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Veröffentlicht am 14.03.2024

Erzeugt lebendige Bilder und gibt Denkanstöße

Tremor
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Tunde lehrt an einer Universität in Harvard, wirkt sanft und sympathisch
Er kauft in einem Antiquitätenladen in Kennebunkport eine Ci Wara, ein rituelles Holzobjekt einer Antilope und lässt seine Gedanken ...

Tunde lehrt an einer Universität in Harvard, wirkt sanft und sympathisch
Er kauft in einem Antiquitätenladen in Kennebunkport eine Ci Wara, ein rituelles Holzobjekt einer Antilope und lässt seine Gedanken spielen, umkreist das Objekt und dessen Herkunft, die Bedeutung für den Käufer, die Wertermittlung der Verkäufer und das Entgelt für den Künstler in Afrika oder in den USA. Was wird von wem als Kunst angesehen. Das, was Tunde wahrnimmt, beleuchtet er faszinierend von allen Seiten im Sinne ihrer Geschichte Herkunft und Platz in der Welt. Gedanken fliegen ihm zu, in der Gegenwart entdeckt und rückblickend in die Geschichte dessen, was er sieht. Sein Fokus ist der afrikanische Kontinent. Das Buch ist voll von informativen und hochinteressanten Beispielen.
Wie war die Vergangenheit wirklich und wie wird sie dargestellt, spricht sie die Wahrheit, welches Narrativ prägt uns.
Das Buch hindurch sprudeln die Gedanken und Erinnerungen, reihen sich aneinander und lassen ein kluges und poetisches Bild im Betrachter oder Leser entstehen. Teju Cole sinniert über Kunst und Musik auf eine Art, die einen neuen Zugang erschließt.
Er empfindet oft die westliche Kultur als überheblich und erläutert dies an seinem Wissen und an Beispielen der Kunst. Mir hat sehr gut gefallen, den geschichtlichen Hintergrund zum „Sklavenschiff“ von Turner zu erfahren. Er geht auf die Raubkunst der Kolonialisten in Afrika ein. Er lässt über 20 afrikanische Menschen ein Panorama ihrer Geschichte erzählen, die wieder ein Gesamtbild der Lebendigkeit und der Schicksale hervorbringen, auch die Stadt Lagos wird großartig pulsierend und lebendig und sich wandelnd durch Teju Coles Begabung Lebendigkeit herzustellen in seinen Beschreibungen. Er beschreibt das Leben und das Überleben und stellt Fragen, was wirklich wichtig ist.
Philosophische Fragen, wie „Jedes Bild eines Mannes wirft beim Betrachter die Frage auf: Warum wird mir das gezeigt“, regen an. Auch er selbst fließt in seine Betrachtung der Welt hinein.

Das Buch voller Ehrlichkeit und Weisheit, gibt Denkanstöße. Keineswegs eine leichte Lektüre. Er widmet viele Seiten der Musik und manches habe ich im Internet nachgeforscht und auch das Bild von Turner wieder hervorgeholt. Er ehrt in seiner Beschreibung der Musik die afrikanisch stammenden Musiker. Manche Abschnitte über die Musik haben mich ermüdet und keine Resonanz in mir gefunden – allerdings der schönen Sprache der Beschreibung konnte man sich nicht entziehen –
Beeindruckend und großartig fand ich das, was Teju Cole als lebendiges Bild im lesenden Betrachter erzeugen kann. Teju Cole selbst ist neben dem Schriftsteller auch Fotograf und Kunsthistoriker. Mit diesem Roman konnte er dies wunderbar verbinden und verstärken.

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Veröffentlicht am 02.03.2024

Ungewöhnliches Thema raffiniert umgesetzt!

Trophäe
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Hunter White ist ein Großwildjäger. Er nimmt seine schwere Doppelbüchse, ein Erbe seines Großvaters, mit auf die Jagd – irgendwo in Afrika – auf Safari. Der Erwerb einer Jagdlizenz für ein Spitzmaulnashorn ...

