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Veröffentlicht am 03.01.2019

Klasse Geschichte, authentische Sprecherin

Wenn's einfach wär, würd's jeder machen
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Inhalt:

Annika arbeitet als Lehrerin an einer renommierten Schule in einem Hamburger Elbvorort. Als sie eines Tages zu einer Besprechung gerufen wird, ahnt sie nichts Böses. Doch dann muss sie sich unvermittelt ...


Inhalt:

Annika arbeitet als Lehrerin an einer renommierten Schule in einem Hamburger Elbvorort. Als sie eines Tages zu einer Besprechung gerufen wird, ahnt sie nichts Böses. Doch dann muss sie sich unvermittelt mit einer Hiobsbotschaft arrangieren: Einer der Lehrer soll kurzfristig an die Astrid-Lindgren-Schule versetzt werden. Diese liegt in einem der Problembezirke der Stadt Hamburg namens Ellerbrock. Der Direktor hatte sich bereits für die denkbar einfachste Auflösung des Problems entschieden und will Annika versetzen lassen. Diese ist der jüngster Zugang im Kollegium und betreut zudem keine Arbeitsgemeinschaften.

Wenige Tage später steht Annika ihren neuen Schülern gegenüber. Sie bittet diese, ein Selbstporträt zu formulieren. Sie bekommt einen ersten Einblick in die Welt der zunächst verschlossenen, sich aber cool gebenden Jugendlichen. Sie erkennt das Dilemma, in dem sich diese Schüler befinden: Abseits des pulsierenden Hamburger Lebens führen die jungen Bewohner des Problembezirks ein relativ perspektivloses Dasein. Des "Hochdeutschen“ nur leidlich mächtig, bedienen sie sich einer Umgangssprache, die es ihnen nicht ermöglicht, ihre Hoffnungen, die sie hegen, respektive die Sorgen, die sie plagen, adäquat zu artikulieren.
Ihre Abstammung aus sogenannten bildungsfernen Schichten und die nicht selten zerrütteten und aufgelösten familiären Bindungen, erschweren zudem ein reibungsloses Weiterkommen in der Schule.

Annika wünscht sich nichts mehr, als schleunigst die Schule wieder verlassen zu dürfen. Ein Plan hierfür ist bald gefasst. Annika muss sich an der ALS beweisen. Der frisch ausgeschriebene Hamburger Theaterwettbewerb kommt ihr da gerade recht. Es winkt ein Preis von 5.000 Euro. Aber was noch viel besser ist: Die Medien werden darüber berichten. Der Direktor der alten Schule wird, so ihr Plan, von ihren Leistungen hören und sie zurückhaben wollen. Jetzt muss sie nur noch mit den Kindern ein Musical entwickeln, inszenieren und aufführen. Eine Herkules-Arbeit wie sie schon bald erkennen muss.



Im Detail:

Als Annika ihren ersten Arbeitstag auf der Astrid-Lindgren-Schule antritt, trifft sie auf Schüler wie Heaven Tanita, die von den anderen Schülern aufgrund ihres Namens aber auch aufgrund ihrer Ambitionen, einmal bei The Voice Kids den totalen Durchbruch zu landen, gehänselt wird. Doch Tanita ist davon überzeugt, dass sie ein natürliches Talent dafür besitzt, Leute zu unterhalten und sie genießt es im Rampenlicht zu stehen. Kritik perlt daher an ihr ab.
Anders ergeht es da zum Beispiel Meikel, einem Schüler, der stets mit dreckigen, zerschlissenen Klamotten und fettigem Haar auf der Schule erscheint. Er wird von den Mitschülern aufs übelste gemobbt. Tapfer steckt er die Kommentare ein und beteuert Aufsichtspersonen gegenüber, dass alles in Ordnung sei.

Der Plan eine Musical-AG ins Leben zu rufen und mit dieser den Hamburger-Theaterwettbewerb zu gewinnen, steht also schon zu Beginn vor einigen Schwierigkeiten. Ersteinmal muss Annika Ordnung in die Klasse bringen und die Motivation der Schüler ankurbeln. Jeder einzelne von ihnen hat mit Problemen zu kämpfen. Jeder einzelne ist es gewohnt, dass man seine Wünsche und Sorgen konsequent ignoriert.

