Profilbild von Esme--

Esme--

Lesejury Star
offline

Esme-- ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Esme-- über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 16.03.2022

Gelungene Mischung

Ancora
0

Inhalt:


Es soll ein entspannter Urlaub werden, eine Zeit, in der es Aurel und Romy vielleicht gelingen wird, ihre prekäre Beziehung zu kitten. Ancora, die Destination, liegt mitten in der Wildnis. Abgeschieden ...

Inhalt:


Es soll ein entspannter Urlaub werden, eine Zeit, in der es Aurel und Romy vielleicht gelingen wird, ihre prekäre Beziehung zu kitten. Ancora, die Destination, liegt mitten in der Wildnis. Abgeschieden von jeglicher Zivilisation. Die Wasserversorgung erfolgt direkt aus einer Quelle. Hier nutzt man Öllampen für die Beleuchtung und Lebensmittel werden lokal angebaut. Das Dorf besteht aus Holzhütten und in der Mitte des Dorfplatzes befindet sich ein Brunnen ohne Wasser, hier halten die Bewohner gerne Zwiesprache.

Direkt nach der Ankunft scheint noch alles wunderbar. Die kleine Gruppe wird von der Wortführerin von Ancora, Ava, empfangen, die sich in einem weißen Umhang mit Blumenkette vorstellt. Jeder sucht sich sein Zimmer und schnell haben sich die Neuankömmlinge an die Umgebung gewöhnt.

Während Romys bester Freund Jannis sofort in dem alternativen Leben aufgeht, tut sich Aurel allerdings eher schwer. Romy hingegen wird von einem merkwürdigen Gefühl heimgesucht. Sie scheint am Ziel einer Reise angekommen zu sein, die ihr helfen könnte Antworten zu finden. Denn seit einiger Zeit geschehen merkwürdige Dinge, die bei ihr Fragen aufwerfen. Immer wenn ihr Gefahr droht, scheint die Zeit still zu stehen. Warum, das weiß Romy nicht. Gelegentlich greift sie zu ihrem Notizbuch und schreibt in Gedichtform ihre Gedanken nieder. Das Buch ist die Arbeit einer Kassandra, verschriftliche, unheilvollen Nachrichten aus der Zukunft.

Die Freunde haben sich noch nicht eingelebt, da passieren schon die ersten gruseligen Dinge. So steht zum Beispiel ein Mann mit einer Holzmaske vor dem Gesicht an Romys Fenster und bewirft dieses mit Kieseln. Als wäre das nicht schon unheimlich genug, findet Romy im Wald kurz darauf blutrot bemalte Steine, die das Wort „HILFE!“ bilden. Sie entdeckt mitten auf einem Feld ein Kind mit einem Raben auf der Schulter, dass von einer Sekunde auf die andere plötzlich verschwunden ist.

Und dann steht plötzlich die Zeremonie an. Die Feuerprobe, die es den Bewohnern ermöglichen soll, herauszufinden, ob sie in Ancora bleiben wollen oder nicht. Als bei den Feierlichkeiten Romys Name gezogen wird, ist diese nicht sonderlich enttäuscht. Viel eher ist sie neugierig. Sie stellt sich den Prüfungen und begibt sich damit nicht nur in Gefahr, sondern sie kommt Dingen auf der Spur, die vielleicht besser nie aufgedeckt hätten werden sollen.



Meinung:


„Ancora – Die Zeit ist gegen dich“ beginnt wie ein klassischer Horrorfilm. Schon auf den ersten Seiten merkt der Leser, dass in dem abgelegenen Gebiet irgendwo im Nirgendwo, nicht alles mit rechten Dingen zugeht. Ihm wird ein LKW-Fahrer namens Erik vorgestellt, der auf seiner Tour durch einen Zufall Ancora nahekommt. Ein langgezogener schmerzerfüllter Schrei in der Dunkelheit, ein Mädchen – vielleicht siebzehn oder achtzehn Jahre alt - das in einem zerfetzten weißen Kleid mit Blutspritzern darauf und einem verweinten Gesicht auf ihn zukommt. Das um Hilfe bettelt und ihn, nachdem sie in den LKW eingestiegen ist warnt, dass sie, wird Erik nicht bald losfahren, sterben werden.

