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Veröffentlicht am 08.01.2023

Alles, was man für einen guten Krimi braucht, ist ein guter Anfang. (Georges Simenon)

Rückkehr nach Tanner Hollow
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Kallie Ainsworth hat ihren Heimatort Tanner Hollow seit sechs Jahren gemieden wie die Pest. Nun ist ihr Stiefvater Rick tot und einer Rückkehr steht nichts mehr im Wege, da ihre Mutter sie jetzt braucht. ...

Kallie Ainsworth hat ihren Heimatort Tanner Hollow seit sechs Jahren gemieden wie die Pest. Nun ist ihr Stiefvater Rick tot und einer Rückkehr steht nichts mehr im Wege, da ihre Mutter sie jetzt braucht. Doch bereits auf dem Weg dorthin scheint es jemand auf Kallie abgesehen zu haben und attackiert sie mit seinem Auto. Kallie kann sich gerade noch retten und ihr altes Elternhaus erreichen. Als Kallie den Anschlag auf sich bei der Polizei meldet, ist es ausgerechnet Detective Nolan Tanner, der sich um den Fall kümmern wird. Er war vor Kallies überstürztem Weggang ihre große Liebe. Ob es Nolan und Kallie gelingen wird, den unsichtbaren Angreifer zu entlarven, der ihr nach dem Leben trachtet?
Lynette Eason hat mit „Rückkehr nach Tanner Hollow“ den Auftaktband ihrer Tanner Hollow-Serie vorgelegt, der sich nicht nur als spannender Pageturner entpuppt, sondern auch mit einiger Romantik punkten kann. Der flüssige, bildhafte und fesselnde Erzählstil treibt schon gleich zu Beginn der Lektüre den Adrenalinspiegel des Lesers in die Höhe und lässt diesen bis zum Finale kaum abfallen. Kallies Rückkehr in ihren Heimatort nach so langer Zeit scheint einigen Menschen ein Dorn im Auge zu sein. Informationen über Charaktere und die üblichen Verdächtigen werden dem Leser nach und nach präsentiert, so dass dieser sich an den Ermittlungen von Kallie und Nolan beteiligen kann, um das Rätsel gemeinsam mit ihnen zu lösen. Während der Handlung werden einige Familiengeheimnisse aufgedeckt, die die Spannung nicht nur erhöhen, sondern auch die Ermittlungsarbeit interessant gestalten. Gleichzeitig stehen sich Kallie und Nolan nach vielen Jahren endlich wieder gegenüber und müssen sich ihrer gemeinsamen Vergangenheit stellen, die so einige Gefühle in ihnen aufwallen lässt. Die Autorin versteht es sehr gut, nicht nur einen spannenden Kriminalfall zu präsentieren, der keine Wünsche offen lässt, sondern bindet auch noch eine authentische Romanze in ihre Handlung ein. Wenn man bedenkt, dass der Roman nur 144 Seiten stark ist, ist das schon eine ganz hervorragende Leistung.
Die Charaktere sind mit menschlichen Zügen versehen, wirken auf den Leser glaubhaft und authentisch, so dass es leicht fällt, sich an ihre Fersen zu heften und die Rätsel mit ihnen in Angriff zu nehmen. Kallie ist eine offene und sympathische Frau, die schon einige Schicksalsschläge hinter sich hat. Die Rückkehr in ihre Heimat ist für sie sowohl Freud als auch Leid, denn die alten Erinnerungen verfolgen sie noch immer. Nolan ist ein feiner Kerl, der nicht nur seinen Job sehr ernst nimmt.
„Rückkehr nach Tanner Hollow“ ist ein wunderbarer Pageturner und perfekter Mix von Spannung, alten Familiengeheimnissen und Romantik. Absolute Leseempfehlung für eine kurze (Ent-)Spannungsauszeit!

