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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 22.02.2023

Wunderbare Anekdoten

Kummer aller Art
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Ich bin für ein paar Wochen bei Mariana Leky eingezogen. Also eigentlich in die Geschichtensammlung „Kummer aller Art“, die mir jeden Tag eine interessante Begegnung im Treppenhaus oder im Heizungskeller ...

Ich bin für ein paar Wochen bei Mariana Leky eingezogen. Also eigentlich in die Geschichtensammlung „Kummer aller Art“, die mir jeden Tag eine interessante Begegnung im Treppenhaus oder im Heizungskeller geschenkt hat.
Nachdenkliches gab es da und Heiteres. Manchmal war ich nach dem Lesen traurig, manchmal packte mich die Sehnsucht. Und am Ende war ich wehmütig, als die kleinen Episoden ausgelesen waren, denn ich war doch zur Nachbarin, zur Mitbewohnerin geworden, und dann musste ich mit Frau Wiese einfach so ausziehen.

An das große Werk und Lieblingsbuch „Was man von hier aus sehen kann“ reicht das Büchlein nicht ganz heran. Die Entfaltungsmöglichkeit kurzer Kolumnen ist im Vergleich zum Roman natürlich eingeschränkt. Dafür wurde vieles schön auf den Punkt gebracht, es gab wertvolle Impulse und Denkanstöße, ein Kopfschütteln oder ein Lächeln auf die Lippen.

Ich habe gerne im Haus bei Mariana Leky gewohnt und kann diesen Aufenthalt/diesen kleinen Erzählband von Herzen weiterempfehlen!

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Veröffentlicht am 19.02.2023

Ein Stillleben in Worten

Männer sterben bei uns nicht
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Zum Tod der Großmutter kommen sie alle zusammen. Alle Frauen. Da ist Luise, der Augenstern der Großmutter, und die Erbin des Anwesens am See. Luise, die sich an vieles scheinbar nicht zu erinnern vermag, ...

Zum Tod der Großmutter kommen sie alle zusammen. Alle Frauen. Da ist Luise, der Augenstern der Großmutter, und die Erbin des Anwesens am See. Luise, die sich an vieles scheinbar nicht zu erinnern vermag, die vieles nicht zu wissen scheint. Und all die anderen Frauen, die sich nicht in der Gunst der Großmutter hatten sonnen dürfen. Verstoßene Frauen, verachtete Frauen und sogar verschwunden gewesene Frauen. Nur keine Männer.

Das Cover des Romans von Annika Reich schmückt ein prächtiges Stillleben, und ebenso erschien mir beim Lesen auch der Inhalt der Erzählung: Wie eine Anordnung prachtvoller Komponenten mit geheimnisvoller Bedeutung. Staunend betrachte ich nicht nur die Sujets auf der Bildkomposition, sondern auch die Parade der Frauen und deren Begegnungen und Gespräche in der Textkomposition. Und wie ein Stillleben leblose Gegenstände zeigt, fühlt es sich beim Lesen stellenweise an, als würden mir leblose Seelen gezeigt. Vieles bleibt rätselhaft, so wie Luises Gedächtnis, das ihr vieles unterschlägt oder sie Dinge anders sehen und bewerten lässt. Der Einfluss der Großmutter wirft lange Schatten. Bereitwillig hatte Luise zu deren Lebzeiten die Deutungshoheit an diese abgegeben. Oft frage ich mich beim Lesen, wie ihr die wahren Zusammenhänge entgehen konnten – doch auch mir entziehen sie sich beim Lesen nur allzu gerne, so dass mir stellenweise nur die staunende Betrachtung der geschilderten Momentaufnahmen bleibt. Und hinter allem thront im Hintergrund unheilverkündend und symbolträchtig das Anwesen am See.

Wer es schafft, diesen Kurzroman wie ein bildhaftes Kunstwerk als Gesamteindruck in sich aufzunehmen, wird mit Eindrücken und Andeutungen gefüllt. Wer sich eine klare Deutung wünscht, wird von der Geschichte enttäuscht sein.