Um das Projekt voranzutreiben, braucht Annika Hilfe. Dass ihre große Jugendliebe und der Mann, den sie bis heute noch nicht vergessen kann, mittlerweile als Regisseur Karriere gemacht hat und zufällig gerade in der Stadt unterwegs ist, kommt ihr da gerade recht. Tristan soll ihr helfen und wer weiß, vielleicht kommen sich die beiden durch dieses Projekt ja auch ein wenig näher?

Mittlerweile habe ich drei Bücher aus der Hamburg-Reihe von Petra Hülsmann gelesen. Alle Bände kann man unabhängig voneinander lesen. Sie haben jedoch eines gemein: Die Protagonistinnen zeichnen sich dadurch aus, dass sie im Moment leben und es ihnen schwer fällt, eventuelle Konsequenzen im Vorfeld abzuwägen. Auch Annika bildet hier keine Ausnahme. Auch sie hat einen großen Freundeskreis, geht gerne auf Parties und lebt blauäugig in den Tag hinein. Dieses Verhalten macht sie aber nicht unsympathisch. Ganz im Gegenteil. Sie kann und will nämlich Verantwortung übernehmen, wenn es die Situation verlangt.

In „Wenn's einfach wär, würd's jeder machen“ wird die Handlung auch wieder von einer schönen Liebesgeschichte begleitet. Diese wirkt wie aus dem Leben gegriffen. Auch hier läuft nicht immer alles nach Plan und auch hier sind die männlichen Charaktere, genauso wie die Protagonistin selbst, nicht ohne Fehl und Tadel.



Zum Sprecher:

Das Hörbuch, „Wenn's einfach wär, würd's jeder machen“, wird von Nana Spier excellent vertont. Der Sprecherin gelingt es allen Charakteren allein mit ihrer stimmlichen Varianz eine individuelle Persönlichkeit einzuhauchen. Es gelingt ihr die provozierende Lebendigkeit und subversive Wirksamkeit der Figuren herauszuarbeiten.



Fazit:

In „Wenn's einfach wär, würd's jeder machen“ führt uns Petra Hülsmann wieder nach Hamburg. Diesmal werden wir Zeuge einer Expedition in die Schattenzonen der beliebten Großstadt.
Die Handlung und deren Protagonisten erwachsen aus den Verhältnissen, wie sie gegenwärtig nicht nur an den Hamburger Vorstadtschulen vorherrschen.
Humorvoll gelingt es ihr, die starren Verhältnisse, die eingefahrenen Denk- und Verhaltensmuster, sowie die Vorurteile, auf Lehrer- und Schülerseite, aufzubrechen.

Mit Nana Spier hat der Verlag eine Sprecherin gewählt, die voll zu überzeugen weiß. Der Vortrag erscheint einem bereits bei den ersten Sätzen stimmig und authentisch. Heute wird in Hamburg fast ausschließlich Hochdeutsch gesprochen. Das typische „Hamburger Deutsch“ weist aber regionale Besonderheiten in Wortschatz, Grammatik und Aussprache auf, die der Leserin geläufig sind.
Es gelingt ihr, den Vortrag des Textes zu einem Hörgenuss werden zu lassen. Eine passendere Sprecherin hätte man für dieses Hörbuch nicht finden können.

Veröffentlicht am 27.12.2018

Ein perfekter Abschlussband

ENDGAME Buch 3
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Inhalt:

Nach den schrecklichen Vorfällen der letzten Tage fühlt sich Avery nicht mehr sicher. Sie hört von den jüngsten Schandtaten des Jonathan Skott. Ihr Gegenspieler, der vor drastischen Methoden ...

