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Veröffentlicht am 15.09.2016

Und immer wieder: Zwanzig nach drei

Die drei Leben der Tomomi Ishikawa
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Der Hobbyschriftsteller Ben Constable führt ein ganz normales Leben, sieht man mal davon ab, dass er an Prosopagnosie leidet und eine imaginäre Riesenkatze namens Cat hat. Seine tiefgründige und ehrliche ...

Der Hobbyschriftsteller Ben Constable führt ein ganz normales Leben, sieht man mal davon ab, dass er an Prosopagnosie leidet und eine imaginäre Riesenkatze namens Cat hat. Seine tiefgründige und ehrliche Freundschaft zu Tomomi Ishikawa scheint ein plötzliches, trauriges Ende zu finden, denn sie begeht Selbstmord. Zumindest steht das so in ihrem Abschiedsbrief an Ben. Und der begibt sich auf Spurensuche, denn Tomomi hat ihm in Briefen und emails Hinweise hinterlassen, die ihn auf eine Schnitzeljagd quer durch Paris und New York führen. Ben erfährt Dinge über seine Freundin, die er sich nie erträumt hätte und bei dem er immer ein großes Fragezeichen im Hinterkopf behalten muss: Realität oder Fiktion? Denn nichts ist so, wie es zuerst scheint und bald weiß Ben überhaupt nicht mehr was oder wem er glauben und vertrauen soll…

Mir hat Constables Buch wirklich gut gefallen, auch wenn (ohne hier zu spoilern) ich das Ende etwas schwach fand. Eine herrlich skurrile, spannende, manchmal auch verwirrende Reise durch Paris und New York, bei der so mancher Leser ins Schwärmen geraten wird. Der Stil ist gut zu lesen, Briefe, Hinweise etc. sind optisch hervorgehoben, sodass keine Missverständnisse aufkommen können. So manch kleines Detail aus Tomomis Leben (wie z.B. die Uhrzeit Zwanzig nach drei) erscheint plötzlich durch ihre Vergangenheit in einem völlig neuen Licht und auch sonst hält das Buch allerlei Überraschungen und Twists bereit. Cat, als imaginäre Verkörperung von Bens Gewissen und sein Partner in kniffeligen Situationen hat mir ausgesprochen gut gefallen; allerdings hätte der Autor dieses Mittel meiner Meinung nach etwas mehr ausschöpfen können.

Alles in allem ein besonderes Buch, bei dem der Autor mit dem Leser spielt und man auch nach der Lektüre noch rätselt: Realität oder Fiktion?

Veröffentlicht am 15.09.2016

Intrige – der Name ist Programm

Intrige
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Frankreich, 5. Januar 1895: Marie-Georges Picquart, Major der französischen Armee wird als Beobachter des Prozesses und der öffentlichen Demütigung des mutmaßlichen, jüdischen Landesverräter Alfred Dreyfus ...

Frankreich, 5. Januar 1895: Marie-Georges Picquart, Major der französischen Armee wird als Beobachter des Prozesses und der öffentlichen Demütigung des mutmaßlichen, jüdischen Landesverräter Alfred Dreyfus eingesetzt. Picquart ist ein integrer Mann, überzeugt von Anstand, Moral und Ehre, entsetzt von den Taten Dreyfus‘ und überzeugt von dessen Schuld. Dreyfus wird auf der Teufelsinsel in Südamerika inhaftiert; Picquart steigt auf zum Chef der Spionageabteilung. In dieser Funktion geraten ihm einige Schriftstücke in die Hände, die Zweifel wecken: nicht Dreyfus ist der Schuldige, sondern ein gewisser Esterházy. Picquart sammelt Beweise und stellt eigenmächtig Nachforschungen an, doch dieser Umstand in seinen Vorgesetzten ein Dorn im Augen, sodass Picquart bald selbst ins Schussfeld gerät…

Ein sehr interessantes und vor allem brisantes Thema hat sich Robert Harris für sein Buch Intrige ausgesucht: die Dreyfus-Affäre, „die größte Verschwörung der Moderne“. Erzählt wird die Geschichte von Major Picquart selbst, der zudem die Ereignisse vor dem 5.1.1895 in Rückblicken Revue passieren lässt. Der Schreibstil ist sehr flüssig, immer wieder werden kunstvoll eindrucksvolle Originalbriefe und Schriften eingeflochten; darunter auch der berühmte offene Brief von Émile Zola „J’accuse“. Besonders dieser Umstand lässt den Leser nie vergessen, dass es sich zwar um einen Roman handelt, dieser jedoch auf Tatsachen beruht, die der Autor hervorragend recherchiert hat.

