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Veröffentlicht am 24.04.2022

Überzeugende Idee, ausbaufähig in der Umsetzung

Genuine Madness
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„Genuine Madness“ von Tobias Miller ist ein Wissenschafts- und Science-Fiction-Thriller mit einer überzeugenden Prämisse und interessantem Worldbuilding. Sprachlich und handwerklich bleibt das Buch allerdings ...

„Genuine Madness“ von Tobias Miller ist ein Wissenschafts- und Science-Fiction-Thriller mit einer überzeugenden Prämisse und interessantem Worldbuilding. Sprachlich und handwerklich bleibt das Buch allerdings leider etwas hinter seinem Potenzial zurück, birgt aber trotzdem spannende Lesestunden.

In den Vereinigten Staaten der Zukunft hat sich eine ganz neue Art von Zwei-Klassen-Gesellschaft herausgebildet: Die Bevölkerung wird unterteilt in die intelligenten Smarts und die weniger intelligenten Lames, was durch einen einzigen IQ-Test in der Grundschule lebenslänglich und unveränderlich festgelegt wird. Smarts stehen alle Möglichkeiten und der Zugang zu höherer Bildung offen, Lames hingegen schlagen sich mit wenig angesehenen, aber notwendigen Tätigkeiten durch und können weder auf sozialen Aufstieg noch auf simple Zugeständnisse wie anständige medizinische Versorgung oder die Gewährung eines Kredits hoffen. In diese Welt wird John geboren und hat das Pech, sich am Tag seines IQ-Tests vor Nervosität kaum konzentrieren zu können. Er wird als Lame eingestuft, dabei sitzt ein kluger Kopf auf seinen Schultern, der sich etwa ohne Schwierigkeiten eine Fremdsprache beibringen kann. Als ihm zehn Jahre später das Angebot unterbreitet wird, an einer experimentellen Studie zu einer Droge teilzunehmen, die seine Hirnleistung auf die eines Smarts hochzufahren verspricht, zögert er nicht lange. Angekommen in der Großstadt und im Leben eines Medizinstudenten, werden ihm die Ungerechtigkeiten des Systems und die Risiken seines scheinbaren Auswegs schnell bewusst. Bald stellt er fest, dass er sich zur Verwirklichung seines Traums mit gefährlichen Leuten eingelassen hat.

Tobias Millers Romanidee ist absolut originell, durchdacht und clever. Er schildert ein unfaires System, das auf die Spitze getrieben wurde, in seinen Ansätzen aber im Leistungsdenken der modernen Gesellschaft bereits fest verankert ist. „Genuine Madness“ wirft Fragen auf, die nicht nur in der fernen Zukunft Relevanz besitzen: Welchen Einfluss hat unsere Herkunft auf unsere Erfolgsaussichten? Wie viel Solidarität braucht eine Gesellschaft? Wie viel Selbstoptimierung ist gut für uns? Leider krankt diese an sich hervorragende Idee an einer oft holprigen Ausdrucksweise, blassen und wenig nachvollziehbaren Charakteren und einer gewissen Emotionslosigkeit gegenüber extremen Themen wie sexueller Gewalt. Hier bleibt meist eine große Distanz zu mir als Leserin bestehen, die dafür sorgt, dass ich mit den Charakteren nicht wirklich mitfühlen kann. So überzeugend das Setting auch ist, die Geschichte kann doch nie so richtig mitreißen. Das kann auch die originelle Prämisse nicht vollständig kompensieren.

„Genuine Madness“ ist ein absolut vielversprechendes Buch, dem es jedoch noch etwas am Schreibhandwerklichen mangelt. Wenn der Autor dieses Potenzial noch weiter ausschöpft, kann man sicher mit Vorfreude weiteren spannenden Romanen mit cleveren, gut recherchierten Ideen entgegenblicken.

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Veröffentlicht am 23.04.2022

Atemlos spannend und brillant konstruiert

Schwarzlicht
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„Schwarzlicht“ ist der Auftakt einer vielversprechenden neuen Reihe und ein Kooperationsprojekt der ganz besonderen Art: Wenn eine Krimiautorin und ein Mentalist ihre Kräfte bündeln, kann offenbar ein ...

