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Veröffentlicht am 10.03.2020

Wenn eine Wirbelwindromanze in einem Albtraum endet...

Schrei in der Nacht
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Mörderische Psychopathen gehören zu Mary Higgins Clarks bevorzugten Übeltätern! Das trifft auf ihre drei ersten Thriller zu – und wiederholt sich nun in ihrem vierten, spannungsgeladenen Roman, erschienen ...

Mörderische Psychopathen gehören zu Mary Higgins Clarks bevorzugten Übeltätern! Das trifft auf ihre drei ersten Thriller zu – und wiederholt sich nun in ihrem vierten, spannungsgeladenen Roman, erschienen 1982, dem noch dazu von Beginn an etwas verstörend Unheimliches anhaftet, das sich mit fortschreitender Handlung geradezu greifbar manifestiert.

Erklärte Freunde des klassischen „Whodunnit“ a la Agatha Christie werden von diesem Krimi enttäuscht – und finden in dem frühen Wissen um die Identität des schwer gestörten Bösewichts so auch Grund genug zum Lamentieren und zum gnadenlosen Verreißen einer mehr als nur subtile Gänsehaut erzeugenden Geschichte, die ich selbst hingegen als so ausgeklügelt perfide und virtuos mit geheimen Ängsten spielend ansehe, wie kaum einen anderen Thriller der hochdekorierten, nun schon seit über vierzig Jahren unermüdlich aktiven Erfolgsschriftstellerin aus New York.

Zugegeben, da mag es einige kleinere Makel geben, von denen der Prolog, der stets leidige und von Mary Higgins Clark in der Regel vermiedene „Enthüller“ oder aber „Verwirrer“, nicht der geringste ist, denn er nimmt tatsächlich viel Spannung vorweg, lässt den Leser viel zu früh ahnen, was kommen wird und gibt leider klare Hinweise auf den bösen Schurken, um dessen Person sie ihren Psychothriller aufgebaut hat. Er ist überflüssig, dieser Prolog, wiewohl er so manch ungeduldigen Leser, dem die Langsamkeit der Handlung ein Dorn im Auge sein mag, sicherlich bei der Stange hält, in Erwartung dessen, was noch kommen wird, wie der Prolog klar verspricht.

Ein weiterer Makel ist die weibliche Protagonistin, denn ihre Handlungsweise mag sicher einem gewieften Psychologen respektive Psychiater unmittelbar verständlich sein, nicht aber dem Durchschnittsleser, dem jene Jenny MacPartland, verheiratete Krueger zunehmend zu einem Ärgernis wird. „So dumm kann man doch gar nicht sein“, denkt gewiss so mancher Leser, wenn er ungläubig verfolgt, wie die junge Frau aus New York, alleinerziehende Mutter zweier kleiner Mädchen und dazu noch voll berufstätig, gestresst zwar, aber ihr Leben selbständig meisternd, nach einer sehr kurzen, kaum erwähnenswerten Romanze mit einem scheinbar sympathischen, auf jeden Fall aber gutaussehenden und kinderlieben Mann aus Minnesota, seines Zeichens Shooting Star in der Malerszene, eigentlich aber Farmer, diesen heiratet, ohne auch nur das geringste über ihn und seine Hintergründe zu wissen, ihre Wohnung im Big Apple auflöst und sich Hals über Kopf von ihm mitnehmen lässt auf seine Farm, die ihr ob ihrer riesigen Dimensionen erst einmal den Atem raubt.

So naiv ist das, sagen die Kritiker, dass man es wirklich nicht glauben und schon gar nicht vereinbaren kann mit der unabhängigen jungen Frau, die wir am Anfang des Romans kennenlernen. Ich beurteile Jenny da etwas milder, denn wenn einen die Liebe mit aller Macht packt, kann man schon mal reichlich irrational handeln – um dann irgendwann aus der Trance aufzuwachen in der Realität, die so gar nicht kompatibel ist mit dem, was man in die Romanze hineininterpretiert hat.

