Mit diesem als Psychothriller beschriebenen Roman erschafft die britische Autorin Sophie Hannah ein Buch, welches durch die Hintergrundthematik wirklich sehr intensiv erscheint. In „Der sanfte Mörder“ taucht die Autorin in eine ganz verfahrene Konstellation aus Vergangenheit, Geheimnis, Verrat, Neid, Liebe, Abgrund und Rache ein und eröffnet den Lesern bittere Psychogramme zweier Liebenden und Leidenden und betreibt verblüffende Charakterstudien, die den Leser Rätsel bis fast zur letzten gelesenen Seite aufgeben. Da es sich hier um eine Reihe handelt, empfiehlt es sich auch die vorherigen Teile gelesen zu haben!
Erschienen im Bastei Lübbe Verlag
Inhalt / Beschreibung:
„Als Gaby am Flughafen eine junge Frau kennenlernt, erzählt diese ihr eine merkwürdige Geschichte. Ein Mann hat den Mord an seiner Frau gestanden, ohne jedoch das geringste Motiv anzugeben. Das Ungeheuerliche daran ist: Gaby kennt diesen Mann. Es ist Tim Breary, ihre einstige große Liebe – und der friedlichste Mensch, dem Gaby je begegnet ist. Trotz des Geständnisses glaubt sie an Tims Unschuld und begibt sich auf die Spur eines ebenso rätselhaften wie perfiden Verbrechens …“
Handlung:
Auf drei Erzählebenen, mit drei Handlungssträngen, nimmt uns die britische Autorin Sophie Hannah mit in ein perfides Beziehungsgeflecht, was ein unglaubliches Ausmaß an Rache, Angst, Vertuschung, Geheimnis, Schweigen und Verrat nach sich zieht. Als die junge und taffe Unternehmerin Gaby am Check-In des Flughafens für ihren Rückflug von Deutschland nach England wartet Gaby ist auf dem Rückweg von Deutschland nach England und wartet, fügt sich das Schicksal und Gaby trifft eine aufgebrachte und verständnislose Frau am Schalter. Denn der Flug, mit denen beide Frauen fliegen wollten, wird wegen eines Unwetters umgeleitet. Für Gaby kein Problem, für die andere Frau anscheinend schon. Die rastlose Frau und Gaby kommen ins Gespräch. In ihrer Rage verrät Lauren nicht nur ihren Namen, sondern auch, dass sie gerade einen Mann für den Mord an einer Frau hinter Gittern bringen will. Und dieser Mann scheint niemand anderes zu sein, als Gabys große (Jugend-) Liebe Tim Breary. Doch wie viel Wahrheit steckt in Laurens Worten? Kann man dieser Frau überhaupt trauen? Warum verschließt sie sich plötzlich so, nachdem sie es ausgesprochen hat? Sprach Lauren wirklich von ihrem Tim? Die Ehe, die sie nie mit ihm führen konnte, da er bereits eine Frau hatte? Ist Tim ein Mörder? Ist er der sanfte Mörder?…
Schreibstil:
Die Autorin Sophie Hannah nutzt ein interessantes und ansprechendes Stilmittel, um ihrem Psychothriller Tempo und Abwechslung zu verleihen. Aus drei unterschiedlichen Erzählperspektiven wird dieser Thriller geschildert und in drei Handlungsstränge gegliedert, die im späteren Verlauf gekonnt aufeinander zulaufen. Der Fall beginnt gleich sehr verheißungsvoll mit Auszügen aus polizeilichen Ermittlungsprotokollen und gefundenen Schriftstücken und Briefwechsel aus der Asservatenkammer der Behörde. Ein gelungener Appetizer für den weiteren Plot. Sophie Hannah erzählt aus der Ich-Perspektive, indem sie