Inhalt:

Nach den schrecklichen Vorfällen der letzten Tage fühlt sich Avery nicht mehr sicher. Sie hört von den jüngsten Schandtaten des Jonathan Skott. Ihr Gegenspieler, der vor drastischen Methoden außerhalb des Gesetzes nicht zurückschreckt. Sie sucht Schutz bei Gabriel.
Dessen Haus wird zu Averys goldenem Käfig. Hier weiß sie sich in Sicherheit. Doch fühlt sie sich auch zu einer Art „Kaspar Hauser“-Dasein verurteilt und so in die totale soziale und kommunikative Isolation gezwungen. Sie will daher unbedingt aus der selbst gewählten Einsamkeit auszubrechen.



Im Detail:

Nach dem spannenden Ende des Vorgängers war ich sehr froh, dass ich zeitnah mit dem finalen Band würde starten können.

Es ist wohl der Beschützerinstinkt, den Avery bei Gabriel weckt. Dieser beschließt jedenfalls, sich auf die Jagd nach ihrem Widersacher zu machen.

Tagsüber ist Gabriel auf der Suche, dann kehrt er für wenige Stunden heim und sucht Averys Nähe.
Doch allmählich fällt Avery die Decke auf dem Kopf. In der Isolation, von jeglichen sozialen Kontakten abgeschieden, beginnt sie Stimmen zu hören.
Da helfen die Telefonate mit ihrer besten Freundin nur bedingt. Die Stimmen, die sie des Nachts im Bett hört, erinnern sie sehr an die Erlebnisse ihrer Mutter. Die Worte, die sie hört, machen ihr Angst. Kein anderer scheint zu hören, was Avery hört. Alles spricht dafür, dass sie langsam verrückt wird. Avery muss raus aus diesem Haus - unter Menschen. Ungeachtet der Lebensgefahr, in die sie sich bringt.

Allein dieser Ansatz sorgt schon für genügend Spannung zwischen den Buchseiten, doch die Entwicklung dieser Geschichte hält so viel mehr bereit.
Gabriel ist nicht als Gutmensch zu bezeichnen, noch entspricht der Charakter dem klassischen Verständnis eines Superhelden. Der Band bietet aber Essenzielles für das Verständnis der Figur. Immer mehr wird auch klar, wie sehr auch Gabriel Avery braucht.
Über die Bücher hinweg wurde Avery auf eine atemlose Tour de Force durchs eigene, verpfuschte Leben geschickt. Doch sie nimmt den Kampf gegen die Unterwelt auf und stellt sich ihren Feinden, darunter üble Gangster. Der Mensch wächst aber bekanntlich mit seinen Aufgaben und lernt aus Erfahrung.
Es gelingt der Autorin eindrucksvoll, Schlüsselphasen in Averys Entwicklung einzufangen.

Avery musste sich aber noch nie härter durchs Leben kämpfen und mehr Stärke zeigen als in Band drei. Ob sie dieses Mal brechen wird, das werde ich euch an dieser Stelle nicht verraten.

Fest steht, dass dieser dritte Band mit den Vorgängern locker mithalten kann. Es bleibt eine wendungsreiche und doppelbödige Fahrt, die mit viel Spannung daherkommt, und über drei Bände ohne Längen ist.



Fazit:

Endgame von Skye Warren ist eine Dark Romance-Reihe, die mich vollkommen von sich überzeugen konnte. Die Reihe besteht aus drei Bänden. Auch im letzten Band haben sich keine Längen eingeschlichen, insbesondere, weil der Roman auf den letzten Seiten viel an Tempo gewinnt. Die Themen Liebe und Erotik sind selbstredend auch im letzten Band nicht unterbeleuchtet geblieben. Mit Gabriel bietet Skye Warren einen unwiderstehlich abgründigen Charakter.

Besonders das raffinierte und durchdachte Ende sticht heraus, da es alles andere als vorhersehbar ist und auch den abschließenden Roman zu einem Lesehighlight macht.
Eine Geschichte, die durchaus noch nicht hätte zu Ende sein müssen.



Buchzitate:

Immer mal wieder kriecht ein Mann wie er aus seinem Loch, um sich jemand Reiches, jemand Reines zu schnappen. Nur um zu beweisen, dass er es kann.

