Profilbild von Elchy

Elchy

aktives Lesejury-Mitglied
offline

Elchy ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Elchy über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 17.11.2024

Ein sehr bewegendes Debüt

Sam und Emily
0

Wie der Titel schon vermuten lässt, geht es in der Hauptsache um Sam und Emily und wie sich aus dem Hinweis, dass es sich um ein Jugendbuch handelt, ableiten lässt, sind die beiden Teenager. Beide sind ...

Wie der Titel schon vermuten lässt, geht es in der Hauptsache um Sam und Emily und wie sich aus dem Hinweis, dass es sich um ein Jugendbuch handelt, ableiten lässt, sind die beiden Teenager. Beide sind so etwa 17 Jahre alt. Wobei sich in Sams Fall niemand wirklich darum schert, wie alt er ist oder wann er Geburtstag hat.



Manch ein Leser hat womöglich schon mal davon geträumt, wie schön es wäre, nicht zur Schule gehen zu müssen und einfach in den Tag hinein leben zu können. Erwachsene Leser kennen solche Träume vielleicht aus ihrer Jugend. Wie es dagegen sein muss, wenn kein Erwachsener regelmäßig Mahlzeiten auf den Tisch bringt oder überhaupt für Essen sorgt, Taschengeld gibt, oder überhaupt erzieherischen Einfluss ausübt, das können sich dagegen wohl viele nicht vorstellen.



So jedoch lebt Sam mit seinem fünf Jahre jüngeren Bruder Riddle bei seinem Vater und zieht mit ihm von Ort zu Ort. Meist ziehen sie dann weiter, wenn ihrem Vater der Boden zu heiß wird und die Polizei ihm auf den Fersen ist. Denn Clarence Border, bzw. John Smith, wie er sich zur Zeit nennt, hält nichts von ehrlicher Arbeit. Seine Arbeit besteht darin, in Häuser einzubrechen, zu stehlen, was von Wert ist und sich weiterverkaufen lässt, Barschecks aus Briefkästen zu stehlen und ähnlich kriminellen Aktivitäten. Sams und Riddles Mutter hat er schon vor vielen Jahren verlassen, zusammen mit den Söhnen und ihrer Münzsammlung, die er natürlich auch versetzt hat. Alleinerziehender Vater zu sein ist immer mal wieder eine gute Mitleidsstory wert, doch darüber hinaus kümmert er sich nicht um die Jungen, zumal sich Sam weigert, mit ihm auf Beutezug zu gehen und mit Riddle ist seiner Meinung nach nichts anzufangen, der ist ihm sogar unheimlich.



Emily jedoch ist ein zwar ungewöhnliches, auf der anderen Seite aber, was die Lebensumstände angeht, ganz normales Mädchen. Sie geht zur Schule, hat gute Noten, spielt Fußball, hat eine beste Freundin, der sie alles erzählt und lebt mit Mutter, Vater und ihrem kleinen Bruder in einem ganz normalen Haus. Aufgrund der Leidenschaft ihres Vaters singt sie sogar mit im Kirchenchor, obwohl sie eigentlich nicht richtig singen kann. Das scheint ihr Vater nur nicht so richtig wahrhaben zu wollen.



In der Kirche, während eines Solos von Emily begegnen sich Sam und Emily schließlich. Eigentlich will Emily dieses Solo nicht wirklich singen. Deswegen konzentriert sie sich während ihres Gesangs auf die letzte Reihe, in der Nähe der Tür, wo normalerweise die Leute sitzen, die Emails schreiben oder die Sportergebnisse abrufen, schemenhafte Gestalten eben, die Weghörer. Doch an diesem einen besonderen Tag sitzt nur Sam dort. Und so fokussiert sie ausschließlich ihn.

Aus Sams Sicht singt sie nur für ihn. Sie verspricht ihm, sie würde für ihn da sein – etwas, das er überhaupt nicht kennt. Für ihn ist nie jemand da gewesen. In der kurzen Begegnung im Anschluss wird auch Emily von Sam ergriffen. Das Glück des Zufalls hat die beiden zusammen geführt.



Sam verschwindet nach dieser Begegnung erst einmal spurlos und Emily hat ihre liebe Mühe, herauszufinden, wer er ist und wo sie ihn findet. Schließlich gelingt es aber und die beiden lernen sich kennen.

Es ist sehr berührend, wie Sam und Emily zueinander finden, wie sie auf den/die jeweils Andere(n) reagieren und wie sich das Leben der Beiden dadurch verändert.



