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Veröffentlicht am 29.01.2022

Eine humorvoll-düstere, originelle Taxifahrt durch die Zukunft

Born
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Born, das ist der Titel von Kris Brynns neuestem Roman, einem wilden Genremix aus Sci-Fi, Hardboiled Noir und Thriller mit einer ordentlichen Prise Humor. Born ist zugleich der Name der Megacity, in der ...

Born, das ist der Titel von Kris Brynns neuestem Roman, einem wilden Genremix aus Sci-Fi, Hardboiled Noir und Thriller mit einer ordentlichen Prise Humor. Born ist zugleich der Name der Megacity, in der die Romanheldin Nalani mit ihrem Taxi herumkurvt, stets begleitet von Fergus, der Unfall-AI ihres autonomen Fahrzeugs, die einfach nicht verschwinden möchte und sich mit sarkastischen Sprüchen und unangebrachten Vorträgen in unser und Nalanis Herz mogelt.

Das skurrile Duo landet unversehens mitten in einem großen Politskandal, denn korrupte Politiker bereichern sich an den knappen Ressourcen und füllen ihre Taschen mit Schwarzmarkt-Geschäften. Um ihre eigene Haut und die ihrer Familie und Freunde zu retten, muss Nalani einige Skills zum Einsatz bringen, die in ihrem Taxifahrerinnen-Vertrag wohl kaum vorgesehen waren. Zusammen mit einer bunt zusammengewürfelten Truppe aus leicht zwielichtigen Gestalten macht sie sich auf, ein Komplott aufzudecken und ihren Bruder zu retten, der durch unglückliche Verquickungen in die Geschichte verwickelt wurde.

„Born“ brilliert vor allem durch sein originelles und farbenfrohes Worldbuilding: Das hier entworfene Szenario spielt in einer nahen Zukunft, in der die Menschheit sich in riesige und hoch technologisierte Megacitys zurückgezogen hat und um Ressourcen kämpfen muss. Lebensmittel sind streng rationiert und werden planwirtschaftlich angebaut, Wasser ist Mangelware. Dass in einer solchen Welt manche gleicher sind als andere, ist beinahe vorprogrammiert. Und so deckt der Roman vor allem schonungslos die soziale Ungerechtigkeit auf, die in Born herrscht – und trifft damit einen Nerv. Denn dass die einen auf Kosten der anderen im Luxus leben, ist uns ja auch heute nicht ganz unbekannt.

Der einzige Makel von „Born“, einem ansonsten absolut wunderbar schrägen, klugen und spannenden Roman, ist der Stil. Der Versuch, durch eine oft besonders hochgestochene und schwülstige Sprache Komik zu erzeugen, geht leider manchmal ganz schön in die Hose und sorgt für Stirnrunzeln im ansonsten guten Lesefluss. Das soll nicht heißen, dass einige der so erzeugten Gags nicht sitzen – aber das Prinzip „Weniger ist mehr“ wäre stellenweise durchaus angebracht.

Insgesamt ist „Born“ jedoch ein erfrischend anderer, origineller, witziger und zugleich sozialkritischer Roman mit phantastischem Worldbuilding, skurrilen Charakteren und viel Potenzial für Diskussionen. Ein wilder Ritt, der sicher Fans vieler Genres begeistern kann!

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Veröffentlicht am 29.01.2022

Ein spannender, unter die Haut gehender Thriller mit enttäuschender Auflösung

Das Loft
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An „Das Loft“, dem ersten für sich allein stehenden Thriller von Bestseller-Autor Linus Geschke, stimmt zunächst einmal eigentlich alles: Figuren, Atmosphäre und Erzählperspektiven vermischen sich zu einem ...

An „Das Loft“, dem ersten für sich allein stehenden Thriller von Bestseller-Autor Linus Geschke, stimmt zunächst einmal eigentlich alles: Figuren, Atmosphäre und Erzählperspektiven vermischen sich zu einem dichten psychologischen Roman, der eine toxische Beziehung auf schonungslose Art seziert und eine spannende Mordermittlung in Gang setzt, bei der man niemandem trauen kann. Leider bleibt die Auflösung hinter den bis zum großen Finale aufgebauten Erwartungen etwas zurück.

„Das Loft“ schildert aus den Perspektiven eines jungen Paars, Sarah und Marc, und einer Mordkommissarin die Ermittlungen im Fall des Verschwindens von Henning, dem Mitbewohner der beiden. Schnell ist klar, dass er wohl einem Mord zum Opfer fiel, und beinahe ebenso schnell sind Sarah und Marc in den Fokus der Ermittlungen gerückt. Nach und nach wird aufgedeckt, was für eine Art Beziehung sie miteinander führten und wie sie zu Henning standen – es dauert nicht lange, bis sich Zweifel regen, wie aufrichtig die beiden sind und was sie in ihren jeweiligen Beziehungen zu Henning zu verbergen suchen.

