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Veröffentlicht am 11.12.2024

Unterhaltsame Zeitreise durch die Glaskunst Muranos

Das Geheimnis der Glasmacherin
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Als jedoch Lorenzo Rosso, Pater Familias der Glasbläserfamilie Rosso plötzlich verstirbt, ist es seine Tochter Orsola, die versucht die Familie durch das Handwerk der Glasbläserei zu retten. Ihr Bruder, ...

Als jedoch Lorenzo Rosso, Pater Familias der Glasbläserfamilie Rosso plötzlich verstirbt, ist es seine Tochter Orsola, die versucht die Familie durch das Handwerk der Glasbläserei zu retten. Ihr Bruder, der nun die patriarchale Rolle in der Familie eingenommen hat, ist davon weniger begeistert und verbietet Orsola die Glasbläserei. Orsola lässt sich davon nicht abhalten, arbeitet und verkauft heimlich, wird zu einer wichtigen Institution für die Familie, für die Glaskunst, für Murano.

Zunächst war ich etwas irritiert über die Erzählart von Tracy Chevalier, denn nach einigen Stationen im Jahr 1468 springt sie plötzlich in der Zeit. Das passiert mehrfach, bis wir in der Gegenwart ankommen. Im Zentrum des Geschehens steht immer Orsola und ihre Familie. Stehen Traditionen, aber auch das Weltgeschehen, mit dem Orsolas eigene Geschichte und die Muranos verknüpft werden. So sieht sich die Familie Rosso bspw. mit der Pest konfrontiert, die nicht nur geliebten Menschen das Leben kostet, sondern auch eine finanzielle Notlage und Neuorientierung fordert.

Chevalier kreiert eine schöne Skizze dessen, was in einem halben Jahrhundert geschehen kann. Sozial, wie auch wirtschaftlich. Zeigt, wie eng alles miteinander verknüpft ist, welche kleinen Nuancen entscheidende Veränderungen hervorrufen können.

"Das Geheimnis der Glasbläserin" hat mich sehr gut unterhalten. Es ist notwendig sich auf die Zeitsprünge einzulassen, um die Geschichte voll und ganz genießen zu können. Das ist natürlich kein realistischer Ablauf, denn wir begegnen nicht den Nachkommen von Orsola, sondern sie und ihre Familie altern nicht reell mit. Aber gerade dadurch werden einige Stationen der Weltgeschichte noch klarer. Ich mochte sehr, dass ich von einer spannenden Story getragen und nebenbei noch so viel historisches gelernt habe.

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Veröffentlicht am 26.11.2024

Bewegende Geschichte

Und morgen wieder schön
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Amanda zieht es vom beschaulichen Friseursalon der Mutter in die große, weite Welt. Nach Frankreich. Paris. Stadt der Möglichkeiten für all diejenigen, die sich nach Schönheit sehnen und diejenigen, die ...

Amanda zieht es vom beschaulichen Friseursalon der Mutter in die große, weite Welt. Nach Frankreich. Paris. Stadt der Möglichkeiten für all diejenigen, die sich nach Schönheit sehnen und diejenigen, die mit Schönheit ihr Geld verdienen. Wie Karl Lagerfeld z.B. Er ist Amandas großes Vorbild. Sie orientiert sich an ihm, versucht ihm nachzueifern und bei ihm vorstellig zu werden, um den Traum von der Star-Coiffeurin wahr werden zu lassen. Schnell kommt die Ernüchterung. Lagerfeld ist nicht gewillt sie unter ihre Fittiche zu nehmen.

Statt mit ihm ins Rampenlicht zu treten, findet sie in der Dunkelheit des Untergrunds eine beste Freundin. Die verrückte Catherine, die eifrig ihren Weg geht. Amanda muss erkennen, dass es gar nicht unbedingt der Schatten eines berühmten Menschen ist, durch den sie ins Licht treten kann, sondern dass sie erst dann so richtig zu strahlen beginnt, wenn sie ihre eigenen Ideen, ihren eigenen Stil einsetzt.

