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Veröffentlicht am 25.04.2023

Eis am Stiel

Träume aus Eis
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Erna und Josef Pankhofer haben es geschafft, sie eröffnen in München eine kleine Eisdiele. Erstmals sind sie nicht mehr auf den Eiswagen angewiesen und besitzen ein besseres Zuhause. Der Start ist nicht ...

Erna und Josef Pankhofer haben es geschafft, sie eröffnen in München eine kleine Eisdiele. Erstmals sind sie nicht mehr auf den Eiswagen angewiesen und besitzen ein besseres Zuhause. Der Start ist nicht ganz einfach, aber sie schaffen es. Dann verliebt sich Tochter Frieda in den Sohn eines Konkurrenten. Ihre Schwester Lotte hingegen hat einen Unfall, von dem sie sich nur schwer schwer erholt. Der Ausbruch der Weltwirtschaftskrise bedroht die Existenz der Familie unmittelbar. Kann die Idee, Eis am Stil herzustellen, das Familienunternehmen retten?

Franziska Winkler zeichnet anhand des Unternehmens der Familie Pankhofer ein interessantes Bild der späten 1920-er Jahre in München. Die Autorin beschreibt eindrucksvoll den Kampf der Familie Pankhofer um den Erhalt ihres kleinen Eissalons. Der Leser gewinnt zudem Einblicke in die Eisherstellung, zunächst mittels einer Handkurbel anstrengend und nicht sehr ergiebig. Josef kann mithilfe eines Erbes eine elektrische Eismaschine anschaffen und experimentiert mit neuen Eissorten. Zugesagt hat mir die Figur der unerschütterlichen Haushaltshilfe Fanny, die selbstlos zur Familie steht und hilft, wo sie kann. Den bayerischen Dialekt fand ich amüsant und auch das Flair der Hauptstadt München kommt nicht zu kurz. Insgesamt war für mich die Erzählung nicht tiefgreifend genug, sondern eher oberflächlich. Das Buch enthält zudem mehrfache Namensverwechslungen. Ich vergebe für das Buch drei Sterne, es wird mir nicht in Erinnerung bleiben.

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Veröffentlicht am 22.04.2023

Auf neuen Wegen

Das Café ohne Namen
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Wien ist im Jahr 1966 in Aufbruchsstimmung, das gilt auch für den jungen Mann Robert Simon. Er bewohnt ein bescheidenes Zimmer bei einer Witwe und leistet schwere körperliche Arbeit auf einem Gemüsemarkt. ...

Wien ist im Jahr 1966 in Aufbruchsstimmung, das gilt auch für den jungen Mann Robert Simon. Er bewohnt ein bescheidenes Zimmer bei einer Witwe und leistet schwere körperliche Arbeit auf einem Gemüsemarkt. Das soll aber nicht so bleiben. Robert erweckt ein in die Jahre gekommenes Café zu neuem Leben. Ein Name für das Café will ihm jedoch nicht einfallen, so bleibt es für ihn und seine Gäste das Café ohne Namen. Daran stören sich weder Simon noch seine Gäste, die sich überwiegend aus Markthändlern und Fabrikarbeiterinnen zusammensetzen. Eigentlich handelt es sich um kein Café im herkömmlichen Sinn, Gebäck sucht man dort vergeblich. Das Angebot ist überschaubar und besteht aus Kaffee, Limonade, Bier und Wein. Als Speisen werden Schmalzbrote und eingelegte Gurken gereicht. Die einfachen Menschen aus der Wiener Leopoldtstadt sind zufrieden. Sie suchen und finden bei Simon Gesellschaft, lernen einander kennen und tauschen ihre Lebensgeschichten, Wünsche und Hoffnungen aus.

Die Sensibilität und die schlichte Sprache, mit der Robert Seethaler die Situation des jungen Robert Simon und später seiner Gäste schildert, haben mich sehr beeindruckt. Der Sprachstil ist bildhaft, ich fühle mich in das Wien des Jahres 1966 versetzt, kann mir vorstellen, wie es auf dem Karmelitermarkt aussieht. Das Café ohne Namen ist ein willkommener Treffpunkt für die einfachen Menschen des Viertels. Der Autor hat so viele authentische Charaktere geschaffen, die mit ihren Geschichten zum Nachdenken über das Leben anregen. Die Suche nach Liebe bleibt für die ältere Dame unerfüllt, dafür finden die Kellnerin Mila und der Ringer Rene zueinander. Aufbruch, Hoffnung und Verlust, davon lässt der Autor seine Protagonisten in berührenden Worten erzählen. Es entsteht immer wieder Neues, Altes muss dafür aber aufgegeben werden. Das gilt vor allem für Robert, einen unerschütterlichen Optimisten, der sich auch von Rückschlägen nicht unterkriegen lässt. Ich vergebe für das Buch fünf Sterne und spreche eine deutliche Kaufempfehlung aus.

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Veröffentlicht am 11.04.2023

Eine bewegende Familiengeschichte

Solange wir leben
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Während im Jahr 1937 das kleine Mädchen Waltraut in Bremen aufwächst, lebt der junge Mann Joschi mit seiner Schwester Rosl und den Eltern zur gleichen Zeit in Wien. Die Familie ist jüdischer Herkunft und ...

Während im Jahr 1937 das kleine Mädchen Waltraut in Bremen aufwächst, lebt der junge Mann Joschi mit seiner Schwester Rosl und den Eltern zur gleichen Zeit in Wien. Die Familie ist jüdischer Herkunft und erlebt das Grauen der nationalsozialistischen Herrschaft am eigenen Leib. Joschi sowie seiner Schwester Rosl gelingt die Flucht, die übrigen Familienmitglieder fallen dem Holocaust zum Opfer. Joschi arbeitet in Palästina als Barmann, dient in der israelischen Armee und fährt zur See. Schließlich lernt er in Bremen Waltraut kennen, die Kriegs- und Nachkriegsjahre erlebte, inzwischen eine kleine Tochter hat und Witwe ist.

David Safier beschreibt eindrucksvoll und sehr bewegend die Geschichte seiner Familie. Beginnend mit der nicht unspektakulären Beerdigung seines Vaters, die sofort Fragen nach den vorangegangenen Ereignissen aufwirft. Diese sind vielschichtig und beginnen mit der Schilderung des Holocaust, ein Trauma, das die Überlebenden für immer begleitet. Die Erzählweise des Autors ist komplex, mit unterschiedlichen Protagonisten und Schauplätzen. Die Hauptprotagonisten umfassen drei Generationen. David Safier hat seine Figuren sehr liebevoll gezeichnet und ihre Geschichte ergreifend dargestellt. Diese ist am Beispiel von für Joschi und Waltraut sowie der anderen Familienangehörigen von wechselvollen Schicksalsschlägen geprägt, aber auch vom unbedingten Willen zum Leben. Ich kann mir gut vorstellen, was es für Joschi bedeutet hat, Israel zu verlassen und in Deutschland zu leben. Die Liebe stellt beide immer wieder vor große Herausforderungen. Nicht zuletzt stellt sich nach dem Lesen der Lektüre die Frage: Was bleibt von einem Menschen übrig? David Safier zeichnet mit seinem grandiosen Sprachstil ein mitreißendes Porträt bewegter Zeiten. Was für eine großartige Geschichte, tragisch, aber auch voller Lebensmut! Schon lange hat mich keine Erzählung mehr so bewegt wie diese. Das Buch besitzt aus meiner Sicht das Potential, sich zu einem Bestseller zu entwickeln. Das Cover mit den Familienfotos rundet das Buch gekonnt ab. Ich vergebe fünf Sterne und spreche eine unbedingte Kaufempfehlung aus.

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Veröffentlicht am 31.03.2023

Prickelnde Spannung im hohen Norden

Nachtjagd
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Am Ufer eines Sees in Norwegen wird die Leiche einer jungen Frau gefunden. Die Art der grausamen Verletzungen lässt für Kommissar Anton Brekke und seine Kollegen nur eine Schlussfolgerung zu - der berüchtigte ...

Am Ufer eines Sees in Norwegen wird die Leiche einer jungen Frau gefunden. Die Art der grausamen Verletzungen lässt für Kommissar Anton Brekke und seine Kollegen nur eine Schlussfolgerung zu - der berüchtigte Serienmörder Stig Hellum ist für diese Tat verantwortlich. Den Ermittlern wird schnell klar, das in diesem Fall die junge Frau nicht das einzige Opfer bleiben wird. Ein dramatischer Wettlauf gegen die Zeit beginnt. Zur gleichen Zeit sitzt in einem Gefängnis in Texas ein zum Tode verurteilter Mann ein. Er beichtet dem Gefängnispfarrer die folgenschweren Ereignisse, die sich in einer zehn Jahre zurückliegenden Nacht ereigneten.