Kein Wunder also, dass man auch im weiteren Verlauf, als die Jugendlichen Aurel, Romy und Jannis beschließen, ihren Urlaub in Ancora zu verbringen, stets ein ungutes Gefühl beim Lesen in sich verspürt. Immer wieder geschehen mysteriöse Dinge. Immer wieder treten auch unter den Jugendlichen Spannungen auf.

Durch die wenigen Informationen, die nur tröpfchenweise geliefert werden, gerät man als Leser stark ins Grübeln. Was ist vor Jahren in Ancora geschehen? Was geschieht noch heute hier? Schon das Prequel deutet an, dass es Bewohnern oder auch Gästen (?) des Dorfes nicht einfach gemacht wird, dieses jemals wieder zu verlassen. Doch auch die Aussage eines Dorfbewohners, dass es hier Dinge gibt, über die man besser schweigt, und dass man das Dorf nicht so schnell verlassen kann, wenn man es erst einmal betreten hat, hinterlassen ein ungutes Gefühl.

Das Buch ist an unsere Wirklichkeit angelehnt, hat aber auch einige Fantasyelemente, was es von unserer Realität abhebt.



Fazit:


„Ancora – Die Zeit ist gegen dich“ gelingt es, Fantasy- und Horrorelemente mit jenen des klassischen Thrillers zu vermischen. Die Geschichte ist nicht immer unvorhersehbar und leider manchmal klischeelastig.

Geschickt werden aber diverse Zeit- und Handlungsebenen etabliert, die zum Miträtseln einladen.

Man bekommt eine Geschichte geliefert, die Fans von Mystery-Serien wie „Twin Peaks“, „Lost“ und „Akte X“ gefallen wird.

Ein verlassenes Dorf, in dessen Nähe vor Jahren ein Chemiewerk in die Luft geflogen ist, Dorfbewohner, die ganz offensichtlich einiges zu verschweigen haben und drei Jugendliche, deren Beziehungsstatus ungeklärt ist. All das macht neugierig.

Zum Ende hin, das im Übrigen durchaus gelungen ist, zeigt der Autor leider nicht, dass er "show, don't tell“ beherrscht.



Buchzitate:


Oft finden wir aber nur deshalb keine Antworten, weil wir uns die falschen Fragen stellen.

Die Kälte hat sich in der Zwischenzeit durch meine dünne Jacke gefressen und nagt an meiner Haut. Mein Verstand scheint regelrecht eingefroren. Da ist der Wald. Der Wald und ich.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 09.03.2022

Unterhaltsame Geschichte

#London Whisper – Als Zofe ist man selten online
0

Inhalt:


Voller Selbstvertrauen und Elan startet Zoe ihr Auslandsschuljahr im Internat Dunwick House in London. Gemeinsam mit ihren Freundinnen hat sie sich ein besonderes Event überlegt. Einmal in der ...

Inhalt:


Voller Selbstvertrauen und Elan startet Zoe ihr Auslandsschuljahr im Internat Dunwick House in London. Gemeinsam mit ihren Freundinnen hat sie sich ein besonderes Event überlegt. Einmal in der Woche organisieren sie gemeinsam den Mitternachtsclub, eine Feier.

Die aktuellste Mottoparty läuft unter den Namen „Nacht im Mondschein“. Die Freundinnen haben sich hierfür mächtig ins Zeug gelegt.

Im Verlaufe des Festes wird Zoe von ihrer Freundin auf den Dachboden des Hauses geführt. Dort hat diese einen auffallend schönen Spiegel entdeckt. Noch während die Mädchen diesen bewundern, fällt das Mondlicht auf dessen Fläche. Bevor Zoe begreift, was passiert, befindet sie sich auch schon (ohne ihre Freundin) mitten in einem völlig anderen Gemäuer.

Zoe wähnt sich in einem Traum. Denn sie befindet sich, das stellt sich bald heraus, im London des Jahres 1816. Sie steht im Dienste einer der renommiertesten Familien Englands, der Familie Arlington. Dort soll sie als Zofe für Erziehung und Ausbildung der Tochter, Miss Lucie, sorgen.

Miss Lucie, das wird bald klar, ist unglaublich schüchtern. Sie möchte ihr Zimmer nicht verlassen. Einzig ihr frecher Spitz, namens Prickelton, darf in ihrer Nähe verweilen. Zoe passt sich schnell der neuen Umgebung an. Miss Lucie in die feine Gesellschaft einzuführen, dürfte für jemanden, der in der Gegenwart einen erfolgreichen Instagramkanal betreibt, doch kein Problem sein.