Ist es Schutz, wenn man eine Blume in der Dunkelheit aufbewahr ohne Wasser und Licht? Ihr zuzusehen, wie sie verwelkt? Damit niemand anderes sie sieht?

Veröffentlicht am 20.12.2018

Eine grandiose Fortsetzung

ENDGAME Buch 2
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Inhalt:

Avery besitzt nur noch wenige Habseligkeiten und einige Münzen. Ihr Vater befindet sich in einem komatösen Zustand und weiß noch nicht, dass seine Tochter ihren Körper verkauft oder genauer ...



Inhalt:

Avery besitzt nur noch wenige Habseligkeiten und einige Münzen. Ihr Vater befindet sich in einem komatösen Zustand und weiß noch nicht, dass seine Tochter ihren Körper verkauft oder genauer gesagt vermietet hat.
In einem billigen, heruntergekommenem Motelzimmer schöpft sie neuen Mut und macht sich auf, Gabriel erneut aufzusuchen. Der Monat ist noch nicht abgelaufen, der mögliche Erlös aus der Auktion befindet sich noch auf einem Treuhandkonto. Wird Avery das Geld auftreiben können, um ihr Elternhaus auszulösen?



Im Detail:

Avery weiß, wie es ist, alles zu verlieren. Nichts ist ihr geblieben. Das elterliche Haus steht kurz vor der Versteigerung, ein fremder Mann hat ihr ihre Unschuld geraubt, ihr Vater befindet sich in einem komatösen Zustand. Nachdem Gabriel Avery von einer Minute auf die andere vor die Tür gesetzt hat, kommt sie erst einmal in einem heruntergekommenen Motel unter. Hier sammelt sie Kraft und fasst neue Pläne. Sie muss das elterliche Haus vor der Versteigerung retten, komme was wolle.

Doch als Avery Gabriel erneut um Hilfe bittet, zeigt dieser nur wenig Verständnis. Stattdessen wünscht er weitere sexuelle Gefälligkeiten. Schließlich hat er Avery für einen Monat gekauft und dieser ist noch längst nicht vorbei.

In Band 2 erhebt Gabriel keineswegs den Anspruch, Sympathiepunkte zu sammeln. Seine Bedürfnisse scheinen stets an erster Stelle zu stehen. Doch dann gab es wieder diese Momente, in denen er Avery warme Buttermilchwaffeln zum Frühstück serviert. Das Raubtier überwindet sich in diesen Momenten selbst.

Avery hingegen beweist erneut, dass sie eine Kämpferin ist. Sie mietet sich in einem Motelzimmer ein, wo sie jede Nacht die Lustschreie einer Prostituierten durch die Wand hört. Entspannter Schlaf ist hier nahezu unmöglich. Aber auch außerhalb ihres Zimmers findet Avery keine Ruhe. Die Gegend scheint gefährlich, die Menschen, die sich hier herumtreiben, sind von zweifelhaftem Charakter.

Nach und nach erfährt Avery immer mehr über die Geheimnisse ihrer Eltern. Sie findet das Tagebuch ihrer Mutter. Das wirft alles über den Haufen, was sie bisher über ihre Eltern zu wissen geglaubt hatte. Mit dem Buch hat sie die Leichen im Keller der gemeinsamen Vergangenheit gefunden.



Fazit:

Kein Geld, kein Zuhause, keine Familie, aber Freunde. “Endgame – Band 2: Der Springer“ überzeugt mit schwarzem Humor, traurige Wahrheiten und eine Prise Krimi.

Gabriel und Avery sind die Protagonisten einer Geschichte von lebensfroher Obszönität und Erotik, aber auch von Gewalt und Fremdbestimmung.

Diese Kombination ist perfekt für düstere und gefährliche Dark-Romance-Lesestunden der Extraklasse.



Buchzitate:

Gabriel legt die Wange an mein Knie, seine Miene ist schonungslos. Er sieht müde aus, als wäre ihm alles zu viel, als wäre ich das Einzige, was ihn stützt. Das ist der intimste Augenblick, den wir je zusammen hatten, der ehrlichste.

