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Veröffentlicht am 29.12.2021

Märchen für Buchliebhaber

Der Buchspazierer
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Ich wollte es nicht lesen! Nachdem ich eine recht niederschmetternde Besprechung im Podcast eatreadsleep vom NDR (Folge 31) gehört hatte, war ich froh, es noch nicht erstanden zu haben. Aber dann hat es ...

Ich wollte es nicht lesen! Nachdem ich eine recht niederschmetternde Besprechung im Podcast eatreadsleep vom NDR (Folge 31) gehört hatte, war ich froh, es noch nicht erstanden zu haben. Aber dann hat es mir eine liebe Freundin im Sommer zum Geburtstag geschenkt, ich habe innerlich gestöhnt und war verzweifelt und habe mich dann doch über die Feiertage aufgerafft, damit es vom SUB herunterkommt.

Und was soll ich sagen, ich habe es an zwei Abenden mit großem Vergnügen durchgelesen. Eine herrlich klebrige Geschichte über einen alten Buchhändler, der einige ausgewählte Stammkunden mit einem Bücherbringservice verwöhnt. Herr Kollhoff kennt ihre Vorlieben und versorgt sie mit genau der Literatur, die sie sich wünschen. Denkt er zumindest, bis ein neunjähriges Mädchen ganz andere Ideen hat und das Leben aller Buchliebhaberinnen und Buchliebhaber in diesem kleinen Roman (222 Seiten) durcheinanderbringt.

Klar ist es kitschig, klar ist es unglaubwürdig und klar ist es teilweise unlogisch. Aber es ist wirklich ein schönes Lesevergnügen und passte für mich genau in die Weihnachtszeit. Ein Märchen für erwachsene Buchfreunde; einfach in die kleine Welt von Carl Kollhoff eintauchen und den Alltag ausblenden. "Jeder Mensch braucht andere Bücher. Denn was der eine aus tiefstem Herzen liebt, das lässt den anderen völlig teilnahmslos." (S. 89) Für mich ist es immerhin ein Vier-Sterne-Buch geworden.

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Veröffentlicht am 23.12.2021

Königliches Lesevergnügen

Die souveräne Leserin
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Die Queen verirrt sich auf der Suche nach ihren bellenden Corgis auf den Küchenhof des Palastes. Dort steht, wie jeden Mittwoch, der Wagen der fahrenden Bibliothek der City of Westminster. Aus Verlegenheit ...

Die Queen verirrt sich auf der Suche nach ihren bellenden Corgis auf den Küchenhof des Palastes. Dort steht, wie jeden Mittwoch, der Wagen der fahrenden Bibliothek der City of Westminster. Aus Verlegenheit entleiht die Queen ein Buch und setzt damit eine Leseleidenschaft in Gang, die nicht nur den Palast in Erstaunen versetzt, sondern auch Besorgnis auslöst. Unterstützt von ihrem Bücherbeauftragten Norman, einem ehemaligen Küchenangestellten, liest sich die Monarchin durch die Epochen und rund um die Welt. Sie, die eigentlich alles gesehen und miterlebt hat, ist fasziniert von den Möglichkeiten der Literatur.

Bennett stellt neben der Entwicklung von einer unerfahrenen zu einer souveränen Leserin (so der deutsche Titel) auch eine hoch sympathische Königin vor. Mit dem für Briten typisch trockenem Humor läßt er sie die neu entdeckte Leseleidenschaft gegenüber dem verschreckten Personal, internationalen Gästen und selbst dem Premierminister selbstsicher und ungefragt verbreiten.

Nimmt die Queen zu Beginn des schmalen Büchleins (120 Seiten) noch empfohlenen Lektüre an, geht sie bald dazu über, ihren Lesestoff selbst auszuwählen, um dann ihrerseits (nachdrücklich) Bücher zu empfehlen. Schließlich setzt sie sich intensiv mit den Werken auseinander und macht sich umfangreiche Notizen. Bei einem Bankett muss sie jedoch auch erkennen: "Authors, she decided, were probably best met with in the pages of their novels, and were as much creatures of the reader's imagination as the characters in their books." (S. 53) - Das Lesen verändert ihre Sicht auf die Dinge.

Ein vergnügliches und schlaues Buch hat Bennett hier geschrieben, das man problemlos in einem Rutsch lesen kann. Eine Hommage an die Kraft der Literatur, die selbst eine Queen aus der Bahn werfen kann. Fünf Sterne.

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Veröffentlicht am 22.12.2021

Eine lebenslange Liebe

Fritz und Emma
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"Fritz und Emma" ist mir mehrfach empfohlen worden und nun habe ich es endlich auch gelesen.

Als Jakob Eichendorf neuer Pfarrer in Oberkirchbach wird, geht für den jungen Mann ein Traum in Erfüllung. ...

"Fritz und Emma" ist mir mehrfach empfohlen worden und nun habe ich es endlich auch gelesen.

