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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 21.01.2018

Die Tochter des Papstes

Die letzte Borgia
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Im Jahre 1502 sind die Borgias auf dem Zenit ihrer Macht. Das Familienoberhaupt sitzt als Papst Alexander VI im Vatikan, Cesare erobert Stück für Stück Italien und Lucrezia ist eine begehrte Schönheit, ...

Im Jahre 1502 sind die Borgias auf dem Zenit ihrer Macht. Das Familienoberhaupt sitzt als Papst Alexander VI im Vatikan, Cesare erobert Stück für Stück Italien und Lucrezia ist eine begehrte Schönheit, deren dritte Ehe gerade erfolgreich eingefädelt wird. Intrigen, Gerüchte, Hass und Neid bestimmen das Leben der Borgias, doch trotzdem kann die junge Frau auch die schönen Seiten des Lebens genießen und bemüht sich um den kulturellen Aufstieg ihrer neuen Wirkstätte.

Die Borgias sind wohl den meisten ein Begriff, ihre Macht und die Methoden, die sie dazu verwendeten um diese Macht zu behalten, sind legendär. Sarah Dunant hat sich bereits in einem vorherigen Buch mit dieser skandalumwitterten Familie befasst, ich kenne es (bisher) nicht, kam aber in diese Geschichte dennoch gut rein; ein bisschen Allgemeinbildung reichte da völlig aus. Dunants Erzählstil hat mich direkt gefesselt, sie lässt sehr lebendige Bilder entstehen und vermittelt dabei dennoch gekonnt historisches Hintergrundwissen. Der Klappentext lässt etwas mehr Handlung um Lucrezia vermuten als man letztendlich bekommt, was ihr jedoch nicht zum Nachteil gereicht. Lucrezias Schicksal war eben immer auch vom Handeln ihres Vaters und Bruders abhängig, sodass die Handlung sich ganz natürlich auch um die beiden drehen musste. Der Fokus wechselt zwischen den dreien, sodass man immer ganz nah am Geschehen ist. Die Figuren selber fand ich gut gezeichnet, trotzdem erschienen sie mir doch immer etwas distanziert. Der Fortlauf der Story ist natürlich vom historischen Geschehen bestimmt, gerade gegen Ende ging es mir jedoch sehr überstürzt zu. Da hätte sich die Autorin sicherlich etwas künstlerische Freiheit zugestehen dürfen, um dem Leser das Geschehen entsprechend nahe zu bringen.
Mir hat Dunants Ausflug in die Renaissance unterm Strich aber gut gefallen, sodass ich mir Band eins auf jeden Fall mal noch vornehmen werde.

Veröffentlicht am 20.01.2018

Das Gen

Das Gen
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Mukherjee arbeitet als Arzt, ist aber auch als Autor medizinischer Sachbücher erfolgreich. Er arbeitet im Bereich der Stammzellenforschung, hat neben dem beruflichen Interesse aber auch ganz persönliche ...

Mukherjee arbeitet als Arzt, ist aber auch als Autor medizinischer Sachbücher erfolgreich. Er arbeitet im Bereich der Stammzellenforschung, hat neben dem beruflichen Interesse aber auch ganz persönliche Gründe für sein Interesse am menschlichen Genom: in seiner Familie treten gehäuft psychische Erkrankungen auf, Erkrankungen, die auch von genetischen Komponenten abhängig sind. Mukherjee nimmt den Leser mit auf eine Reise durch die Geschichte des Gens, der menschlichen DNA und durch die verschiedenen Labore und Forschungsstätten.
Genetik fand ich schon immer sehr faszinierend und so war ich an „Das Gen“ natürlich mit hohen Erwartungen herangegangen. Enttäuscht wurde ich nicht. Der Autor schafft den Spagat zwischen komplexer Thematik und erzählenden Passagen. Sachverhalte werden klar erläutert (an manchen Stellen schadet etwas Vorbildung sicherlich nicht), und auch schwierigere Zusammenhänge werden sehr gut erklärt. Mukherjee startet mit der Geschichte und den Anfängen der Genforschung, ab einem gewissen Zeitpunkt gab es jedoch parallel sehr viele bahnbrechende Entdeckungen, sodass die Kapitel thematisch und nicht mehr chronologisch gestaltet sind. Zunächst etwas verwirrend, aber dank kurzer Rückblicke findet man sich als Leser dann doch schnell zurecht. Das Buch gibt einen sehr guten Abriss über Vergangenheit und Gegenwart, wirft aber auch einen Blick in die Zukunft auf die Möglichkeiten, aber auch die Verantwortung, die sich aus den neuesten Technologien ergeben. Ich habe an vielen Stellen Wissen aufgefrischt, aber auch sehr viel Neues und Spannendes dazugelernt. Ein wirklich informatives, dennoch recht locker geschriebenes Sachbuch, das ich jedem mit Interesse am Kern des menschlichen Seins ans Herz legen möchte.