Diese Chance bekommt sie zum ersten Mal bei Françoise Hardy. Plötzlich ist sie berühmt, bekannt und doch ist es etwas anderes, das ihr Herz rührt: die Schönheit der Frauen hervorzuheben, die ihre Haare verloren haben. Diejenigen, die an Krebs erkranken und in der Chemotherapie ihre Haare opfern. Die Frauen, die neben ihrer Gesundheit auch noch ihre Schönheit einbüßen und damit auch einen Teil ihrer Identität.

Amandas berührende Geschichte beruht auf einer wahren Biografie. Mit sanften Klängen, einer dem bewegenden Thema angepassten Poesie, schreibt Marie Sand vom Verlust der Identität, von Träumen, Sehnsüchten und davon, wie es ist dem Herzen zu folgen. Ist der Weg noch so steinig - gehen wir ihn aus tiefstem Herzen, erfüllt er uns auf eine ganz besondere Art.

Mich hat das Buch auch persönlich berührt. Wir reden immer davon wie unwichtig das eigene Aussehen doch ist und das sollte es auch eigentlich sein. Doch als meine Mama an Krebs erkrankte, als sie an Schläuchen hing und immer mehr von ihrem Körper verschwand, da war ich so unendlich dankbar dafür, dass die Chemo ihr nicht ihre Haare genommen hat. Es hat ihr auf eine besondere Art ihre Würde bewahrt, die sie an anderen Stellen einbüßen musste. Wie wundervoll ist es, dass es Menschen gibt, die in so schweren Situationen respektvoll unterstützen und Frauen ihre Würde wiedergeben, durch die Geste sie in ihrer Schönheit zu sehen, zu bestärken und diese wiederherzustellen.

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Veröffentlicht am 28.10.2024

Perlenbach

Perlenbach
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"Perlenbach" ist der Nachfolger des historischen Romans "Ginsterhöhe", der Inhalt aber chronologisch vor der Geschichte aus "Ginsterhöhe" angesiedelt. Könnte ich es nochmal entscheiden, würde ich die Bücher ...

"Perlenbach" ist der Nachfolger des historischen Romans "Ginsterhöhe", der Inhalt aber chronologisch vor der Geschichte aus "Ginsterhöhe" angesiedelt. Könnte ich es nochmal entscheiden, würde ich die Bücher auch lieber in dieser Reihenfolge lesen. Sie sind aber auch gut unabhängig voneinander lesbar.

Wie "Ginsterhöhe" auch, hat mir "Perlenbach" sehr gut gefallen. Vielleicht sogar noch ein bisschen besser. Die Geschichte der Freundschaft zwischen den ungleichen Protagonisten, ihre Höhen und Tiefen, der Druck der Gesellschaft dieser Zeit, Ansprüche, Wünsche, Hoffnungen, die sich nicht immer mit dem decken, was möglich ist.

Wilhelm lebt auf einem Bauernhof, auf dem es zu viele Kinder für zu wenig Geld und zu wenig Essen gibt. Sein Vater ist gewalttätig und cholerisch, engstirnig und verbohrt. Die Wünsche der Kinder interessieren ihn nicht. Ihm ist nur wichtig, dass der Hof weiter besteht und bewirtschaftet wird. Als Wilhelm den Wunsch äußert eine Ausbildung in einer Fabrik zu beginnen, der Fabrik der Familie seines Freundes Jacob, stößt er beim Vater damit auf großen Widerstand.

Jacob hingegen möchte der Fabrik entfliehen. Der Last des Erben. Er träumt vom Reisen, von Freiheit und einem Leben, das nun gar nicht einer konservativen Fabrikantenfamilie entspricht.

Luise will Ärztin werden. Ein Beruf, dem Ende des 19. Jahrhunderts ausschließlich Männer nachgehen. Ein Kampf gegen Konventionen und Vorurteile. Ist Luises Dickschädel, ihr Ehrgeiz und ihr Durchsetzungsvermögen stark genug, um es trotzdem zu schaffen?