Als Jakob Eichendorf neuer Pfarrer in Oberkirchbach wird, geht für den jungen Mann ein Traum in Erfüllung. Für seine Frau Marie jedoch weniger, denn das kleine Örtchen irgendwo in der Pfalz ist ziemlich trostlos, farblos und dämmert vor sich hin. Auch die Bewohner sind speziell. Da gibt es z.B. den alten Fritz Draudte und die ebenso alte Emma Jung, die jeweils an einem Ende des Dorfes wohnen und seit Jahrzehnten nicht mehr miteinander gesprochen haben; die ein Geheimnis teilen, das sie einst entzweit hat. Unversehens findet sich Marie im Festkomitee zur 750-Jahr-Feier von Oberkirchbach wieder. Ein Jubiläum, das sie zunächst herzlich wenig interessiert, denn eigentlich möchte sie so schnell wie möglich wieder raus aus Oberkirchbach. Wenn da nicht Jakob wäre. Und Fritz und Emma. Und ihr Geheimnis. Ja, und dann wirbelt die Frau Pfarrer den Ort ordentlich durcheinander.

Was sich wie eine leichte Unterhaltungslektüre anhört, ist auch eine. Aber mehr will der Roman ja auch gar nicht sein. Den Beginn empfand ich zunächst als sehr, sehr leicht, aber dann kam die Geschichte genauso in Fahrt, wie Marie. Die Charaktere bleiben allerdings etwas flach und auch der Beweggrund, warum Emma und Fritz fast siebzig Jahre nicht mit einander gesprochen haben, mutet - bei aller Dramatik - etwas schwach an. Daher wirken auch die Lebensläufe der beiden nach 1949 objektiv gesehen, unglaubwürdig. Aber sei's drum. Der Roman liest sich flott und man hatte das Örtchen und seine Bewohnerinnen und Bewohner genau vor Augen. Die Geschichten von Fritz von Emma und Marie und Jakob werden abwechseln erzählt und so erfahren die Leser immer mehr aus der Vergangenheit, die sich bis in die Gegenwart auswirkt.

Die Geschichte konnte mich trotz allem fesseln, auch wenn von Beginn an klar war, wie es ausgehen wird. Es hat einerseits Spaß gemacht zu lesen, wie dem verschlummerten Ort wieder Leben eingehaucht wird und andererseits hat mich die Handlung zu Tränen gerührt - mehrfach. Das liegt aber auch immer daran, in welcher Situation man so eine Geschichte liest. Bei mir passte es gerade ...

Wer auf der Suche nach einer unterhaltsamen, leichten Lektüre ist, die zugleich traurig, lustig und mutmachend ist, der sollte bei "Fritz und Emma" zugreifen. Für das Genre sind alle Voraussetzungen erfüllt, daher vergebe ich - trotz der Kritik - vier sehr gute Sterne.

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Veröffentlicht am 17.12.2021

Gerichtsthriller der Extraklasse

Thirteen
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Vorab: Der Thriller war richtig, richtig gut!

Eddie Flynn ist Strafverteidiger in New York. Er ist sympathisch, mehr oder weniger ehrlich und hat das Herz auf dem rechten Fleck. Allerdings gehört er ...

Vorab: Der Thriller war richtig, richtig gut!

Eddie Flynn ist Strafverteidiger in New York. Er ist sympathisch, mehr oder weniger ehrlich und hat das Herz auf dem rechten Fleck. Allerdings gehört er nicht zur oberen Riege seiner Zunft. Ganz anders Bobby Solomon, er ist Teil der ersten Garde von Hollywood-Superstars und ist des Doppelmordes angeklagt. Ganz großes Pech, denn alle Beweise sprechen gegen ihn. Er beteuert seine Unschuld und zu seinem Glück glaubt Eddie dem jungen Mann.
Da gibt es jedoch im Hintergrund jemanden, der die Fäden zieht und zwar extrem geschickt und skrupellos. Ich spoilere nicht, wenn ich schreibe, dass er in der Jury sitzt, die über diesen Fall entscheiden soll, denn das steht auch auf dem Klappentext. Wie er dahin gekommen ist? Ganz großes Kino!

Eddi Flynn ist ein wirklich cooler Charakter. Extrem entspannt, ironisch und wirklich super sympathisch. In seinem vorherigen Leben war der Trickbetrüger - macht sich immer gut, wenn man auf sowas zurückgreifen kann.
Die Handlung wird parallel auf zwei Ebenen erzählt, die sich aber deutlich unterscheiden lassen: Eddie spricht in der Ich-Perspektive und dann haben wir da den wirklich fiesen Serienkiller, dessen Part durch einen personalen Erzähler berichtet wird. Die Geschichte springt zwischen beiden Perspektiven hin und her und das macht das Buch unheimlich spannend. Der Autor hat einen flotten Schreibstil und läßt die Leser*innen auch am Innenleben der Charaktere teilhaben. Nach dem Prolog beginnt die Handlung an einem Montag und endet am folgenden Freitag. Eine Arbeitswoche, die es wirklich in sich hat.
Mir hat die Geschichte richtig gut gefallen. Die Idee, dass ein Serienmörder in einer Jury sitzt, ist klasse umgesetzt und es gibt reichlich Stoff zum Mitfiebern.
Ich lese unheimlich gerne Szenen, in denen der überheblichen und unsympathischen Partei vor Gericht ein unschlagbarer Zeuge oder ein unumstößliches Beweisstück um die Ohren fliegt. Davon gibt es einige in diesem Thriller.

