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Veröffentlicht am 13.01.2024

Hessische Idylle?

Der Dorfladen - Wo der Weg beginnt
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1923 zieht Krämersfrau Marthe ihre drei Töchter alleine groß, der Dorfladen ist ein Familienprojekt. Doch während sich die älteste Tochter gut einfügt, hat Tochter Frieda hochfliegende Pläne: sie will ...

1923 zieht Krämersfrau Marthe ihre drei Töchter alleine groß, der Dorfladen ist ein Familienprojekt. Doch während sich die älteste Tochter gut einfügt, hat Tochter Frieda hochfliegende Pläne: sie will an die Schauspielschule in der nahen Großstadt Frankfurt. Auch das Nesthäkchen Ida scheint zu intelligent, um ihr ganzes Leben im verschlafenen Dörfchen zu verbringen. Und das wirkt auf einmal gar nicht mehr so verschlafen, als Wanderarbeiter Oskar nach Jahren zurückkehrt.
Die Autorin lies sich von der Lebensgeschichte ihrer Mutter zu dieser Trilogie inspirieren, die mittlere Hallertochter Frieda ist nach ihrem Vorbild entstanden. Das fiktive Dorf Dingelbach liegt unweit von Frankfurt, entsprechend wird breitestes Hessisch gesprochen; ich bin mir unklar, ob die Dialoge immer für jeden soweit verständlich sind. Ansonsten ist die Geschichte sehr leicht zu lesen, nur gerade zu Beginn habe ich dann doch ein Personenregister vermisst. Dingelbach ist zwar ein kleines Dorf, aber gefühlt jeder Dorfbewohner hat in kürzester Zeit seinen Auftritt, sodass die Dorfgemeinschaft doch zunächst unübersichtlich war. Die Charaktere sind recht gut gezeichnet, der ein oder andere verkörpert stur seine Rolle (nerviger, tumber Bruder zum Beispiel), andere wie die Hallerfamilie zeigen Entwicklungspotential. Der Roman zeigt einige starke Frauenbilder, sei es die Fabrikbesitzerin Ilse oder auch die Dorffrauen, die ihre Kinder alleine großziehen müssen. Insgesamt wird im Dorf großen Wert auf Tradition gelegt, ebenso auf Anstand und Moral. Dass das nicht unbedingt auch mit Nächstenliebe einhergeht, das zeigt die Geschichte sehr schön auf. Gerade diese Handlungsentwicklung fand ich sehr stark und hat für mich der sonst doch eher seichten Story etwas Tiefe verliehen. Jacobs gibt die sozialen Gefüge in der Dorfgemeinschaft sehr gut wieder, auch der Kontrast zur Großstadt Frankfurt gelingt gut.
Insgesamt hat Der Dorfladen leider einfach nicht so richtig zu meinem Lesegeschmack gepasst, mir war die Handlung zu laff, das ein oder andere Klischee war mir zu viel. Doch die Autorin punktet auch mit ihrem angenehmen Schreibstil und den lebendigen Figuren, sodass Fans des Genres sich bestimmt gut unterhalten fühlen können.

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Veröffentlicht am 01.01.2024

Zukunftsroman mit Schnecke

Endling
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Biologin Zoe beschäftigt sich hauptsächlich mit Insekten, was im Jahre 2041 bedeutet, dass sie sich auch mit dem Artensterben befasst. Das liegt in der Familie, ihre Tante Auguste teilt schließlich ihre ...