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Veröffentlicht am 18.02.2023

Die wahre Stärke der Frauen

Das Lachen der Pinguine
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Als die junge Dänin Caroline den norwegischen Kapitän Klarius Mikkelsen heiratet und dafür ihre Arbeit als Buchhalterin aufgibt, träumt sie von einem Leben voller Abenteuer. Einiges kommt ganz anders nach ...

Als die junge Dänin Caroline den norwegischen Kapitän Klarius Mikkelsen heiratet und dafür ihre Arbeit als Buchhalterin aufgibt, träumt sie von einem Leben voller Abenteuer. Einiges kommt ganz anders nach ihrem Umzug nach Norwegen als sie es sich erhofft hatte, aber schließlich geht ein langgehegter Traum in Erfüllung, als sie ihren Mann auf einer Expedition begleiten darf. Als erste Frau überhaupt setzt sie einen Fuß in die Antarktis. Eindrücke für die Ewigkeit prägen sich bei ihr ein. Doch wie kommt es, dass von diesem Rekord 50 Jahre später niemand mehr weiß? Im Jahr 1995 begibt sich die Journalistin Jesse Brubaker auf Spurensuche.

Mit Caroline und Jesse begleitet der Roman auf zunächst zwei Zeitebenen zwei starke Frauenfiguren. Stark nicht im heldenhaften Sinne. Aber stark in ihren Wünschen und Vorstellungen für ihr Leben, im Streben nach dem ganz persönlichen Glück. Was dies für jede von ihnen bedeutet, lernen sie und wir im Verlauf der Erzählung.
Der Roman nimmt sich Zeit und Raum, um seine Sogwirkung langsam, aber unwiderstehlich zu entfalten. Vom beengten Leben im dänischen Küstenort zum schwierigen Neuanfang in Norwegen begleiten wir Caroline. Und wir reisen mit ihr vom Skagerrak zum Äquator und schließlich in die Antarktis, wo gewaltige Eindrücke warten: Da ist der Walfang in seiner ganzen ungeschönten Brutalität und Maßlosigkeit, und da ist das ewige Eis in seiner überwältigenden Schönheit und Ewigkeit.

Beim Lesen fühlte ich mich Caroline eng verbunden, dank der teilweise gewählten Briefform erhielt ich tiefen Einblick in ihr Inneres und wurde von ihren Gedanken und Träumen mitgetragen. Auch der Handlungsstrang um Jesse ist wahnsinnig interessant aufgebaut und spiegelt das Lebensgefühl der 1990er Jahre hervorragend wider. Als ehemalige redaktionelle Mitarbeiterin erkannte ich vieles wieder und konnte mich auch hier einfühlen. Überhaupt ist dies ein meisterhaft recherchiertes Werk, was maßgeblich zur Authentizität der Erzählung beiträgt.

Ein wunderbarer Roman, der auch nach den bewegenden letzten Seiten noch in mir nachhallte.

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Veröffentlicht am 16.02.2023

Wen der Wolf jagt

Lupus Noctis
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Eine Gruppe von Studenten, die schon seit der Schulzeit befreundet sind, trifft sich regelmäßig zum Rollenspiel „Lupus Noctis“, das sie selbst aus dem bekannten Werwolf-Spiel weiterentwickelt haben. Gespielt ...

Eine Gruppe von Studenten, die schon seit der Schulzeit befreundet sind, trifft sich regelmäßig zum Rollenspiel „Lupus Noctis“, das sie selbst aus dem bekannten Werwolf-Spiel weiterentwickelt haben. Gespielt wird an Lost Places - verlassenen und meistens recht unheimlichen Orten wie einer Ruine, einer alten Villa oder dieses Mal in einem verlassenen Bunkerkrankenhaus unterhalb der Berufsschule. Alle freuen sich auf das Wiedersehen, die Abläufe sind eingespielt und alles ist routiniert geplant.

Doch dann entwickeln sich einige Dinge ganz anders als geplant. Geheimnisvolle Erpresserbriefe werden zugesteckt, Spieler angegriffen, und plötzlich finden sich die jungen Leute eingesperrt. Fünf Meter unter der Erde, ohne Handyempfang, ohne Kontakt zur Außenwelt. Dafür mit dem düsteren Gefühl, gejagt zu werden.