Das Buch hat mich sehr gut unterhalten und ich habe es wirklich schnell gelesen. Steve Cavanagh ist selbst Anwalt und läßt seinen Helden Flynn hier schon im vierten Band unterwegs sein. Die Serie war mir bisher völlig entgangen. Dieser Teil ist aber problemlos ohne Vorkenntnisse lesbar. Auf jeden Fall werde ich mir die anderen Teile auch noch holen. Eine klare Leseempfehlung für Thriller-/Gerichtsthrillerfans. Fünf Sterne für Eddie Flynn.

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Veröffentlicht am 13.12.2021

Mord in der Literaturwelt

In ewiger Freundschaft (Ein Bodenstein-Kirchhoff-Krimi 10)
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Bereits seit zehn Bänden verfolgen wir die Fälle von Pia Sander und Oliver von Bodenstein. Für diesen "Jubiläumsband" hat sich die Autorin ein besonderes Setting ausgesucht.

Eine verschwundene Frau läßt ...

Bereits seit zehn Bänden verfolgen wir die Fälle von Pia Sander und Oliver von Bodenstein. Für diesen "Jubiläumsband" hat sich die Autorin ein besonderes Setting ausgesucht.

Eine verschwundene Frau läßt das Ermittlerteam tief in die Welt der Bücher, Autorinnen und des Verlagswesens eintauchen. Aus dem Vermisstenfall wird sehr schnell ein Mordfall und jedes Gespräch mit der Polizei scheint neue Ungereimtheiten ans Licht zu bringen. Abhängigkeiten, alte Rechnungen, Liebe und Hass wurden lange unter den Teppich gekehrt, bis Pia und Oliver den Verlag, die Verlegerfamilie und zahlreiche andere Personen aus deren Umfeld genau unter die Lupe nehmen. Wer hat was zu verbergen? Es bleibt nicht bei einem Mord, um das Geheimnis zu hüten.

Zunächst macht das Setting des Romans unheimlich Spaß. Es gibt skurrile Typen (der einbeinige Kranich) und reichlich Anspielungen auf tatsächliche Kritiker, Autoren etc. Da Henning, Pias Ex-Mann und Leiter der Rechtsmedizin in Frankfurt, selbst unter die Krimiautoren gegangen ist, gibt es zahlreiche Querverbindungen. So wird Henning mit Prof. Boerne aus dem "Tatort" verglichen und Hennings Bücher haben die Titel von Taunus-Romanen von Nele Neuhaus. Da geht es kreuz und quer und Realität und Fiktion sind auf verschiedenen Ebenen verzahnt, ebenso wie Fiktion und Fiktion. Da wird z.B. Oliver Bodenstein eine Ähnlichkeit mit dem Schauspieler Tim Bergmann nachgesagt, der ja auch in den Verfilmungen die Rolle des Oliver spielt. Indem Henning in seinen Kriminalromanen Fälle von Pia und Oliver "verarbeitet", haben die beiden Charaktere quasi in Hennings Büchern ein zweites literarisches Leben als Baron von Buchwaldt und Kommissarin Gevenkamp. Kurz und gut, es gibt im ersten Teil reichlich Stoff zum Schmunzeln. In der Mitte des Romans nehmen einige Längen das Tempo raus, das aber zum Ende hin mit einem rasanten Showdown wieder deutlich anzieht. Es gibt lediglich eine Szene, die für mich über das Ziel hinausgeschossen ist (Stichwort: Brot).

Insgesamt unterhält der Krimi sehr gut. Nele Neuhaus schreibt gewohnt flott und glaubhaft, so dass man der Geschichte gerne folgt. Aber es gibt dieses Mal wirklich reichlich Charaktere und Beziehungen, daher ist das vorangestellte Personenregister sehr hilfreich. Gelegentlich muss man sich veranschaulichen, wer wer ist, wer was weiß und wer mit wem wie befreundet oder verwandt ist. Der Kriminalfall ist nahezu durchweg spannend und wendungsreich. Die Literaturszene sorgt für den nötigen Humor und das Privatleben von Oliver für einige heftige Aufreger.

Der Krimi läßt sich auch ohne Vorkenntnisse lesen, aber Fans haben sicherlich Freude an den Hinweisen auf die alten Fälle. Die Erwartungen an den 10. Band der Taunus-Reihe hat Nele Neuhaus für mich voll erfüllt, dafür gibt es fünf Sterne.


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