Hunter White ist ein Großwildjäger. Er nimmt seine schwere Doppelbüchse, ein Erbe seines Großvaters, mit auf die Jagd – irgendwo in Afrika – auf Safari. Der Erwerb einer Jagdlizenz für ein Spitzmaulnashorn bekam er über eine seiner Firmen. Die Jagd beginnt, die Vorfreude steigt, Van Heeren sein Freund und Führer leitet die Safari, ein Fährtenleser ist ebenso dabei. Bei einer guten Jagd sind Jäger und Beute ebenbürtig und Hunter ist physisch und psychisch in Topkondition. Eine Jagd erfordert Durchhaltevermögen.
Dieses von ihm ausgewählte Nashorn soll die Big Five seiner Großwildjagd vollständig machen. Elefant, Büffel, Löwe und Leopard sind schon erlegt, dokumentiert und ausgestopft – alle Lizenzen zu einem extrem hohen Preis, der die Kosten zur Förderung des Artenschutzes in Afrika decken soll. Soweit so gut – Hunter setzt volle Konzentration auf seine Beute, der Kick des Risikos leitet ihn.
Doch dann entdeckt er sein ausgewähltes Nashorn schon verletzt von Wilderern. Eine unendliche Enttäuschung! Das in die Augen blicken, sich messen mit der Beute, ist ihm nun verwehrt. Der ausgewogene Kampf zwischen Mensch und Tier findet nicht statt. Van Heeren führt Hunter daraufhin auf einen Beobachtungsposten, von dem aus Hunter junge Buschmänner bei einem Initiationsritual zusehen kann. Van Heeren hat über die Zeit Land gekauft und ein großes Areal Bushmen zur Verfügung gestellt zur Reintegration und zur Erhaltung jahrhundertelanger Traditionen. Hunter trifft eine Entscheidung.
Gaea Schoeters beschreibt detailliert das Herz Afrikas so, als ob man hautnah dabei ist. Das bildhaftes Beschreiben der Landschaft ist beeindruckend und sehr anziehend. Sie erzeugt mit stilistischem Feinsinn die Illusion des wilden Afrikas und hält die Distanz des Beobachtens, man spürt die Hitze, die Dürre, ist auf dem Aussichtspunkt, auf der Jagd, unter den Buschmännern – doch andererseits irritiert die Betrachtung des Geschehens mit wachsender Unruhe.
Man spürt förmlich die versteckten Gefahren afrikanischer Wildnis, ist wie die Fährtenleser mittendrin und erfährt viel über die Natur und die Ordnung der Tierwelt. Die Geschichte Afrikas, der Politik und der daraus resultierenden Entscheidungen ergänzen die Handlung. Vom Vordergründigen lenkt uns Gaea Schoeters gekonnt in die Unberechenbarkeit Afrikas und in die Abgründe der menschlichen Seele. Die wahren Triebkräfte ziehen hier im Hintergrund raffiniert die Fäden.
Treffend das anfängliche Zitat von Joseph Conrad aus „Herz der Dunkelheit“ „Es stand geschrieben, dass ich dem Albtraum meiner Wahl treu bleiben sollte.“
Gaea Schoeters widmet den Roman „Afrika - Gerechtigkeit – und Fiktion – was auch immer das ist“.
Das ist eigentlich der Leitfaden des Romans, der alles, was vorher gedacht, sich vorgestellt wird und ethisch vertretbar aufgewirbelt wird und eine Fiktion entstehen lässt, deren Intensität schaudern lässt. Man muss sich nach dem Lesen wieder neu sammeln.Trotz der Fiktion mit der Gaea Schoeters eine Möglichkeit darstellt, ist man durch diesen Roman so irritiert, durchgerüttelt, dass eine naive Sicht auf die Safari nicht mehr möglich ist.
„Van Heeren: „ Deine westliche Moral ist ein Luxusprodukt, das man sich leisten können muss. Der Rest der Welt muss mit Pragmatismus auskommen.“

Ein ungewöhnliches Thema brillant geschrieben, absolut fesselnd, lange nachhallend und großartig umgesetzt!
Gaea Schoeters, geboren 1976, ist eine flämische Autorin, Journalistin, Librettistin und Drehbuchautorin. 2012 hat sie den Großen Preis Jan Wauters für ihren kreativen Umgang mit Sprache gewonnen. Für Trophäe wurde sie mit dem Literaturpreis Sabam for Culture ausgezeichnet.