„Schwarzlicht“ ist der Auftakt einer vielversprechenden neuen Reihe und ein Kooperationsprojekt der ganz besonderen Art: Wenn eine Krimiautorin und ein Mentalist ihre Kräfte bündeln, kann offenbar ein echtes Meisterwerk von einem Kriminalroman dabei herauskommen. Camilla Läckberg und Henrik Fexeus stellen in „Schwarzlicht“ ein verschroben-sympathisches Ermittler-Duo vor, das sich einem Fall widmet, der zu fesseln vermag wie kein zweiter, und sich dabei den eigenen Abgründen stellen muss.

Mina Dabiri ist eine begnadete Polizistin, eckt aber mit ihrer verschlossenen Art, hinter der eine ausgeprägte Keimphobie steckt, häufig an. Sie findet sich deshalb in einer Spezialeinheit der Stockholmer Kriminalpolizei wieder, deren erster Fall gleich äußerst brisant ist: ein Mordopfer, das in einer Zaubertrickbox ums Leben gekommen ist. Als sich keine Ermittlungserfolge einstellen wollen, greift Mina zu drastischen Mitteln und holt den schwedenweit berühmten Mentalisten Vincent Walder ins Boot, der ihr dabei helfen soll, die Psyche des Mörders zu verstehen. Auch er verbirgt menschliche Schwächen hinter der Fassade eines selbstbewussten Entertainers, und so fühlen sich die beiden auf Anhieb miteinander verbunden – was anfangs nicht für Minas Team gilt, sodass zwischenmenschliche Unstimmigkeiten die Ermittlungen weiter erschweren.

„Schwarzlicht“ ist ein ungewöhnlich langer Krimi, wird aber keine Sekunde langweilig. Die über 600 Seiten nutzt das Autor*innen-Duo hervorragend aus, um nicht nur den Fall detailliert und in stimmigem Tempo zu entwickeln, sondern auch seinen Figuren deutlich mehr Leben einzuhauchen, als das bei anderen Vertretern des Genres meist der Fall ist. Nicht nur Mina und Vincent sind dreidimensionale, ausgereifte Charaktere, sondern auch viele der Nebenfiguren, was dem Roman eine ungewohnt lebensnahe, emotionale und mitreißende Dynamik verleiht. Zu diesen durchdachten Charakteren kommt ein brillant konstruierter Kriminalfall, der genau das richtige Maß an Spannung, Geheimnis und wie zufällig hingeworfenen Hinweisen enthält. Als Leserin kann ich stetig mitermitteln, Theorien aufstellen und wieder verwerfen und werde am Ende mit einem echten Aha-Erlebnis belohnt, das sich in genau dem richtigen Maße ankündigt. Die spezielle Konstellation eines Mentalisten als Ermittler gibt dem Buch zusätzlich einen besonderen Touch, denn Vincent kann teils verblüffende Hinweise geben, die dennoch immer fest in der Realität verankert sind. Allein das sorgt für viele kleine Überraschungsmomente auf der Strecke.

Camilla Läckberg und Henrik Fexeus haben hier einen Krimi der Extraklasse vorgelegt, der große Lust auf die kommenden Bände der Reihe macht. Eine frische Idee, gepaart mit einer herausragenden Fallkonstruktion und überzeugenden Charakteren machen diesen Roman zu einem echten Lesegenuss.

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Veröffentlicht am 05.04.2022

Solide, aber nicht besonders mitreißend

Der dreizehnte Mann
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„Der 13. Mann“ ist ein Justizkrimi aus prominenter Feder: Niemand Geringeres als Bestseller-Autoren Michael Tsokos und Florian Schwieker haben für diesen Roman zusammengearbeitet. Es ist der zweite Band ...