Gabys Sicht und Lage aus ihren Augen schildert und sich mit den Gedanken, Gesprächen und Sinneseindrücken der Hauptprotagonistin Gaby vereint. Die polizeilichen Ermittlungen werden im Präteritum behandelt und zeigen so das Wirken und Agieren des Ermittlerteams aus Simon Waterhouse und Charlie Zeiler in der Vergangenheit aus dritter Sicht beschrieben. Immer wieder dürfen wir Leser zudem in spannende Schriftstücke, Beweise, Aufzeichnungen und Protokolle eintauchen, die die weitere Basis für den verlauf bieten. Die Autorin hat eine wahnsinnig verworrene Story erschaffen, die sehr viele Ansätze, Ermittlungsansätze und Unfassbares bietet. Für einen Psychothriller ist diese Story absolut geeignet. Bei der Umsetzung gibt es jedoch einige Schwächen, auf die ich später nochmals eingehen möchte. Das Buch ist atmosphärisch sehr dicht geschrieben, schon dadurch bedingt, dass es drei Zeitverläufe zu schildern gilt. Irgendwie ist dieses Buch alles von allem, leider aber auch sehr unsortiert, chaotisch und unreif. Erst sehr spät in Hinsicht mit einer klaren Richtung wohin uns diese Story leiten wird. Meines Erachtens nach ist die Geschichte vor allem eines: Potentialgeladen und thematisch interessant, aber überstürzt und unüberlegt in der Umsetzung und im Kern des Geschehens. Leider werden Neueinsteiger, wozu ich mich auch zählen muss, Schwierigkeiten haben, die Dinge aus der Vergangenheit vorangegangener Ermittlungen zu verstehen. Spielten diese in den vorherigen Thrillern von Autorin S. Hannah mit ihren Polizisten Simon und Charlie bereits eine relevante Rolle? Ich weiß es nicht, ich kann es nur vermuten, aber leider nicht greifen.
Mit der Autorin Sophie Hannah und ihrem neuen Thriller „Der sanfte Mörder“ erlebt man schriftstellerische Ideen, die unerschöpflich wirken. Diese, so erscheint es mir, möchte sie am liebsten alle auf einmal in einem Buch umsetzen. Die Standpunkte der Protagonisten Gaby, Tim, Francine, Lauren und dem Team der Ermittlungen und der Prozesse und dessen Standpunkte bringen enormes Potential und erschreckende Psychogramme zu Tage. Hier leidet man als Leser anfangs unweigerlich mit und möchte vor allem beider Leben gerne ändern. Und dann ist da noch immer der besondere (Mord-) Fall , der nach und nach aus den Beweisen der Asservaten hervorgeht. Sehr mysteriös und verheißungsvoll. Sophie Hannah besitzt eine ganz einzigartige Note, an die man sich gern gewöhnen kann. S. Hannah zeigt ihren Lesern ein verschlossenes Bild gesellschaftlicher und psychischer Gedanken und die Auswirkungen des impulsiven und auch planerischen und kalkulierten Handelns und Tuns. Richtig rund bringt sie diese Konstellationen dennoch nicht zum Abschluss. Ihre Dialoge heizen sehr ein und feuern die Handlung richtig an, aber es fehlt etwas Greifbares und Bleibendes. Meinen Geschmack traf die Autorin mit ihrer erst sehr späten Offenbarung und ihren erst zum Schluss gebotenen Antworten nicht. Die zuvor schier unendlichen Mutmaßungen und Fragestellungen die sich beim Lesen ergeben und zu nichts führen haben mich nach etlichen Wiederholungen dann sehr gestört.