Bald schon hat Traudelwald (ehemals Zoe) das Leben der Familie Arlington ordentlich aufgemischt.
Instagram-Substitut in der Damenwelt des 19. Jahrhunderts ist ein Kettenbrief mit wertvollen Tipps für den Alltag. Auch sollte eine Lady nicht in ihrem Zimmer versauern sondern Bälle besuchen und sich von wohlhabenden Herren den Hof machen lassen. Wäre doch gelacht, wenn man der schüchternen Lucie nicht irgendwie zu mehr Selbstvertrauen und Spaß im Leben verhelfen könnte!



Meinung:


London Whisper – Also Zofe ist man selten online“ erinnerte mich ein wenig an die erfolgreiche Serie Bridgerton. Auch hier geht es um die feine Gesellschaft, um schöne Kleider, um Bälle und um das Finden der großen Liebe.

Mit Zoe hat die Autorin eine Protagonistin geschaffen, die keinesfalls auf den Mund gefallen ist. Schon in der Gegenwart zeigt sich die 16-jährige lebhaft, voller Tatendrang und unerschrocken. Sie nimmt sich nicht zurück, ist ungefiltert und sehr direkt. Uneitel und ohne jede Attitüde präsentiert sie sich auch im Jahr 1816.

Kein Wunder also, dass Zoe weiterhin spricht, wie ihr der Schnabel gewachsen ist. So rutschen der jungen Zofe auch Sätze wie, „finde ich auch smart“ und „ich bin eher der Action-Typ“, heraus. Statt sich jedoch auf die Zunge zu beißen oder darüber nachzudenken, ob sie mit solchen Aussagen vielleicht aus der Rolle fallen könnte, übergeht Zoe solche „Ausrutscher“. Ob das im England des 19. Jahrhunderts mit all seiner Selbstgerechtigkeit, die gesellschaftlichem Wandel, Freizügigkeit und die Emanzipation der Frau ablehnte, so denkbar war, kann bezweifelt werden.

Als Zofe eines guten Hauses nimmt sich Zoe einiges heraus. Gelegentlich wird sie zwar darauf hingewiesen, wo ihr Rang in der Gesellschaft ist, jedoch lässt sie sich nicht allzu lange davon abhalten und gibt dem Affen schnell wieder Zucker.

Zoe gelingt es bald mit ihrer Idee – dem Whisper-Wispher-Brief – eine Adaption von Socialmedia in die viktorianische Gesellschaft einzuführen. Hierin verbreitet sie Ratschläge und spricht Tabuthemen der höheren Gesellschaft an. Der Brief geht schnell “viral“ und wird unter der Hand weitergereicht. Zoe ist begeistert von ihrem neuen Leben.

Im späteren Verlauf erfährt die Geschichte eine Wendung, als Zoe beginnt, sich den Geschehnissen in reflektierter Weise zu stellen. Sie wird gezwungen über die Zukunft und ihr Leben im 19. Jahrhundert nachzudenken. Mit dem Auftauchen eines jungen Lords bekommt die junge Zofe zudem erfrischenden Gegenwind.



Fazit:


London Whisper – Als Zofe ist man selten online“ spielt in dem bunten Wohlfühl-Universum, in dem auch die amerikanische Fernsehserie Bridgerton angesiedelt ist. Auf der Suche nach dem Authentischen, Logischen wird man hier eher weniger fündig. Das Buch lädt aber zur kurzweiligen, amüsanten Zeitreise ein.

Die Geschichte dreht sich im Wesentlichen um schöne Kleider, Klatsch und Tratsch, die Ballsaison und die Suche nach der großen Liebe. Hinzu kommt eine Prise Fantasy, Mystik, Freundschaft, die keine Klassenunterschiede kennt, und natürlich Romantik.

Wer Spaß an Serien wie „Bridgerton“ hat, wer schon immer mal eine Reise ins 19. Jahrhundert machen wollte, der wird mit diesem Buch gewiss einige sehr unterhaltsame Lesestunden verbringen können.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 02.03.2022

Ein Kinderbuch mit einem wichtigen Thema

Licht aus, sagt der kleine Fuchs
0

Inhalt:

Als der kleine Fuchs den Kopf aus dem Bau steckt, blendet ihn das Licht. Mitten in der Nacht! „Licht aus!“, ruft er. Ein Käfer hört seine Worte.