Damit ist allerdings noch längst nicht Schluss und alles perfekt, sondern die Geschichte entwickelt sich noch sehr dramatisch. Sie verlieren sich wieder und glauben, einander niemals wiederzusehen. Sam muss sogar um sein nacktes Überleben kämpfen. Und Emily verliert ohne Sam ihr Leben – nicht in dem Sinne, dass sie stirbt, doch ist nichts mehr wie früher und es scheint nur noch ein Existieren zu geben.



Doch wie traurig wäre das ohne ein Happy End. Das gibt es in diesem Buch – und nicht zu knapp. Es ist ziemlich rührselig und vielleicht sogar ein wenig kitschig – aber soooo schön .



Ich hatte vor Rührung Tränen in den Augen, als ich die letzten Seiten gelesen habe. Trotzdem finde ich es nicht zu weit hergeholt, sondern schon noch glaubhaft.

Dieses Buch wird, wie so viele andere, aber längst nicht alle meine gelesenen Bücher nicht nur einen festen Platz in meinem überfüllten Bücherregal, sondern auch in meinem Herzen finden.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 17.11.2024

Konnte mich nicht erreichen

Durchs Feuer
0

Die Protagonistin, Iris, hat es nicht leicht. Ihre Mutter ist nur an Geld und Markenklamotten interessiert. Wer jemand ist, bemerkt die Frau gar nicht, denn für sie zählt ausschließlich das Äußere. Der ...

Die Protagonistin, Iris, hat es nicht leicht. Ihre Mutter ist nur an Geld und Markenklamotten interessiert. Wer jemand ist, bemerkt die Frau gar nicht, denn für sie zählt ausschließlich das Äußere. Der Stiefvater - wenn man ihn denn so nennen will, denn weder ist er für Iris eine Vaterfigur, noch ist er mit ihrer Mutter verheiratet - sonnt sich nur im eigenen Glanz und überschätzt sich selbst dabei maßlos. Die beiden Figuren werden flach und oberflächlich dargestellt.
Iris hält das alles nicht aus, sie erwartet mehr vom Leben und hat nur einen einzigen Freund, der sie akzeptiert. Das Feuer ist ihr Ventil, wenn sie sich Luft machen muss oder ihr alles mal wieder über die Hutschnur geht.
So jedenfalls habe ich es wahrgenommen. Der für mich einzige wirklich interessante Charakter ist Thurston, Iris' Freund. Aber insgesamt bleiben die Charaktere für mich leblos.
Man muss der Autorin zugute halten, dass sie einen ganz eigenen Schreibstil hat. Das bewundere ich, doch leider hat mich ihr Stil nicht so richtig überzeugt. Normalerweise mag ich Metaphern und die kamen hier häufiger vor, doch habe ich sie entweder nicht verstanden oder sie haben mich einfach nicht erreicht.
Zudem geht mir diese Verharmlosung des Zündelns gegen den Strich. Anfangs heißt es in einem Gespräch zwischen Iris und Thurston, dass sie keine Wohhäuser in Brand steckt, zumindest keine bewohnten...
Na ja, so kann man es auch sehen, aber ihre Feuer richten schon ganz schönen Schaden an und an einer Stelle ist es durchaus nicht selbstverständlich, dass es keinen Personenschaden gibt. Wenn ich auch verstehen kann, dass Iris ein Ventil braucht, um sich irgendwie Luft zu verschaffen, kann ich das doch nicht so einfach hinnehmen. Meine Moralvorstellungen sind da etwas höher gesteckt und ich kann mich nicht genug in Iris einfühlen, um zu ihr zu werden und meine eigenen Vorstellungen zu vergessen.

Das zentrale Thema des Buches soll eigentlich das Kennenlernen zwischen Iris und ihrem leiblichen Vater sein. Doch auch da stieß ich wieder an meine Grenzen. Die beiden haben sich viel über Kunst unterhalten, wovon ich, zugegeben, überhaupt nichts verstehe. Leider konnte es mich da aber auch nicht packen und mein Interesse wecken.

Allerdings kann ich mir schon vorstellen, dass manche Leser von diesem Buch total begeistert sein können, die den Schreibstil mögen, die Metaphern und die Dialoge über Kunst. Und ich bedaure, dass ich nicht zu diesen Lesern gehöre. Für mich ist es ein Buch, das Potenzial hat, denn thematisch finde ich es wirklich interessant, aber es nicht ausschöpft. Als ich dieses Buch im Rahmen einer Leserunde gelesen habe, hoffte ich in jedem Abschnitt, dass es mich noch packen würde, doch leider ist das nicht eingetreten.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 17.11.2024

Ein "schrecklich gutes" Buch

Unsichtbare Wunden
0

Selten tue ich mich so schwer mit einer Rezension, wenn mir ein Buch dermaßen gut gefallen hat. Doch das Buch hat mehr in mir ausgelöst, als nur Gefallen - viel mehr. Es beschäftigt mich, wirkt noch lange ...