„Der 13. Mann“ ist ein Justizkrimi aus prominenter Feder: Niemand Geringeres als Bestseller-Autoren Michael Tsokos und Florian Schwieker haben für diesen Roman zusammengearbeitet. Es ist der zweite Band in der Reihe um das ungewöhnliche Ermittler-Duo aus Rechtsanwalt Rocco Eberhardt und Rechtsmediziner Justus Jarmer. Die fachliche Expertise der Verfasser tritt zweifelsohne deutlich zutage, jedoch kann der Roman nicht so recht Spannung aufbauen.

Dabei ist der Fall, den die beiden bearbeiten, durchaus brisant: Ein Mann wird ermordet, der Jahrzehnte zuvor Opfer strukturellen sexuellen Missbrauchs wurde und kurz davor stand, ein Interview dazu zu geben. Schnell ist der Verdacht geweckt, dass ein aussichtsreicher Politiker damals in die Sache verstrickt war und heute um seinen Wahlsieg bangt. Eberhardt und Jarmer stoßen auf der Suche nach der Wahrheit auf ein schockierendes Behördenversagen und müssen zu ungewohnten Mitteln greifen, um Gerechtigkeit walten zu lassen.

Zweifelsohne bringen Tsokos und Schwieker beide geballte fachliche Expertise in ihren jeweiligen Bereichen mit, wobei die juristische Dimension in „Der 13. Mann“ deutlich stärker im Fokus steht als die gerichtsmedizinische. Insider-Einblicke in Handlungsmöglichkeiten und Alltag eines Rechtsanwalts sind durchaus interessant und sorgen für Glaubwürdigkeit. Die eher lasche Spannungskurve macht das allerdings nicht ganz wett – ein Stück weit ist dies den deutlich im Vordergrund stehenden persönlichen Befindlichkeiten von Rocco geschuldet. Trotz des prinzipiell spannend konstruierten Kriminalfalls will sich nicht so recht ein Gefühl des Mitfieberns einstellen. Dass der Roman sich nicht auf rasante Action zurückzieht, ist dabei allerdings positiv zu bewerten, ebenso wie der Fokus auf den rechtlichen Prozessen. Es geht nicht bloß um die Lösung eines Rätsels, sondern auch um das, was viele Krimis ausblenden: das, was nach der Verhaftung passiert. Der extrem nüchterne Stil, in Kombination mit einem relativ geradlinigen Verlauf der Aufklärung, ist da ein viel größere Hindernis für den Spannungsaufbau und sorgt für eine dauerhafte Distanz zu mir als Leserin.

Trotz dieser Schwächen ist „Der 13. Mann“ durchaus ein lohnenswerter Roman, insbesondere für Fans der Autoren und Menschen, die sich für Justiz und Rechtliches interessieren. Die Einblicke in dieses Metier sind ein starkes Argument für das Buch – wer sich einen spannungsgeladenen Krimi wünscht, ist allerdings tendenziell an der falschen Adresse.

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Veröffentlicht am 02.04.2022

Hilfreicher Ratgeber in lockerem Tonfall

Genderleicht
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Mit dem neuen Ratgeber „Genderleicht. Wie Sprache für alle elegant gelingt“ kommt endlich ein sinnvoller Leitfaden aus dem DUDEN-Verlag zum Thema Gendern. Christine Olderdissen macht auf humorvoll-sympathische ...

Mit dem neuen Ratgeber „Genderleicht. Wie Sprache für alle elegant gelingt“ kommt endlich ein sinnvoller Leitfaden aus dem DUDEN-Verlag zum Thema Gendern. Christine Olderdissen macht auf humorvoll-sympathische Art die Notwendigkeit des Genderns und seine vielen Möglichkeiten deutlich und weist auf Fallstricke hin. Nicht nur für Text-/Buchmenschen ein absolut hilfreicher Ratgeber!