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Veröffentlicht am 29.02.2024

Bahnbrechender Ratgeber

Arthrose endlich heilen
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Erstaunlich ist, dass schon Thomas Edison (1847-1931) – Zitat am Beginn des Buches - sagte:
Der Arzt der Medizin wird keine Medizin mehr verabreichen, sondern seine Patienten vielmehr motivieren, sich ...

Erstaunlich ist, dass schon Thomas Edison (1847-1931) – Zitat am Beginn des Buches - sagte:
Der Arzt der Medizin wird keine Medizin mehr verabreichen, sondern seine Patienten vielmehr motivieren, sich für den menschlichen Körper, für Ernährung und für die Ursache von Krankheiten zu interessieren.
Dr. Wolfgang Feil und Tobias Homburg haben ein bahnbrechendes Buch – ganz im Sinne des vorangestellten Zitats geschrieben. Es trifft genau die heutige Zeit und den Zeitgeist.

Die Arthrose ist eine Verschleißkrankheit der Gelenke. Diese wird herkömmlich und oft mit Operationen in Angriff genommen, künstliche Gelenke eingesetzt.
Dieser Ratgeber gibt Antworten auf die Frage, Symptome nicht einfach durch eine Operation (im übrigen halten künstliche Gelenke nur 12-15 Jahre) zu beseitigen, sondern alternativ durch eigene Aktivität, innere wie äußere und Bewusstheit mit den körpereigenen Heilungsmechanismen eine Heilung zu erzielen. Das Ziel ist, sich wieder schmerzfrei bewegen zu können.
Dr. Feil erklärt: Der Abbau der Gelenke erfolgt viele Jahre unbemerkt, bis Schmerzen auftreten. Um Heilung zu erzielen ist ein entzündungsfreies Milieu vonnöten. Chronische Entzündungen verhindern aber die körpereigenen Regenerationsprozesse.

Er hat ein System erfunden, die Dr.-Feil-Strategie. Sie zeigt 4 Bausteine auf zur Heilung:
Entzündungssenkende Ernährung,
körperliche Aktivität,
psychische Stärke und
ergänzende Nährstoffe.
Sie zielen alle darauf ab, die Entzündungen zu senken und die Gelenke wieder fit zu machen.
Auf jeden dieser Bausteine geht der Ratgeber umfangreich ein, alles wird detailliert von allen Seiten beleuchtet. Es bleiben keine Fragen offen
Was zuerst sehr komplex und kompliziert erscheint, wird beim Lesen verständlich durch die vielen Erklärungen der Vorgänge und der Fachwörter. Die Materie wird daraufhin immer spannender, das Begreifen setzt ein und damit ist schon ein Anfang erreicht, den eigenen Körper wieder als ganzheitlich zu betrachten und auf diesem beschriebenen Weg, ihm die Chance zu geben sich selbst zu heilen durch die vier Bausteine. Ich habe neben neuem Wissen auch viele Tipps bekommen, die dem Körper gut tun. Besonders interessant fand ich den Abschnitt über den Schmerz und Nennung von schmerzstillenden Lebensmitteln und Nennung von Herstellern, Preisen und Zusammensetzungen ergänzender Nährstoffe
Beeindruckend beschrieben und erklärt! Mit umfangreichen Infographiken, zusätzlichen Tipps und Erfolgsgeschichten.
Man merkt, dass dieses Buch das Herzblut von Dr Wolfgang Feil und Tobias Homburg ist.

Ein empfehlenswerter Ratgeber, unterstützt durch einen Email-Kurs zu diesem Buch, sowie Videoanleitungen für Körperübungen und Entspannungsmeditation. Diese Informationen sollte man jedem weiter empfehlen, nicht nur denjenigen die schon Arthrose geplagt sind, auch denjenigen, die es nie dazu kommen lassen wollen und eine ganzheitliche körperliche Gesundheit fördern wollen mit Bewusstheit.

Dr. Wolfgang Feil ist ein deutscher Ernährungswissenschaftler, hat zahlreiche Bücher in diesem Bereich publiziert und ist u.a. ein führender Arthrose-Experte.

Tobias Homburg ist Physiotherapeut der deutschen Biathlon- Nationalmannschaft, spezialisiert auf Rehabilitation und den Umgang mit Sportverletzungen

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Veröffentlicht am 24.02.2024

Amerikanische Geschichte neu beleuchtet - großartig umgesetzt!