Selten tue ich mich so schwer mit einer Rezension, wenn mir ein Buch dermaßen gut gefallen hat. Doch das Buch hat mehr in mir ausgelöst, als nur Gefallen - viel mehr. Es beschäftigt mich, wirkt noch lange nach, wühlt eigene (schmerzhafte) Erinnerungen auf und begeistert mcih gleichzeitig. Dieses Kuddelmuddel in mir kann ich schwer in Worte fassen. Doch gerade das, finde ich, macht das Buch zu einem so guten, wertvollen Werk.

Anna wird in ihrer Schulklasse systematisch fertiggemacht. Es fängt recht harmlos an. Eine neue Mitschülerin in der Klasse hängt sich an Annas beste Freundin und fängt an, gegen Anna zu sticheln und sie arrogant zu nennen. Das breitet sich aus. Das Mobbing wird immer stärker und verletzender und schließlich geht es so weit, dass sich bis auf ganz wenige Ausnahmen alle Mitschüler aktiv beteiligen.

Der Leser erlebt das Ganze im Nachhinein aus Annas Tagebucheinträgen und durch Antons Augen, der Annas bester Freund und auch Mitschüler der Klasse war. Die Tagebucheinträge werden von Simon, dem Vater der Protagonistin gelesen und auch seine Perspektive findet Beachtung.

Dieses Buch verdient einen (Jugendbuch)Preis. Es zeigt ohne erhobenen Zeigefinger, dafür mit viel Gefühl, welche Auswirkungen Mobbing haben kann. Wie leicht es für die "Täter" ist, zu solchen zu werden, sich an dem Mobbing zu beteiligen und es nicht einmal als Grausamkeit wahrzunehmen.
Und wie schrecklich es für das Opfer ist, wird sehr, sehr deutlich gezeigt.
Es sind nicht nur die Bemerkungen in der Schule, die schmerzen. Das Opfer, in diesem Fall die Protagonistin Anna, vereinsamt zunehmend, weil sie sich zunächst natürlich von den Tätern zurückzieht, im weiteren Verlauf aber auch von ihrem Vater, der sie nicht versteht, von Anton, ihrem besten Freund, weil der ja eh nichts für sie tun kann und sie nur noch mehr Spott abbekommt, wenn sie mit ihm zusammen ist und schließlich sogar von Freunden, mit denen sie per Email in Kontakt steht.
Anna (ebenso wie die meisten Mobbingopfer, denke ich) kommt schließlich selbst zu der Überzeugung, dass es wahr ist, dass mit ihr etwas nicht stimmt. Sie glaubt, dass sie scheiße ist (entschuldigt den Ausdruck, aber genau so empfindet es das Opfer!) und dass schließlich dann auch die anderen Kontaktpersonen das merken müssten, daher zieht sie sich immer mehr zurück.

Mir ging es als Leser so, dass ich teilweise zu Anna wurde und mit ihr gelitten habe und gleichzeitig eine Beschützerrolle einnehmen wollte, das Bedürfnis hatte, dieses Mädchen in den Arm zu nehmen und ihr zu sagen, dass es nicht wahr ist.

Aber auch in die anderen Personen konnte ich mich gut einfühlen, so zum Beispiel in Anton, den besten Freund, und Simon, dem Vater des Opfers und zum Schluss sogar in zwei der Täter, die völlig überrollt waren von den Auswirkungen dessen, was sie als harmlos empfunden haben, was ja schließlich alle mitgemacht haben und keiner so gewollt hat.

Das Ende fand ich noch mal richtig gut, Astrid Frank hat noch mal draufgelegt! Es beantwortet einige Fragen, bietet aber immer noch Raum für eigene Interpretation und lässt den Leser zurück mit einem ... wie soll ich sagen...
...
...

WOW!

Es ließ mich ziemlich sprachlos zurück, weil ich das alles noch gar nicht packen konnte. Da steckt so viel drin, das geht gar nicht alles in meinen Kopf - vor allem steckt da auch so viel Gefühl drin, das ich gar nicht alles so schnell verarbeiten kann.
Nach vier Wochen schreibe ich endlich diese Rezi und bin immer noch völlig geplättet. Natürlich geht der Alltag weiter und ich bin nicht ständig mit diesem Thema beschäftigt, doch es lässt mich auch nicht mehr los.

