Von der Regenrinne zur Spielzeugeisenbahn
Caroline Märklin - Sie brachte Kinderaugen zum Leuchten, doch kämpfte um ihr eigenes GlückDas vermeintliche Buch über Spielzeugeisenbahnen entpuppt sich beim Lesen als interessante Zeitreise in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts. Caroline Hettich ist eine selbstbewusste junge Frau mit eigenen ...
Das vermeintliche Buch über Spielzeugeisenbahnen entpuppt sich beim Lesen als interessante Zeitreise in die zweite Hälfte des 19. Jahrhunderts. Caroline Hettich ist eine selbstbewusste junge Frau mit eigenen Ideen – und damit einfach in der falschen Zeit geboren. Denn im Königreich Württemberg hat sie als Frau kaum eigene Rechte. Ihren Ausweg und auch ihr Glück findet sie in der Heirat mit dem Flaschner Wilhelm Märklin. Mit ihm hat sie einen Partner zur Seite, der ihren Ideen zumindest teilweise aufgeschlossen gegenübersteht, wobei auch er letztendlich nicht ganz aus seiner Haut kann. Es ist sozusagen der Kampf „Regenrinne gegen Spielzeugherd“, also Bewährtes gegen Innovatives. Dennoch ermöglicht Wilhelm Caroline, mit dem Musterkoffer durch Süddeutschland und sogar bis in die Schweiz zu reisen, um so die Firma Märklin nicht nur zu erhalten, sondern auch voranzubringen und bekannt zu machen.
Der Roman liefert wertvolle Einblicke in das Leben der damaligen Zeit und hält schmerzhaft vor Augen, wie wenig Rechte Frauen damals hatten. So bedurfte Caroline etwa einer schriftlichen Genehmigung ihres Mannes, um auf Reisen zu gehen. Auch die Begegnungen mit ausschließlich männlichen Geschäftspartnern sind äußerst aufschlussreich, weil der kompetenten und klugen Frau oft genug allein aufgrund ihres Geschlechts das Gespräch verweigert wird. Die schweren finanziellen Nöte und die weiteren gesellschaftlichen Zwänge sind eindringlich geschildert, doch vor allem Carolines Familie und deren Schicksal bildet den Dreh- und Angelpunkt der Geschichte. Sehr interessant war auch zu hören, wie viele Menschen damals ihr Glück in Amerika gesucht haben und ausgewandert sind. Das Buch enthält wahnsinnig viele Begebenheiten, Anekdoten und Informationen, die leider teilweise für Sprünge und Brüche sorgen. Da hätte ich mir ein wenig mehr Lesefluss gewünscht.
Insgesamt ist es ein sehr interessantes Porträt einer starken Frau, die ihr Leben selbst in die Hand nahm, als die Zeit dies eigentlich nicht vorsah.