Fuchs und Käfer sind sich sicher, dass es irgendwo ...

Inhalt:

Als der kleine Fuchs den Kopf aus dem Bau steckt, blendet ihn das Licht. Mitten in der Nacht! „Licht aus!“, ruft er. Ein Käfer hört seine Worte.

Fuchs und Käfer sind sich sicher, dass es irgendwo auf der Welt noch Dunkelheit geben muss. Sie machen sich auf die Suche nach diesem Ort.

Auf ihrer Reise begegnen ihnen weitere Tiere. Ein Vogel, der angesichts des Lichtsmogs aus der Großstadt nicht mehr weiß, wohin er fliegen soll. Ein Frosch, dessen Freunde, dem übermäßigen Einsatz von künstlichem Licht geschuldet, nicht mehr quaken wollen. Ein Bär, dessen Schlafrhythmus völlig durcheinandergeraten ist. Bald schon ist es eine ganze Schar an Tieren, die den Fuchs und den Käfer auf der Suche nach der Dunkelheit begleiten.

Ob sie sie in dieser Welt voller künstlichem Licht finden werden?



Meinung:

„Licht aus, sagt der kleine Fuchs“ beginnt mit einem Vorwort der Autorin. In wenigen Worten erläutert Marsha Diane Arnold das zentrale Thema ihres Buches: Die zunehmende Lichtverschmutzung.

Wenn ich das Wort Umweltverschmutzung höre, dann denke ich, wie vermutlich viele andere Menschen auch, sofort an Plastikmüll, Verschmutzung durch Chemikalien, Abgase in der Luft, Treibhausgase und die Verschmutzung der Meere. Lichtverschmutzung ist etwas, was mir als letztes in den Sinn gekommen wäre. Umso mehr freue ich mich, dass dieses Buch von Marsha Diane Arnold und Susan Reagan auf dem deutschen Markt veröffentlicht wurde.

Marsha Diane Arnold berichtet davon, wie die künstlichen Lichter der Großstädte, wie Lichter von Autos, Schiffen, Werbebannern, Geschäften u.v.m. in der Lage sind, den Tag- und Nachtrhythmus zu verändern. Schwerwiegende Folgen für Flora und Fauna sind die Konsequenz.

Der Leser begleitet in dieser Geschichte einen kleinen Fuchs auf der Suche nach der Dunkelheit. Er trifft auf allerhand Tiere, die die negativen Auswirkungen dieses „Zuviel“ an Licht zu spüren bekommen. Wusstet ihr, dass Frösche bei künstlichem Licht nicht quaken oder Glühwürmchen nicht kommunizieren können, wenn es zu hell ist? Vögel lassen sich des Nachts von den Sternen leiten. Aber was passiert, wenn sie diese nicht mehr sehen können?

Die Tiere im Buch machen sich auf eine Reise, um die Dunkelheit zu finden. Ob es ihnen gelingen wird, möchte ich an dieser Stelle nicht verraten.

Das Ende kann man für die Zielgruppe im Alter von vier Jahren als kindgerecht bezeichnen. Auch hier ist man aber entweder Teil des Problems oder Teil der Lösung.

Was kann man also selbst tun, um Lichtverschmutzung einzudämmen? Hier lässt einen die Autorin nicht allein und verweist im Vorwort auf eine Organisation im Internet.

Begleitet werden die wenigen Worte, die die Autorin benötigt, um ihre Geschichte zu erzählen, von wundervollen großformatigen Zeichnungen von Susan Reagan, die den kunstfertigen Schreibstil von Marsha Diane Arnold mit detailreichen Illustrationen begleitet. Herauskommt ein Bilderbuch, das einen auf jeder Seite den Atem raubt.



Fazit:

Marsha Diane Arnold gibt in „Licht aus, sagt der kleine Fuchs“ Lichtverschmutzung ein niedliches Gesicht.

Der Leser begleitet in diesem Buch eine kleine Schar Tiere, die sich aufmacht, um die Dunkelheit zu finden. Zurück bleibt der inspirierte Leser, der sich ob des Gelesenen verwundert die Augen reibt. Doch wird er auch an die Hand genommen und aufgeklärt; peu à peu nähert er sich dem Problem, um am Ende Lösungen präsentiert zu bekommen.