Biologin Zoe beschäftigt sich hauptsächlich mit Insekten, was im Jahre 2041 bedeutet, dass sie sich auch mit dem Artensterben befasst. Das liegt in der Familie, ihre Tante Auguste teilt schließlich ihre Wohnung mit der letzten Weinbergschnecke der Welt. Ähnlich wie die Schnecke zieht sich Auguste hinter ihre vier Wände zurück, verlässt seit Jahren nicht das Haus. Doch das soll sich ändern, als ihre gute Freundin Sophie urplötzlich verschwindet.
Jasmin Schreiber greift in ihrem neuen Roman einige große Themen auf: Klimawandel, Verlust der Biodiversität, Depressionen, Repressalien gegen jegliche Person, die „anders“ ist (dazu zählen streng genommen auch alle Frauen). Keine leichte Kost denkt man, und doch ist der Grundtenor immer auch irgendwo positiv. Der Erzählstil ist sehr locker, so als würde Zoe tatsächlich ihre Geschichte erzählen, es wird Umgangssprache gesprochen, dadurch wirken gerade die Dialoge noch authentischer. Da Zoe Biologin ist und für ihren Job brennt, sind nicht nur alle Kapitel nach Tieren benannt, sondern es fließen auch immer wieder interessante Fakten über Flora und Fauna ein. Diese kleinen Exkurse fand ich wirklich gelungen, denn sie lockern die Handlung etwas auf und geben gleichzeitig einen tieferen Einblick. Der Cast (inklusive Schnecke HP14) hat mir gut gefallen, einzig Zoes Mutter, die für die familiäre Dynamik der vier Frauen wichtig ist, kommt dann doch sehr kurz weg. Die Handlung ist extrem kurzweilig, immer passiert etwas Unerwartetes. Nicht alles ist ganz so logisch, doch insgesamt ist die Geschichte stimmig. Trotzdem hätten dem Buch ein paar mehr Seiten gut getan. Es passiert sehr viel, da kommt dann doch manches etwas verkürzt herüber. Gerade die Auflösung größerer Zusammenhänge ist auch deswegen etwas unbefriedigend für mich geblieben. Trotzdem mochte ich Endling sehr gerne, da der Roman große Themen anspricht und so zum Nachdenken anregt, dabei aber auch mit einem tollen Erzählstil und einer ungewöhnlichen Handlung punkten kann, die auch mal über kleine Makel hinwegtrösten.

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Veröffentlicht am 13.12.2023

Zweimal Rishikesh

Yoga Town
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Lucy bestreitet in Berlin ihren Lebensunterhalt als Yogalehrerin, auch inspiriert von ihren Eltern, die `68 in Indien bei einem waschechten Guru waren. Genau wie die Beatles, die musikalisch vor allem ...

Lucy bestreitet in Berlin ihren Lebensunterhalt als Yogalehrerin, auch inspiriert von ihren Eltern, die `68 in Indien bei einem waschechten Guru waren. Genau wie die Beatles, die musikalisch vor allem Lucys Vater geprägt haben. Als ihre Mutter verschwindet, kommt schnell der Verdacht, dass sie nach Rishikesh gereist ist, um Altes aufleben zu lassen und mit der Vergangenheit abzuschließen.
Yoga Town lässt die Hippiekultur aufleben und wirft einen ganz speziellen Blick darauf. Das Feeling der `68 wird sehr gut transportiert, auch wenn man bisher wenig mit Yoga und der Philosophie in Berührung gekommen ist , erhält man einen sehr guten Einblick. So einiges wird auch entzaubert, gerade durch den Handlungsstrang in der Jetzt-Zeit. Das Zusammenspiel zwischen den zwei Zeitebenen klappt sehr gut, ebenso die beiden unterschiedlichen Perspektiven (Lou – Lucy). Ich mochte den Erzählstil per se, das Buch liest sich sehr süffig. Da die Handlung viel in Indien spielt, unterhalten sich die Figuren oft auf Englisch; das wird dann aber nicht übersetzt, ich bin nicht sicher, ob jemand, der die Sprache nicht spricht, hier immer alles mitbekommen kann. Gerade Lou wirft auch immer wieder mit englischen Begriffen um sich, das wirkt gestellt hipp und hat einen etwas künstlichen Eindruck bei mir hinterlassen. Die Figuren haben mich nicht ganz überzeugen können: Lucy wirkt etwas unnahbar, obwohl man ihr ziemlich gut in den Kopf schauen kann. Lou wird dadurch, dass man ihm in zwei Zeitebenen begegnet eher zerrissen, er ergibt keine einheitliche Figur. Die Beatles tauchen zwar immer mal wieder auf, nehmen aber keinen großen Raum ein und haben unterm Strich für die Handlung auch keine nennenswerte Funktion. Letztendlich hätte es jeder sein können; anhand des Klappentextes hatte ich mir das doch etwas anders vorgestellt. Die Geschichte von Lucys Familie wird nach Jahrzehnten endlich aufgearbeitet, das funktioniert auch in der Auflösung ganz gut. Trotzdem konnte ich nicht richtig in die Geschichte abtauchen, so wie ich es von anderen Büchern des Autors gewohnt bin.
Insgesamt ist Yoga Town ein leicht zu lesender Roman, der durchaus unterhalten kann. Ich persönlich habe aber weder zu Figuren noch zur Handlung großen Zugang gefunden.

