Heureka!
Find Me Finde michNachdem "Call me by your name" für mich eine Offenbahrung war, die das Gay Romance-Genre wieder auf seine Wurzeln zurückgeführt hat, zur klassischen Liebesgeschichte, war ich skeptisch, ob ich "Find me" ...
Nachdem "Call me by your name" für mich eine Offenbahrung war, die das Gay Romance-Genre wieder auf seine Wurzeln zurückgeführt hat, zur klassischen Liebesgeschichte, war ich skeptisch, ob ich "Find me" erwerben sollte. Denn die Kritiken zu Acimans weiteren Büchern sind durchwachsen und schon bei CMBYN fand ich den Stil eher denkend. Letztlich entschied ich mich für die englische Version und rezensierte ausführlich. Als Netgalley die deutsche Version als Rezensionsexemplar anbot, nutzte ich die Gelegenheit, um zu vergleichen.
**Inhalt in Kürze*
"Finde mich" ist in 5 Kapitel gegliedert, die mit italienischen Begriffen aus der Musik überschrieben sind und ziemlich passend sind. Das Buch schreitet chronologisch voran, beschreibt jedoch erst im letzten Kapitel die Beziehung zwischen Elio und Oliver. Davor widmet sich das Buch der Liebe seines Vaters Samuel zur jüngeren Miranda und der Liebe alten Michels zum jüngeren Elio. Das Alter herrscht als Thema vor, genauso wie die These, dass alle Dinge zum richtigen Zeitpunkt passieren und sich Kreise schließen.
*Was ist mir beim Lesen aufgefallen?*
Die Übersetzung: Thomas Brovot hat großartige Arbeit geleistet. Der Text liest sich flüssig und sämtliche Stolperstellen bzw. komische Worte erwiesen sich auch im Original als unstimmig. Ich habe das in Büchern bereits anders erlebt.
Das Sprachniveau: Ich hatte mit meinem englischen B1-Level vermutet, dass ich den Großteil verstehe und mir nur ein paar Details fehlen. Tatsächlich liest sich die deutsche Version genauso wie die englische, ich habe mich nur in Details geirrt und manche Aspekte wirkte in meiner Muttersprache deutlicher. Ich habe aber im Englischen manche Fehlstellen mit eigenen Gedanken gefüllt und mich gewundert, dass sie im Deutschen fehlen.
Das Grundthema: Aciman arbeitet sich am "Alter" ab und nachdem ich das Buch zweimal gelesen habe, fällt mir auf, wie wenig Substanz das hat. Philosophie-Freunde werden sich freuen, aber bis auf die Szene zwischen Elio und Oliver hat das nichts mit der Realität zu tun. Beziehungen mit Altersunterschieden gründen sich auf mehr als eine schwierige Beziehung zum (toten) Vater und ein paar pseudo-philosophischen Sprüchen. Sie basieren auf (zum Zeitpunkt des Kennenlernens) ähnlichen Einstellungen und Zielen - wie jede normale Beziehung. Aber natürlich gibt es Hürden, weil sich Körper unterschiedlich entwickeln - das bedeutet vor allem, Verantwortung für einen Partner zu tragen, der irgendwann hilfsbedürftig wird oder damit klarzukommen, dass es irgendwann so kommen könnte. Aciman romantisiert hier zum Wohle des gedanklichen Diskurses, was für mich nichts als eine Mogelpackung ist.
*Fazit**
"Finde mich" kann man lesen, muss man aber nicht. Es ist ein unterhaltsames Buch, das sich gut lesen lässt, aber man sollte gern philosophische Bücher lesen und Paare unterschiedlichen Alters nicht abstoßend finden.