„Abgesehen davon bringt meine Anwesenheit gewisse Vorteile mit sich.“ - „Meine ganz eigene Versorgung mit Feuer und Schwefel?“ - „In meiner Gegenwart neigen Leute eher dazu, die Wahrheit zu sagen.“

Veröffentlicht am 18.12.2018

Eine humorvolle Weihnachtsgeschichte

Weihnachten wird wunderbar
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Inhalt:

Pünktlich, einen Tag vor Heiligabend, soll der Flieger Scarlett und Mélie aus dem verschneiten Heathrow zurück ins geliebte Frankreich bringen. Dort wollen die beiden Schwestern die Feiertage ...


Inhalt:

Pünktlich, einen Tag vor Heiligabend, soll der Flieger Scarlett und Mélie aus dem verschneiten Heathrow zurück ins geliebte Frankreich bringen. Dort wollen die beiden Schwestern die Feiertage mit ihrer Mutter verbringen. Der Vater ist erst vor kurzem gestorben, was dazu führt, dass die anhängliche Mutter fast stündlich die Kinder anruft und nach deren Wohlbefinden fragt.

Doch das Schneetreiben in Heathrow macht den beiden Schwestern und ihren Plänen schon bald einen gehörigen Strich durch die Rechnung. Die Anzeigetafel am Flughafen verkündet, dass der Heimflug bis auf weiteres gestrichen wurde. Scarlett ist außer sich und kann die ruhige Art ihrer Schwester kaum nachvollziehen.

Die Situation erfordert Krisenmanagement. Jetzt heißt es die Mutter zu vertrösten und nebenbei eine Lösung finden. In Gedanken verirrt sich Scarlett auf die Herrentoilette. Dort trifft sie auf einen waschechten Engländer. William verzeiht den Fauxpas der aufgebrachten Französin. In ihrem Zustand höchster Erregtheit gewinnt sein knochentrockener britischer Humor beruhigenden Charakter.

Kurze Zeit später schließt sich William den beiden Schwestern an. Im Gespräch kommen Scarlett und er sich näher. Sie schmieden Pläne, wie die Heimreise vielleicht auf anderem Wege doch noch klappen könnte, scheitern aber. Sie müssen feststellen, dass ihr Flug gecancelt wurde.

William reagiert entschlossen: Die beiden Mädchen sollen gerne bei ihm zu Hause unterkommen. Als Mélie und Scarlett einwilligen, wissen sie noch nicht, was sie bei William daheim erwartet.
Dessen verrückte Familie, die den Osbournes auf MTV das Wasser hätte abgraben können.



Im Detail:

Die Geschichte Weihnachten wird wunderbar besteht aus zwei Teilen. Der erste Teil beschäftigt sich mit dem Aufenthalt der beiden sehr unterschiedlichen Schwestern Mélie und Scarlett auf dem Flughafen in Heathrow. Im weiteren Verlauf der Geschichte stößt der Engländer William zu der kleinen Gruppe. Gemeinsam verbringen die drei sehr unterschiedlichen Charaktere ihre Zeit in den Hallen und hoffen auf eine Änderung auf der Anzeigetafel der abgehenden Flüge.

Schon schnell wird klar, dass Scarlett ihre liebenswürdige Schwester Mélie oft missversteht. Mélie ist im Gegensatz zu ihrer Schwester eher ruhig und gefasst, wenn es zu Stresssituationen kommt. Vielleicht ist es auch ihr Job als Sexualtherapeutin, der es Mélie ermöglicht, ihren Gegenüber schneller zu durchschauen, als es der eigenen Schwester gelingt. Diese hingegen verurteilt Mélie gerne. Die Schwester sei in jungen Jahren vom Baum gefallen. Das erkläre, warum sie so wirr rede und so anders denke als ihr Umfeld und warum sie Zugang zu Menschen finde, die eben nicht „normal“ reagieren.