Wieder einmal hat Anna-Maria Caspari sehr gut recherchiert und skizziert detailgetreu die verschiedenen Gesellschaftsstrukturen und Schubladen des 19. Jahrhunderts. Die Enge der Bauernfamilien und deren teils wirtschaftliche Notlage, die konventionellen Ansichten der oberen Mittelschicht, die Diskriminierung der Frauen, die als mehr oder weniger notwendiges Beiwerk, aber nicht als selbstständige Person angesehen werden und von Casparis Protagonistin Luise gehörig Gegenwind bekommen.

Eine kleine Kritik ist die Stereotypisierung einiger Figuren, die aber vielleicht auch daher rührt, dass Caspari nun mal versucht die Lebensmodelle des 19. Jahrhunderts darzustellen. Dafür bedient sie sich sehr klassischer Vorbilder.

Trotzdem gelingt es ihr den Figuren Sympathien, sowie Antipathien und Lebendigkeit auf den Leib zu schreiben, sowie Erlebnisse und Schicksalsschläge, die "Perlenbach" zu einem spannenden Roman werden lassen, der mir einen guten Einblick verschafft hat, wie das Leben im 19. Jahrhundert abgelaufen sein muss.

Caspari schreibt auch hier wieder ein Nachwort, in dem sie historische Fakten zum Roman erklärt, was ich als absolute Bereicherung empfinde und sehr gerne lese. Außerdem mag ich die Gestaltung der beiden Eifelromane sehr gerne.

Wer gerne literarisch durch die Zeit reist, um auch etwas über die Vergangenheit zu lernen, kann mit den Büchern von Anna-Maria Caspari definitiv nichts falsch machen und bekommt zudem noch spannende Lesestunden hinzu.

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Veröffentlicht am 28.10.2024

24 Wege nach Hause

24 Wege nach Hause
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"24 Wege nach Hause" ist für mich die perfekte Einstimmung in die Vorvorweihnachtszeit. Die Geschichte spielt im Dezember, ist nicht zu weihnachtlich, aber gemütlich und anrührend, emotional bewegend und ...

"24 Wege nach Hause" ist für mich die perfekte Einstimmung in die Vorvorweihnachtszeit. Die Geschichte spielt im Dezember, ist nicht zu weihnachtlich, aber gemütlich und anrührend, emotional bewegend und Hoffnung versprechend - ideal für den dunklen November und die Vorfreude auf den Lichtbringenden Dezember.

Es ist November, als Petra in Stockholm alle Zelte abbricht und gemeinsam mit ihrer Nichte Charlie ins schwedische Dorf Nyponviken zieht. Dort gibt es eine Wohnung, die laut dem Nachlass der Eltern ein Zufluchtsort für Petra sein könnte. Ein Rettungsanker in einer schwierigen Zeit. Petras Schwester Alice, die Mutter von Charlie ist vor kurzem verstorben. Wund und verloren treffen sie in Nyponviken an, wo sie freundlich empfangen werden.

Am 1. Dezember liegt ein Adventskalender vor Petras Tür. Gestaltet von Lilly, einer jung verstorbenen Künstlerin aus Nyponviken. Es gibt keinen Hinweis darauf wer den Adventskalender, der vom Tourismusverband herausgegeben wurde, vor Petras Tür gelegt haben könnte. Hinter jedem Türchen steckt ein Stück von Lillys Lebensgeschichte, die sich auch als Liebesgeschichte entpuppt. Wird Petra Lillys Geheimnis aufdecken können?

Wie wichtig ist es den eigenen Träumen zu folgen? Lillys Geschichte begleitet Petra auf einer Reise zu sich selbst. Einer Reise, auf der sie sich mit ihrer Trauer auseinandersetzt und mit dem was Heimat und Glück eigentlich bedeuten. Ist das eine ohne das andere möglich?

"24 Wege nach Hause" hat mich sehr berührt. Weil ich es kenne sich mit dem Verlust eines geliebten Menschen auseinanderzusetzen und mit welchen Ängsten, welcher Wut und welcher Traurigkeit dies einhergeht. Jenny Fagerlund hat diesen Prozess sehr authentisch dargestellt, auf eine Art und Weise, die Trost spenden kann und mich zu Tränen gerührt hat.

