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Veröffentlicht am 05.12.2022

Spagat zwischen Urangst und Realität - sehr spannend!

Wintersterben
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Ein Mord in den Walliser Alpen beordert Valeria Ravelli, Leutnant von Interpol an den kleinen, abgeschiedenen Ort Steinberg. Ein ehemaliger BKA Ermittler ist in einer Höhle tot aufgefunden worden, fast ...

Ein Mord in den Walliser Alpen beordert Valeria Ravelli, Leutnant von Interpol an den kleinen, abgeschiedenen Ort Steinberg. Ein ehemaliger BKA Ermittler ist in einer Höhle tot aufgefunden worden, fast schon mumifiziert. Ihr Kollege Colin Bain forscht parallel auf der Spur der Vergangenheit des Toten.
Valeria, sich vorerst als Touristin ausgebend, begibt sich allein in diesen kleinen, eigenartigen Bergort. Wem kann Sie vertrauen?
Eindringlich vermag Martin Krüger Atmosphären zu entwerfen, spielt mit den düster ängstlichen Vorstellungen des Lesers, die Gänsehaut und Schauergefühle hinterlassen.
Zitat: … tanzten die Geister, neben ihr zuckende Schatten... Ein Spagat zwischen Merkwürdigem und Realität, das immer noch Glaubwürdigkeit erzielt. Ein merkwürdiges Anwesen mit einem Comte und einem Butler entführen in Mittelalter, die Steinhöhlen in weitere Vergangenheit. Ein sehr schön gemachter Mix, bestechend an Gegebenheiten, Geschehnissen und Örtlichkeiten.
Geschickt führt er die Protagonistin in unbekanntes unheimliches Terrain. Spannend von der ersten bis zur letzten Seite. Mir hat dieser zweite Band um Valeria Ravelli weitaus mehr Lesevergnügen bereitet, als der erste Band Waldeskälte, den ich streckenweise zu langatmig empfunden hatte. Obwohl die furiose Auflösung des Mordfalles, es kommen noch andere hinzu, nicht wirklich realistisch anmutet, bremst dies jedoch nicht den ausgezeichneten, unterhaltsamen deutschen Kriminalroman.

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Veröffentlicht am 19.10.2022

Whodunnit - Spannende Unterhaltung!

The Dark
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Mit Kate, der neuen Ärztin auf einer kleineren Antarktis - Forschungsstation, begeben wir uns auf die Suche nach dem Geheimnis des gestorbenen Arztes Jean-Luc.
Die Mitspielenden sind übersehbar, Koch, ...

Mit Kate, der neuen Ärztin auf einer kleineren Antarktis - Forschungsstation, begeben wir uns auf die Suche nach dem Geheimnis des gestorbenen Arztes Jean-Luc.
Die Mitspielenden sind übersehbar, Koch, Forschungs- und handwerklich benötigte Arbeiter, sowie die Stationsleiterin Sandrine werden vorgestellt. Kates Vergangenheit und ihre Beweggründe zu dieser Aufgabe entpuppen sich nach und nach.
Die Zuneigungen und Abneigungen zu den einzelnen Verdächtigen, denn nur jemand aus der Station konnte , falls es denn einer war, den Mord an Jean-Luc verübt haben.
Kann Kate ihren Vermutungen und den gefundenen Indizien trauen, ist ihre Verwirrung ein Auswurf ihrer Phantasie, oder wird sie recht behalten. Wem kann sie noch trauen? Die Verhältnisse zu den Stationsmitgliedern ändern sich und auch der Leser zweifelt mit Kate. Der Roman ist aus Sicht von Kate geschrieben, so ist man hautnah am Geschehen. Kate, auch nur „ein Mensch“, muss sich zudem beweisen mit dem was ihr an medizinischer Ausrüstung zur Verfügung steht. Erschwerend kommt hinzu, ihre Angst vor der Dunkelheit. In der Antarktis ist es bis zu 6 Monaten dunkel. So sind die Mitspielenden abgeschnitten von der Helligkeit und abgeschnitten von entfernter Zivilisation aufgrund der eisigen Kälte. Ein atemberaubendes Szenarium, das Emma Haughton, Journalistin, als ersten Spannungsroman, gewählt hat. Die unterschwellige Bedrohung, die dichte Atmosphäre einer Forschungsstation in eisiger Kälte – de Britin hat ihre Aufgabe mit Bravour geleistet. Ich habe mich absolut bestens unterhalten gefühlt durch die gute Recherche, die stimmungsvolle Erzählung, der Sympathie zur Protagonistin, und der durchgängigen Spannung des Romans – ein Pageturner!

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Veröffentlicht am 30.08.2022

Literatur vom Feinsten!

Intimitäten
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Die im Roman namenlose Dolmetscherin arbeitet seit kurzem am Internationalen Gerichtshof in Den Haag. Dort wird sie eingesetzt, die Aussage eines Expräsidenten eines afrikanischen Staates zu übersetzen. ...