„Licht an, sagt der kleine Fuchs“ ist schon dank der fast schon magisch wirkenden Zeichnungen von Susan Reagan ein Hingucker.

Nach dem Lesen/Anschauen der Buchseiten sehnt man sich nach dem Zauber der Nacht. Man möchte ihn in der Natur suchen und ihn selbst erleben.

Ein Bilderbuch, das nicht nur kleine Leser/innen verzaubern wird. Man hat das Gefühl ein kleines Kunstwerk in den Händen zu halten, das definitiv einen besonderen Platz im Buchregal verdient hat.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere
Veröffentlicht am 26.02.2022

Ein Buch, das längst hätte geschrieben werdne müssen

Gesprächszündstoff
0

Inhalt:


Wer kennt sie nicht, diese langweiligen Treffen mit Verwandten, bei denen den ganzen Nachmittag bei Butterkuchen und Kaffee über die Verfehlungen des ältesten Enkelkindes, Omas neues Gebiss und ...

Inhalt:


Wer kennt sie nicht, diese langweiligen Treffen mit Verwandten, bei denen den ganzen Nachmittag bei Butterkuchen und Kaffee über die Verfehlungen des ältesten Enkelkindes, Omas neues Gebiss und Opas chronische Krankheiten gesprochen wird. Oder die Klassentreffen, bei denen man sich nach fünfzehn Jahren erstmals wiedersieht, und plötzlich eine unangenehme Stille herrscht, weil man eben nicht jedem "mittlerweile Fremden“ sein ganzes Leben offenbaren möchte? Aber auch ein klassisches Nachbarschaftstreffen, bei dem Kleingartenspießer auf fünfzehnjährige Partygängerinnen und diese wiederum auf den vierzigjährigen Hobbygrillmeister treffen, erinnert oft an eine Gruppe Mönche, die ein Schweigegelübde abgelegt haben.

Für diese und viele ähnliche Situationen haben Maximilian Spavanto & Luise von Apfelgrün ein Büchlein geschrieben, das man schnell mal aus der Jackentasche hervorziehen und mit diesem seine Umwelt zum Gespräch inspirieren kann. „Gesprächszündstoff“ bietet zu allerhand Themen wie Sport, Ausbildung und Beruf, Wissenschaft & Technik, Körper & Gesundheit, Tieren, Freizeit, Stars, Politik & Kirche, Reisen, Kinder, Erde & Natur, Erfindungen, Beziehungen und vielen mehr, Gesprächsopener für explosive Diskussionen.

Der Abend ist gerettet!



Meinung:


Als ich das Büchlein „Gesprächszündstoff“ das erste Mal in den Händen gehalten habe, war meine Neugierde sofort geweckt. Alleine der Klappentext hat mich auf den ersten Blick angesprochen: „Wie startet man eine interessante Diskussion mit Leuten, die man noch nicht kennt? Wie verhindert man langweilige Monologe? Wie startet man einen Flirt? Dieses Buch rettet Ihnen den Abend.“ Das klang vielversprechend.

Eine kurze und knackige Gebrauchsanweisung beschreibt, wie man dieses Buch am besten nutzen kann. Maximilian Spavanto & Luise von Apfelgrün bieten hier verschiedene Varianten an. Natürlich kann man sich anhand der einzelnen Themen von vorne nach hinten durch das Buch arbeiten. Alternativ gibt es auch die Partyvariante, „Augen schließen, intuitiv eine Seite aufschlagen und mit dem Finger auf eine Stelle tippen“. Nach dem Austausch über das Thema kann das Buch dann an den Nachbarn weitergegeben werden, der für die Auswahl der nächsten Diskussionskatalysatoren zuständig ist.

In diesem Buch findet der geneigte Leser Themen aus allerhand Bereichen. Hier dürfte wirklich für jeden etwas mit dabei sein. Ich habe einmal Auszüge niedergeschrieben um hierfür ein Beispiel zu geben:

- Essen & Trinken:
Pudding ohne Haut ist wie Grießbrei ohne Zimt und Zucker.

- Politik & Kirche:
Korruption ist in Ordnung, wenn diejenigen, die sich bestechen lassen, auch einen größeren Vorteil für die Bevölkerung herausschlagen.

- Menschliches Verhalten:
In Notsituationen, wie z.B. Schiffbruch, werden Menschen zu Kannibalen.

- Haushalt:
Es gibt, chemisch gesehen, keinen Unterschied zwischen Spülmittel und Haarshampoo.

