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Veröffentlicht am 14.04.2020

Ein akustischer Profiler im Gefängnis und eine Podcasterin, die ihn retten will

Auris
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Das Cover ist simpel und doch sehr treffend gestaltet. Der titelgebende Name des Protagonisten ( Auris, lat. Ohr) steht in einer angedeuteten Schallwelle bzw. einer Soundwave, die in Prägedruck dargestellt ...

Das Cover ist simpel und doch sehr treffend gestaltet. Der titelgebende Name des Protagonisten ( Auris, lat. Ohr) steht in einer angedeuteten Schallwelle bzw. einer Soundwave, die in Prägedruck dargestellt ist.

Vincent Kliesch hat Prof. Matthias Hegel nach einer Idee von Sebastian Fitzek zum Leben erweckt. Gleich in der Eingangsszene kann der forensische Phonetiker sein außergewöhnliches Gehör unter Beweis stellen und ein mögliches Blutbad verhindern. Dann geht er ins Gefängnis. Er gibt zu, eine Obdachlose umgebracht zu haben. Jula (ohne „i“) ist eine Berliner Radiomoderatorin und Podcasterin, die mit einer brutalen Szene im Buch eingeführt wird. Sie glaubt nicht an die Schuld des charismatischen Hegel und versucht alles, um mit ihm ins Gespräch zu kommen. Als dies schließlich gelingt wird eine Kette von Ereignissen in Gang gesetzt, die Tote fordert und auch Jula in höchste Gefahr bringt.

Kliesch hat einen erstaunlichen Charakter mit verblüffenden Fähigkeiten erschaffen. Dass es eine solche kriminalistische Disziplin wie forensische Phonetik tatsächlich gibt, war mir unbekannt. Eine überraschende Idee, die ganz spezielle Möglichkeiten für einen Thriller bietet. Auch die Podcasterin Jula ist als Charakter spannend. Ihre schrecklichen Erlebnisse in Argentinien sind wichtige Impulsgeber für den Fortgang der Handlung in Berlin.

Der Thriller konnte von Beginn an fesseln und hat mich sehr gut unterhalten. Ganz in fitzekscher Manier gibt es viele kurze Kapitel (hier 79), die oft mit einer neuen Erkenntnis, einer überraschenden Wendung oder einem Cliffhanger enden. Das ganze ist überaus flott geschrieben, manchmal für meinen Geschmack fast zu rasant. Gelegentlich bin ich mit den Entwicklungen im Buch gedanklich gar nicht hinterher gekommen, weil der spannende Inhalt keine Zeit zum Nachdenken ließ. Es gab auch einige Stellen, die nicht hundertprozentig logisch waren, aber was soll’s. Ich konnte das Buch nicht aus der Hand legen und das Ende hat mich völlig überrascht.

Der zweite Teil liegt schon bereit und ich kann kaum erwarten, mehr von Hegel und Jula zu lesen und zu erfahren, wie es weitergeht.

Fünf Thriller-Sterne für Auris und Jula.

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Veröffentlicht am 11.04.2020

Kampf gegen das schwarze Gras

Bloom
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Das giftgrüne Cover, das seine Wirkung am besten entfaltet, wenn man Vorder- und Rückseite zusammen betrachtet, zeigt bereits die Bedrohung. Die schwarzen Pflanzen wirken wie ein Maul, das den Weg in eine ...

Das giftgrüne Cover, das seine Wirkung am besten entfaltet, wenn man Vorder- und Rückseite zusammen betrachtet, zeigt bereits die Bedrohung. Die schwarzen Pflanzen wirken wie ein Maul, das den Weg in eine grüne Hölle frei gibt. Das Cover ist ein Blickfang, es ist aber ohne den Klappentext nicht klar, um was es sich hier handelt. Das Cover der englischen Originalausgabe finde ich passender.

Kenneth Oppel hat hier den ersten Band einer neuen Trilogie vorgelegt und ich sage es gleich vorweg, dem zweiten Band fiebere ich schon entgegen.



Auf der kleinen kanadischen Insel Salt Spring Island wächst urplötzlich und überall schwarzes Gras. Schnell stellt sich heraus, dass der Regen, der offenbar dafür verantwortlich war, das schnell wachsende Gras auf der ganzen Welt verteilt hat. Was zuerst nur lästig ist, wird bald zur ernsten Bedrohung für die Nahrungsmittelproduktion. Zeitgleich entwickeln sich die extrem starken Allergien von Anaya und Petra, die auf Salt Spring leben, zurück. Gemeinsam mit dem Außenseiter Seth, versuchen die Mädchen hinter das Geheimnis des Grases zu kommen und begeben sich in Lebensgefahr.