Der Thriller ist eher langsam erzählt und geprägt von den vielen Rückblenden, die Episoden aus Sarahs und Marcs gemeinsamer Geschichte erzählen. Dabei schwebt immer die Vermutung über dem Geschehen, dass sie ein Geheimnis hüten, und der Wunsch, diesem Geheimnis auf die Schliche zu kommen, gepaart mit der Erwartung, dass es der Schlüssel zur Auflösung des Mordfalls ist, wird im Laufe des Romans nahezu übermächtig. Es wird eine bedrohliche Atmosphäre aufgebaut, die weniger durch Action, sondern eher durch psychologische Spannung besticht. Leider sorgt die Auflösung zum Schluss für einen jähen Abfall dieser Spannung – was sicher für einige Lesende eine Enttäuschung bedeuten wird. Andererseits wird es für viele als Überraschung kommen.

Linus Geschke ist mit „Das Loft“ trotz dieser leichten Schwächen im Plot ein psychologischer Thriller gelungen, der die Menschlichkeit seiner Figuren in den Vordergrund stellt und dabei sehr gründlich vorgeht. Das wahre Kunststück ist, dass dabei stets auch eine hohe Grundspannung vorhanden bleibt. Lesenswert!

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Veröffentlicht am 12.01.2022

Ein richtig guter Ermittlerkrimi!

Was dich nicht umbringt
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Mark Billingham ist mittlerweile synonym mit dem britischen Polizeiermittler-Krimi. Auch mit dem Vorgängerband zu seiner erfolgreichen Reihe um Detective Tom Thorne, „Was dich nicht umbringt“, trifft er ...

Mark Billingham ist mittlerweile synonym mit dem britischen Polizeiermittler-Krimi. Auch mit dem Vorgängerband zu seiner erfolgreichen Reihe um Detective Tom Thorne, „Was dich nicht umbringt“, trifft er voll ins Schwarze und stellt einmal mehr unter Beweis, dass ein guter Krimi weder besonders brutal noch actiongeladen sein muss.

Es ist das Jahr 1996, und somit ein fast historisches Setting – das Ermitteln ohne Smartphones und Social Media ist uns modernen Lesenden ja schon ganz fremd geworden. Es gelingt Mark Billingham jedoch meisterhaft, diese Periode authentisch zurückzuholen und mit Leben zu füllen. Ein Junge wird am hellichten Tag auf einem Spielplatz entführt. Weder sein Freund noch die Mütter der beiden haben etwas gesehen, und Tom Thorne macht sich auf die Suche nach dem verschwundenen Kind – und dem Täter. Denn als zwei mit dem Fall in Verbindung stehende Menschen ermordet aufgefunden werden, ist sonnenklar, dass die Lage ernst ist. Ins Fadenkreuz der Ermittlungen rückt sofort die Familie und das direkte Umfeld des Jungen, und dort schlummert so einiges im Verborgenen …

Tom Thorne kämpft in „Was dich nicht umbringt“ nicht nur gegen die Zeit, sondern auch gegen die Schuldgefühle, die ihn seit einem früheren Fall plagen, und den Spott, den seine Kollegen ihm wegen seiner Vergangenheit entgegenbringen. Er ist nicht unbedingt ein sympathischer Protagonist, aber definitiv ein vielschichtiger. Sein mitfühlender Umgang mit den Angehörigen überrascht positiv, wobei er sonst nicht der sentimentale Typ ist. Immer wieder zweifelt er an seinem eigenen Ermittlungsgeschick, was ihn zutiefst menschlich macht.

Mit einer guten Mischung aus Intuition, Fleißarbeit und Verhören nähert sich Tom nach und nach des Rätsels Lösung. Mark Billingham lässt uns viel Freiraum zum Rätseln und Mitermitteln. Gekonnt streut er Hinweise und häppchenweises Wissen ein, das immer wieder davon fort, ultimativ aber geradewegs auf die Auflösung hinführt und am Ende noch ein bisschen überraschen kann. Genau so, wie man sich das von einem richtig guten Krimi wünscht! Perfekt für Fans von Tom Thorne und alle, die es noch werden wollen.

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Veröffentlicht am 12.01.2022

Spannende Insider-Einblicke mit einer gehörigen Portion Selbstinszenierung

State of Terror
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„State of Terror“ von Hillary Rodham Clinton und Louise Penny zieht sicher zunächst aufgrund des prominenten Autorinnennamens die Aufmerksamkeit auf sich. Und das macht der Roman sich auch deutlich zunutze. ...

„State of Terror“ von Hillary Rodham Clinton und Louise Penny zieht sicher zunächst aufgrund des prominenten Autorinnennamens die Aufmerksamkeit auf sich. Und das macht der Roman sich auch deutlich zunutze. Denn neben spannenden Einblicken in Bereiche, die Normalsterbliche sicher sonst nicht zu Gesicht bekommen, wird ein guter Teil des Buchs anscheinend von Hillary Clintons Ego dominiert.