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Veröffentlicht am 02.12.2023

Actionreich

Stunde um Stunde
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Nach dem Verschwinden ihrer Tochter Tilly sind Elsie und Ryan auch noch zwei Jahre danach der Meinung: die Polizei hat nicht sorgfältig ermittelt, hat ihr Verschwinden vorschnell als Ertrinken abgetan. ...

Nach dem Verschwinden ihrer Tochter Tilly sind Elsie und Ryan auch noch zwei Jahre danach der Meinung: die Polizei hat nicht sorgfältig ermittelt, hat ihr Verschwinden vorschnell als Ertrinken abgetan. Um endlich zu erfahren was mit Tilly passiert ist, um die Behörden zu zwingen sich den Fall noch einmal vorzunehmen, greifen die beiden zu drastisch-verzweifelten Maßnahmen: sie drohen entscheidende Beweise für noch ungeklärte Straftaten zu zerstören. Unter anderem die, für die Ermittler Charlie fast fünf Jahre undercover sein Leben riskiert hat. Um seinen Einsatz nicht buchstäblich in Rauch aufgehen zu sehen, setzt Charlie alles daran Licht in Tillys Fall zu bringen.
Candice Fox schreibt absolut mitreißend, man fiebert mit, spürt den Zeitdruck förmlich auf jeder Seite. Die Geschichte liest sich sehr flüssig und locker, gerade die Dialoge zwischen den ungleichen Teampartnern Lynette und Charlie machen Spaß. Die beiden geraten in z.T. schon fast absurde Situationen, was einen hohen Unterhaltungswert hat. Charlie ist mir sehr sympathisch, ebenso seine unerwartete Partnerin Lynette. Die überrascht mit ihrer Hartnäckigkeit nicht nur ihn sondern auch den Leser. Ich kann nicht einschätzen wie häufig die von Fox angeführten Fälle auftreten, aber die Vorstellung, dass die Aufklärung eines Mordes wirklich nur an einer einzigen Spur hängen kann… unschön. Selbst innerhalb der beteiligten Polizisten gibt es ganz unterschiedliche Meinungen dazu, ob diese Spuren oder das Leben der Geiseln höher einzuschätzen sind; diese Differenzen machen nachdenklich, und das bietet einen guten Kontrapunkt zu den actionreicheren Szenen. Auch die Delaneys sind in ihrer Verzweiflung authentisch gelungen, und man fragt sich unweigerlich zu was man in vergleichbarer Situation fähig wäre. Mir hat leider das Finale nicht so gut gefallen, auch wenn ich den Thriller sonst wirklich gerne gelesen habe. Lynette und Charlie hätten das Zeug dazu als Team weitere Fälle zu lösen, ich bin gespannt, ob die Autorin sie lässt. Mich würde ein Wiederlesen freuen.

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Veröffentlicht am 24.11.2023

Das Buch der Phobien und Manien

Das Buch der Phobien und Manien
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Von Arachnophobie, Klaustrophobie oder Flugangst hat wohl schon jeder einmal gehört. Doch was, wenn man sich vor Eisenbahnfahrten fürchtet? Oder vor Popcorn? Oder vor Palindromen?
Dann ist man beim Buch ...

Von Arachnophobie, Klaustrophobie oder Flugangst hat wohl schon jeder einmal gehört. Doch was, wenn man sich vor Eisenbahnfahrten fürchtet? Oder vor Popcorn? Oder vor Palindromen?
Dann ist man beim Buch der Phobien und Manien erst einmal gut beraten: ein kleines Nachschlagewerk lässt einen die gängigsten, aber auch skurrilsten Ängste und Manien etwas besser verstehen. In jedem der 99 kurzen Abrisse wird die Wortherkunft der Phobie/Manie erläutert, sowie die Geschichte ihrer „Entdeckung“. Einige sind schon seit vielen Jahrhunderten bekannt, andere naturgemäß neuzeitlich (wie etwa die Angst das Smartphone nicht in Reichweite zu haben). Es wird sehr kurz auf die psychologischen Hintergründe eingegangen, ebenso auf die Erläuterung, die man früher für schlüssig hielt, die heute aber nur noch als hanebüchen bezeichnet werden können. Immer wieder werden berühmte Fallbeispiele angebracht, manche Geschichten sind abstrus, andere vor allem traurig. Der Stil ist recht einfach gehalten, trotzdem informativ und durchaus auch humorvoll. Das Buch ist eine nette lexikonartige Zusammenfassung für den, der sich und seine Umwelt ein bisschen besser verstehen will.

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