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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 05.08.2017

Zu viele falsche Entscheidungen

Samariter
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Der Hörer wird von der ersten Minute in guter alter Thrillermanier mitgerissen und Sawatzki, eine meiner Lieblingsstimmen, liest brilliant. Ich kann der Handlung bis zu einem gewissen Punkt gut folgen ...

Der Hörer wird von der ersten Minute in guter alter Thrillermanier mitgerissen und Sawatzki, eine meiner Lieblingsstimmen, liest brilliant. Ich kann der Handlung bis zu einem gewissen Punkt gut folgen sowie das Verhalten der Protagonistin verstehen. Nachdem diese jedoch zum x-ten Mal wieder eine falsche Entscheidung trifft bzw. nicht die Wahrheit sagt oder bewusst lügt, nervt sie mich. Irgendwann muss man doch aus seinen Fehler lernen und Verantwortung übernehmen!

Zuerst aber zum Inhalt: Faith Saunders reist mitten in der Nacht sehr überstürzt, mit zuviel Alkohol im Blut, ihrer Tochter Maggie auf dem Rücksitz nach einem Streit mit ihrer Schwester und deren Mann, von dort ab. Sie läßt ihre Handtasche mit Geld und Handy im Eifer des Gefechts zurück und verfährt sich auch noch in einer Gegend, die v.a. vom Zuckerrohranbau beherrscht wird. Plötzlich stößt sie mit etwas zusammen, das ein Menschen hätte sein können, doch sie kann niemanden sehen. Da es in dieser Nacht auch noch sehr heftig regnet, entscheidet sie, sich einige Stunden Schlaf zu gönnen. Durch ein Klopfen wird sie aus dem Schlaf gerissen und eine verzweifelte, ängstliche und verletzte junge Frau, die um Hilfe fleht, blickt durch die Autoscheibe. Faith reagiert nicht, zögert und nach kurzer Zeit erscheint ein Mann der die junge Frau wegführt. In einigem Abstand nimmt Faith einen zweiten Mann wahr, fährt jedoch ohne etwas zu tun, zu ihrem Mann nach Hause zurück.

So weit, so gut. Es gibt 1000 Gründe, warum sie die Wagentür nicht öffnete, allerdings informiert sie auch nicht die Polizei, erzählt nicht mal ihrem Mann von den Geschehnissen in jener Nacht. Sie hat jedoch nicht damit gerechnet, dass ihre kleine Tochter alles genau beobachtete, die Situation richtig einschätzen kann und diese haarklein ihrem Vater erzählt. Auf sein Drängen hin macht Faith zwei Wochen nach dem Vorfall eine Aussage bei der Polizei, auch Maggie wird verhört. Faith hält immer noch mit der Information zurück, dass einer zweiter Mann ebenfalls mit im Spiel war, obwohl es sich mit großer Wahrscheinlichkeit um einen Serienkiller bzw. um ein Killerduo handelt. An dieser Stelle kommt mein Verständnis für die Protagonistin abhanden. Diese trinkt wieder regelmäßig und zuviel. Anscheinend nichts Neues, nicht von ungefähr leidet ihre Tochter unter Entwicklungsstörungen, die Alkoholkonsum in der Schwangerschaft verursacht. Ihr Mann stellt sie irgendwann vor die Wahl: Alkohol oder Familie und zieht mit der Tochter aus. Wer denken mag, die Handlung sei bis jetzt tragisch genug und Faith beginnt nun endlich, aus ihren Fehlern zu lernen und Verantwortung zu übernehmen, der täuscht sich. Es geht immer noch tragischer.

Das Hörbuch fängt sofort mit einem großen Spannungsbogen an, der dann aber durch die unterschiedlichen Probleme wie z.B. Alkoholsucht, Eheprobleme, Sadismus usw. zerissen wird und sich die Ganze Geschichte über nicht halten kann. Ich möchte die Protagonistin am liebsten schütteln, damit sie aus ihrer Lethargie und ihrer Opferrolle aufwacht.