Was freilich auch mich stutzig machte, war die gedankenlose, die Konsequenzen nicht überschauende Bereitwilligkeit Jennys, gleichzeitig mit der Eheschließung ein Dokument zu unterschreiben, mit dem Erich Krueger, so der Name des attraktiven und bislang noch charmanten malenden Farmers aus Minnesota, die beiden Mädchen nicht nur adoptierte – obwohl es da noch, allerdings nicht mehr lange, den leiblichen Vater gab - , sondern das ihm auch gleichzeitig das Sorgerecht übertrug!

So blind kann Liebe doch wohl nicht sein – zumal Jenny gewiss nicht dumm ist, wenn man dem ersten Eindruck folgt, den die Autorin von ihr übermittelt! Aber es kommt noch schlimmer: trotz des mehr als seltsamen Verhaltens, das der Göttergatte in seinem angestammten Revier an den Tag legt, scheinen bei Jenny die Alarmglocken, das untrügliche Frühwarnsystem, nicht zu funktionieren. Sie passt sich komplett den skurrilen Wünschen, die aber in Wirklichkeit strikte Anordnungen sind, des, und das ist für jeden Außenstehenden sofort ersichtlich, eindeutig nicht normalen Ehegatten an, lässt sich von ihm isolieren und manipulieren, bis sie sich selbst nicht mehr traut und sich schließlich in einer aussichtslosen Lage befindet. Erst als sie sich nach dem mysteriösen Tod ihres neugeborenen Söhnchens dazu entschließt, heimlich mit den Töchtern das Weite zu suchen und nach New York zurückzugehen – na endlich, denkt man sich als Leser! - , der paranoide Erich mit den weit ausgefahrenen Antennen eines echten Psychopathen dies jedoch wittert und flugs die beiden Mädchen entführt, kommt Bewegung in die erstarrte Marionette Jenny!

Und von da an beschleunigt sich die Handlung, wird furios, nervenzerreibend spannend, holt endlich den unsäglichen Prolog ins Geschehen hinein und gipfelt in einem Wettrennen mit der Zeit und mit dem kranken Hirn Erich Kruegers, wie das nur eine Mary Higgins Clark zu schreiben vermag. Die Puzzleteile werden zusammengesetzt und ergeben ein so erschreckendes Gesamtbild, dass man im Nachhinein Jennys Verhalten nicht nur entschuldigen, sondern sogar verstehen kann – dass nämlich Psychopathen eine geradezu unheimliche Macht über ihre Mitmenschen ausüben können, ist hinlänglich bekannt! Und wer von uns könnte sich schon immun erklären gegen böse Einflüsse von außen?

Von dieser Prämisse ausgehend hat Mary Higgins Clark, die sich, auch eines ihrer Erfolgsgeheimnisse, konsequent tief in die Themen einarbeitet, die sie in ihren Spannungsromanen verarbeitet, alles richtig gemacht – auch wenn die weibliche Hauptfigur keine ist, mit der man sich so recht anfreunden kann oder möchte, was der Autorin klar gewesen sein dürfte beim Schreiben dieses ihres vierten Thrillers. Wie ich es sehe, hat sie die Protagonistin der Dramaturgie wegen geopfert, zugunsten der Spannung, zugunsten eines albtraumhaften Plots, dem jene Jenny, in deren Kopf man sich nur ungern hineinversetzen möchte, Authentizität verliehen hat.

Und, das muss zu ihrer Verteidigung einfach angemerkt werden, dass sie ein willfähriges Instrument in den Händen ihres Ehemannes Erich war, ist aber schließlich, so ist zu ahnen und sicher auch die Intention der Autorin, eher dessen diabolischen Künsten, sich Menschen gefügig zu machen, zuzuschreiben, als einer ihr attribuierten Naivität oder sogar Schwäche.