Charaktere:
Die Hauptprotagonisten in diesem Spannungsroman / Psychodrama sind natürlich Gaby und Tim, sowie die beiden Ermittler Charlie und Simon und ihre eigenen familiären Konstellationen und Beziehungen. Darüber hinaus werden auch Lauren und vor allem Francine Beary für den Thriller sehr wichtig. Aber auch andere wichtige Rollen und Nebenrollen werden den Leser beschäftigen. Die besonderen Figuren und mitwirkenden Charaktere bieten enormes Potential für diese ganzen Zusammenhänge und Abgründe. Die Autorin Hannah hat hier wirklich eindringliche Psychogramme erschaffen, hier wird jeder Leser zum Hobbypsychologe und wird sich fragen: Warum? Trotz aller Facette fehlte mir immer das gewisse Etwas. Die Charaktere besitzen Ecken und Kanten, aber leider wenig Tiefe. Leider jedoch konnten mich diese Konstellationen somit nicht vollständig mitreißen, vielleicht weil ich vielem auch nicht folgen konnte. Ich vermute, dass es sich hier um Informationen handelt, die Lesern der anderen Thriller mit Simon und Charlie bekannt sein dürften, die den Neueinsteigern jedoch verwehrt werden. Schade, hier hätte es eine stimmigere Mischung aus alt und neu geben dürfen. Ich empfand vieles für mich sehr lückenhaft und brüchig. Diese interessanten Charaktere blieben mir trotz intensiver Skizzierung fern und ich hatte keine Freude an dem stetigen Wechsel, neuen Erkenntnissen und den vielen Zufällen.
Schauplätze:
Die einzelnen Schauplätze finde ich sehr gut gelungen. Spannende Szenen und beklemmende Kulissen. Der Airport, der Check In, die Behörde, der familiäre Kreis, das betreffende Haus, die Familie, der Vorgarten, das Gefängnis, Wald, das Wetter, die Gerüche und Stimmungen… Die Autorin legt sehr viel Wert auf Details und Ausschmückungen. Das verhilft zu einem wahren Kopfkino und der Leser gewinnt den Eindruck wahrhafte Bilder beim Lesen zu erblicken. Das ist hier ausgesprochen gut gelungen. Jedes noch so unwichtige Detail wird am Rande aufgeführt und fügt sich beim Lesen ein. der Frost, die Jagd... etc. Hier punktet dieser Thriller richtig gut. Im Fokus stehen hier das Leben und die kreisenden Gedanken von Gaby über ihre Beziehung zu Tim. Hier dreht sich alles um die Anklage, um den Mord, für den er bezichtigt wird, um Lauren mit ihrer Aussage am Flughafen, um die Briefe an Francis. Und Simon und Charlie, die ebenfalls ein besonderes Leben führen und weitere Fragen aufkommen lassen. Auch der Leser begibt sich, dank der detaillierten und sehr nah differenzierten Formulierungen der Autorin Sophie Hannah zusammen in das Leben der Hauptprotagonisten und an die Kulissen. Hier werden die typischen und klischeehaften Kulissen einer Ehe, einer Angststörung, einer Familiengeschichte und Verstrickung gezeigt. Von humorig, sarkastisch, ironisch, faszinierend, bis hasserfüllt, mörderisch und perfide. Sophie Hannah hat ein Händchen für bildhafte Darstellung. Der Autorin gelingt es in seinem Psycho-Beziehungs-Roman gekonnt Nebenschauplätze aus Damals und Heute einzuweben und England in Atem zu halten.
Meinung:
Entweder-oder, Für oder wider, schwarz oder weiß… so wird es den meisten Lesern auch mit den Empfindungen und Meinungen zum Thriller ergehen. Thriller? Oder Roman? Psychodrama oder Psychothriller? Steter Tropfen höhlt den Stein, stete Pein tötet die Frau…