Neben Trauer und Verlust geht es aber auch um die Suche nach dem Glück. Darum, dass es im Ankommen ebenso stecken kann wie in der Erfüllung eines Traumes und in Menschen, die uns nahestehen, die füreinander da sind. Welch unterschiedliche Facetten Freundschaft haben kann und wieviel Unterstützung in der Widerstandskraft einer Freundschaft stecken kann, erfährt Petra in Nyponviken.

Jenny Fagerlunds Erzählstil hat durch eine klare Sprache und eine sanfte, zugewandte Art die Leser*innen durch die Geschichte zu führen eine sehr emotionale Wirkung auf mich. Ich habe vermutlich zwei Kapitel lang geweint. Vor Rührung, vor Mitgefühl, weil ich mich sehr verbunden fühle mit Petra, ihrer Geschichte, ihren Herausforderungen und ihrer Natur damit umzugehen. Die ganze Atmosphäre, die Fagerlund geschaffen hat, ist voller Herzlichkeit, Hoffnung und Zusammenhalt.

Eine wundervolle Geschichte, die ich von Herzen für die Vorweihnachtszeit empfehle.

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Veröffentlicht am 28.10.2024

Die Glücksschwindlerin

Die Glücksschwindlerin
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Wilma Wonneberg und ich haben ein paar Gemeinsamkeiten. Z.B. können wir beide nur schlecht Matheaufgaben lösen oder pünktlich sein, andere Dinge haben wir nicht gemein. Z.B.: das Schwindeln. Denn Wilma ...

Wilma Wonneberg und ich haben ein paar Gemeinsamkeiten. Z.B. können wir beide nur schlecht Matheaufgaben lösen oder pünktlich sein, andere Dinge haben wir nicht gemein. Z.B.: das Schwindeln. Denn Wilma Wonneberg erschwindelt sich ein komplett neues Leben.

Aus Frust darüber, dass Wilmas Leben nicht gerade prall läuft (und das ist noch untertrieben), erfindet sie sich kurzerhand ein Neues. Geht ja gar nicht, dass sie beim Klassentreffen beichten muss, dass sie gerade sowohl den Job, als auch den Freund verloren hat. Ein Leben als Influencerin. Das wäre doch was! Und wie sollen ihre alten Freundinnen, die ja auch nicht unbedingt der Generation Instagram angehören, schon merken, dass Dalia Dolittle, die sich in den Sozialen Netzwerken nicht zu erkennen ist, gar nicht Wilma Wonneberg ist? Es kommt wie es kommen muss: Wilma verstrickt sich immer mehr in ihre Lügen. Doch irgendwann ist der Punkt erreicht, an dem sie sich nichts sehnlicher wünscht, als wieder zurück zukehren. Wenn da nicht mal ein Mann im Spiel ist...

Auch Autorin Nina Hundertschnee und ich haben etwas gemein und das ist unser Sinn für Humor. Konnte ich es längst bei ihren, in unserer Familie sehr beliebten Kinderbüchern bemerken, wurde es mir von "Die Glücksschwindlerin" noch mal bestätigt. Ich kann sehr gut über Sarkasmus und Übertreibungen lachen (vielleicht sollte ich mal eine Karmareinigung bei Chakrenmeisterin Sonne buchen, wenn mich der Alltag mal wieder allzu verdrießlich werden lässt) und fühle mich von Nina köstlich unterhalten. Trotzdem ist die Geschichte nicht zu 100% meins. Ich mag nicht mehr so gerne über tollpatschige Frauen, die sich daran orientieren, wie sie ihre Außenwirkung auf andere optimieren können und wie sie möglichst schnell einen tollen Typen angeln, lesen. Da wünsche ich mir Wilma, die viel Potential hat, moderner, mutiger, vielleicht auch ein bisschen rotziger.

Wer einen Humorvollen, locker leichten und unterhaltsamen Roman sucht, der ist bei Nina Hundertschnee und "Die Glücksschwindlerin" jedoch goldrichtig.

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