Der Thriller baut eine wahnsinnig dichte, klaustrophobische Atmosphäre auf. Allein das Setting in dem tatsächlich in Gunzenhausen existierenden unterirdischen Bunkerkrankenhaus, das ursprünglich für den atomaren Katastrophenfall errichtet worden war, ist einzigartig und an sich schon sehr beklemmend. Doch auch die zwischenmenschlichen Beziehungen und die Unsicherheit, ob der Nachtwolf von außerhalb stammt oder eine/r von ihnen ist, lässt eine Wand des Misstrauens und der Angst entstehen. Was als gutgelaunter Ausflug mit Rollenspiel beginnt, kippt völlig um in einen Horrortrip.

Ich muss gestehen, dass ich von einem Jugendthriller gewisse Entwicklungen nicht erwartet hätte, die mich dann eiskalt erwischt haben. Die Spannung baut sich sukzessive auf, bis die Stimmung zum Zerreißen ist. Ab einem gewissen Punkt war mir die Auflösung des Ganzen dann bewusst, und ich bin damit auch richtig gelegen, was aber der Hochspannung keinerlei Abbruch getan hat.

Klare Leseempfehlung – aber „Werwolf“ möchte ich in nächster Zeit bitte nicht spielen!!!

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Veröffentlicht am 12.02.2023

Zauberhafte Regency-Romance

Die Ladys von Somerset – Ein Lord, die rebellische Frances und die Ballsaison
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Vorbei die unbeschwerte Zeit im Mädchen-Pensionat! Die drei Freundinnen Frances, Rose und Pru sollen sich als Debütantinnen auf die Suche nach einem geeigneten Ehemann machen. Im Falle von Frances bedeutet ...

Vorbei die unbeschwerte Zeit im Mädchen-Pensionat! Die drei Freundinnen Frances, Rose und Pru sollen sich als Debütantinnen auf die Suche nach einem geeigneten Ehemann machen. Im Falle von Frances bedeutet dies, wenn es nach ihrer verschuldeten und äußerst ambitionierten Mutter geht, dass mindestens ein Lord her muss. Die rebellische junge Dame hingegen hat ganz andere Vorstellungen von ihrem Leben und der Liebe. Vor allem geht ihr Daniel, der Bruder von Rose, hartnäckig nicht aus dem Kopf, obwohl dieser bald wieder in den Krieg ziehen muss, aber da gibt es ja auch noch den charismatischen Lord Felton.

Das Setting im London des Regency-Zeitalters ist zauberhaft und in liebevollen Details geschildert. Die drei jungen Damen sind in ihren ganz eigenen Charakterausformungen ganz wunderbar geschildert, so dass man sich rasch mit ihnen im Bunde fühlt. Köstlich waren die Szenen mit der egozentrischen Lady Darlington, Frances´ herrlich überspannter Mutter, und deren Mops Muzzle. Die Handlung begleitet die drei so unterschiedlichen Freundinnen auf prunkvolle Bälle, aber ebenso auf nächtliche Abenteuer mit Sherry und verbotenen Büchern. Was sie sich aus so einem Buch versprechen? Natürlich Erleuchtung in der großen Frage nach der Hochzeitsnacht! Denn das ist schließlich das einzige Ziel einer jungen Lady: unter die Haube zu kommen und damit finanziell ausgesorgt zu haben. Zumindest behaupten das alle, aber Frances und Rose wünschen sich eigentlich mehr für ihr Leben.

Die Story ist reizend erzählt, man fliegt nur so durch die Seiten und immer wieder gibt es humorvolle Episoden. Bis in die Nebenrollen ist jeder Charakter liebevoll und detailgetreu ausgeformt, wobei mir eindeutig Frances am besten gefiel. Sie ist eine erfrischend rebellische Protagonistin, die zudem eine bemerkenswerte Entwicklung vom störrischen jungen Mädchen zur selbstbewussten jungen Frau unterläuft und ihr Leben selbst in die Hand nimmt. Und natürlich dreht sich immer wieder alles um die Liebe, wobei mir gut gefiel, dass diese hier in nahezu sämtlichen Farben des Regenbogens erstrahlen darf!

Ein wunderbares Lesevergnügen!

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