Die britische Autorin S. Hannah hat für ihren neuen Thriller eine intensive und potentialgeladene Thematik gewählt, keine Frage. Dieses Buch ist thematisch ein beklemmendes Werk. Perfide Gedanken, abartige Handlungen, viel Düsternis, viele Fragen, ein Verwirrspiel, eine sonderbare Konstellation an Verstrickungen und häppchenweise gibt es immer neue Erkenntnisse. Ein Mord? Oder ein Unfall? Schuld oder Unschuld? Was lag in der Vergangenheit? Welches Geheimnis soll gewahrt werden? Und woher kommen all die Anschuldigungen? Was besagen die Briefe wirklich? Wir treffen hier im Thriller auf viele Handlungsstränge und Begebenheiten. Jeder ist für sich enorm spannend. Jedoch geschieht der Wechsel einfach zu schnell, zu rasant und unüberlegt. Es wirkt stellenweise, als wolle die Autorin jeden Geistesblitz und jede Buchidee in einem einzigen Werk verwirklichen. Zudem stört mich der Faktor, dass es bereits vorherige Fälle mit dem Ermittlerteam gab, die hier leider nicht wieder aufgegriffen werden, obwohl es den Anschein weckt, dass wichtige und persönliche Details verloren gehen. Simon und Charlie konnte ich erst sehr schwer einordnen und in Verbindung mit dem Fall bringen. Für mich waren sie lange Gesichtslos, bis sie für den Plot doch sehr wichtig wurden und ich erkannte, dass sie das leitende Team sind. Das wirkt passagenweise überladen, unausgereift und unsortiert. Die Zusammenhänge passen für mich leider nicht, auch wenn viel Potential vorhanden ist. Gänsehaut und Nervenkitzel konnte ich daher nur wenig bis gar nicht entwickeln. Sehr schade. Auf den letzten knapp 60 Seiten zieht die Spannung dann wieder an und es werden Antworten geliefert und ein Bild aus Hintergründen und Motivationen entsteht, welches im ersten Moment für Schock und Verblüffung sorgt. Man möchte einfach wissen, was damals geschehen ist. An dem Buch hatte ich aufgrund der interessanten Leseprobe und des Klapptextes sehr hohe Erwartungen. Umso mehr wurde ich enttäuscht und habe hier leider nicht die Umsetzung im Buch erlebt, die ich mir erhofft hätte. Zudem hatte ich häufig Schwierigkeiten aus dem Text heraus zu erkennen, wer welche Gedanken denkt und wer gerade welche Dialoge führt. Das liegt aber wohl auch an den unterschiedlichen Schriftarten und Aufteilungen. Ich kann dieses Buch wirklich sehr empfehlen, wenn man scheinbar die anderen Fälle des Teams kennt. Ich wusste leider beim Erwerb nicht, dass es sich hier tatsächlich um eine Thrillerreihe handelt. Schade. Ein idealer Thriller für Leser, die sich zudem nicht an späteren Antworten und Hintergründen zum WARUM stören und mit weniger Erwartungen an das Buch herangehen, wie ich es getan habe. Zudem muss man dem erscheinenden Durcheinander und schnellen Wechsel zugetan sein. Ich war es leider hier nicht.
Cover / Buch:
Das Cover ist für dieses Buch äußerst gelungen. Eine blutrote Feder auf schneeweißen Grund. Dunkle Schattierungen und klare Strukturen. Das zieht meine Blicke auf jeden Fall an. Das Buch ist absolut hochwertig und sehr schön verarbeitet. Das Schriftbild ist angenehm, die Kapitel nicht allzu lang. Nach dem lesen sieht das Buch noch aus wie nagelneu und weißt keine Leserille oder andere Nutzungserscheinungen auf.
Die Autorin:
„Sophie Hannah ist eine junge britische Autorin, die für ihre Werke bereits zahlreiche Auszeichnungen erhielt. Still, Still, ihr erster Psychothriller, galt in England als einer der besten Romane des Jahres und ist ebenso wie Schattenmesser, Nimmermehr und Totes Herz in über 20 Ländern erschienen. Sophie Hannahs Bücher werden derzeit mit großem Erfolg für das britische Fernsehen verfilmt.
Die Autorin lebt mit ihrem Ehemann und zwei Kindern in Cambridge.“
Fazit:
Leider war es für mich kein Psychothriller, wie ich ihn mir aufgrund des spannenden Klapptextes erhofft habe. Für meine Wünsche erschließt sich für mich der Kern des Thrills für meinen Geschmack zu spät und der Weg zu den Antworten war mir zu lang und zu ausweglos. Das Ende ist super, aber ein spannendes Ende konzipiert noch keinen rundum fesselnden Thriller. Empfehlenswert mag es sein, die anderen Thriller aus der Reihe zuvor zu lesen um Lücken zu schließen. 3 Sterne für das richtig gute Potential mit der verbesserungswürdigen Umsetzung und Ausarbeitung!