Zunächst liest sich die Geschichte wie ein Ökothriller, aber nach einigen Kapitel entwickelt sich das Geschehen in eine andere Richtung. Das ist nicht unbedingt mein Lieblingsgenre, aber gut gemacht. Das Buch liest sich sehr rasant. Ständig entwickeln sich neue Bedrohungen und die Protagonisten stolpern von einer lebensgefährlichen Situation in die nächste.

Das Buch beginnt mit einem kurzen Prolog, in der das Gras bereits zu einer Bedrohung geworden ist, um im ersten Kapitel zwei Wochen in die Vergangenheit zu gehen, als alles begann. Da man als Leser*in schon weiß, was kommen wird, verfolgt man gespannt die Ereignisse und ist von Beginn an von der Geschichte gefesselt.

Gut gefallen hat mir, dass die Jugendlichen, die durch ihre Allergien bisher immer einen speziellen Stand in der Schule hatten und stark unter ihren Einschränkungen gelitten haben, nun zu den Helden mutieren.

Da es im Buch ordentlich zur Sache geht (es wird schon fies und gruselig) und auch Personen ums Leben kommen, empfehle ich es für junge Leser ab 12 Jahren.

Das Buch endet mit einem Knalleffekt und ich bin mir sicher, dass die Zielgruppe den zweiten Teil kaum erwarten kann.

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Veröffentlicht am 07.04.2020

Träume können wahr werden - unterhaltsamer Küstenroman

Küstenträume
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Marlies Folkens hat einen flotten und unterhaltsamen Schmöker geschrieben. Ich habe ihn in einem Rutsch durchgelesen.

Zwei unterschiedliche Frauen und eine gemeinsame Erbschaft: Unverhofft treffen Tanja, ...

Marlies Folkens hat einen flotten und unterhaltsamen Schmöker geschrieben. Ich habe ihn in einem Rutsch durchgelesen.

Zwei unterschiedliche Frauen und eine gemeinsame Erbschaft: Unverhofft treffen Tanja, Juristin mit Cabrio, und Judith, Mutter einer achtjährigen Tochter, bei der Testamentseröffnung von Henry Reimann aufeinander. Die beiden sind Cousinen, wussten bisher nichts von einander und haben gemeinsam einen alten Bauernhof in der Wesermarsch geerbt. Beide sind praktischerweise gerade ohne Job und Partner und starten zu einer ersten Besichtigung. Und es kommt natürlich wie es kommen muss, aber wie man es als Leser*in auch haben möchte. Umzingelt von Tieren, norddeutschen Originalen und attraktiven Herren, wollen die beiden den heruntergekommenen Hof nicht so schnell wieder verlassen.

Einige Figuren sind Standardtypen, aber das macht nichts. Ich finde, wenn man sich auf ein Buch dieses Genres einlässt, dann muss man mit diesen Stereotypen auch rechnen. Alle Charaktere sind sympathisch, es gibt keinen Fiesling in diesem Roman und am Ende wird alles gut. Marlies Folkens hat mir mit flotter Feder und Humor einige schöne Lesestunden bereitet. Ich wollte auch unbedingt wissen, wie Tanja und Judith in der Wesermarsch zurechtkommen und musste bis zum Schluss durchlesen. Flucht aus dem Alltag gelungen. Dafür gibt es fünf Sterne.

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Veröffentlicht am 05.04.2020

Ein jüdisches Emigrantenleben - von Berlin nach Palästina

Heimat los!
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Das schmale Büchlein war ein Geschenk, das schon länger darauf wartete, gelesen zu werden. Auf dem Cover ist der jüdische Autor bzw. Erzähler als kleiner Junge mit seinem Vater abgebildet. Die beiden schauen ...

Das schmale Büchlein war ein Geschenk, das schon länger darauf wartete, gelesen zu werden. Auf dem Cover ist der jüdische Autor bzw. Erzähler als kleiner Junge mit seinem Vater abgebildet. Die beiden schauen sich sehr ernst in die Augen. Das hat mich zunächst abgeschreckt, da ich mit einem tieftraurigen Schicksalsroman gerechnet hatte. Das ist das vorliegende Buch allerdings nicht.

Gerhard Granach wurde 1915 in Rheinsberg geboren. Sein Vater, Alexander Granach, wurde später ein bekannter Schauspieler. Das ermöglichte dem Sohn einige aufregende Jahre in Berlin zu verbringen, im Umfeld von zahlreichen Berühmtheiten. Als die Nationalsozialisten am Horizont auftauchen, ist es sein Vater, der ihm 1933 nach Hamburg in eine zionistische Organisation verhilft. Dort werden Jugendliche für die Auswanderung nach Palästina vorbereitet. 1936 kommt Granach als Pionier in ein Kibbuz. Aus Gerhard wird Gad und mit Tatendrang und Begeisterung stürzt er sich in die Aufbauarbeit.