Als William zu den Schwestern stößt, bringt er die Geschichte in Schwung. Seine distinguierte „Britishness“ wird jedoch schon bald auf die Probe gestellt. Scarlett ist kein einfacher Mensch.
Als William den Schwestern vorschlägt, den Heiligabend bei ihm zu Hause zu verbringen, nimmt das Desaster dann seinen Lauf. Für reichlich Chaos ist angesichts der familiären Verhältnisse ihres Gastgebers auf jeden Fall gesorgt.

William hat einen homosexuellen Bruder, der sich gegenüber der eigenen Familie noch nicht geoutet hat. Hinzu kommt seine Tante, die sich nach der Trennung von ihrem Mann, der es mit der Sekretärin getrieben hat, in einer düsteren Verfassung befindet. Der Vater hingegen verhält sich auffallend distanziert und ruhig, kontrastiert von der Mutter, die eine wahre Furie zu sein scheint. Einzig die Großmutter Lizzie befindet sich in Feierlaune und ist bereits auf der Suche nach dem Alkoholvorrat des Enkelsohns. Mitten in dieses Chaos geraten nun also Mélie und Scarlett.

Und nun kommt das Weihnachtsfest. So ein Moment, in dem alles immer wie am Schnürchen laufen soll ...



Fazit:

Wenn Lucie Castel Humor und Ernsthaftigkeit mischt, bleibt bei ihren Fans kein Auge trocken.
„Weihnachten ist wunderbar“ ist eine Familiengeschichte, in der genügend Platz für grotesken Humor und raffinierte Bezüge ist. Das alles hat extrem viel Schwung.

Mit der Protagonistin wird man als Leser nicht recht warm. Über weite Strecken wirkt sie beinahe unsympathisch. Wer darüber hinwegsehen kann, wird mit „Weihnachten wird wunderbar“ schöne Lesestunden haben.



Buchzitate:

„Sie sind also eher der Typ Mimose.“ „Ich bin Engländer. Nicht durchdachte und riskante Manöver überlassen wir gerne den Deutschen und Franzosen.“ Volltreffer. Ich sehe so unbeteiligt wie möglich in seine Richtung.

Veröffentlicht am 13.12.2018

Ein Roadtrip, den man nicht so schnell vergessen wird

One More Chance
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Inhalt:

Auf dem Weg nach Temecula macht Aubrey Halt an einem Andenkenladen. Ein neuer Job, eine neue Stadt, Aubrey gibt sich ihren eigenen Gedanken hin, während sie auf ihr bestelltes Essen wartet. Gedankenverloren ...


Inhalt:

Auf dem Weg nach Temecula macht Aubrey Halt an einem Andenkenladen. Ein neuer Job, eine neue Stadt, Aubrey gibt sich ihren eigenen Gedanken hin, während sie auf ihr bestelltes Essen wartet. Gedankenverloren nimmt sie eine Barack-Obama-Wackelkopf-Figur in die Hand. Plötzlich ertönt eine unerwartete Stimme. Der folgende anzügliche Kommentar erschreckt Aubrey so massiv, dass ihr die Figur aus der Hand fällt. Sie reagiert zickig. Die Flirtversuche des Fremden überschreiten die Grenze des guten Geschmacks.

Verärgert nimmt sich Aubrey vor, den Fremden ab sofort zu verachten, was sein gutes Aussehen, sein Charme und Witz nicht gerade vereinfachen. Beide werden in der Folge Opfer einer technischen Panne. Der Fremde, der sich kurze Zeit später als Chance vorstellt, bietet Aubrey einen Deal an. Er wechselt ihr den Reifen, während sein Motorrad sich in der Reparatur befindet. Dafür soll Aubrey ihn allerdings mit nach Kalifornien nehmen.

Es dauert einen Moment, bis Aubrey begreift, dass ihr wohl kaum eine andere Wahl bleibt. Außerdem ist Chance ja nicht nur lustig, sondern auch verdammt süß. War sie nicht auf der Suche nach einer neuen Liebe? Und was soll's: Das Leben ist ein Risiko. Aubrey lässt sich auf den Deal ein. Der Beginn eines unmöglich schönen Roadtrips.



