Schwestern Rosina und Susa die kleine Damenschneiderei „La Cerentola“ in Turin. Die drei lieben es, in bunten Stoffen und leuchtenden Farben zu schwelgen und den Kundinnen, die ihr Geschäft betreten, eine individuelle Kreation auf den Leib zu schneidern, der ihrer Persönlichkeit Ausdruck verleiht und sie sich wie neugeboren fühlen zu lassen. Vor allem Carlotta lässt es sich nicht nehmen, jedem Kunden eine geheime Botschaft in den Saum zu sticken, auf dass dieser Wunsch sich erfüllen möge. Als Carlotta eines Tages die geerbte Weberei ihres Vaters verkaufen möchte, trifft sie in dem interessierten Käufer auf Vincenzo Giordano, den Vater von Daniele, der kurz davor ist, sein Unternehmen an seinen Sohn zu übertragen, um dann seinen Lebensabend im Ausland zu verbringen. Wird Carlotta auf ihren alten Jugendfreund treffen, den sie immer schon geliebt hat? Oder hat das Leben etwas anderes mit Carlotta vor?
Julia Fischer hat mit ihrem Buch „Die Fäden des Glücks“ einen sehr fesselnden und gefühlvollen Roman vorgelegt, der den Leser nicht nur mit Worten in einen Farbenrausch versetzt, sondern auch den Hauch italienischen Flairs und dem wundervollen Gefühl von Liebe, Sinnlichkeit und stilvoller Mode so nah bringt, dass es eine wahre Pracht ist. Der Schreibstil ist flüssig, detailreich und bildgewaltig, der Leser taucht nicht nur in dramatische Opernszenen ein, sondern auch in melancholische Erinnerungen und in pure Lebensfreude. Durch die lebhaften und farbenfrohen Beschreibungen der Autorin wird ein Streifzug durch Turin und seine Umgebung zu einem wahren Highlight, denn der Leser darf es hautnah erleben und ist doch unsichtbar mal an der Seite von Carlotta, Vincenzo, Mimi, Pasquale oder einer Kundin, die sich gerade überlegt, ob sie den Mut hat, die Schneiderei zu betreten, um ihr Leben zu verändern. Das Handwerk der Schneiderei wird so wunderbar in diesem Buch zelebriert, dass das Annähen von Glasperlknöpfen einem fast die Tränen in die Augen treibt, so hoffnungsvoll anmutig und traurig zugleich ist die Situation. Durch die eingewebten Verwicklungen der Personen untereinander und die nicht vorhersehbaren Wendungen ist der Leser immer wieder zum Mitdenken animiert, wie sich die Lage wohl weiter entwickeln wird. Die Autorin hat ein wunderschönes und märchenhaftes Kaleidoskop von Farben geschaffen, die je nach Lichteinstrahlung immer wieder anders leuchten, mal vorherrschen oder sich zurücknehmen und untermalt werden von den sinnlich schönen Tönen mancher Opernarie, die von Verlust, Leid, Hoffnung oder Liebe erzählen.
Die Charaktere sind sehr liebevoll und individuell ausgestaltet worden, die in ihrer Denk- und Handlungsweise alle sehr real und doch auch irgendwie märchenhaft anmuten. Es gibt den etwas schrulligen und klapprigen Butler, der auch eine kriminelle Energie zu besitzen scheint, die man gar nicht glauben will. Der Rüstmeister der Oper ist der ewig Verschmähte, der seiner Angebeteten immer zur Seite steht und vielleicht wird er doch endlich einmal von ihr erhört. Carlotta ist eine Frau, die anderen Träume erfüllt, vielleicht weil sie selbst nicht die Courage besitzt, ihre zu leben? Vincenzo ist ein erfolgreicher Geschäftsmann, der lieber in Stoffen und Farben schwelgt, als sich mit dem eigentlichen Business zu befassen. Ergreift er deshalb lieber die Flucht, in dem er das Geschäft seinem Sohn übergibt? Beatrice ist eine Goldgräberin und hält am liebsten selbst die Fäden in der Hand. Daniele will das Unternehmen in die Zukunft führen, noch es fehlt ihm die Leidenschaft für das, was er tut. Er hat sich selbst noch nicht gefunden und sucht danach. Mimi ist eine selbstbewusste Frau, die Angst vor Bindungen hat, dafür aber drei Töchter von nur ihr bekannten Vätern und einen sehr individuellen Geschmack, mit dem sie immer wieder aus der Menge heraussticht. Selbst die Protagonisten sind hier ein vielfältiger bunter Strauß von Individuen, die allerdings hervorragend miteinander harmonieren und der Geschichte auch gerade dadurch Einzigartigkeit verleihen. Man kann sie fast alle nur lieben!
„Die Fäden des Glücks“ ist ein zauberhafter gesponnener und gewebter Traum von Farben, Erinnerungen, Hoffnungen, Musik und vor allem der Liebe, der sich in das Herz des Lesers bohrt und sich dort verhakt – es gibt kein Entrinnen. Chapeau, besser geht es nicht!!! Absolute Leseempfehlung für ein sehr gelungenes Kleinod!