Veröffentlicht am 12.01.2018

The sound of music

Mister Franks fabelhaftes Talent für Harmonie
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Frank ist mit Musik aufgewachsen, hat seine Liebe dazu zum Beruf gemacht und verkauft nun im eigenen Plattenladen alles was das Herz begehrt (außer CDs natürlich; bloß keine CDs.). Dabei weiß er mit seinem ...

Frank ist mit Musik aufgewachsen, hat seine Liebe dazu zum Beruf gemacht und verkauft nun im eigenen Plattenladen alles was das Herz begehrt (außer CDs natürlich; bloß keine CDs.). Dabei weiß er mit seinem unglaublichen Gespür immer noch am besten, was die Käufer wirklich brauchen und welche Platte ihnen in der entsprechenden Stimmung am besten gefällt. Eines Tages steht jedoch eine Dame im grünen Mantel im Raum, bei der ihn sein Gespür völlig im Stich lässt. Doch nicht nur das wirft ihn aus der Bahn, denn eine große Baufirma will die Straße mit dem Plattenladen aufkaufen und setzt die örtlichen Ladenbesitzer unter Druck.

Von Rachel Joyce kenne ich bisher exakt zwei Bücher: Harold (fand ich doof) und das Zwei-Sekunden-Jahr (fand ich super), insofern war ich sehr gespannt wo sich Mister Frank einsortieren würde. Die Antwort: irgendwo dazwischen ; ) Die zugrundeliegende Geschichte (Mann trifft Frau) hat mir nicht soooo gut gefallen, ich bin nun mal kein Liebesromanleser. Sehr gut gefallen hat mir wiederum das musikalische Thema, das sich darübergelegt hat. Gerade die Rückblenden in Franks Kindheit sind sehr musikalisch geprägt, man erfährt viel Neues und bekommt große Lust sich mit den entsprechenden Stücken neu auseinander zu setzen. Selbst die Kapitelüberschriften sind berühmte Songs oder –zeilen (warum man manche sinnloserweise ins Deutsche übersetzt hat, muss der Leser vielleicht ja nicht verstehen), die ich dann sofort wieder im Ohr hatte. Auch Frank selbst mochte ich sehr gerne, obwohl er manchmal ein bisschen mehr Tiefe hätte vertragen können. Die anderen Ladenbesitzer hätten ebenfalls etwas mehr Fleisch auf den literarischen Rippen haben dürfen, sind insgesamt aber recht gut gelungen. Die geheimnisvolle Dame in grün konnte ich nicht wirklich einschätzen, finde sie auch jetzt immer noch nicht ganz passend für die Geschichte. Die Handlung plätschert ein bisschen vor sich hin, ohne das musikalische Thema wäre ich vielleicht nicht so lange bei der Stange geblieben. Am Ende jedoch hat mir die Autorin einen absoluten Gänsehautmoment beschert, der dann doch vieles wettgemacht hat. Ebenso ihr Erzählstil, der leicht und angenehm ist.
Insgesamt konnte mich Frank und sein Talent nicht ganz überzeugen, die Handlung hatte aber auch ihre starken Momente und somit ist das Buch sicherlich einen Leseversuch wert.

Veröffentlicht am 10.01.2018

Mehr davon!

Echo der Toten. Ein Fall für Friederike Matthée (Friederike Matthée ermittelt 1)
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Im Hungerwinter 1947 wird in der beschaulichen Eifel ein Mann erschlagen. Schnell stellt sich heraus, dass der vermeintlich harmlose Alteisenhändler eigentlich einer der führenden Köpfe auf dem Kölner ...

Im Hungerwinter 1947 wird in der beschaulichen Eifel ein Mann erschlagen. Schnell stellt sich heraus, dass der vermeintlich harmlose Alteisenhändler eigentlich einer der führenden Köpfe auf dem Kölner Schwarzmarkt war. Diese Tatsache ruft Leutnant Richard Davies von der britischen Militärpolizei auf den Plan, unterstützt wird er von der Deutschen Friederike Matthée. Die fühlt sich eigentlich gar nicht zur Polizistin berufen, aber irgendwie muss sie sich und ihre Mutter durch den harten Winter bekommen. Das ungleiche Team begibt sich auf Spurensuche.