Mir hat dieses Buch wirklich ausnehmend gut gefallen, dieser widerliche Sumpf aus vertuschten oder manipulierten Beweisen, Falschaussagen, Medienhetze und totgeschwiegenen Zeugen hat mich allerdings manchmal schier ins Buch beißen lassen wollen. Auch der allgegenwärtige, fast schon selbstverständliche Antisemitismus bricht sich immer wieder seine Bahn und sorgt für ein sehr flaues Gefühl in der Magengegend. Wer sein Wissen über die Dreyfus-Affäre auffrischen und erweitern will ist hier richtig; oder wer einen spannenden Spionagethriller sucht; oder wer Bücher über einsame Kämpfer sucht, die gegen alle Widrigkeiten für die Gerechtigkeit einstehen. Einfach ein klasse Buch!

Veröffentlicht am 15.09.2016

Eine Hommage an die Literatur… und die Queen

The Uncommon Reader
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Königin Elisabeth II hat einen taffen Job und keine Zeit für Hobbies. Erst recht nicht für die Leserei. Doch eines Tages entdeckt sie zufällig die mobile Leihbücherei im Hof und muss, höflich wie sie ist, ...

Königin Elisabeth II hat einen taffen Job und keine Zeit für Hobbies. Erst recht nicht für die Leserei. Doch eines Tages entdeckt sie zufällig die mobile Leihbücherei im Hof und muss, höflich wie sie ist, ein bisschen Smalltalk machen und ein Buch ausleihen. Obwohl Lesen nicht ihre Sache ist, wird sie vom Buchvirus infiziert und ist mit der Hilfe von Norman, dem einzig anderen Leser im Buckingham Palace immer auf der Suche nach neuem Stoff. Sehr zum Missfallen ihrer Umgebung, denn die sind wahrlich not amused, dass Ihre Majestät ständig mit der Nase im Buch unterwegs ist…

Alan Bennett hat mit The Uncommon Reader ein köstliches Buch geschaffen, witzig und charmant, mit einer gehörigen Portion echten englischen Humors. Obwohl die Ereignisse reine Fiktion sind, nimmt man dem Autor jede Handlung der Queen ab. Trotz ihres gesetzten Alters weiß diese durchaus noch gehörig auszuteilen und die z.T. herrlich bissigen Kommentare von Ihrer Majestät sind einfach nur großartig. Das steife Hofzeremoniell wird gehörig durcheinander gewirbelt und es kommt zu einigen urkomischen Szenen, die hier natürlich nicht verraten werden. Der gemeine Bücherwurm wird sich so manches Mal in der Queen wiederfinden: wer kennt es nicht, das Entsetzen über vergessene Lektüre, die Enttäuschung beim ersten Treffen des liebgewordenen und so hochgeschätzten Autors und nicht zuletzt die fruchtlosen Bekehrungsversuche des Nicht-Lesers… Die Queen macht so Manches durch, entdeckt die alten und neuen Klassiker der Literatur und zeigt im Buch eine erstaunliche Entwicklung, die in einem doch recht unerwarteten Ende gipfelt.

Dem Kenner der Roten Reihe von Reclam sind die Vokabeln und Infos am jeweiligen Seitenende bekannt und auch hier dürfen sie natürlich nicht fehlen. Wie viele der Vokabeln man selbst zum Textverständnis braucht, ist natürlich vom eigenen Wissensstand abhängig, die kleinen Erläuterungen zu genannten Schriftstellern und Werken fand ich in jedem Fall hilfreich. Wer die Angewohnheit hat, das Nachwort zur Einstimmung auf das Buch zu lesen, sollte das bei diesem hier unterlassen, denn die Handlung wird grob zusammengefasst und man nimmt sich so Einiges vorweg.

Fazit: Ein kleines feines Buch, welches man an einem Nachmittag gemütlich bei einer Tasse Tee (englischem natürlich) mit großem Genuss lesen kann.

Veröffentlicht am 15.09.2016

Potential verschenkt

Empfindliche Wahrheit
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Gibraltar: ein Diplomat Ende 50 ist unter dem Decknamen Paul Anderson in geheimer Mission unterwegs. Obwohl er sonst eigentlich eher nicht als Spion an vorderster Front tätig ist, wurde er vom neuen Staatsminister ...

Gibraltar: ein Diplomat Ende 50 ist unter dem Decknamen Paul Anderson in geheimer Mission unterwegs. Obwohl er sonst eigentlich eher nicht als Spion an vorderster Front tätig ist, wurde er vom neuen Staatsminister Quinn persönlich für diesen Einsatz ausgewählt. Er soll als „rotes Telefon“ agieren und so Quinn unmittelbar über das Fortkommen von Operation Wildlife berichten. Diese wird in Kooperation mit der privaten Sicherheitsfirma Ethical Outcom durchgeführt und soll einen Waffenankauf von hochgefährlichen Terroristen unterbinden. Die Operation gelingt. Zumindest soll Paul das glauben. Und auch Toby Bell, ein enger Mitarbeiter von Quinn stößt auf einige Ungereimtheiten. Nachforschungen eindeutig unerwünscht…