Veröffentlicht am 08.01.2023

Glückauf, der Steiger kommt; und er hat sein helles Licht bei der Nacht. (Steigerlied)

Die Sehnsucht nach Licht
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2019. Das Besucherbergwerk der Firma Wismut im erzgebirgischen Bad Schlema ist Luisa Steiners Arbeitsplatz, wo sie ehrenamtlich Führungen für interessierte Besucher unter Tage leitet und ihnen ihre Heimat ...

2019. Das Besucherbergwerk der Firma Wismut im erzgebirgischen Bad Schlema ist Luisa Steiners Arbeitsplatz, wo sie ehrenamtlich Führungen für interessierte Besucher unter Tage leitet und ihnen ihre Heimat und den Bergbau, der in ihrer Familie seit vielen Generationen eine große Rolle spielt, näher zu bringen. Die Geschichte ihres Großonkels Rudolph, der 1951 spurlos verschwand, lässt Luisa nicht los, zu groß ist ihre Neugier, was damals mit ihm passiert ist. Deshalb macht sie sich daran, den Dingen auf den Grund zu gehen und stöbert dabei so manches zutage, was über lange Zeit vergraben war…
Kati Naumann hat mit „Die Sehnsucht nach Licht“ einen sehr eindrucksvollen, atmosphärischen Roman vorgelegt, der den Leser nicht nur mit vielen fundierten Informationen über den Bergbau sowie seinen Auswirkungen auf die Region im Erzgebirge versorgt, sondern ihm auch die damit verbundenen Lebensläufe und Schicksale der fiktiven Familie Steiner näher bringt, die in der Handlung eng mit der Gegend sowie dem Tagebau verknüpft ist. Der flüssige, bildhafte und packende Erzählstil erlaubt dem Leser, sich an Luisas Fersen zu heften, um mit ihr von der Gegenwart in die Vergangenheit ihrer Familiengeschichte einzutauchen und so nach und nach die einzelnen Mitglieder gut kennenzulernen und an ihren Erlebnissen teilzuhaben. Die Handlung erstreckt sich über zwei Zeitebenen, wobei der eine den Schwerpunkt auf die Gegenwart und Luisas Suche nach ihrem vermissten und für tot erklärten Großonkel Rudolph im Jahr 2019 legt, während der andere die Vergangenheit der Familie über mehrere Generationen umfasst und die Jahre von 1908 bis 1989 abdeckt. Naumann hat exzellent recherchiert und den historischen politischen wie gesellschaftlichen Hintergrund wunderbar mit ihrer Geschichte verwebt. Dabei zeigt sie nicht nur die Veränderungen auf, die während fast eines Jahrhunderts im Bergbau vonstattengingen, sondern spinnt ihre Familiengeschichte ganz dicht drum herum, so dass man als Leser das Gefühl hat, so könnte es durchaus passiert sein. Tagebauunfälle, die geliebte Familienmitglieder für immer unter der Erde halten, gefährlicher Rohstoffabbau von Kobalt und Uran, der für Gesundheitsprobleme bei der arbeitenden Bevölkerung sorgt sowie Radonbehandlungen sind nur einige erschreckende Dinge, die heutzutage fast in Vergessenheit geraten sind. Naumann erzählt so lebendig und fesselnd, dass der Leser während der Lektüre ein sehr farbenfrohes Kopfkino erleben darf und sich während der „Familien“-Zeitreise in einem Wechselbad der Gefühle befindet.
Den facettenreich gestalteten Charakteren wurde regelrecht Leben eingehaucht. Ihre glaubwürdigen menschlichen Eigenschaften nehmen den Leser sofort für sich ein, der sich nur zu gern unter ihnen tummelt, um alles hautnah mitzuerleben und keinen Moment zu verpassen. Luisa ist mit ihrer Heimat und ihrer Familie eng verbunden. Die Nähe zu ihrer Familie, ihre liebenswürdige Art und ihre hartnäckige Neugier machen sie sehr sympathisch. Urgroßvater Wilhelm ist ein Mann, der viel erlebt hat und sich dabei sein großes Herz bewahrt hat. Großtante Irma ist eine liebevolle Frau, die zeit ihres Lebens wegen des Verschwindens ihres Bruders hadert. Gretchen ist ihr eine gute Freundin, die beiden Frauen tun sich gegenseitig gut an Herz und Seele.
„Die Sehnsucht nach Licht“ ist nicht nur ein hervorragender Titel für dieses ausgezeichnet zu Papier gebrachte Zeitzeugnis, sondern auch Programm, steht er doch für die Hoffnung eines jeden Bergarbeiters, wenn er im Schacht ist. Akribische Recherche in Verbindung mit einer sehr vielschichtigen Familiengeschichte und einem unwiderstehlichen Erzählstil bezaubern den Leser und schenken wunderbare Lesestunden. Absolute Empfehlung für ein Lesehighlight!!!

Veröffentlicht am 08.01.2023

Thriller mit einigen Mankos

Schmerzwinter
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Hamburg wird unfreiwillig zum Gruselschauplatz, als zwei im Schnee drapierte extrem grausam zugerichtete Frauenleichen in einem Park aufgefunden werden. Beide Frauen wurden schon länger vermisst, der Mörder ...

Hamburg wird unfreiwillig zum Gruselschauplatz, als zwei im Schnee drapierte extrem grausam zugerichtete Frauenleichen in einem Park aufgefunden werden. Beide Frauen wurden schon länger vermisst, der Mörder hat sie mit eingepflanzten Gegenständen und durchbohrten Gliedmaßen zu Marionetten umfunktioniert. Der gebürtige Schwede Jan Nygård, der in Hamburg als Kommissar arbeitet, vermutet beim Anblick der Leichen sofort einen Nachahmungstäter des Puppenmachers, der allerdings für den Rest seines Lebens das Gefängnis nicht mehr verlassen wird. Nygård macht sich mit seinem Team auf die Suche nach dem Täter, doch private Probleme lenken ihn immer wieder ab, wodurch er nicht nur sich, sondern auch seine Tochter in Gefahr bringt. Wird er den Killer finden und dingfest machen, bevor weitere Leichen gefunden werden?
Aaron Sander hat mit „Schmerzwinter“ sein Thrillerdebüt vorgelegt, das zwar mit rasantem Tempo und interessanten Perspektivwechseln sowie allerlei psychologischen Tricks unterhält, jedoch vom Erzählstil her wenig anspruchsvoll ist. Gleich zu Beginn schon werden die abartig verunstalteten Frauenleichen sehr detailliert beschrieben, so dass sich automatisch Bilder im Kopf des Lesers bilden und das Gefühl vermitteln, man steht selbst am Tatort. Sander lässt dem Leser mit seiner Effekthascherei keine Pause, die Schauplätze wechseln immer wieder, neue Morde geschehen und der recht aggressive Kommissar taumelt durch die Handlung, weil er durch sein aufbrausendes Verhalten und seine eigene Privatbaustellen ständig abgelenkt wird. Unglücklich gelöst ist auch die Tatsache, dass der Leser die Tatbestände des Privatlebens Nygårds nur häppchenweise erfährt und diese bis zum Schluss nicht zufriedenstellend aufgelöst werden. Die Jagd nach dem Täter erfolgt impulsiv und ohne erkennbare reale Ermittlungsarbeit. Die ganze Handlung kommt eher reißerisch als durchdacht rüber. Die Nygård als Wachhund zur Seite gestellte Psychologin Anna Wasmuth wirkt ebenso unglaubwürdig, zeigt es doch, dass der Kommissar ein Pulverfass ist, dem man die Ermittlungsarbeit nur eingeschränkt zutraut. Das wirkt auf den Leser auch nicht gerade vertrauenswürdig. Zudem wird die Identität des Killers recht schnell offengelegt, was das Miträtseln des Lesers abrupt beendet und es nur noch darum geht, diesen dingfest zu machen. Dies wird leider mit viel Brimborium in die Länge gezogen, was für einen guten Psychothriller reines Gift ist. Der Spannungsbogen ist zwar konstant hoch, unglücklicherweise stellt sich der Autor aber mit den einzelnen Mankos aber selbst ein Bein.
Die Charaktere sind 08/15, bieten kaum Sympathiepunkte aufgrund fehlender positiver Eigenschaften. Nygård selbst ist ein Ausbund an Aggressivität, er eckt ständig an, tritt seinen Kollegen auf die Füße und ist eine Gefahr für sein Umfeld. Er hat einen zweifelhaften Lebenswandel und wundert sich, dass seine Tochter mit ihm nur noch das Nötigste zu tun haben will. Anna Wasmuth ist zu lieb und nett, die Psychologin nimmt man ihr nicht ab, dafür gibt sie zu viele Allgemeinweisheiten von sich.
„Schmerzwinter“ ist ein Thriller, von dem man leider nicht zu viel erwarten darf. Er bietet Unterhaltung und einen gewissen Spannungsbogen. Allerdings wird die Identität des Täters viel zu früh präsentiert, das Mitraten und Weiterlesen des Lesers hat sich somit erledigt. Die gesichtslosen, unnahbaren Protagonisten bleiben dem Leser bis zum Schluss fremd. Insgesamt kurzweilige Lektüre für zwischendurch, aber von einem Thriller der Meisterklasse meilenweit entfernt. Kann man lesen, muss man aber nicht. Eingeschränkte Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 18.12.2022

Der Zweifel ist der Antrieb auf der Suche nach der Wahrheit.

Fräulein Gold: Die Rote Insel
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1926 Berlin. Hulda ist in das Arbeiterviertel Rote Insel umgezogen und arbeitet dort mit in der Praxis von Grete Fischer, nachdem ihr Verlobter Johann starb und sie als ledige Schwangere ihre Stelle als ...

1926 Berlin. Hulda ist in das Arbeiterviertel Rote Insel umgezogen und arbeitet dort mit in der Praxis von Grete Fischer, nachdem ihr Verlobter Johann starb und sie als ledige Schwangere ihre Stelle als leitende Hebamme in der Frauenklinik aufgeben musste. Gemeinsam mit Grete kann sie weiterhin ihrer Profession nachgehen, den Ärmsten der Armen medizinisch unter die Arme zu greifen. Während Hulda schon immer mit Politik nichts am Hut hatte, engagiert sich Grete als Mitglied einer kommunistischen Vereinigung, denen Hulda ebenso ein Dorn im Auge ist wie die rivalisierenden Nationalsozialisten. Die Situation im Viertel eskaliert zwischen den politisch konkurrierenden Parteimitgliedern, als ein Mord geschieht. Hulda bringt sich hochschwanger in Gefahr, als sie sich in Sorge um Grete zwischen die Fronten begibt…
Anne Stern hat mit „Die Rote Insel“ den fünften Band um die resolute, hilfsbereite und liebenswerte Hebamme Hulda Gold vorgelegt, der in punkto Spannung und wunderbar recherchiertem Hintergrund den Vorgängerromanen in nichts nachsteht. Der flüssige, bildhafte und empathische Erzählstil beamt den Leser mit wenigen Worten ins Berlin der 20er Jahre des letzten Jahrhunderts, wo er als unsichtbarer Schatten Hulda bei ihren Erlebnissen über die Schulter sehen darf. Während die Weimarer Republik geprägt ist von politischen Unruhen, aber auch Hulda erlebt unruhige Zeiten, denn nicht nur ihr geliebter Johann stirbt bei einem Unfall und lässt sie als ledige Frau schwanger zurück, sie darf aufgrund dieses Zustands sogar ihrer Arbeit in der Klinik nicht mehr nachkommen und muss sich wohl oder übel einen neuen Wirkungskreis suchen, den sie in Grete Fischers Praxis auf der Roten Insel im Stadtteil Schöneberg als Helferin findet. Für Hulda ist es eine große Umstellung, ihre geliebte und gewohnte Umgebung aufzugeben. Die politischen Unruhen im Viertel tragen dazu auch nicht gerade bei. Als ein Mann ermordet aufgefunden wird, scheint die Situation zu eskalieren. Huldas kriminalistischer Spürsinn ist geweckt und bringt sie mal wieder in brenzlige Situationen, aber auch ein alter Bekannter in Person von Karl North läuft ihr dabei über den Weg. Stern lässt wieder einmal ihre exzellente historische Recherche in die Geschichte mit einfließen, zeichnet die gesellschaftlichen Unterschiede sowie die politischen Spannungen sehr gut nach und lässt den Leser die damalige Zeit hautnah miterleben. Huldas Zweifel aufgrund ihrer momentanen Situation sowie die Sehnsucht nach ihrem alten Tätigkeitsfeld als Hebamme sind wunderbar herausgearbeitet und jederzeit nachvollziehbar. Der Spannungsbogen wächst stetig bis zum finalen Schluss, so dass der Leser bis zur letzten Seite regelrecht an die Seiten gefesselt ist und sich nicht trennen kann, während das Kopfkino auf Hochtouren läuft.
Lebendige Charaktere können mit ihren glaubwürdigen Ecken und Kanten den Leser schnell von sich überzeugen und ihn in ihre Mitte nehmen. Hulda hat erneut eine Entwicklung erfahren, war sie sonst eher zupackend und selbstsicher, wirkt sie nun eher gebeutelt und voller Selbstzweifel, was nicht nur auf ihre Schwangerschaft zurückzuführen ist. Sie muss sich in einer fremden Umgebung neu orientieren, besitzt Existenzängste und trauert ihrem Beruf als Hebamme nach. Doch sie hat ihr Mitgefühl und ihr Helfersyndrom ebenso nicht verloren wie ihre Neugier und ihren Spürsinn. Grete besitzt eher eine nüchterne, pragmatische Natur, die ihr auch als Unterkühlung ausgelegt werden kann. Karl ist Huldas Retter in der Not, aber auch Frau Wunderlich, Kioskbesitzer Bert oder Fräulein Fink sind wichtige Wegbegleiter für Hulda in dieser Geschichte.
„Die Rote Insel“ knüpft mit einer fesselnden, abwechslungsreichen, unterhaltsamen Geschichte an die Vorgängerbände an, lässt den Leser mit einer lebensechten Hulda aufregende Zeiten vor einem hervorragend recherchiertem historischem Hintergrund erleben, der die Seiten nur so vorbeifliegen lässt. Absolute Leseempfehlung für ein wunderbares, packendes Lesevergnügen!!!

Veröffentlicht am 18.12.2022

As tears go by (Rolling Stones)

Der Salon
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1963 München. Leni Landmann hat lange gebraucht, bis sie den Unfalltod ihres Bruders Hans einigermaßen verdaut hat, ebenso haben Mutter Käthe und Hans‘ Freundin Charlotte nebst Sohn Peter gelitten, die ...

1963 München. Leni Landmann hat lange gebraucht, bis sie den Unfalltod ihres Bruders Hans einigermaßen verdaut hat, ebenso haben Mutter Käthe und Hans‘ Freundin Charlotte nebst Sohn Peter gelitten, die nun alle unter einem Dach in Lenis Elternhaus in Hebertshausen zusammenleben. Als Käthe sich endgültig aus dem Berufsleben zurückziehen und Leni ihren Friseursalon übertragen will, ergreift Leni mit beiden Händen die von ihrem Chef Alexander Keller gebotene Chance, ein dreimonatiges Praktikum bei Vidal Sassoon in London zu absolvieren, um die Entscheidung ihrer Mutter hinauszuzögern. Während Leni sich auf den Weg ins aufregende London macht, erhält Charlotte durch eine Zufallsbegegnung mit Maria Bogner eine Anstellung beim Modehaus Bogner. Käthe kümmert sich ebenso liebevoll um ihren Enkel Peter wie Patenonkel Schorsch, so dass Charlotte den Rücken frei hat, um beruflich Karriere zu machen. Dabei lernt sie den charismatischen Fotografen Walter kennen. Leni lebt sich derweil in London immer mehr ein, findet Geschmack an dem dortigen Modestil und der immer populäreren Musik der Rolling Stones. Nach ihrer Rückkehr begegnet sie nicht nur einer alten Liebe, sondern muss auch weitreichende Entscheidungen für ihr künftiges Leben treffen…

