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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 14.11.2024

Hochwertige schwedische Lektüre

Als wir im Schnee Blumen pflückten
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Das Buch „Als wir im Schnee Blumen pflückten“ von Tina Harnesk hat mich von Beginn an gefesselt. Das Cover und der Titel wecken sofort das Interesse und spiegeln die Atmosphäre des Romans wider – eine ...

Das Buch „Als wir im Schnee Blumen pflückten“ von Tina Harnesk hat mich von Beginn an gefesselt. Das Cover und der Titel wecken sofort das Interesse und spiegeln die Atmosphäre des Romans wider – eine Mischung aus Melancholie und Hoffnung, eingebettet in die Kulisse des hohen Nordens. Die Autorin schafft es, eine berührende, zutiefst menschliche Familiengeschichte zu erzählen, die voller Wärme und Schmerz steckt.
Im Zentrum der Erzählung stehen Máriddja und ihr dementer Mann Biera, deren Leben durch die Krankheit und den Verlust ihres geliebten Neffen Heaika-Joná geprägt ist. Máriddja wird mit der erschütternden Diagnose Krebs konfrontiert und setzt alles daran, den verschollenen Neffen wiederzufinden. Inmitten von Sorge und Trauer zeigt Harnesk auch humorvolle Momente, etwa durch die skurrilen und herzlichen Gespräche Máriddjas mit "Siré", was der Geschichte einen unerwartet leichten Touch verleiht.
Der Roman punktet mit lebendigen Perspektiv- und Zeitwechseln, die anfangs etwas verwirrend erscheinen mögen, das Geschehen jedoch dynamisch und abwechslungsreich gestalten. Nach und nach fügen sich die einzelnen Puzzlestücke zusammen und ergeben ein schlüssiges Bild – die Vergangenheit und Gegenwart verschmelzen in einem emotionalen Erzählstrang. Besonders gelungen finde ich den Schreibstil der Autorin, der gleichermaßen poetisch, humorvoll und einfühlsam ist. Die bildhaften Metaphern bringen die Landschaft und das Leben der Samen lebendig zum Ausdruck und lassen den Leser tief in diese Welt eintauchen.
Man spürt die enge Verbindung der Autorin zu den Traditionen und dem Alltag der samischen Kultur, was dem Roman eine authentische Tiefe verleiht. Einige Kapitel wirken vielleicht sprunghaft oder verwirrend, doch gerade diese Eigenheit hebt das Buch aus der Masse hervor. Es bietet berührende Momente, lässt Raum für Reflexion und lädt dazu ein, sich in die Geschichte und die Gedankenwelt der Figuren fallen zu lassen.
Insgesamt ist „Als wir im Schnee Blumen pflückten“ ein warmherziger und feinfühliger Roman, der sowohl zum Lachen als auch zum Weinen einlädt. Es ist eine Erzählung über Liebe, Verlust und die Suche nach Versöhnung – eine Geschichte, die nachhallt. Von meiner Seite gibt es eine klare Leseempfehlung für alle, die Geschichten mit Tiefgang und feiner Poesie zu schätzen wissen.

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Veröffentlicht am 29.10.2024

Ein Wegweiser für die heutige Zeit

Die Enkelin
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In „Die Enkelin“ erzählt Bernhard Schlink die bewegende Geschichte von Kaspar, der nach dem plötzlichen Tod seiner Frau Birgit Stück für Stück die Geheimnisse ihrer Vergangenheit entdeckt. Kaspar, der ...