Granach erzählt in lockeren, chronologischen Episoden aus seinem Leben. Dass der Text auf Gesprächen basiert, die mit Granach geführt wurden, merkt man als Leser*in sehr wohl. Das Geschriebene kommt, trotz aller Emotionen des Erzählers, eher nüchtern daher. Obwohl man das Buch sehr gut und flott lesen kann, ist es kein flüssiger Gesamttext.

In neun Kapiteln werden die Erinnerungen Granachs zusammengetragen. Von den wilden Berliner Jahren, über die Ausbildungszeit in Hamburg bis in den Kibbuz, ans Tote Meer und nach Jerusalem. Jedes Kapitel behandelt einen bestimmten Lebensabschnitt. Dabei lesen sich die Episoden über seinen Vater, den berühmten Schauspieler, ebenso spannend und interessant, wie die Begebenheiten im Kibbuz oder auf der Schmalspurbahn am Toten Meer. Zahlreiche private Fotografien begleiten den Text und machen vor allem die Pionierjahre greifbarer.

Granach erzählt nicht nur mit Humor aus seinem Leben, sondern hält auch mit seiner politischen Meinung nicht hinterm Berg. Ehrlich, deutlich und ohne Scheu, jemanden vor den Kopf zu stoßen, gibt er seine Gedanken und Beobachtungen wieder. Das Buch enthält viele kluge Sätze, die es Wert sind, dass man sie sich merkt. „Es gibt Momente im Leben, für die sich der Aufwand lohnt, aber sie gehen immer sehr schnell vorbei. Es ist doch eine Verschwendung, was wir mit unserem Leben tun.“ (Zitat, S. 101)



Ein unterhaltsamer autobiografischer Bericht eines jüdischen Emigranten mit interessanten Einblicken in die Aufbaujahre des Staates Israel.

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Veröffentlicht am 03.04.2020

Spannender Überlebenskampf

Freefall – Die Wahrheit ist dein Tod
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In Jessica Barrys Debütroman vereinen sich Überlebenskampf in der Wildnis nach einem Flugzeugabsturz und die Flucht vor unbekannten Verfolgern. Das liest sich ganz spannend, bot aber keine wirklichen Überraschungen.

Ally ...

In Jessica Barrys Debütroman vereinen sich Überlebenskampf in der Wildnis nach einem Flugzeugabsturz und die Flucht vor unbekannten Verfolgern. Das liest sich ganz spannend, bot aber keine wirklichen Überraschungen.

Ally findet sich im Wrack einer kleinen Propellermaschine wieder, abgestürzt über den Rocky Mountains. Der Pilot ist tot und Ally muss so schnell wie möglich von der Unglücksstelle fort, denn ihre Verfolger sind ihr auf den Fersen. So beginnt sie ihren tagelangen Überlebenskampf in der Wildnis. Gleichzeitig kann und will ihre Mutter Maggie nicht an den Tod ihrer geliebten Tochter glauben. Sie stellt Nachforschungen an und erfährt Dinge, die Ally für sie wie eine Fremde erscheinen lassen. Was für ein Leben hat Ally in den letzten zwei Jahren geführt?



Das Buch beginnt mit dem Absturz und Allys Flucht durch die Rockys. Dadurch ist man als Leser*in sofort im Geschehen und will natürlich auch wissen, was da eigentlich passiert ist. Die Handlung wird abwechselnd aus der Sicht von Tochter und Mutter geschildert, beide erzählen aus der Ich-Perspektive. Allys Erzählweise ist hektisch, knapp und damit gut angelehnt an ihre Situation. Maggies Passagen sind gelegentlich etwas weitschweifig und bremsen den Lesefluss ein wenig. Maggie war mir als Charakter sympathischer, vielleicht, weil ich Allys Handlungen nicht immer nachvollziehen konnte. Nach und nach erfahren wir durch die Rückschau von Ally, was letztlich zum Absturz der Maschine geführt hat. Die Kapitel sind recht kurz und lassen sich daher insgesamt flott lesen.

Mich hat das Buch trotz einiger Längen und Logiklöcher ganz gut unterhalten. Es war zwar vorauszusehen, wie das Ende ausfallen würde, ich habe es aber dennoch ziemlich schnell durchgelesen. Es ist für mich kein Riesenwurf als Thriller, hat aber durchaus vier Sterne verdient.

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