„Genderleicht“ wartet mit einer guten Kombination aus linguistischem Hintergrundwissen, gesellschaftlichen Beobachtungen und praktischen Tipps zum Gendern auf. In kurzen, knappen Artikeln, versehen mit aussagekräftigen Beispielen und optisch hervorgehobenen besonders wichtigen Punkten, vermittelt die Autorin Wissen, gibt aber häufig auch Anregungen zum Nachdenken oder Futter für Argumentation. Wie viel Kompromiss muss man wirklich eingehen? Was kann das Gendern in den Köpfen wirklich verändern? Warum wehrt sich so manche*r vehement dagegen? Dabei betrachtet Christine Olderdissen bei Weitem nicht nur die Sprache selbst, sondern auch die Gesellschaft, die sie abbildet – mit allen Implikationen, die das mit sich bringt.

Der kompakte Ratgeber versteht sich nicht als Maß aller Dinge, sondern als Hilfswerkzeug und Anregung zum Experimentieren und Ausprobieren. Es ist erstaunlich, wie viele Möglichkeiten zur Geschlechtergerechtigkeit Platz auf diesen 200 Seiten finden: von Genderstern und Gendergap bis zu Synonymen, geschlechtsneutralen Formulierungen und Partizipialkonstruktionen ist alles vertreten. Besonders interessant für Menschen, die schon vertrauter mit dem Thema sind: das Kapitel zu Zweifelsfällen und zum Einschluss nichtbinärer Personen. Hier lässt sich viel lernen, denn jeder Text ist mit aussagekräftigen und vielfältigen Beispielen gespickt, die so manchen Aha-Moment produzieren.

„Genderleicht“ ist ein absolutes Muss für alle, die mehr Geschlechtergerechtigkeit in ihre Sprache integrieren und sich einfach mal etwas trauen wollen. Denn, wie die Autorin selbst sagt: „Gendern bedeutet ausprobieren und mit Worten spielen.“

Veröffentlicht am 02.04.2022

Zauberhaft gestalteter Rätselspaß mit leichten technischen Problemen

Escape Game 3D – Leonardo da Vincis letztes Geheimnis
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Endlich etwas Neues für Fans von Escape-Rooms! Mit „Das letzte Geheimnis des Leonardo da Vinci“ präsentiert der Ullmann-Verlag ein neues Spielprinzip, das die Möglichkeiten der modernen Technik voll ausschöpft. ...

Endlich etwas Neues für Fans von Escape-Rooms! Mit „Das letzte Geheimnis des Leonardo da Vinci“ präsentiert der Ullmann-Verlag ein neues Spielprinzip, das die Möglichkeiten der modernen Technik voll ausschöpft. Das 3-D-Escape-Game ist eine ausgezeichnete Mischung auch klassischem Buch und virtueller Realität, die leider noch ein paar Kinderkrankheiten hat.

Als Spielende machen wir uns auf eine Zeitreise durch mehrere Jahrhunderte in einem französischen Schloss, auf der Suche nach geheimen Unterlagen des Universalgenies Leonardo da Vinci. Innerhalb von 2 Stunden müssen wir eine Reihe von kniffligen und abwechslungsreichen Rätseln knacken, die mithilfe von VR greifbar werden. Mit einem Smartphone oder Tablet lassen sich viele Seiten einscannen, wodurch man Räume und Objekte entdecken und ihnen ihre Geheimnisse entlocken kann. Über die künstlerische Gestaltung lässt sich nur Positives sagen,
an der technischen Umsetzung hapert es jedoch noch ein wenig. Ein Smartphone mit einer aktuellen Android-Version zeigte Inhalte nur unvollständig, mit einem älteren Modell eines Android-Tablets ließ sich alles problemlos darstellen.

Inhaltlich kann das Escape-Game jedoch auf ganzer Linie überzeugen: Die Rätsel sind anspruchsvoll, aber lösbar, und Hilfe in Form von Lösungshinweisen und (räumlich davon getrennten) Lösungen sorgt dafür, dass man im Zweifelsfall nicht stecken bleibt. Beides benötigt man aber nur in den seltensten Fällen. Die Zeitangabe von 2 Stunden ist eher großzügig bemessen.

Ein wunderschönes neues Spielkonzept und eine gelungene Geschichte, in die anspruchsvolle und interessante Rätsel integriert sind. Wenn jetzt noch die letzten technischen Hemmschuhe ausgeräumt werden, ist alles perfekt!

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