Veröffentlicht am 02.08.2017

Bald ein Klassiker?

Heimkehren
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Ich lese gerne Bücher von afrikanischen bzw. afrodeutschen, -französischen, -amerikanischen usw. Schriftstellerinnen. Gerade erst habe ich Swing Time von Zadie Smith aus der Hand gelegt, von dem ich aber ...

Ich lese gerne Bücher von afrikanischen bzw. afrodeutschen, -französischen, -amerikanischen usw. Schriftstellerinnen. Gerade erst habe ich Swing Time von Zadie Smith aus der Hand gelegt, von dem ich aber etwas enttäuscht war. Umso mehr freue ich mich über das absolut gelungene Debüt von Yaa Gyasi.

Die junge Autorin wurde in Ghana geboren, ist in den USA aufgewachsen, hat an der Standford University studiert und bereits für ihr erstes Buch eine Auszeichnung erhalten. Gyasi ist im Herbst sogar auf Lesereise in Deutschland und in der Schweiz.

Die Geschichte spielt im 18. Jahrhundert und handelt von den Schwestern Effia und Esi, die bereits als Kinder getrennt werden und sich nie kennenlernen. Effia heiratet einen Engländer, der aufgrund des Sklavenhandels zu etwas Wohlstand gekommen ist. Zuerst war ich über diese binationale Ehe irritiert. Wie kann man auf der einen Seite Sklaven verkaufen und auf der anderen Seite eine Frau aus diesem Land zur Ehefrau nehmen? Allerdings kamen solche Konstellationen wohl gar nicht so selten vor. Esi dagegen wird Sklavin und kämpft auf den amerikanischen Baumwollfeldern ums Überleben. Das Buch wird von diesen zwei Handlungssträngen bestimmt, deren Entwicklung über mehrere Generationen hinweg bis in die Gegenwart hinein beschrieben wird. D.h. jedes Kapitel stellt eine Person der nächsten Generation vor, entweder aus Effias Linie oder aus Esis. Gyasi schneidet zwar viele Leben an, ist dabei aber kein bisschen oberflächlich, sondern beeindruckend und kraftvoll, die politische Aktualität und Brisanz wird glasklar. Zusätzlich erfährt der Leser nützliche politische und geschichtliche Informationen, die wichtig sind, um u.a. die Aktualität der Flüchtlingsproblematik zu verstehen. Abgesehen vom Inhalt schreibt Gyasi einfach schön und jede Seite ist ein wahrer Lesegenuß.

Ich hoffe, noch möglichst viel von dieser jungen, vielversprechenden Schriftstellerin zu lesen. Großes Lob von mir und eine uneingeschränkte Leseempfehlung!

Veröffentlicht am 31.07.2017

Viel mehr als "nur" ein Kochbuch

Mein Gartenkochbuch
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Der Titel "Mein Gartenkochbuch" ist irreführend, denn das Buch verbirgt viel mehr als nur Rezepte. Genau deshalb fand ich es besonders gut und es hebt sich von anderen reinen Kochbüchern ab. Ein bisschen ...

Der Titel "Mein Gartenkochbuch" ist irreführend, denn das Buch verbirgt viel mehr als nur Rezepte. Genau deshalb fand ich es besonders gut und es hebt sich von anderen reinen Kochbüchern ab. Ein bisschen irritiert hat mich, dass die Autorin Karin Schmelzle nicht auf dem Cover erwähnt wird.