DANKE, Astrid, für dieses tolle Buch! Ich hoffe, dass es noch viele Menschen so erreicht und bewegt, wie es mich erreicht und bewegt hat und es immer noch tut. Es ist wirlich, wie in der Überschrift gesagt, schrecklich gut - denn es ist fantastisch, wunderbar einfühlsam und mitreißend, aber gerade dadurch wird das Schreckliche, das Anna erlebt, auch für mich als Leser spürbar und tut mir mit weh.
Ich hoffe, dass das Buch auch in Schulklassen gelesen wird und freue mich sehr, dass die Autorin alles tut, um das zu ermöglichen.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 17.11.2024

Wer bin ich wirklich? Traue ich mich, ich selbst zu sein?

Einfach nur Paul
0

„Einfach nur Paul“ war ein Wunschbuch, nachdem ich mehrere Bücher von Tania Witte bzw. Ella Blix (Tania Witte & Antje Wagner) gelesen und genossen habe. Beide haben einen schönen Schreibstil, der mich ...

„Einfach nur Paul“ war ein Wunschbuch, nachdem ich mehrere Bücher von Tania Witte bzw. Ella Blix (Tania Witte & Antje Wagner) gelesen und genossen habe. Beide haben einen schönen Schreibstil, der mich in die Geschichte hineinzieht und mich mit den Protagonisten mitfühlen lässt.

Leider habe ich nicht herausbekommen, wie alt Paul ist (vielleicht habe ich es aber auch überlesen oder verpeilt, durchaus möglich), als er erfährt, dass er adoptiert ist.

Schon vorher hatte er mit Diskrepanzen zwischen seinem Selbstbild und dem Bild, das er seinen Freunden von sich übermittelt, zu kämpfen. Dieses Ereignis nun stellt sein ganzes Denken und Fühlen erst recht auf den Kopf.

Mir gefällt an dem Buch, dass ich mich in Paul hineinversetzen kann und seine Emotionen mir realistisch erscheinen. Ebenso sein „Über“-denken. Paul ist ein Jugendlicher, der nicht weiß, was er fühlen, denken, glauben, leben soll. Das kommt gut rüber. Er macht aber auch eine Entwicklung durch. Zudem gefällt mir seine liebevolle Beziehung zu seiner Schwester.

Auch das Ende ist schön und überzeugend – nicht Friede-Freude-Eierkuchen und heile Welt, sondern ein beginnender Prozess des Verstehens, der Akzeptanz und Selbst-Akzeptanz.

Ein Buch, welches ich sehr gern gelesen habe und sehr gern weiterempfehle. Von mir völlig überzeugte 5 Sterne.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 17.11.2024

Wer bin ich wirklich? Traue ich mich, ich selbst zu sein?

Einfach nur Paul
0

„Einfach nur Paul“ war ein Wunschbuch, nachdem ich mehrere Bücher von Tania Witte bzw. Ella Blix (Tania Witte & Antje Wagner) gelesen und genossen habe. Beide haben einen schönen Schreibstil, der mich ...

„Einfach nur Paul“ war ein Wunschbuch, nachdem ich mehrere Bücher von Tania Witte bzw. Ella Blix (Tania Witte & Antje Wagner) gelesen und genossen habe. Beide haben einen schönen Schreibstil, der mich in die Geschichte hineinzieht und mich mit den Protagonisten mitfühlen lässt.

Leider habe ich nicht herausbekommen, wie alt Paul ist (vielleicht habe ich es aber auch überlesen oder verpeilt, durchaus möglich), als er erfährt, dass er adoptiert ist.

Schon vorher hatte er mit Diskrepanzen zwischen seinem Selbstbild und dem Bild, das er seinen Freunden von sich übermittelt, zu kämpfen. Dieses Ereignis nun stellt sein ganzes Denken und Fühlen erst recht auf den Kopf.

Mir gefällt an dem Buch, dass ich mich in Paul hineinversetzen kann und seine Emotionen mir realistisch erscheinen. Ebenso sein „Über“-denken. Paul ist ein Jugendlicher, der nicht weiß, was er fühlen, denken, glauben, leben soll. Das kommt gut rüber. Er macht aber auch eine Entwicklung durch. Zudem gefällt mir seine liebevolle Beziehung zu seiner Schwester.

Auch das Ende ist schön und überzeugend – nicht Friede-Freude-Eierkuchen und heile Welt, sondern ein beginnender Prozess des Verstehens, der Akzeptanz und Selbst-Akzeptanz.

Ein Buch, welches ich sehr gern gelesen habe und sehr gern weiterempfehle. Von mir völlig überzeugte 5 Sterne.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere