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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 05.11.2018

Zu platt

Mortal Engines - Krieg der Städte
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In ferner Zukunft sind die Ressourcen der Erde erschöpft, Städte und Dörfer sind nicht mehr fest verankert, sondern ziehen raubend und plündernd durchs Land. Gefressen oder gefressen werden lautet das ...

In ferner Zukunft sind die Ressourcen der Erde erschöpft, Städte und Dörfer sind nicht mehr fest verankert, sondern ziehen raubend und plündernd durchs Land. Gefressen oder gefressen werden lautet das Motto. Das Leben des jungen Historikergehilfen Tom gerät unversehens durcheinander als er seinem Vorbild und Idol Valentine das Leben rettet. Die Attentäterin Hester Shaw umgibt jedoch eine ganz andere Geschichte als man erwarten könnte. Und so ist Tom mehr als überrascht als er sich an ihrer Seite auf dem Weg durch die Außenlande befindet.

Ich war recht gespannt auf Reeves gelobte Serie, doch so richtig ist bei mir der Funke nicht übergesprungen. Mir gefällt seine Vorstellung vom düsteren London, vom Gildensystem, der gesellschaftlichen Hierarchie. Der Kampf ums Überleben jedes einzelnen und der Städte insgesamt wird nachvollziehbar dargestellt, quasi das Endergebnis unserer Ressourcenverschwendung von heute. Leider fand ich die Figuren alle recht platt, so richtig Zugang gab es zu keinem. Auch der Erzählstil war mir zu einfach, vieles wird nur angerissen, Beschreibungen etc. hätten gerne ausführlicher sein dürfen. Ich hatte oft das Gefühl ein Kinder-/Jugendbuch zu lesen, erwartet hatte ich einen Roman, an dem auch Erwachsene Freude haben können. Die Grundidee hat mir wirklich gut gefallen, die Ausführung weniger, sodass ich mir die Fortsetzungen dann wohl doch schenken werde.

Veröffentlicht am 30.10.2018

Toller Historienschmöker

Der Spielmann (Faustus-Serie 1)
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Der junge Johann versteht die Welt nicht mehr, denn nach dem plötzlichen Tod der Mutter setzt ihn der Vater einfach vor die Tür. Doch Johann würde nicht Der Glückliche genannt werden, würde er seinen Weg ...

Der junge Johann versteht die Welt nicht mehr, denn nach dem plötzlichen Tod der Mutter setzt ihn der Vater einfach vor die Tür. Doch Johann würde nicht Der Glückliche genannt werden, würde er seinen Weg nicht finden. Dieser führt ihn in die Arme des Magiers Tonio del Moravia, der ihn bald als Lehrling mit den verschiedensten Künsten vertraut macht. Auch mit den dunklen.

Der sagenumwobene Dr. Johannes Faust hat nicht nur Goethe und Marlowe inspiriert, sondern auch Oliver Pötzsch. Er hat dieser vielumschriebenen Persönlichkeit mit seinem historischen Roman noch einmal ganz neues Leben eingehaucht. Sein Faustus ist ein wissbegieriger, kluger Kopf, der jedoch auch vor den dunklen Künsten nicht zurückschreckt. Trotz dieser dunklen Seite war er mir schnell sympathisch, und man kann sein Denken und Handeln immer gut nachvollziehen. Dieses Hin und Her zwischen Gut und Böse macht einen großen Reiz der Geschichte aus, man drückt Faustus immer die Daumen, dass er letztendlich auf der richtigen Seite landen möge. Seine wissenschaftlichen Ausflüge fand ich ebenfalls sehr spannend, er bewegt sich zeitweilig unter den klügsten Köpfen seiner Zeit und so gibt es einiges zu lernen. Natürlich kenne ich Goethes Faust, und so war es immer wieder schön an ganz unverhofften Stellen Zitate daraus zu finden. Mir hat der Erzählstil unglaublich gut gefallen, der Autor beschreibt die Geschichte von Faustus in buntesten Farben, egal ob es sich dabei um die farbenfrohe Gauklertruppe oder die düstere Magie von Moravia handelt. Die Handlung ist spannend und abwechslungsreich, ich habe mit Johann gebangt und gehofft, gelacht und gelernt. Ein toller Historienschmöker, der altbekanntem Stoff neues Leben einhaucht. Band Zwei wird schon jetzt sehnlichst erwartet.

Veröffentlicht am 30.10.2018

Die Isings

Eine Familie in Deutschland
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Im Wolfsburger Land ist die Familie Ising seit Generationen eine Größe. Die Zuckerfabrik ist weit übers Land hinaus bekannt, ein großer Auftrag gerade an Land gezogen. Doch die Familie wirkt gespalten, ...

Im Wolfsburger Land ist die Familie Ising seit Generationen eine Größe. Die Zuckerfabrik ist weit übers Land hinaus bekannt, ein großer Auftrag gerade an Land gezogen. Doch die Familie wirkt gespalten, der nationalsozialistisch gesinnte Horst betrachtet die Verbindung seiner Schwester mit einem Juden mit Argusaugen, der Erstgeborene Georg interessiert sich mehr für Autos als für sein Familienerbe. Doch das Familienleben steht endgültig Kopf als Hitlers Pläne für eine Autostadt zum Bau des Volkswagen die Existenz der Zuckerfabrik bedrohen.

Peter Prange richtet in seinem neuen Zweiteiler den Blick auf eine typisch deutsche Familie jener Zeit, oder zumindest soll es sich für den Leser so anfühlen. Es werden nahezu alle „Feindbilder“ der Nazis in der Isingfamilie untergebracht, sicherlich um eben auf so viele Schicksale wie möglich eingehen zu können. Auf mich wirkte das leider zwischenzeitlich konstruiert und gezwungen, etwas weniger hätte der Geschichte bestimmt nicht geschadet. Die Figuren selbst sind gut mit Leben gefüllt, manchem kann man auch am Ende des Buches noch nicht so richtig in den Kopf schauen, mancher weiß wahrscheinlich selbst noch nicht so genau wohin mit sich. Diese Entwicklungsfähigkeit der Protagonisten hat mir sehr gut gefallen, ich bin schon sehr auf den zweiten Band gespannt. Die Handlung lebt natürlich nicht nur von ihren Figuren allein, viele historische Ereignisse allen voran der Bau der Stadt des KdF-Wagens bei Fallersleben spielen ebenfalls eine große Rolle. Hier habe ich viel Neues erfahren, genauso wie über z.B. die Irrfahrt der St. Louis und andere zeitgenössische Ereignisse. Die fiktive Handlung rund um die Isings ist ganz wunderbar mit den tatsächlichen Geschehnissen verknüpft. Der Erzählstil ist leicht und flüssig, man kann sich alles sehr gut vorstellen. Die extrem kurzen Kapitel (z.T. nur eine Seite) fand ich allerdings mit der Zeit eher störend, da sie den Lesefluss künstlich unterbrochen haben. Insgesamt habe ich das Buch trotz der genannten Kleinigkeiten sehr gerne gelesen, und bin schon sehr auf den zweiten Teil gespannt.

Veröffentlicht am 28.10.2018

Besessen

White Bodies
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Callie ist verzweifelt, denn ihre geliebte Schwester Tilda wirft ihr Leben weg, weil sie sich an einen äußerst dominanten Mann bindet. Ihre Karriere als Schauspielerin stockt, ihre ganze Persönlichkeit ...

Callie ist verzweifelt, denn ihre geliebte Schwester Tilda wirft ihr Leben weg, weil sie sich an einen äußerst dominanten Mann bindet. Ihre Karriere als Schauspielerin stockt, ihre ganze Persönlichkeit scheint in sich zusammenzufallen… und dann entdeckt Callie an Tilda auch noch Zeichen von Misshandlungen. Im Versuch ihre Schwester zu schützen sucht Callie Hilfe im Netz, und verstrickt sich dort heillos. Am Ende ist Tildas Mann tot, und Callie auf der Suche nach der Wahrheit.

Der Klappentext hat mich sehr angesprochen, doch so ganz überzeugen konnte mich die Autorin dann leider nicht. Das lag zum einen daran, dass die Geschichte im ersten Drittel immer mal wieder hakt, die Sprache wirkt hölzern, die Figuren sperrig. Das bessert sich im Laufe der Story, hat mir den Einstieg aber schwer gemacht. Die Figuren bleiben schwierig, was einerseits natürlich für überraschende Momente sorgt, andererseits aber das Mitfiebern erschwert. Callie ist eine seltsame Person, wie man schnell merkt, ist sie ungesund auf ihre Schwester fixiert. Das führt zu abstrusen, z.T. auch ekelerregenden Szenen, die die ansonsten doch etwas zähe Handlung zwar aufpeppen, aber auf eine negative Art und Weise. Dafür plätschert die Handlung ansonsten wie gesagt etwas vor sich hin, Spannung kommt doch eher selten auf. Der Thematik der häuslichen Gewalt/Unterdrückung begegnet die Autorin sehr gut, ihre Beschreibungen wirken authentisch und lebensnah. Auch der Erzählstil hat mir nach den genannten Startschwierigkeiten gut gefallen, man kann sich die Situationen immer sehr gut vorstellen. Insgesamt war „White bodies“ kein Thriller, der mich begeistern konnte, auch er durchaus seine positiven Seiten hatte.

Veröffentlicht am 23.10.2018

Sehr schöner, ruhiger Roman

Zärtliche Klagen
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Rurikos Ehe mit ihrem Mann scheint am Ende, sie flüchtet in das Landhaus, in dem sie als Kind glückliche Tage verbrachte. Doch statt Einsamkeit findet sie die quirlige Kaoru, die in der Nähe bei dem Cembalobauer ...

Rurikos Ehe mit ihrem Mann scheint am Ende, sie flüchtet in das Landhaus, in dem sie als Kind glückliche Tage verbrachte. Doch statt Einsamkeit findet sie die quirlige Kaoru, die in der Nähe bei dem Cembalobauer Nitta arbeitet. Die drei freunden sich an, doch hegt Ruriko bald noch ganz andere Gefühle.

Ogawas Romane strahlen immer eine wunderbare Ruhe aus, mit ganz zarten und leisen Tönen erzählt sie ihre Geschichten. So auch in ihrem neuesten Roman, der mir wieder ganz wunderbar gefallen hat. Die drei Hauptfiguren werden nur zart umrissen, einzig Kalligraphin Ruriko lernt man etwas besser kennen; das tut der Geschichte aber sogar gut, man muss die anderen beiden gar nicht besser kennen. Sehr gut kennen lernt man stattdessen die Cembalos und ihre Musik. Musik, Klangfarben und Töne in Worten wiederzugeben ist wirklich recht schwierig, doch der Autorin gelingt das ganz hervorragend. Auch über den Bau und die Geschichte dieser Instrumente lernt man wie nebenbei einiges, ebenso wie über Rurikos Arbeit. Die Handlung verläuft relativ ruhig, man spürt die Einsamkeit und Ruhe des zurückgezogenen Lebens. Die romantischen Gefühle der Figuren spielen zwar immer wieder eine wichtige Rolle, trotzdem ist „Zärtliche Klagen“ nicht etwa kitschig geraten, sondern zwar emotional, aber eben japanisch zurückhaltend. Die landestypische Distanz zwischen den Personen, aber auch zum Leser bleibt immer vorhanden, manchmal hätte ich mir etwas mehr Nähe gewünscht. Insgesamt habe ich die Geschichte aber sehr genossen, und freue mich schon auf die nächste aus der Autorenfeder.