James
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Percival Everett hat den 1884 veröffentlichten Roman Die Abenteuer von Huckleberry Finn von Mark Twain neu geschrieben.

Es beginnt in Hannibal, Missouri. (In einer Höhle in diesem Ort soll Mark Twain ...

Percival Everett hat den 1884 veröffentlichten Roman Die Abenteuer von Huckleberry Finn von Mark Twain neu geschrieben.

Es beginnt in Hannibal, Missouri. (In einer Höhle in diesem Ort soll Mark Twain seine Inspiration zu seinem Roman gehabt haben)

Jetzt ist der Sklave Jim, vorerst im Besitz von Mrs Watson, die Hauptfigur und führt durch den Roman.
Jim gibt seiner Tochter sowie anderen Kindern in seiner Hütte Sprachunterricht in der Form, wie mit Weißen zu sprechen ist: einfältig tun, den Weißen die Oberhand geben, sich dümmlich im Sklavenslang ausdrücken, evtl. nuscheln und den Weißen nicht in die Augen sehen.

Er erfährt, dass Mrs Watson, seine Besitzerin, ihn verkaufen will. So flüchtet Jim auf eine Insel. Er muss seine Familie zurücklassen. Später entdeckt ihn Huck, der sich wiederum vor seinem Vater verstecken will; so entscheiden die beiden, den Mississippi runter zu fahren um zu flüchten. „Wenn sie mich nicht haben, können sie mich nicht verkaufen“.

Eine abenteuerliche Flussfahrt beginnt und endet mit einem furiosen Finale!

In Wirklichkeit ist Jim gebildet, und sprachlich begabt. Ebenso wie die anderen Schwarzen in dem Roman, die die einwandfrei formulierte Ausdrucksweise untereinander benutzen, wenn Weiße nicht in Sicht sind. - Nur die Weißen ahnen nichts davon!

Das ist ein Geheimnis aus dem Jim einen Vorteil zieht und sich so durch Klugheit und Geschick durch die Geschichte laviert. „ Sich gefahrlos in der Welt bewegen zu können erfordert Beherrschung der Sprache; Geläufigkeit.“

Gut hundert Jahre vorher wurde die Amerikanische Verfassung ins Leben gerufen, die das Recht auf Leben, Freiheit, Eigentum, Glück und persönliche Freiheit proklamiert.
Percival Everett zeigt, in Bezug auf Mark Twains berühmter Vorlage, wie es zu Zeiten vor dem Bürgerkrieg für die Schwarzen in den Südstaaten damit bestellt war und lässt hier jedoch seinen Hauptdarsteller Jim durch Bildung klug und raffiniert handeln.

Beeindruckend webt Percival Everett in seinen Roman berühmte, gebildete Personen ein, Philosophen, Denker - man erfährt aufgrund der auftauchenden Namen viel über amerikanische Geschichte, denn jeder ausgeschriebene Name hat eine historische Bedeutung.
Besonders witzig fand ich Jims Diskussion ihm Traum mit John Locke, Vordenker der Aufklärung und Anreger zur Unabhängigkeitserklärung: „Sind Sie gekommen um sich zu rechtfertigen, dass Sie die Sklaverei gebilligt haben“ fragt Jim Locke.

Es gibt Szenen, die mir in meinem heutigen Bewusstsein auf die Spitze getrieben vorkamen – doch ist es wirklich überspitzt, was Percival Everett in Geschichtsform beschreibt? Wenn nicht, ist es ein Horror diese Situationen, in denen sich ein Schwarzer Sklave damals befand.

Percival Everett nimmt ein weltberühmtes Werk „Die Abenteuer des Huckleberry Finn“ von Mark Twain und schreibt es auf ungewöhnliche Art neu. Ein gewagtes Unterfangen, großartig gelöst: Stilistisch gekonnt, witzig, informativ mit Auftritten von damaligen Zeitzeugen. Ein Buch, das einen spannend unterhält, packt und die heutige Sicht auf die amerikanische Geschichte deren Rassismus und Sklaverei neu beleuchtet.
Jim: „Eines weiß ich, was auch immer zu diesem Krieg geführt hat, die Befreiung der Sklaven war ein Nebenmotiv und würde ein Nebenergebnis sein“
Ein beeindruckender und wichtigerRoman!