Wünschen wir der Romanfigur also, so wir gerne ihre Geschichte weiterdenken möchten, dass sie den Albtraum, in dem sie so lange gefangen war, überwinden und zu einem selbstbestimmten Leben zurückfinden und dass die sprichwörtliche Zeit tatsächlich alle Wunden heilen möge – was der wie gewöhnlich nicht explizite Schluss, liest man ihn richtig, auch verspricht!

Veröffentlicht am 10.03.2020

Dackel Bruno sorgt für Verwirrungen

Brunooo!
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Gewiss, Marlas Dackel Bruno ist ungezogen! Aber kann man es ihm verdenken? Er musste mit Marla und ihrer Familie nicht nur sein gewohntes Revier verlassen, sondern darüber hinaus auch von lieben alten ...

Gewiss, Marlas Dackel Bruno ist ungezogen! Aber kann man es ihm verdenken? Er musste mit Marla und ihrer Familie nicht nur sein gewohntes Revier verlassen, sondern darüber hinaus auch von lieben alten Gewohnheiten Abschied nehmen. Da er jetzt in einem Haus mir Garten lebt, wurde auch gleich beschlossen, dass er von nun an, anstatt es drinnen, wo er doch unumschränkter Herrscher war, so richtig gemütlich zu haben, in eine Hütte nach draußen verfrachtet wurde! Marlas Vater hatte das angeordnet, denn schließlich ist er allergisch gegen Hundehaare. Marla aber mutmaßt, dass der Vater der Umzug in das Haus seiner verstorbenen Mutter gut zupass kam – um Bruno nicht mehr in eben diesem Haus haben zu müssen! Und dabei ist er doch sowieso dauernd auf Reisen in seinem neuen Job! Bruno jedenfalls ist ganz verwirrt – und da macht man schon mal Dinge, die sich nicht gehören, wie im Gemüsebeet der Nachbarin Fratzke buddeln, den Postboten angreifen, wie sich das für einen richtigen Hund gehört, beim Metzger Würstchen stehlen, was doch ganz normal ist, wenn der nicht von sich aus auf den Gedanken kommt, die Würstchen freiwillig herzugeben, oder den Pfannkuchenteig für das Mahl, auf das sich Marla so gefreut hat, auf dem Boden landen lassen, was ein probates Mittel ist, um, als vernachlässigter Hund, auf sich aufmerksam zu machen....
Gewiss trägt auch Marla selbst ihren Teil dazu bei, dass alle Welt sich über ihren geliebten Dackel aufregt; sie liebt ihn sehr, daran liegt es also nicht, aber im Moment spielt er eher eine Nebenrolle in ihrem Leben, denn sie ist zu sehr mit sich selbst beschäftigt, ist noch nicht wirklich angekommen in ihrem neuen Zuhause, konnte in der Schule noch keinen Anschluss finden und muss zu allem Überfluss auch noch, von ihrer leicht verpeilten Schriftsteller-Mutter angeordnet, die Ferien in einem Schreibcamp verbringen, mit dessen geforderten Beiträgen sie sich zunächst schwer tut.
Doch dann kommt ihr der zündende Gedanke: sie beginnt, Brunos Schandtaten in Reimform zu verpacken – und sofort wird ihr die Aufmerksamkeit aller zuteil. Als sie sich dann mit Finn aus der Parallelklasse, der auch an dem Ferienschreibkurs teilnimmt, anfreundet, scheint es so, als könnte sie sich endlich langsam einleben, denn zu zweit macht doch alles viel mehr Spaß!
Leider aber hat sich Bruno inzwischen Feinde gemacht – und die versuchen mit allen Mitteln, den vorwitzigen kleinen Hund aus dem Verkehr zu ziehen! Wie gut, dass Finn Marla zur Seite steht und ihr dabei hilft, das Knäuel von Verdächtigungen und daraus resultierenden Missverständnissen aufzulösen – und nicht nur Bruno zu retten, sondern auch seine Feinde auf den rechten Weg zu führen....
Ein hübsches Kinderbuch ist der Autorin da gelungen – woran freilich auch die Illustratorin ihren Anteil hat. Die Geschichte ist durchweg sehr ansprechend bebildert, wobei dies nie überhand nimmt. Die Erzählung selbst steht immer im Mittelpunkt, die Illustrationen bilden die ideale Ergänzung und machen eine angenehm runde Sache aus Brunos Geschichte, die im Übrigen sehr glaubhaft ist, wie jeder Dackelbesitzer bestätigen kann. So sind sie in der Tat, die pfiffigen kleinen Hunde! Darüber hinaus gefällt auch die Sprache, die freundliche und spaßige Art des Erzählens, das die Autorin das Mädchen Marla, das so viel fürs Reimen übrig hat, selbst übernehmen lässt. Und die spricht so, wie sich das für eine ganz normale Neunjährige gehört, was sie mit den jungen Lesern gleich auf Augenhöhe sein lässt. Auch ihr Freund Finn ist authentisch – Bruno sowieso! Nicht recht warm werden jedoch kann ich mit den blass bleibenden Erwachsenen, von denen zumindest zwei eine nicht unwichtige Rolle spielen, und denen ich klarere Konturen gewünscht hätte. Dennoch sind das nur geringfügige Kritikpunkte an einem erfreulichen Kinderbuch, das am Ende sogar Anlass zum Nachdenken bietet, denn es zeigt auch auf, dass man niemanden vorschnell be- oder gar verurteilen sondern stattdessen doch besser ein wenig hinter die Fassade der Menschen und ihrer Beweggründe schauen sollte!

Veröffentlicht am 09.03.2020

Krimi mit Atmosphäre

Mord auf Vlieland
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Für seinen ersten Krimi um die Protagonistin Griet Gerritsen, eine eigenwillige Kommissarin mit recht sperriger Persönlichkeit, mit der sie sich nur allzu oft selber im Wege steht, hat sich der Autor einen ...

Für seinen ersten Krimi um die Protagonistin Griet Gerritsen, eine eigenwillige Kommissarin mit recht sperriger Persönlichkeit, mit der sie sich nur allzu oft selber im Wege steht, hat sich der Autor einen Ort ausgesucht, den man zunächst einmal nicht in Verbindung bringt mit düsteren Kriminalfällen: die – wie es der Titel bereits verrät – holländische Insel Vlieland, die zweitkleinste der fünf bewohnten Westfriesischen Inseln mitten im Wattenmeer, ein Paradies für Naturliebhaber mit einer ausgedehnten Dünenlandschaft, dem Vliehors, auch „Sahara des Nordens“ genannt, sowie einer für die nur zwölf Kilometer lange Insel beachtlichen Waldfläche.
Dass die vordergründig idyllische Insel Rätsel, gar dunkle Geheimnisse birgt, wird der Ermittlerin „auf Bewährung“, deren neuer Chef nur auf einen – erneuten! - Fehler ihrerseits wartet, um sie endgültig kaltzustellen, schnell klar, nachdem sie mit ihrem Team, dem sympathischen und äußerst gelassenen Kollegen Pieter und der jungen Noemi, die mit ihrem Übereifer und ihrer eigenmächtigen Unbedachtheit – darin Griet nicht unähnlich – ein potentielles Risiko darstellt, auf der Insel angekommen ist, um den Tod des augenscheinlich höchst geachteten Vlieland-Bürgers und Hoteliers Vincent Bakker zu untersuchen.
Niemand allerdings möchte so richtig trauern um den feinen Herrn, dem da so unzeitig der Garaus gemacht wurde – was nur allzu verständlich ist, wie Griet und ihre ungewöhnlich kleine Ermittlereinheit sehr bald feststellen. Der Ermordete war nämlich alles andere als ein Ehrenmann und nicht wenige hätten Grund genug gehabt, ihn ins Jenseits zu befördern!
Es ist nicht leicht, Licht ins Dunkel zu bringen, aber Griet ist nicht nur unkonventionell-eigensinnig, sondern auch zäh und furchtlos und außerdem, wie der Leser sich im Laufe der Handlung überzeugen kann, eine sehr fähige Kriminalistin mit glasklarem Verstand und beträchtlichen deduktiven Fähigkeiten. Dass sie nach all den persönlichen Unbillen in ihrem Leben, über die der Leser ansatzweise in Kenntnis gesetzt wird, immer noch so hervorragend funktioniert, nimmt fast wunder!
Nach einigen Rückschlägen und einer falschen Fährte kommt ihr schließlich Freund Zufall oder das kleine Quäntchen Glück, für das auch die gewieftesten Kommissare dankbar sind, zu Hilfe und sie beginnt, das Geflecht aus Geheimnissen, Halbwahrheiten und ganz offensichtlichen Lügen zu durchschauen und am Ende den Mord an dem, wie man ihr zu Anfang glauben machen wollte, geachteten Hotelbesitzer aufzuklären, dessen Wurzeln, so viel darf verraten werden, weit in die Vergangenheit zurückreichen....
Die Lösung des Falles, der im Mittelpunkt des spannenden Krimis steht, bei dem auch die menschliche Komponente nicht zu kurz kommt und der zu meiner Genugtuung wunderbar ohne detailliert beschriebene blutige Szenen, die ich ohnedies grundsätzlich für überflüssig halte, auskommt, war letztendlich nicht unbedingt überraschend. Sie zeichnete sich ganz allmählich ab, so wie sich der gesamte Kriminalroman allmählich und gemächlich und ohne Knalleffekte ( auch überflüssig! ) entwickelte. Was aber die Kommissarin mit ihrem Wissen machte, das ist wirklich ungewöhnlich, das ist etwas, das nicht zu erwarten war, aber sehr stimmig ist, haargenau passt zu ihrer nicht alltäglichen, keinerlei Stereotypen entsprechenden Persönlichkeit. Und damit geht sie tatsächlich einmal konform mit dem, was unausgesprochen von ihr erwartet wird – und dies von oberster Stelle!
Griets Handlungsweise befriedigt also am Ende doch noch - auch wenn man sie vielleicht nicht durchgängig verstehen kann - wie das die gesamte Geschichte tut. Nicht nur überzeugt der Fall an sich, der so logisch und mit Bedacht aufgebaut ist, und in dem der Autor eine Reihe von Akteuren auftreten lässt, die authentisch sind, denen man auch im wirklichen Leben ohne weiteres begegnen könnte, die sich so verhalten, wie das normale Menschen nun einmal tun, sondern er passt sich darüber hinaus harmonisch - wenn man diesen Begriff bei einem Krimi überhaupt verwenden kann - ein in die vom Autor so ansprechend-intensiv geschilderte Watteninsel, wobei er den Leser gleichsam mitnimmt, ohne dass diese durch die geschilderten Ereignisse ihren Zauber verliert und zu einem Ort wird, den man am liebsten meiden möchte. Sie bleibt seltsam unberührt, unbefleckt von all dem Unguten, das auf ihr geschehen ist!
Alles passt an diesem Kriminalroman, nichts stört die Harmonie seiner Komposition. Und wenn der Autor sich obendrein noch immer wieder der holländischen Sprache bedient, indem er Wörter oder ganze Sätze einflicht, über deren Bedeutung man nicht lange zu rätseln braucht – dann ist das sozusagen das Tüpfelchen auf dem „i“, dann hat man mitunter schon das Gefühl, etwas mehr zu sein als nur Leser oder Zuschauer, sondern vielmehr ein winzig kleiner Teil der Handlung selbst - und der schönen Insel in der rauen Nordsee natürlich auch!

Veröffentlicht am 09.03.2020

Großmutters Schokoladenkuchen mit Zauberzucker

Drei Freundinnen im Wunderland: Die Zauberbäckerei
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Zunächst einmal – das kleine Büchlein ist wunderschön aufgemacht! Auf 108 zartrosa und freundlich illustrierten Seiten erfreut es kleine Mädchen, denn an die richtet es sich, mit einer weiteren Reise ins ...

Zunächst einmal – das kleine Büchlein ist wunderschön aufgemacht! Auf 108 zartrosa und freundlich illustrierten Seiten erfreut es kleine Mädchen, denn an die richtet es sich, mit einer weiteren Reise ins Wunderland, in dem König Frohgemut herrscht, der allerdings von seiner Schwester mit dem aussagekräftigen Namen Malfiesa aus Eifersucht mit einem Fluch belegt wurde, der ihn langsam aber sicher in eine Stinkkröte verwandelt. Die einzige Chance, ihn vor einem solchen Schicksal zu bewahren, liegt in einem besonderen Gegenmittel, das aus sechs ebenso besonderen, weil phantastischen Zutaten besteht. Und diese zu besorgen obliegt den drei Freundinnen Jasmin, Juli und Mia, die mit Hilfe eines Kästchens vom Schulflohmarkt ins Wunderland gezaubert worden waren, wo sie der Elfe Elfi begegnet sind, deren Tante Rosmarin das Zaubermittel herstellt. Nachdem die erste Zutat, die Blubberbienen-Honigwabe, bereits gefunden wurde, machen sich die Mädchen auf ihre nächste Reise, die sie dahin schickt, wo es, wie ein Gedicht sagt, „alles gibt, was eine Kuchenfreundin liebt“. Nicht schwer, denken sich die Freundinnen, das kann nur eine Bäckerei sein! Und in der Tat, die nächste Zauberzutat ist der Zauberzucker vom silbernen Zuckerbaum im Hof der Bäckerei, den es nur einmal im Jahr zu ernten gibt, nämlich zum Abschluss des jährlichen Zauberbäckerei-Backwettbewerbs.
Anfangs erscheint den Freundinnen der Auftrag leicht, denn sie werden von den Bäckermeistern, ihres Zeichens Elfen, die ihren König verehren, sehr freundlich begrüßt und erhalten das Versprechen, sich von dem magischen Zucker so viel nehmen zu dürfen, wie sie wollen. Doch niemand hat mit Malfiesa gerechnet, die ihre Augen und Ohren überall hat und die Bäckerelfen flugs ebenfalls mit einem Fluch belegt, der aus den fröhlichen Gesellen bösartige Grantler macht, von denen keine Hilfe mehr zu erwarten ist. Also beschließen Jasmin, Mia und Juli, selbst an dem Backwettbewerb teilzunehmen – mit einem besonderen Rezept, dem Schokoladenkuchen von Jasmins Großmutter! Aber ob der konkurrieren kann mit den phantastischen Kreationen der Meisterbäcker? Die Freundinnen haben große Zweifel – und als dann noch Malfiesas Spione, die abscheulichen Sturmbolde auftauchen, um ebenfalls am Wettbewerb teilzunehmen, in Wirklichkeit aber, um nach Herzenslust zu sabotieren und jede Menge Unfrieden zu stiften, wird’s brenzlig! Die Mädchen müssen mit Elfis Hilfe ihr Bestes geben, um an den Zauberzucker zu gelangen – und um zu verhindern, dass Frohgemuts Schicksal endgültig besiegelt ist...
Reisen in Zauberwelten haben Hochkonjunktur auf dem Kinderbuchmarkt! Ganze Buchreihen sind erschienen, die ihre jungen Leser mit Magie verführen und ihre Phantasie beflügeln, die sie Zeitreisen unternehmen lassen mit Helden ihres eigenen Alters, die nicht selten zu Identifikationsfiguren werden. Daran ist nichts auszusetzen, denn die jungen Protagonisten von Serien wie „Sternenschweif“, „Das magische Baumhaus“ oder „Die Zeitdetektive“, um nur einige der herausragenderen Reihen zu nennen, haben allesamt noch ein „normales“ Leben, sind eingebettet im Hier und Jetzt, gehen zur Schule, haben die üblichen Probleme mit ihren Familien und sind auf den ersten Blick nichts Besonderes, durchschnittliche Kinder eben – die freilich mit Phantasie und Empathie gesegnet sind und in kleinen Dingen das Große sehen können, die unsichtbare Welten hinter den sichtbaren erahnen und sie als selbstverständlich hinnehmen.
Die drei Mädchen Jasmin, Juli und Mia bilden da keine Ausnahme! Sie sind nette Kinder, haben ihre alltäglichen Pflichten, die sie nicht hinterfragen, weil es ja doch nichts ändert; ihre magische Nische finden und ihre Begegnung mit der anderen Welt, dem Wunderland, nutzen sie, um zu helfen, um ihren Beitrag zu deren Bewahrung zu leisten.
Nichts aufregend Neues ist die Reihe um die „Drei Freundinnen im Wunderland“, aber sie hat Herz, denn sie zeigt keine abgeklärten, handysüchtigen, obercoolen Kids, um im passenden Jargon zu bleiben, die bereits frühzeitig blasiert durch ihr nichtssagendes Leben staksen, sondern freundliche und hilfsbereite Kinder, die nicht dauerhaft nur mit sich selbst beschäftigt sind, die niemanden brauchen, der ihre Freizeit straff durchorganisiert, die nicht ständig bespaßt werden müssen – und für die Märchen ein ganz realer Teil des Lebens sind, denn sie wissen ganz instinktiv um deren Macht, das Leben bunter und fröhlicher zu gestalten!

Veröffentlicht am 07.03.2020

Die Dame mit der Lampe und ihr Geheimnis wahrer Größe

Das magische Baumhaus (Band 49) - Abenteuer im Tal der Könige
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Im 49. Band der Baumhaus-Serie reisen die Geschwister Philipp und Anne aus Pennsylvania, nicht zum ersten Mal, nach Ägypten! Diesmal allerdings in die vergleichsweise „junge“ Vergangenheit, nämlich zurück ...

Im 49. Band der Baumhaus-Serie reisen die Geschwister Philipp und Anne aus Pennsylvania, nicht zum ersten Mal, nach Ägypten! Diesmal allerdings in die vergleichsweise „junge“ Vergangenheit, nämlich zurück ins Jahr 1849 anstatt in die Zeit der Pharaonen mehrere tausend Jahre vor Christus.
Zuerst war Morgan, die Bibliothekarin aus dem sagenhaften Camelot, ihre Auftraggeberin, doch seit einigen Bänden ist es der Zauberer Merlin vom Hofe König Arthurs höchstpersönlich, der den Kindern Missionen anvertraut, bei denen es entweder um die Rettung des magischen Reiches Avalon geht oder die einer historischen Persönlichkeit, oder, wie im vorliegenden Band, um ein Geheimnis, das es herauszufinden gilt. Seit Band 47 sollen die Geschwister vier berühmte Personen treffen, um von ihnen das Geheimnis wahrer Größe zu erfahren. Nachdem sie bereits Alexander den Großen in Mazedonien und nach ihm den großen Magier und Entfesselungskünstler Harry Houdini kennengelernt haben, geht es nun um eine Frau namens Florence Nightingale, eine ganz besondere Frau, die ihr Leben der Pflege und Fürsorge für die Kranken und die Kriegsverletzten gewidmet hatte. Tatsächlich gilt sie als Begründerin der modernen Krankenpflege und wurde während des Krimkrieges als „Lady with the lamp“ bekannt, weil sie des Nachts auf ihren Kontrollgängen die Verwundeten mit einer Lampe in der Hand besuchte, um ihnen Trost zu spenden.
Besonders Anne ist sehr angetan von der bedeutenden Frau und kann es folglich kaum erwarten, sie endlich persönlich kennen zu lernen. Zusammen mit ihrem besonnenen Bruder Philipp begegnet sie Florence Nightingale mitten in einer Sinnkrise, die im Übrigen historisch verbürgt ist, denn sie schrieb während ihres Ägypten-Aufenthalts in Theben Tagebücher, als sie an sich und dem Leben zweifelte und keine rechte Vorstellung von ihrer, durch die Konventionen jener Zeit bestimmten, Zukunft hatte und ihr schon gar nicht klar war, dass sie, was Anne und Philipp natürlich wussten, einmal eine berühmte Person der Geschichte werden würde.
Dementsprechend wenig erbaut ist sie auch über die Annäherungsversuche der Kinder aus Pepper Hill; sie möchte alleine sein, möchte in Ruhe nachdenken. Unbeirrt jedoch bleiben Philipp und Anne der unglücklichen Frau auf den Fersen, zum einen bestrebt, Merlins Mission zu erfüllen und zum anderen interessiert daran herauszufinden, warum sie denn so abweisend ist. Dabei geraten sie natürlich – und diesmal ist das nicht, wie in den Vorgängerbänden, Annes Eigenmächtigkeit zu verdanken – in ernste Schwierigkeiten, die Wüste und deren Gefahren sträflich unterschätzend. Ja, und dann kommt Hilfe von unerwarteter Seite – uns sie finden schließlich auch das dritte Geheimnis wahrer Größe!
Mary Pope Osbornes Serie „Das magische Baumhaus“, mit der sie in den 90er Jahren begonnen hat, ist zu Recht eine der erfolgreichsten Kinderbuchreihen. Die Verbindung von interessanten Sachinformationen mit spannender Unterhaltung gelingt der Autorin zumeist hervorragend. Doch vielleicht nutzen sich auch Erfolgsrezepte ab?! Bereits die Bände vor der Geschichte um Florence Nightingale konnten mich nicht recht überzeugen, irgendetwas fehlte, schmeckte fad – ganz so, als sei der alte Schwung dahin. So wirkt die Handlung des zu besprechenden neuen Abenteuers insgesamt mühsam konstruiert, ist langatmig und die Dialoge sind so nichtssagend wie langweilig und schlichtweg überflüssig. Und diejenige, die eigentlich die Hauptperson sein und im Mittelpunkt stehen sollte, taucht nur ganz am Rande auf und ist dann nicht einmal sonderlich sympathisch. Man fragt sich unwillkürlich, wie diese schroffe Frau zu einer so hoch verehrten Heldin hatte werden können. Es erscheint mir überdies ungünstig, die beiden braven Musterkinder Philipp und Anne – denn das sind sie ganz gewiss, obschon Anne auch recht eigensinnig sein kann! - auf eine Florence Nightingale treffen zu lassen, die noch auf der Suche ist nach ihrer wahren Bestimmung, die zerrissen ist und frustriert von den Einschränkungen, denen junge Frauen ihrer Zeit unterworfen waren. Aber wie hätte die Alternative ausgesehen? Zwar haben Philipp und seine Schwester schon einige gefahrvolle Reisen unternommen, nie zuvor aber waren sie auf einem echten Kriegsschauplatz. Und ob es den amerikanischen Lesern – denen vor allem! - gefallen würde, die jungen Helden mitten im Kriegsgetümmel auf der Krim anzutreffen, der Zeit nämlich, als Florence Nightingale ihre Berufung schließlich gefunden hatte, muss bezweifelt werden...
Also bleibt eine lauwarme Geschichte mit einer blassen Heldin, von der man sich nicht recht vorzustellen vermag, dass sie jemals zu einer solchen werden könnte und die sicher auch kein Interesse an einer näheren Bekanntschaft mit der später so umtriebigen und, wie bezeugt ist, ebenso faszinierenden Britin wecken konnte! Bleibt zu hoffen, dass die Amerikanerin Mary Pope Osborne in den folgenden Bänden wieder zu ihrer alten Form zurückfinden möge!