- Reisen:
An diesen Ort würde ich gerne eine Expedition machen ...

Für diejenigen, die über Diskussion hinaus noch etwas mehr wollen, bieten die Autoren auch noch „Bonusmaterial“. Unter diesem Abschnitt finden sich:

- „Experimente und Überlegungen“. Hierbei handelt es sich um kleine Spielchen, die man innerhalb einer Gruppe durchführen kann. Beispiel: „Wer kann was, was andere brauchen? Wenn morgen die Zivilisation zusammenbricht, wer könnte im Team was leisten?“

- „Neue Süchte, Strömungen“. Hier werden einzelne Wörter aufgeführt, über die man diskutieren kann. Vermutlich könnte man die Liste auch „einfach nur“ ergänzen. Beispiel: Workaholic, Onlinesucht, Sammelsucht.

- „Das Gegenteil von ...“. Hast du schon mal darüber nachgedacht, was das Gegenteil von Wanderpokal oder Zuckerwatte sein könnte? Noch nicht? Prima, das kann man nämlich auch hervorragend in einer Gruppe schweigsamer Gesprächspartner ausdiskutieren.



Fazit:


„Gesprächszündstoff“ von Maximilian Spavanto & Luise von Apfelgrün ist ein Buch, das längst hätte geschrieben werden müssen. Langweilige Familiennachmittage, schweigsame Treffen mit Kollegen oder Kaffeekränzchen mit toxischer Kulturkritik gehören wohl der Vergangenheit an. Mit diesem Buch sollte es gelingen, Gesprächsrunden mit interessanten Impulsen zu inspirieren.

„Gesprächszündstoff“ liefert einen guten Mix aus Stereotypen, provokativen Thesen und wirklich wichtigen Fragen (wie z.B. ob alte Elektrogeräte nicht eigentlich der Grund für die meisten Hausbrände darstellen). Eine große Auswahl verschiedener Themen sorgt dafür, dass dieses Buch nicht so schnell in der Ecke landet und sich auch jeder potentielle Gesprächspartner an einem Gespräch beteiligen kann. Das Bonuskapitel bietet darüber hinaus für alle, die sich schnell langweilen, noch ein paar Alternativen.

Ich werde dieses Buch auf jeden Fall in meiner Handtasche verstauen … nur für alle Fälle.

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
Veröffentlicht am 16.02.2022

Wahnsinnig spannend, originelles Setting

Prison Healer (Band 1) - Die Schattenheilerin
0

Inhalt:

Seid zehn Jahren lebt Kiva bereits im Gefängnistrakt von Zalindov. Damals wurde ihr Vater bei einer Razzia von Soldaten auf ihr Dorf festgenommen. Nachdem dieser nach einigen Jahren an einer Krankheit ...

Inhalt:

Seid zehn Jahren lebt Kiva bereits im Gefängnistrakt von Zalindov. Damals wurde ihr Vater bei einer Razzia von Soldaten auf ihr Dorf festgenommen. Nachdem dieser nach einigen Jahren an einer Krankheit verstorben war, übernahm Kiva seine Arbeit auf der Krankenstation.

Die Position als Heilerin ist sehr begehrt. Denn die meisten Gefangenen landen als Arbeiter auf der Farm, in den Tunneln oder im Steinbruch. Dort halten sie oft nicht lange durch und sterben an den Folgen schwerer körperlicher Arbeit. Es ist also kein Wunder, dass Kiva viele Neider hat und man hinter ihrem Rücken Gerüchte dahingehend verbreitet, dass sie die Getreue des Vorstehers und seine Informantin sei.

Kiva nutzt die Verbindung zu einem Stallburschen, der noch in der Schuld ihres verstorbenen Vaters steht, und es gelingt ihr, Botschaften mit ihrer Familie auszutauschen. Ein gefährlicher Akt, denn die Wärter sind für ihre drakonischen Strafen bekannt.

Kiva hat zwar die Hoffnung, dass ihre Familie früher oder später kommen und sie befreien wird, doch der Alltag in Zalindov fordert ihre volle Konzentration. Als zwei neue Insassen eingeliefert werden, markiert dies für sie eine Wasserscheide.