"Mein Gartenkochbuch" ist saisonal unterteilt in Frühlings-, Sommer-, Herbst- und Winterküche und plädiert zum einen für den saisonalen Gebrauch von Obst und Gemüsen, zum anderen für den Anbau von alten Sorten und legt den Fokus auf regionale Märkte. Der Leser findet nicht nur eine Sammlung von unterschiedlichen Rezepten vor, sondern jede Menge Tipps zum Anbau, zur Lagerung oder eine Anleitung zum Bau von Hügelbeeten, Kräuter- und Pflanzenkunde uvm. Mich hat beeindruckt, wieviel Information man auf wenigen Seiten unterbringen kann und habe einge Dinge gelernt, dass es z.B. zweierlei Quitten gibt, wie man Pilze anbauen kann usw. Durch die vielen unterschiedlichen Themen wird manches nur angerissen, was z.B. bei den Küchenkräuter sehr gut gelingt, bei manchen Themen ist die Information jedoch zu oberflächlich, wie z.B. bei den Hochbeeten. Leider machen die vielen Informationen manche Seiten auch sehr unruhig und etwas unübersichtlich.

Die Rezepte sind nicht ausdrücklich vegetarisch, jedoch keineswegs Fleisch lastig, so dass viele Rezepte für Vegetarier sehr gut geeignet sind. Ich habe sofort das Erdbeer-Tiramisu ausprobiert, das ich jedoch in ein Himbeer-Tiramisu umgewandelt habe. Die Angaben der Zutaten sind genau und die Beschreibung der Zubereitung ist gut nachvollziehbar. Was aber noch viel wichtiger ist: Das Tiramisu war extrem lecker. Ich konnte noch drei bis vier weitere Rezepte finden, die ich auf jeden Fall ausprobieren werde, wie z.B. Butter mit den Blüten der Kapuzinerkresse, gratinierter Fenchel und ein vielversprechendes Mairübchen-Rezept mit Weißwein. Ansonsten konnte ich bei den Rezepten nicht viel Neues finden, zumal die eine oder andere Zutat, z.B. Margarine, nicht mehr zeitgemäß ist. Dazu muss ich aber fairerweise sagen, dass ich sehr viele Kochbücher besitze, selbst Kochkurse gebe und was die Rezeptsammlung angeht, nicht unbedingt repräsentativ bin.

Ich kann das Buch empfehlen, da es sich nicht um ein reines Kochbuch handelt, sondern viele wertvolle Tipps rundum den Garten beinhaltet. Nur bei wenigen Rezepten wird Fleisch verwendet, so dass "Mein Gartenkochbuch" auch für Vegetarier sehr interessant ist.

Veröffentlicht am 28.07.2017

Frau Smith springt

Swing Time
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Erstmal vorweg: Nach dem Prolog habe ich mich schwer getan und es hat lange gedauert, die ganzen 640 Seiten zu lesen.

"Zähne zeigen" habe ich gerne gelesen, jedoch hatte ich den Verdacht, dass bei der ...

Erstmal vorweg: Nach dem Prolog habe ich mich schwer getan und es hat lange gedauert, die ganzen 640 Seiten zu lesen.

"Zähne zeigen" habe ich gerne gelesen, jedoch hatte ich den Verdacht, dass bei der deutschen Übersetzung so einiges unterging. Deshalb habe ich das Buch auch noch einmal als "White Teeth" verschlungen und war begeistert. Das Werk wurde zurecht hochgelobt und preisgekrönt. Danach habe ich "London N-W" gewählt. Es ist dynamisch, atemlos wie London selbst. Smith springt allerdings ohne Vorwarnung zwischen den Protagonisten und wechselt die Schreibstile, was handwerklich sicherlich ein Leistung ist und eine gewissen Dichte erezugt. Als Leser wird mir die Handlung dadurch aber zu distanziert und emotionslos. "London N-W" habe ich nicht auf Englisch gelesen. Vielleicht hätte ich das mal tun sollen?