Julia Fischer hat mit „Ein hoffnungsvoller Aufbruch“ den zweiten Teil ihrer Salon-Dilogie rund um ihre Hauptprotagonistin Leni Landmann vorgelegt, der an sowohl an Unterhaltungswert als auch mit wunderbar recherchiertem historischem Hintergrund den Leser von der ersten bis zur letzten Seite zu fesseln weiß. Der farbenfrohe, flüssige und gefühlvolle Erzählstil entführt den Leser in die 60er Jahre des letzten Jahrhunderts, wo er über wechselnde Perspektiven auf Leni Landmann, Käthe, Charlotte und Schorsch trifft und die Entwicklungen in ihrem Leben hautnah miterlebt. Der damalige Zeitgeist sowohl gesellschaftlicher als auch politischer Art wurde von der Autorin wunderbar eingefangen und mit ihrer Geschichte verwebt. So erlebt der Leser nicht nur Lenis Praktikumszeit beim Starfigaro Vidal Sassoon in London mit und trifft dort mit ihr gemeinsam auf Prinzessin Margret und Minirock-Erfinderin Mary Quant, sondern sieht dort auch die Rolling Stones in einem Club. Mit Charlotte darf der Leser in die internationale Modewelt eintauchen, mit Schorsch die Olympiade in Innsbruck erleben. Die Sechziger bedeuten nicht nur einen Aufbruch in der Gesellschaft, die sich etwas bunter, vielfältiger und offener zeigt, sondern lässt auch Leni, Charlotte, Alexander und Schorsch an ihren Aufgaben wachsen und sich entwickeln. Gerade dieser Mix an realem Historie und fiktiver Geschichte wirkt hier unwiderstehlich und vielschichtig, ist er doch durch das Talent der Autorin ebenso mitreißend wie authentisch. Die Lektüre lässt das Kopfkino anlaufen und die Seiten an den Fingern des Lesers kleben.

Die Charaktere wurden liebevoll ins Bild gesetzt und haben durchweg einige realistische Entwicklungen erfahren. Mit ihren authentischen menschlichen Eigenheiten schleichen sie sich schnell ins Leserherz, der mit ihnen fiebert, hofft und bangt. Leni hangelt sich nach einem schweren Schicksalsschlag mühsam wieder ins Leben zurück, doch ihre lebensfrohe, positive Art reißt mit. Sie ist offen für Neues, wagt sich hervor und tritt immer selbstsicherer auf. Charlotte ist eine liebevolle Mutter, die sich nach mehr sehnt. Schorsch ist der heimliche Star, denn er ist nicht nur der Ruhepol, sondern vor allem empfindsam, großzügig und hilfsbereit. Walter wirkt auf den ersten Blick erfolgsverwöhnt und etwas arrogant, doch im Grunde ist er auch nur auf der Flucht und wünscht sich etwas Normalität. Käthe ist die gute Seele, die alle zusammenhält. Aber auch Alexander, Günther, Marie und weitere Protagonisten verleihen diesem Roman Vielfalt und Farbe.

„Ein hoffnungsvoller Aufbruch“ ist nicht nur ein farbenfrohes Potpourri der 60er Jahre, sondern verführt mit wunderbaren Protagonisten, Schicksalen, Liebe, Familiensinn und einer Prise Dramatik den Leser zu unvergesslichen Lesestunden. Absolute Leseempfehlung für dieses Highlight!!!

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