Ein sympathischer Kommissar, ein Mörder in Norwegen sowie ein zum Tode verurteilter Mörder in Texas, bereits nach den ersten Buchseiten ist klar, dass es sich um einen fesselnden Thriller handelt. Jan-Erik Fjell versteht es sofort, Spannung zu erzeugen. Der Krimi ist in verschiedene Erzählstränge unterteilt, Vergangenheit wechselt sich mit Gegenwart ab. Beides hat mir sehr zugesagt, weil es nie langweilig wurde. Ganz besonders zeichnen den Thriller interessante Charaktere aus. Dazu zählen Anton, Magnus und seine Kollegen ebenso wie die geheimnisvolle Monica, Mitarbeiterin auf einem Hurtigruten-Kreuzfahrtschiff. Ebenso rätselhaft ist ein amerikanischer Passagier, der angeblich Nordlichter fotografiert. Anton Brekke liegt mit seiner Erkenntnis, dass er an die Existenz des Bösen glaubt, genau richtig. Temporeich, voller überraschender Wendungen und atemloser Spannung, erst am Ende werden die Zusammenhänge klar. Ich habe schon lange nicht mehr einen so spannenden Thriller gelesen, für mich ein echtes Highlight. Da kommt aus meiner Sicht Jo Nesbo nicht mehr mit. Selbstverständlich vergebe ich fünf Sterne und spreche eine unbedingte Kaufempfehlung aus.

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Veröffentlicht am 17.03.2023

Von Gelsenkirchen an die Nordsee

Wo der Seewind flüstert. Die St.-Peter-Ording-Saga
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Sabine hat ihre Prüfung an der Frauenfachschule erfolgreich bestanden und träumt von einer Reise an den Gardasee. Aber es kommt anders, ihre Tante Ebba in St. Peter-Ording benötigt dringend ...



Sabine hat ihre Prüfung an der Frauenfachschule erfolgreich bestanden und träumt von einer Reise an den Gardasee. Aber es kommt anders, ihre Tante Ebba in St. Peter-Ording benötigt dringend Hilfe. Sie beherbergt immer mehr Gäste und kann ihre Pension nicht mehr alleine führen. Ihre Eltern bestehen darauf, dass Sabine nach Sankt Peter-Ording fährt, weil man sich in der Familie gegenseitig helfen muss. Sabine fügt sich und wird von ihrer Tante freundlich aufgenommen. Bald hilft sie auch noch im Strandcafé aus. Bald gefällt ihr die Arbeit im Café und noch besser der junge Musiker Tom. Die beiden freunden sich an, doch bald muss Sabine abreisen. Ihre Eltern verlangen von ihr, eine neu Stelle in Gelsenkirchen anzutreten. Wird sie Tom wiedersehen?

Tanja Janz beschreibt bildhaft die norddeutsche Küstenromantik. Der Leser befindet sich sofort mitten im Geschehen und darf sich auf sympathische Protagonisten freuen. Neben Sabine ist mir ihre treue Freundin Rita besonders ans Herz gewachsen, die ohne Sabine nicht an den Gardasee reist. Schmunzeln musste ich darüber, dass auf Sabine einiges zukommt, was sie nicht ahnt – etwa dass Tante Ebba noch kein fließendes Wasser hat. Da sämtliche Zimmer im Haus vermietet sind, muss Sabine mit der Tante im Schuppen auf einem Feldbett schlafen. Dennoch versucht Sabine, das Beste aus der Situation zu machen, wobei ihr Tom hilft. Der junge Mann kümmert sich mit Freund Fiete nicht nur um die Strandkörbe. Die Autorin schildert anhand des Lebens von Sabine auch die Situation der Frauen in den späten 1950-er Jahren. Immer noch dominiert das traditionelle Familienmodell, Frauen haben sich um die Familie zu kümmern. Mit 18 Jahren ist Sabine noch nicht volljährig. Die Eltern unterzeichnen den Arbeitsvertrag und suchen den Ehegatten aus. Dagegen wehrt sich Sabine allerdings entschieden und hat Erfolg. Unterstützung erfährt sie von Freundin Rita, deren Eltern etwas fortschrittlicher sind. Dank des flüssigen, oftmals humorvollen Schreibstils macht es uns die Autorin leicht, in die Idylle von Sankt Peter-Ording einzutauchen und die beiden Freundinnen zu begleiten. Ich habe mich mit dem Roman, der leicht zu lesen ist, gut unterhalten gefühlt. Gerne vergebe ich vier Sterne und spreche eine Kaufempfehlung aus.

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