In „Die Enkelin“ erzählt Bernhard Schlink die bewegende Geschichte von Kaspar, der nach dem plötzlichen Tod seiner Frau Birgit Stück für Stück die Geheimnisse ihrer Vergangenheit entdeckt. Kaspar, der seine Frau als seine Lebensliebe betrachtet und sich mit ihr schon früh für ein gemeinsames Leben im Westen entschieden hat, muss feststellen, dass sie eine Tochter in der DDR zurückgelassen hatte. Dieser Fund führt ihn auf eine schmerzhafte und überraschende Reise – in die Welt einer Enkelin, die in einer völkischen Gemeinschaft lebt und für ihn schwer zu erreichen scheint.
Schlink beschreibt diese Geschichte der Suche mit einem außergewöhnlichen Feingefühl für die komplexen politischen und emotionalen Trennlinien, die die deutsche Gesellschaft auch heute noch spalten. Kaspar wird, als jemand, der ein weltoffenes und kritisches Leben führt, in eine Welt katapultiert, die ihm zutiefst fremd ist. Besonders spannend ist, wie Schlink Kaspars Versuche beschreibt, seiner Enkelin Sigrun, die in völkischem Gedankengut erzogen wird, andere Werte zu vermitteln. Es sind die kleinen gemeinsamen Momente, in denen Kaspar versucht, durch Musik, Bücher und Gespräche einen neuen Blickwinkel für Sigrun zu eröffnen, die den Kern dieser Geschichte ausmachen.
„Die Enkelin“ ist dabei mehr als eine Familiengeschichte; es ist eine Auseinandersetzung mit den Themen Identität, Schuld und die Frage, wie sehr die Vergangenheit unsere Gegenwart beeinflusst. Schlink versteht es, schwierige Fragen zu stellen: Was sind die Prägungen, die wir über Generationen weitergeben, und wie viel Spielraum gibt es für Veränderung? Seine Figuren, besonders Kaspar, sind glaubwürdig und sensibel gestaltet, sie durchleben innere Kämpfe und treffen auf Hürden, die authentisch und bewegend geschildert werden.
Für alle, die sich für zeitgeschichtliche Themen und die Nuancen von Ost-West-Verbindungen interessieren, bietet „Die Enkelin“ eine lehrreiche und aufschlussreiche Lektüre. Schlink gelingt es, dieses schwere Thema mit einer Leichtigkeit zu erzählen, die nicht belehrend wirkt, sondern tief berührt und zum Nachdenken anregt. Ein außergewöhnlicher Roman, der unbedingt gelesen werden sollte – nicht nur wegen seiner Themen, sondern auch wegen der meisterhaften Erzählweise.

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Veröffentlicht am 27.10.2024

Bizarr, skurril und auf komische Weise originell

Nach uns der Himmel
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Über dieses Buch musste ich erst nachdenken, als ich die letzte Seite verschlungen hatte. Davor fühlte ich mich beim Lesen wie bei Monty Python. Dieses Buch ist so geschrieben, wie sich der Sog in ein ...

Über dieses Buch musste ich erst nachdenken, als ich die letzte Seite verschlungen hatte. Davor fühlte ich mich beim Lesen wie bei Monty Python. Dieses Buch ist so geschrieben, wie sich der Sog in ein schwarzes Loch wohl anfühlen würde. Zeit und Raum krümmen sich, die Story gerät wie in einen skurrilen Strudel aus Absonderlichkeiten.

Acht Menschen landen nach einem turbulenten Flug auf einer Mittelmeerinsel. Ihre Hintergründe bieten Stoff für eine ganze Romanreihe. Da sind zwei befreundeten Paare und eine Familie mit ihrem todkranken Sohn und da ist Heidi. Irgendwie wirkt die Szenerie zunächst etwas hölzern und driftet dann ins Absurde. Die Paare orientieren sich um, massiver Partnertausch und freie Liebe sind angesagt. Es gibt kaum noch Wechselwirkungen zwischen den acht Menschen und der Umgebung, die Distanz zwischen Realität und Handlung nimmt zu, Erinnerungen schwinden. Wer hier beim Lesen mitgeht, fühlt sich zunehmend psychedelisch und lechzt nach einer Auflösung dieser bizarren Story. Die ist allerdings dann wirklich Monty Python und gibt dem zweiten Erzählstrang dieses Buches endlich einen Sinn, wenn der auch nicht greifbar ist.

Dieses Buch ist so abwegig ulkig und dabei fesselnd. Wer so ein Freizeitvergnügen liebt, greife gern zu diesem Lesestoff.

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Veröffentlicht am 27.10.2024

Ein Wohlfühlbuch

Das Buch der neuen Anfänge
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„Das Buch der neuen Anfänge“ von Sally Page ist eine herzerwärmende Geschichte über Neuanfänge, Freundschaft und das Finden des eigenen Wegs. Die Handlung dreht sich um Jo, die nach einer Trennung und ...