Bei dem ersten handelt es sich um Jaren, einen sehr kräftig wirkenden Jungen. Wie Kiva bereits vermutet hat, wird dieser bald schon für die Arbeit in den Tunnel eingesetzt. Kiva weiß, dass er dort nicht lange überleben wird. Doch überraschenderweise stellt sich Jaren als zäher dar, als gedacht und bald schon taucht er öfters bei ihr in der Krankenstation auf und bringt ihren Alltag mit seiner guten Laune und seiner unbeschwerten Art gehörig durcheinander.

Kurz nach Jarens Einlieferung folgt ein neuer Patient. Dieser ist ein ganz besonderer, denn es handelt sich um die Rebellenkönigin. Mit ihrer Einlieferung gibt es eine Menge Gerüchte und Aufruhr unter den Insassen. Vor Ort hat sie schließlich eine Menge Anhänger. Doch Tilda befindet sich in einem mehr als nur fragilen Zustand. Sie ist nicht bei Bewusstsein und Kiva hat keinerlei Ideen, wie sie helfen kann. Der Zustand der Rebellenkönigin verschlechtert sich zusehends.

Allerdings muss Kiva etwas tun, denn schon bald soll sich Tilda der Elementarprüfung stellen. Einer Prüfung, die aus vier Aufgaben besteht, einer Prüfung, die man nicht bestehen kann. Als eine Botschaft von Kivas Familie eintrifft, in der steht, dass Kiva Tildas Leben schützen soll und auch noch innerhalb der Mauern eine Drohung gegen Kivas einzigen Freund, den kleinen Tipp, ausgesprochen wird, trifft diese eine folgenschwere Entscheidung.



Meinung:

Lynette Noni wählt für ihre Geschichte „Prison Healer“ ein interessante Location, nämlich die eines Gefängnistraktes, in dem es den Insassen täglich nur um eines geht: Ums nackte Überleben. Zwar sind die Insassen selbst meist von der körperlichen Arbeit viel zu müde, um sich gegenseitig das Leben schwer zu machen. Doch den Wächtern steht des öfteren der Sinn nach Schikane. Langeweile sorgt für eine sadistisch-masochistische Atmosphäre.

Der Leser verfolgt die Geschichte aus der Sicht von Kiva, einem Mädchen, das durch unglückliche Umstände mit ihrem Vater nach einem Überfall auf das Dorf festgenommen wurde. Nach seinem Tod versucht Kiva alles, um einfach nur zu überleben. Die Gerüchte, die in Zalindov verbreitet werden, sie würde dem Vorsteher Informationen zuspielen, sind also gar nicht einmal abwegig. Kiva versucht, den Wächtern aus dem Weg zu gehen. Sie versucht Konfliktsituationen zu vermeiden und hofft, dass ihr „Ruf“ beim Vorsteher zu ein wenig Schutz vor Übergriffen führen wird.

Aufgrund der Umstände und auch aufgrund ihrer Tätigkeit als Heilerin hat Kiva früh gelernt, Verantwortung zu übernehmen. Sie wirkt tough, resolut und versucht vernünftige Entscheidungen zu treffen. Als zwei neue Insassen vorgestellt werden, folgt ihr plötzlich ein irrationaler Schatten auf dem Fuß.

Jaren stellt mit seiner gutgelaunten und unbeschwerten Art Kivas Leben gründlichen auf den Kopf. Immer wieder versucht sie dem Jungen, den sie in den ersten Tagen sogar einweisen soll, die Gefahren im Gefängnistrakt vor Augen zu führen.. Sie scheinen sich gegenseitig zu stützen.



Fazit:

Mit „Prison Healer – Die Schattenheilerin“ schreibt Lynette Noni einen wahnsinnig spannenden Reihenauftakt, der den Leser an die Seiten fesselt. Vieles zahlt darauf ein, angefangen beim Setting – ein Gefängnis, das einem sowjetischen Arbeitslager ähnelt – über die Handlung bis zur kunstfertigen Gestaltung der Charaktere.

Die möglichen romantischen Verwicklungen zwischen den Figuren werten die Geschichte weiter auf.

Oft stehe ich Autorenzitaten auf dem Buchdeckel eher skeptisch gegenüber. Hier muss ich Sarah J. Maas – zumindest für den Auftakt der Reihe – aber Recht geben, wenn sie sich wie folgt zitieren lässt: „Ein Muss für alle, die Fantasy lieben!“

  • Einzelne Kategorien
  • Cover
  • Erzählstil
  • Handlung
  • Charaktere