Percival Everett ist Professor für Englisch an der  University of Southern California. Er hat für seine Romane zahlreiche Preise erhalten,   Hier wurde er bekannt durch u.a. mit: Ich bin nicht Sidney Poitier, Erschütterung und Die Bäume.

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Veröffentlicht am 21.02.2024

Interessant gewebte Geschichte mit Denkanstößen

Ich bin Anna
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84-jährig blickt Anna Freud nach Erhalt einer Todesanzeige auf ihr Leben zurück.
„Die Arbeit hat mein Leben bestimmt getreu dem Vorbild Vaters“, sinniert sie und leitet durch diesen Satz schon in eine ...

84-jährig blickt Anna Freud nach Erhalt einer Todesanzeige auf ihr Leben zurück.
„Die Arbeit hat mein Leben bestimmt getreu dem Vorbild Vaters“, sinniert sie und leitet durch diesen Satz schon in eine komplizierte Thematik ein. Sie war die Tochter von Sigmund Freud, dem Entdecker und Entwickler der Psychoanalyse. Sie ist das Kind, dass sich hingebungsvoll den Erkenntnissen des Vaters gewidmet und sein Werk weitergeführt hat.Sie wird später selber Analytikerin, hilft vor allem Kindern.
Rückblickend nach Wien kurz vor dem ersten Weltkrieg beginnt der Roman. Anna damals Anfang 20, unbeholfen, unsicher und kränkelnd. Aus ihres Vaters Sicht wild und ungebärdig, andererseits, was stets gelobt wird, brav und vernünftig. Von Mutters Seite erlebte sie Distanziertheit und Emotionslosigkeit. Sie entschließt sich vorerst Lehrerin zu werden.
„Eine überschwängliche Unterstützung bei der Berufswahl sah seitens des Vaters anders aus, der feste Glaube an die Widerstandsfähigkeit der eigenen Tochter ebenso.“

Auch im gewählten Beruf zeigten sich bei ihr Müdigkeit und Schwäche – etwas hielt sie davor zurück ganz ins Leben zu treten, um es in vollen Zügen zu erleben. Sie hat allerdings weibliche Unterstützer, die ihr nahestehen.
Als ein junger Patient Freuds Praxis betritt, ist auch Anna interessiert an den Studien und darf bei dem Vater an diesem Fall die Analyse lernen. Herr Stadlober hat Erblindungserscheinungen, die zeitweise auftreten und dann wieder verschwinden.

Ergänzend zu Annas und Sigmunds Erzählungen, die sich abwechseln und den Fortgang des Buches interessant gestalten, erfährt man die politische Lage in Österreich und Deutschland. Als der Thronfolger Österreichs, Franz Ferdinand in Sarajevo 1914 ermordet wurde, in dessen Folge der 1. Weltkrieg ausbrach, änderte sich auch die Welt der Freuds.Die Brüder von Anna leisteten Kriegsdienst, Freud entdeckte Thanatos, den Todestrieb.

Anna findet vorerst Gefallen an Ludwig Stadlober, doch durch einen Ohnmachtsanfall ausgelöst, bittet sie ihren Vater, sie zu therapieren.
Stadlober taucht im späteren Geschehen wieder auf und die Fäden und Ereignisse des Romans ziehen sich zusammen und lassen eine klug entscheidende selbstbewusste Anna handeln.

Mir hat gut gefallen dass Anna Freud ein Roman gewidmet wird. Tom Saller hat mithilfe seiner umfangreichen Recherchen eine interessant gewebte Geschichte erfunden, die so hätte sein können, die ganz und gar stimmig ist, spannend aufgebaut mit vielen Informationen über psychologische Fachbegriffe sowie das damalige politische und gesellschaftliche Umfeld.
Freud: „So betrachtet ließ sich die Erfindung einer neuen Psychologie durchaus als Akt des Widerstandes deuten, des Widerstandes gegen die Welt, in der ich gezwungen war, zu leben.“
Die feinsinnige Erzählung gibt viele Denkanstöße und ehrt die Anfänge über das, was dem aufgeklärten Menschen heute, 100 Jahre später, wie selbstverständlich in die Bewusstheit und Denkweise eingegangen ist.

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