Nun aber zu Smith neuestem Werk "Swing Time". Mittlerweile wohnt sie übrigens nicht mehr in North-West London, sondern in New York City. Ich werde nicht den Klappentext abschreiben, sondern gleich zu meinem Eindruck übergehen:
Der Roman gewann den WELT-Literaturpreis, allerdings ist das kein Garant für ein tolles Buch. Es behandelt ein sehr interessantes Thema: Inwieweit formen und beeinflussen Herkunft und soziales Umfeld einen Menschen? Smith kann Geschichten anspruchsvoll erzählen, Details gut herausarbeiten, verliert sich dann aber darin und es wird zäh. Die Autorin kämpft gegen Stereotype und schafft gleichzeitig welche. Was können Mädchen mit einem "Afro-Hintergrund" am besten? Genau - Tanz, Musik und Sport! Was für ein Klischee! Dazu werden Themen wie Religion, Rassismus, Weltpolitik angerissen und schon ist der rote Faden weg, der Tiefgang mit ihm und zu guter Letzt die ganze Geschichte. Zadie Smith macht, was sie auch schon in "London N-W" gemacht hat, sie springt! Ortswechsel (London, New York Gambia) und Zeitsprünge machen es noch schwerer, den roten Faden zu erkennen. Vielleicht hätte ich den Roman auch auf Englisch lesen sollen...

Veröffentlicht am 27.07.2017

77 raffinierte vegetarische Rezepte

Pflücksalat & Blattspinat
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Von den Gemüsen des Titelbilds angezogen, habe ich "Pflücksalat & Blattspinat" in einem Rutsch durchgelesen. Schade, dass auf der Titelseite nicht gleich darauf hingewiesen wird, dass es sich ausschließlich ...

Von den Gemüsen des Titelbilds angezogen, habe ich "Pflücksalat & Blattspinat" in einem Rutsch durchgelesen. Schade, dass auf der Titelseite nicht gleich darauf hingewiesen wird, dass es sich ausschließlich um vegetarische Rezepte handelt. U.U. hätte ich als Vegetarier deshalb gar nicht zu diesem Kochbuch gegriffen.

Yvonne Schwarzinger, Sterneköchin und Autorin schafft es, die Rezepte so zu gestalten, dass auch ungelernte Köche leckere Ergebnisse erzielen. Die Rezepte sind übersichtlich, die Zutaten kennt man, die Zubereitung wird Schritt für Schritt erklärt und jedes Rezept wird von einem herrlichen Foto begleitet, das einem das Wasser im Mund zusammenlaufen lässt. Was soll dabei also noch schiefgehen? Ein Foto hat mich jedoch etwas irritiert: Süße Spinattorte mit Himbeeren. Wo man einen goldbraunen Biscuitboden erwarten würde, sticht einem ein grünes Etwas ins Auge, das jedoch wunderbar mit Mascarpone-Quark bestrichen und mit Himbeeren belegt wurde. Das wird sicherlich auch das Rezept sein, dass ich als erstes ausprobieren werde. Jedes Rezept ergänzt ein hilfreicher und interessanter Tipp wie z.B. zu alternativen Zutaten oder auf was man bei der Zubereitung achten sollte. Die raffinierten Gerichte sind intelligent in den folgenden Kapitel aufgeführt: Grüne Smoothies, Salate + Basics, Suppen + Vorspeisen + Snacks, Beilagen + Hauptgerichte, Süßes + Knuspriges und Dressings. Einige Seiten widmet Schwarzinger Kräutern und Gemüsen, erklärt sie knapp und kochbuchgerecht.

Einen Kritikpunkt habe ich allerdings: Fett ist zwar ein Geschmacksträger, wird jedoch heute als gesundheitlichen Gründen in Maßen verwendet. Nicht so bei vielen Gerichten in "Pflücksalat & Blattspinat". Yvonne Schwarzinger spart nämlich gar nicht an Butter, Sahne, Mascarpone, Ricotta oder Olivenöl. Vermutlich schmeckt dann alles enorm lecker, ist aber gleichzeitig auch enorm reichhaltig und leider nicht immer gesund.

Trotz dieser Kritik handelt es sich bei "Pflücksalat & Blattspinat" um ein wunderschönes, vegetarisches und praxisnahes Kochbuch mit 77 raffinierten Rezepten, das ich nicht nur Vegetariern empfehle.