Kunstvoll, aber öde
Hey guten Morgen, wie geht es dir?Ich hatte das Buch angefordert, bevor es zum Skandal um den Deutschen Buchpreis kam. Ich fand das Cover sehr knallig und hatte auf eine frische Geschichte gehofft. Ich empfand es als kunstvoll, aber inhaltlich ...
Ich hatte das Buch angefordert, bevor es zum Skandal um den Deutschen Buchpreis kam. Ich fand das Cover sehr knallig und hatte auf eine frische Geschichte gehofft. Ich empfand es als kunstvoll, aber inhaltlich und emotional nicht packend.
Worum geht es?
Tänzerin Juno lebt mit ihrem MS-kranken Ehemann Jupiter in einer Wohnung, ihr Alltag besteht aus Tanzprojekten und Besorgungen, die sie für den Autor erledigt. Dreh- und Angelpunkt ist der Scammer, zu dem Juno eine Beziehung aufbaut. Nebenbei lesen wir von ihrem Alltag.
Wie hat mir das Buch gefallen?
Ungewöhnlich fand ich, dass die Figuren die Namen von Göttern tragen, also eher Typen sind. Juno als Mutterfigur, die zwischen Fürsorge und Selbstverwirklichung pendelt, Jupiter als gefallener Gott, der Junos Alltag dominiert, weil sie für ihn Rezepte einlösen und kochen muss. Dazu der Scammer und ein paar Tanzkollegen. Die Idee ist gut und ich denke, dass dahinter viel steckt, das ich mangels Kenntnisse der römischen Mythologie nicht sehe.
Ansonsten ist der Text ein Werk, das in mir ein Gefühlsvakuum erzeugt hat und bei dem ich hoffte, es würde endlich etwas passieren. Dass Jupiter stirbt oder Juno dem Scammer wider besseren Wissens verfällt. Dass die Tanzperformance in München zu einem Ausbruch führt. Es passiert immer ein bisschen, aber nichts Großes. Keine Wendung. Manche Leser:innen mögen aber genau das, die Auseinandersetzung mit der Monotonie des Alltags.
Auch das Thema Scammer, das in der Presse gelobt wurde, schien mir eher oberflächlich. Der Scammer gibt vor, wahrhaftig zu sein, er bitte sie nie um Geld. Was er von ihr will, bleibt unklar. Genauso wie Junos Motive. Ihre Gespräche sind eher Smalltalk. Juno versucht, sich über sein Land zu informieren, sich in ihn hineinzufühlen, aber er hat kein Interesse dran. Auch nicht an Junos ausführlichen Vergleichen mit dem Film "Melancholia" von Lars von Trier.
Ich habe lange nicht verstanden, warum der Film eine so große Rolle für sie spielt, aber vielleicht sieht sie in den Schwestern Claire und Justine, die mit Erwartungen und Depressionen kämpfen, Parallelfiguren zu sich und Jupiter. Weil sie sich fragt, wer wem hilft und wann die Katastrophe, also der Planet oder die MS, das Leben der Figuren zerstört. Vielleicht sehnt sich Juno auch danach.
Beim Tanzen gibt es außeredem noch eine Auseinandersetzung mit weiblichen Rollenbildern und dem Thema Alter.
Fazit
Letztlich bleibt vom Buch außer dem tollen Cover und den Namen nicht viel. Die Autorin hat sich sicher viel Arbeit gemacht, aber mich hat es emotional gar nicht mitgerissen.