Empfindliche Wahrheit war mein erstes Buch von diesem Autor, ich kann also nicht sagen ob es sich um einen „typischen Carré“ handelt. Ich muss auch ehrlich zugeben, dass mir der Stil des Autors nur bedingt zugesagt hat. Er schreibt recht unaufgeregt, vielleicht war das mit ein Grund warum mich dieses Buch nur mäßig fesseln konnte. Zudem hatte ich sprachlich immer das Gefühl in einem Spionagethriller aus den 60ern zu stecken, die Handlung spielt aber heute; kamen SMS, Google und Co vor, hat mich das immer etwas irritiert. Die Gründe für das Handeln der Protagonisten Anderson und Bell kann man sehr gut nachvollziehen, insgesamt bleiben diese Charaktere aber etwas blass. Le Carré greift ein brisantes Thema auf, kann es aber nicht gänzlich überzeugend umsetzen. Anfang und Ende des Buches fand ich recht schwach, im Mittelteil jedoch schafft es der Autor einen Sog aufzubauen, der einen mitten hineinzieht in das Gebilde aus Lügen, Vertuschungen, Korruption und Verschwörungen. Hätte er dieses Niveau über das ganze Buch halten können, wären durchaus 5 Sterne drin gewesen, aber so schien mir einiges Potential verschenkt.

Veröffentlicht am 15.09.2016

LiebesBisschen

Liebes Bisschen
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Die Autorin betreibt in Hamburg ihr kleines, feines Café und bietet mit diesem Buch die Möglichkeit auch daheim einige ihrer Kreationen nach zu backen.

LiebesBisschen ist in fünf Kapitel unterteilt:

In ...

Die Autorin betreibt in Hamburg ihr kleines, feines Café und bietet mit diesem Buch die Möglichkeit auch daheim einige ihrer Kreationen nach zu backen.

LiebesBisschen ist in fünf Kapitel unterteilt:

In den „Basics“ stellt die Autorin die wichtigsten Küchenhelfer und Grundzutaten vor. Außerdem zeigt sie die Herstellung der diversen Teigarten, die die Basis für die folgenden Rezepte bilden. Anschließend folgen „Kleine Sünden“ wie Pralinen, Cookies oder diverse Riegel. Kapitel drei beinhaltet „Süße Teilchen“ sprich Cupcakes, Cakepops und Eclairs. In „Kuchen und Mini-Kuchen“ darf es auch mal etwas Exotischeres sein, wie die Karamell-Tarteletts mit Lakritz oder eine Schokoladentorte mit Roter Beete. Die Rezepte im letzten Kapitel „Haute Couture“ wie beispielsweise eine dreistöckige Hochzeitstorte oder einige Motivtorten sind vielleicht eher für den erfahreneren Bäcker geeignet, trotzdem liefert dieses Kapitel die eine oder andere Anregung. Im Anhang finden sich schließlich einige Vorlagen für Kekse und Torten, auch gibt die Autorin Anregungen wo man benötigte Küchenhelfer und außergewöhnliche Zutaten erwerben kann. Alle Rezepte sind in übersichtlichen Schritten erklärt, sodass auch der Backneuling sich an die Einfacheren heranwagen kann, mit aussagekräftigen Fotos bebildert und anhand einer Schwierigkeitsskala von 1 – 3 bewertet. Außerdem sind Zubereitungs- und Backzeit aufgeführt. Gut gefallen hat mir auch die Auflistung welche kleinen Küchenhelferlein für das jeweilige Rezept benötigt werden. Ich habe einige Rezepte ausprobiert und sie waren alle sehr lecker!

Das Buch ist wirklich sehr liebevoll und wunderschön bunt gestaltet, auch die reichlich vorhandenen Bilder sind allesamt sehr schön gewählt, sodass schon das reine Blättern eine echter Augenschmaus ist.

Einige Kritikpunkte möchte ich jedoch auch ansprechen: gerade bei den schwierigeren Rezepten hätte ich mir doch den einen oder anderen Insidertipp gewünscht, nicht alles war in den Ausführungen ausführlich genug beschrieben. Auch wären Alternativen zu manch außergewöhnlicher Zutat schön gewesen, nicht jeder hat Lakritzpaste, Veilchenzucker oder Rosenkonfitüre im Schrank stehen bzw. möchte sich diese Dinge zulegen. Ähnliches gilt für die benötigten Küchenhelfer, nicht alle Rezepte sind mit der durchschnittlichen Küchenausstattung zu bewältigen. Auch sind die Rezepte z.T. etwas einseitig ausgefallen, es gibt beispielsweise ganze drei Keksrezepte, bei denen identischer Teig und identische Glasur verwendet wird; einziger Unterschied ist die Form der Kekse. Da hätte ich mich über ein „neues“ Rezept doch mehr gefreut.

Wer ein Buch mit klassischen Rezepten sucht, wird mit LiebesBisschen nicht ganz richtig liegen, wer aber auch mal über den bisherigen (Kuchen-)Tellerrand hinausschauen will und vielleicht sein Faible für amerikanisch angehauchte Backwaren ausleben will, der wird es kaum mehr aus der Hand legen, bis auch das letzte Rezept nachgebacken ist.