„Das Buch der neuen Anfänge“ von Sally Page ist eine herzerwärmende Geschichte über Neuanfänge, Freundschaft und das Finden des eigenen Wegs. Die Handlung dreht sich um Jo, die nach einer Trennung und der Erkrankung ihres geliebten Onkels Wilbur dessen schrulligen Laden in London übernimmt. Der kleine Laden, eine Mischung aus Schreib- und Haushaltswaren, wird zur Bühne für ihre eigene Wandlung und eine reiche Vielfalt an Begegnungen.
Sally Page versteht es meisterhaft, die verschiedensten Charaktere in Jo’s Leben zu weben: den ruhigen, zurückgezogenen Steuerberater Malcolm, die eigenwillige flüchtige Vikarin, den abenteuerlichen Erik, genannt „der Wikinger“, und Frau Karamellkonfekt, deren Name allein schon ein Lächeln ins Gesicht zaubert. Mit jedem neuen Kunden, der den Laden betritt, entdeckt Jo nicht nur ihre Liebe zur Papeterie wieder, sondern gewinnt auch neue Freunde und Perspektiven, die sie in ihrem Weg unterstützen.
Der Charme des Buches liegt vor allem in der feinen Beobachtungsgabe der Autorin, die die einzelnen Figuren und ihre kleinen Eigenarten liebevoll beschreibt. Es sind diese zwischenmenschlichen Begegnungen, die das Buch so warm und einladend machen. Page schafft es, Jos innere Entwicklung sanft und glaubwürdig zu gestalten, während sich durch den Verlust ihrer alten Beziehung und die neuen Freundschaften ein lebendiges Bild von Selbstfindung und Wachstum entfaltet. Der leichte, bildhafte Stil und die passende Kapitelstruktur sorgen für eine fesselnde Leseerfahrung, die besonders in den ruhigen Momenten des Alltags zu genießen ist.
Insgesamt ist „Das Buch der neuen Anfänge“ eine rundum gelungene Geschichte für alle, die nach mutmachenden und herzerwärmenden Geschichten suchen. Das Buch lädt ein, mit einer Tasse Tee und eingekuschelt auf dem Sofa in Jos Welt einzutauchen und mit ihr zu entdecken, dass jeder Neuanfang seine eigenen unerwarteten Freuden bereithält.

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Veröffentlicht am 04.10.2024

Historischer Roman über Frauenschicksale

La Louisiane
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„La Louisiane“ ist ein beeindruckender historischer Roman, der mir vor allem durch seine facettenreichen Figuren und das ungewöhnliche Setting in Erinnerung bleiben wird. Im Mittelpunkt stehen drei Frauen, ...

„La Louisiane“ ist ein beeindruckender historischer Roman, der mir vor allem durch seine facettenreichen Figuren und das ungewöhnliche Setting in Erinnerung bleiben wird. Im Mittelpunkt stehen drei Frauen, die 1720 aus Paris in die französischen Kolonien Amerikas verschifft werden. Ursprünglich Insassinnen der berüchtigten Anstalt Salpêtrière, sollen sie in der neuen Welt Ehefrauen und Mütter werden. Die Reise auf dem Dreimaster „Baleine“ ist beschwerlich, voller Gefahren und Entbehrungen, aber auch von Momenten der Hoffnung und Freundschaft geprägt. In der Kolonie angekommen, stehen die Frauen vor weiteren Herausforderungen – das Leben dort ist hart, das Klima und die Kultur fremd.
Besonders gelungen fand ich die Charaktere: Charlotte, eine scharfzüngige Waise, Geneviève, eine verbitterte Engelmacherin, und Pétronille, eine Adelige mit einem entstellenden Muttermal. Ihre Entwicklung während der langen Reise und im rauen Leben der Kolonien ist beeindruckend und facettenreich dargestellt. Die Geschichte wird abwechselnd aus verschiedenen Perspektiven erzählt, was den Figuren eine besondere Tiefe verleiht. Dabei ist die Sprache packend und bildhaft, und es gelingt der Autorin, trotz des historischen Kontexts eine moderne, zugängliche Erzählweise zu finden.
Allerdings empfand ich den ersten Teil des Buches als etwas schwerfällig, vor allem wegen der vielen Namen und fehlenden Erklärungen für französische Begriffe. Hier hätte ein Glossar oder Personenverzeichnis hilfreich sein können. Doch sobald sich die Handlung in der neuen Welt entfaltet, nimmt das Tempo zu, und die Geschichte wird packender. Besonders spannend fand ich die Einführung der indigenen Heilerin Uto’wv Eco konesel, die Pétronille in die Geheimnisse der Heilkunst einführt. Diese Figur gibt der Erzählung eine zusätzliche Tiefe und eröffnet eine faszinierende Perspektive auf das koloniale Leben.
Insgesamt ist „La Louisiane“ ein fesselnder Roman über starke Frauen, die trotz harter Schicksale ihren Weg suchen und finden. Wer sich für historische Romane interessiert, die sich mit weniger bekannten Epochen und Schauplätzen beschäftigen, wird hier auf seine Kosten kommen.

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