Beate Sauer hat mich mit ihrem Serienauftakt direkt überzeugt. Ein spannender Krimi, interessante Hauptfiguren und ein Setting, das es in sich hat. Hungerwinter, Wohnungsnot, gescheiterte Entnazifizierung, unterdrückte Wut der Siegermacht, Vorurteile, Chaos bei den zuständigen Behörden… all das hat die Autorin unglaublich authentisch wiedergegeben, man fühlt sich selbst in diese trostlose Zeit versetzt. Der fiktive Fall fügt sich hervorragend in die Umstände ein, entwickelt sich recht ordentlich, kleine Logikfehler konnte ich erstaunlich gut verzeihen. Was auch an den beiden Hauptpersonen liegt, die an Herkunft und Charakter zunächst einmal nicht unterschiedlicher sein könnten. Davies steht auf der Seite der Sieger und scheint seinen Beruf aus Berufung zu haben, Matthée auf der Verliererseite kämpft eigentlich eher ums Überleben als um Gerechtigkeit für einen Ermordeten. Die Reibereien der beiden und das Zusammenspiel habe ich gerne gelesen und bin mir sicher, dass sie auch in zukünftigen Fällen ein gutes Team abgeben werden.
Ein Krimi mit großartiger Atmosphäre, der definitiv Lust auf mehr macht.

Veröffentlicht am 08.01.2018

Ins dunkle Herz der Nacht

Prinzessin Insomnia & der alptraumfarbene Nachtmahr
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Prinzessin Dylia leidet an krankhafter Schlaflosigkeit. Seit nunmehr 18 schlaflosen Tagen und Nächten quält sie sich durchs heimische Schloss, die eigenen Gedanken in den einsamen Nachtstunden sind die ...

Prinzessin Dylia leidet an krankhafter Schlaflosigkeit. Seit nunmehr 18 schlaflosen Tagen und Nächten quält sie sich durchs heimische Schloss, die eigenen Gedanken in den einsamen Nachtstunden sind die einzige Gesellschaft. Bis plötzlich ein alptraumfarbener Nachtmahr auftaucht, der ihr auch gleich gesteht, dass er nie wieder verschwinden wird; zumindest nicht, bis er Dylia in den Wahnsinn getrieben hätte. Die ist von Natur aus neugierig und will die Reise dorthin möglichst schnell antreten. Schnellste Reiseroute: einmal quer durchs eigene Gehirn.

Bücher von Walter Moers haben mich schon immer begeistert: witzig, skurril, abstrus, voll von überbordender Fantasie, philosophische Untertöne, Wortwitz, herrliche Zeichnungen… All das gibt es in diesem Buch auch. Aber eben eine Spur zu wenig. Mich hat die Handlung nicht richtig überzeugen können, über weite Strecken war sie mir zu dünn. Eine Reise durch ein Gehirn hatten wir schon mal (s. Blaubär) und gefühlt hat der Autor diese kurze Episode spannender gestaltet, als hier ein ganzes Buch. Gerade den Anfang fand ich erstaunlich zäh, bis ca. S. 60 hat man gefühlt 58 Seiten alphabetischer Aufzählungen von irgendwas gelesen. Später kommt natürlich Fahrt ins Geschehen, aber auch eher gemächlich. Erzählen kann Moers natürlich immer noch, überrascht hat er mich manchmal auch. Aber immer wieder wurde die Geschichte heruntergebremst, gerade wenn es eigentlich in wilder Fahrt hätte weitergehen sollen. Die farbigen Zeichnungen haben mir gut gefallen (das erste Mal nicht aus eigener Feder, sondern aus der von Lydia Rode), aber manchmal wäre weniger hier mehr gewesen. Kein Mensch braucht so viele Zeichnungen geometrischer Figuren. Auch nicht in Farbe ; ) Insomnia und der Nachtmahr sind schöne Figuren, ihre bekommt gerade durch das Nachwort noch mehr Tiefe. Das Gekabbel der beiden hat mich gut unterhalten, und man sollte sich definitiv nicht von dem Begriff „Liebesgeschichte“ im Klappentext abschrecken lassen, denn es ist keine. Zumindest keine schmalztriefende.
Fazit: Ich finde „Die Prinzessin…“ nicht schlecht. Aber ich finde, dass Moers es besser kann. Ich bin gespannt, ob er das in seinem nächsten Werk wieder zeigen wird.