Im Detail:

Als Chance in Aubreys Auto steigt, liefern sie sich von Beginn an ein witziges Wortgefecht, das den einen oder anderen Leser sofort zum Schmunzeln bringen dürfte. Denn Chance ist niemand, der ein Blatt vor den Mund nimmt. Er spricht aus, was er denkt und das ist voller Anzüglichkeiten und sexueller Metaphorik.
Chance Meinung nach, ist seine Mitfahrerin prüde und verklemmt. Sie müsste mal so richtig flachgelegt werden und vor allem sollte sie sich trauen, über ihre Gefühle zu sprechen. Als das Telefon klingelt und einen fremden Männernamen anzeigt, geht Chance ohne lange zu zögern an den Apparat. Aubrey ist erstmal geschockt von dieser Aktion. Aber so ist dieser Mann, der stets unüberlegte und spontane Entscheidungen trifft und schamlos jede Grenzziehung des guten Geschmacks verachtet. Das muss auch der Anrufer erfahren, als Chance am Telefon sexuelle Andeutungen fallen lässt. Aubrey sei beschäftigt und zwar für längere Zeit, das ist die Quintessenz, die der Mann am anderen Ende des Telefons ziehen darf und die Aubrey erstmal verarbeiten muss. Chance ist frech, er ist dreist und auch sehr arrogant. Aber irgendwie ist es das, was Aubrey nicht nur die Sprache verschlägt sondern auch ganz schön verführt.

Es folgt ein spaßiger, manchmal bizarrer Roadtrip. Das hat unter anderem mit Chance zu tun, der mit immer neuen Sprüchen und Ideen aufwartet. Aber auch die Erlebnisse der Reisenden sorgen für allerhand Kurzweil und Abwechslung. Die Fahrt kann man schon als eine Reise der besonderen Art bezeichnen. So beschert ein Beinaheunfall mit einem LKW Aubrey und Chance einen neuen Mitfahrer. Bei dem tierischen Begleiter handelt es sich um einen blinden Ziegenbock, der in Stresssituationen in Ohnmacht fällt. Zu dritt machen die drei Reisegefährten einen Umweg über Las Vegas und entscheiden sich für eine Fake Hochzeit. Aubrey und Chance sammeln wundervolle Momente, haben eine Menge Spaß und nutzen die Zeit für sehr heiße Flirts. Doch umso näher das Ziel rückt, desto unvermeintlicher wird der Gedanke der Endlichkeit dieser Reise. Immer mehr Andeutungen machen klar, dass Chance gehen wird. Warum spricht Chance so wenig über seine Vergangenheit und warum kann er nicht einfach bleiben und seine Zukunftspläne an die von Aubrey anpassen?



Fazit:

One more Chance ist die Geschichte von Aubrey und Chance, die sich in einem Andenkenladen irgendwo in Nebraska auf dem Weg nach Kalifornien begegnen. An super witzigen Dialogen und Wortgefechten mangelt es dem Buch zu keiner Zeit. Die Erlebnisse der beiden lassen einen mitunter sprachlos zurück. Die Geschichte nimmt im weiteren Verlauf eine unvorhersehbare, ernste Wendung. Das Ernste und das Komische sind hier sehr nahe beieinander.
Viele Verwicklungen, hohes Tempo und eine heitere, erotisch aufgeladene Atmosphäre, das sind die Zutaten, die diesen Roman zu einem Lesehighlight machen.

Einziger Kritikpunkt: Das Leseerlebnis ist einfach viel zu schnell vorbei.



Buchzitate:

Chance schälte mit einem Taschenmesser die Borke von einem Stock, steckte einen Marshmellow darauf und gab ihn mir. Er war wirklich gut in solchen Sachen.
„Ich teile mir also heute Nacht das Zelt mit dir, wir haben uns gemeinsam ein Haustier zugelegt und ich weiß nicht mal, womit du deinen Lebensunterhalt verdienst“, sagte ich.