Die Prämisse des Buchs ist denkbar amerikanisch, denn es geht um nichts Geringeres als die Rettung der Welt vor Terroristen aus dem mittleren Osten. Im Zentrum steht dabei die amerikanische Außenministerin, eine toughe Frau, die keinen leichten Stand in einer Regierung hat, die das Chaos der Vorgängerregierung zunächst aufräumen muss. In dieser Hinsicht nimmt der Roman kein Blatt vor den Mund und rechnet auf erfrischend offene Art (kaum verfremdet) mit den aktuellen und gerade abgetretenen politischen Größen der Weltpolitik ab. Das Umfeld, das das Autorinnen-Duo kreiert, ist somit ein authentisches und ausgesprochen interessantes. In diesen Insider-Einblicken und der Beschreibung der politischen Weltbühne liegt die große Stärke des Romans.

Die Handlung kann dabei leider nicht ganz mithalten: Spannung, Intrigen und auch Action sind zwar reichlich vorhanden, vermischen sich aber zu einem irgendwie unoriginellen Einheitsbrei, wie man ihn aus vielen Hollywood-Produktionen bereits kennt. Ein steter Wettlauf gegen die Zeit, der Kampf gegen Terroristen und Verräter in den eigenen Reihen – und zu allem Überfluss ist die Familie der Außenministerin natürlich auch noch persönlich involviert. All das macht es schwierig, wirklich mit der Handlung und den eher blassen Charakteren mitzufiebern, und so bleibt vom Buch am meisten hängen, was es über politische Winkelzüge, internationale Beziehungen und innenpolitische Schwierigkeiten aussagt – denn das findet einen deutlichen Widerhall in der realen Welt.

Alles in allem ist „State of Terror“ ein Buch, das interessante Einblicke in ein sehr restriktives Milieu bietet, auf der Handlungsebene aber nicht so ganz zu überzeugen vermag. Für Fans von Polit-Thrillern und Hollywood-Kino kann es jedoch trotzdem ein unterhaltsames Leseerlebnis bieten.

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Veröffentlicht am 12.01.2022

Thriller trifft Horror – ein gelungener Genremix mit Gruselgarantie

Der Gräber
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„Der Gräber“ von Fredrik P. Winter ist eins dieser Bücher, das einen nach dem ersten Eindruck noch überraschen kann. Denn was anfängt wie ein typischer Serienkiller-Thriller, entwickelt sich bald zu einem ...

„Der Gräber“ von Fredrik P. Winter ist eins dieser Bücher, das einen nach dem ersten Eindruck noch überraschen kann. Denn was anfängt wie ein typischer Serienkiller-Thriller, entwickelt sich bald zu einem langsam voranschreitenden psychologischen Spannungsroman mit deutlichen Horrorelementen, der einem das Blut in den Adern gefrieren lässt. Eine erfrischende Kombination!

Ein Serienmörder treibt ein besonders ausgeklügeltes Spiel in Göteborg: Jedes Jahr am 6. November tunnelt er sich durch den Keller einer wohlhabenden Person und verschleppt sie in den Untergrund. Seine Opfer werden nie gefunden, und die Polizei tappt seit Jahren im Dunkeln. Während Kommissarin Cecilia Wreede verzweifelt nach verwertbaren Spuren sucht, erhält Lektorin Annika Granlund ein geheimnisvolles Romanmanuskript, das die Morde aus der Sicht des Täters schildert – eines Täters, der behauptet, mysteriöse Erdwesen trieben ihn zu seinem Handeln. Was Annika zunächst als Fiktion abtut, scheint nach und nach in die Realität überzugehen, während ihr eigenes Leben immer mehr aus den Fugen gerät, als Hauskauf, Kinderwunsch und Existenzängste sie zu begraben drohen.

Über dem ganzen Roman schwebt stets die Frage: Was ist real? Können wir den Erzählstimmen wirklich trauen, insbesondere Annika? „Der Gräber“ ist kein klassischer „Whodunit“, bei dem das Aufdecken der Identität des Täters am Ende steht, vielmehr geht es darum, wie und warum der Täter handelt, wie er handelt. Und wir Lesenden wissen stets mehr als die Protagonistinnen. Das schürt ein Gefühl ängstlicher Ohnmacht, den Wunsch, ihnen zuzurufen, wie es wirklich sein muss – und sorgt für echte Gänsehautmomente beim Lesen. Das eher langsame Erzähltempo trägt sein Übriges dazu bei, eine bedrohliche Grundstimmung zu inszenieren, statt auf den schnellen Thrill zu setzen. So erstreckt sich die Romanhandlung mit einigen Zeitsprüngen über ein Jahr hinweg und schafft es somit, etwas Größeres als nur einen Mordfall und seine Auflösung zu inszenieren.

Ohne Effekthascherei und ermüdende Action-Sequenzen ist Fredrik P. Winter hier ein Thriller gelungen, der gekonnt Elemente von (PsychThriller, Kriminalroman und Horror zu einem schauerlichen Ganzen verwebt, das nicht nur mit einer originellen Prämisse aufwartet, sondern auch mit einigen bewusst gesetzten Leerstellen zu eigener Interpretation einlädt.

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