Die im Roman namenlose Dolmetscherin arbeitet seit kurzem am Internationalen Gerichtshof in Den Haag. Dort wird sie eingesetzt, die Aussage eines Expräsidenten eines afrikanischen Staates zu übersetzen. Nebenher erlebt sie die Abreise ihres Liebhabers Adriaan, der, wie sich herausstellt, auf unabsehbare Zeit, mit seiner Frau die Scheidungsangelegenheiten klären will. Sie zieht in der Zeit in seine Wohnung. In Den Haag lebt auch Freundin Jana in einer eher unruhigen, doch angesagten Gegend.

Sie wird am Gerichtshof in Französisch die ihr genannten Gräueltaten übersetzen, ebenso die Fragen der Anwälte an den Angeklagten.
Am internationalen Gerichtshof geht es um das Leid Tausender Menschen. „Wenn es um Leid geht, ist Authentizität unerlässlich. Durch inkonsistentes dolmetschen konnten glaubwürdige Zeugen unglaubwürdig erscheinen – das konnte den Ausgang eines Prozesses beeinflussen. Auch setzt Beklemmung ein, weil das Unaussprechliche, das sonst den Gerichtshof nicht verlässt offen übersetzt und genannt wird.“

So nah am angeklagten Massenmörder, irritiert sie der sehr nahe Kontakt und wirft Fragen auf zu Distanz und Nähe und wie wandelbar sie ist, auch wie Gerechtigkeit ausgelegt wird.

Ihre Begegnungen mit Adriaan, Jana, dem Buchhändler, dem angeklagten Expräsidenten, das Betrachten einer Ausstellung – all diese Wahrnehmungen gehen über das bloße Beobachten hinaus, sind erfasst mit den Sinnen, stellen die Frage, wie fragil, wie veränderlich diese Begegnungen sind, was sie bedeuten. Die Nähe und die Distanz zu Adriaan ( er bleibt irgendwie konturlos), die grenzüberschreitende Erfahrung des Buchhändlers, die ungewollte Nähe zu dem Massenmörder... Was hinterlassen sie in der namenlosen Protagonistin. Die Nähe verändert sich aufgrund ihrer Wahrnehmungen, sie selbst verändert sich.

Der Leser ist dankbar, denn aufgrund der eigenen Komplexität von Wahrnehmungen in ihm umgebenden Gegenwartsleben, eine Romanfigur zu finden, die aufgrund ihrer Intelligenz und Sinneswahrnehmung einen Anhaltspunkt, eine Vorbildhaftigkeit anbietet, die Geborgenheit erzeugt. (Und dies in der eher unsicheren neuen Umgebung der namenlosen Protagonistin).

Trotz des unspektakulären äußeren Geschehens, ein nachhallender und zutiefst bereichernder Roman, einer, der jeden aktionsgeladenen toppt. Es sind die feinen, präzisen Beobachtungen, die klare Sprache, die exakte Recherche. Auch die eigene Annäherung an die Protagonistin wird zu einer fast freundschaftlichen Begegnung. Man bleibt, wie die bescheidene Protagonistin, doch angenehm distanziert, das geschilderte Arbeits- und Alltagsleben ist nie grenzüberschreitend, eher leise erzählt, dadurch bleibt Raum für eigene Gedanken.

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Veröffentlicht am 09.06.2022

Beeindruckend gewebter Roman

Fischers Frau
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Mia Lund, Faserarchäologin, bekommt einen alten baltischen Teppich zugeschickt, um ihn auf dessen Echtheit zu überprüfen. Während des Betrachtens und Analysierens des Webstils dieses einzigartigen Teppichs ...

Mia Lund, Faserarchäologin, bekommt einen alten baltischen Teppich zugeschickt, um ihn auf dessen Echtheit zu überprüfen. Während des Betrachtens und Analysierens des Webstils dieses einzigartigen Teppichs wird sie mehr und mehr angezogen von dessen Farben- und Gestaltungskraft. Sie folgt ihm dorthin, von wo er abgeschickt und in ihrem Museum gelandet ist, nach Zagreb. Gemeinsam mit einem Teppichkenner, Milan, enträtseln sie die Herkunft. Sie entdecken Verknüpfungen und Hinweise und gewebte Geschichte, die bis nach Schweden führt. Damals blieb der Fischfang aus an der Ostsee, die Fischer mussten eine andere Verdienstmöglichkeit suchen. “Knüpft euch eure Welt in diese Rahmen (Webrahmen)“, sagte zu der Zeit der Teppichmeister, der den Fischern das Knüpfen beibringt. Und so wurde gewebt, Teppiche mit Symbolen, mit Geschichten. Mia entdeckt einen Namen, eingewebt im Teppich: Nina Silkestrad, die Knüpferin. Deren beeindruckendes Leben wird entdeckt. Und währenddessen entdeckt auch die sonst zurückhaltende Mia Sund sich neu. „Als gelernte Bandagistin ist sie eine Heilpraktikerin im wörtlichen Sinne, fixiert auf Gebrochenes“. So lässt sie sich selbst auf einen Prozess ein, der sie behutsam auf einen neuen Weg leitet, eine Heilung in Gang setzt. Mias Geschichte entwirrt sich beim Lesen – nach und nach, durch Gedanken, Gespräche und Rückblenden. So wie der alte Fischerteppich sich bei naher Betrachtung wie entfernterer verändert, neues wird entdeckt, so verändert sich Mia, so verändert sich ihre eigene Perspektive, sie wird zur Suchenden und Findenden und Lebendigen. Sie verliebt sich „ ...wie sie selbst jetzt nicht mehr dieselbe bleiben kann. All diese Fäden in ihrer Hand. Die gibt sie nicht wieder her“...
Mia schreibt in Zagreb abschließend zur Analyse des Teppichs einen Liebesromans über Nina Silkestrad und Carl statt eines Forschungsberichts. Beide Lebensfäden werden verknüpft, Mias und Ninas. Sehr passend und ansprechend das Cover des Buches mit den nebeneinander- und überlappenden Köpfen. Sehr schön auch das Glossar zur Erklärung der Knüpfereibegriffe.

Durch aufgeworfene Fragen, die sich erst später im Roman erschließen, sowie Rückblenden aus Mias sowie aus Ninas Leben wird Spannung erzielt. Man wird regelrecht hineingezogen in diesen äußerst farbenfrohen Roman. Wunderbar recherchiert mit einem beeindruckenden Schreibstil, intelligent aufgebaut und große wort- und phantasiereiche Geschichte wird erzählt, immer im Rahmen der tatsächlich historisch belegten Anhaltspunkte. Karin Kalisa - Eine Ausnahmeerzählerin!

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Veröffentlicht am 20.09.2021

Ein überraschender Roman, sehr anmutig

Reise durch ein fremdes Land
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Tom ist Fotograf. Jeden Weihnachten fotografiert er „den perfekten Moment“ bevor er zerspringt“. Doch dieses Weihnachten soll anders anfangen. Tom ist aufgrund der Witterungsverhältnisse gezwungen, seinen ...

Tom ist Fotograf. Jeden Weihnachten fotografiert er „den perfekten Moment“ bevor er zerspringt“. Doch dieses Weihnachten soll anders anfangen. Tom ist aufgrund der Witterungsverhältnisse gezwungen, seinen erkrankten Sohn Luke aus dem Nordosten Englands nach Hause zu holen. So macht er sich auf eine Autofahrt auf durch den Schnee von Nordirland nach Sunderland auf, ihn abzuholen. Doch nicht nur Luke ist in den Gedanken von Tom – er reflektiert Teile seines Lebens auf dieser Reise. Seine Frau Lorna und seine anderen Kinder, zuallererst sein Sohn Daniel. Dieser taucht dem Fotografen Tom während seiner Fahrt immer wieder schemenhaft auf. Es wird eine reale Fahrt zu Luke und eine innere Reise zu Daniel.
Tom lässt seine Geschichte und die seiner Familie vor seinem inneren Auge ablaufen, insbesondere die von Daniel. Der Roman nimmt langsam Fahrt auf und fängt nach und nach an zu fesseln. Das Buch hat keine Kapiteleinteilungen, es liest sich, im übertragenden Sinn, wie eine lange Autofahrt.
Zuerst dachte ich, der Leser ist Voyeur für eine sentimentale Geschichte von großer Schuld. Doch die Geschichte, so einfach sie erscheinen mag, erzeugt einen Sog durch die leisen Töne, die zwingen, genau hinzuhören. Ein Roman, der sich durch die Bildhaftigkeit einprägt – ganz genauso wie die Fotografien, die Tom, der Fotograf, beschreibt. So wird man auf verschiedenen Ebenen gefordert. Eine bildhafte Sprache, es gibt, viele Gleichnisse, Metaphern - Momentaufnahmen der Erinnerung an Vergangenes runden den Roman ab und geben Hinweise und Anregungen. z.B. „wir suchen uns unsere Unfälle nicht aus““
Eigentlich möchte niemand die Schuld von anderen lesen, ich war skeptisch. Doch es ist einen Konfrontation, der nicht auszuweichen ist, mit sich selbst in aller Ehrlichkeit, die berührt. Während dieser Reise passiert etwas mit Tom. Diese Momente sind zutiefst menschlich, dadurch eindringlich. Diese Reise hat lange nachgehallt, auch aufgrund der Schönheit der Ausdrucksweise des Autors. Der Leser ist niemals überfordert, es entsteht eine Leichtigkeit, da sich alles auf die eine Thematik bezieht.
„Doch ich könnte wahrscheinlich nicht annähernd einfangen, was in diesem Moment verborgen liegt“, meint Tom einmal in Hinblick auf seine Fotografien – Dieses kleine Buch schafft auf 190 Seiten zwar keine Momentaufnahme, jedoch mit unglaublicher Feinfühligkeit schafft der Autor, den Leser zu berühren und eine Tiefe hervorzuholen, die nachhallend ist und daher anschließend noch überrascht.

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