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Veröffentlicht am 12.10.2021

Aussichtsloser Kampf?

Wie schön wir waren
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Kosawa ist ein kleines afrikanisches Dorf, das das zweifelhafte Glück hatte, über einem großen Ölvorkommen errichtet zu sein. Der amerikanische Konzern Pexton fördert das sehr gerne, um Schutz von Land ...

Kosawa ist ein kleines afrikanisches Dorf, das das zweifelhafte Glück hatte, über einem großen Ölvorkommen errichtet zu sein. Der amerikanische Konzern Pexton fördert das sehr gerne, um Schutz von Land und Leuten kümmert man sich dagegen nicht so begeistert. Das Land stirbt, und mit ihm bald auch seine Bewohner; doch welche Aussichten auf Erfolg haben die Dorfbewohner für ihre Gegenwehr?

Wie ist es wohl, wenn das eigene Leben so völlig auf den Kopf gestellt wird, man selbst kaum noch darüber bestimmen kann? In Imbolo Mbues Roman kann man das anhand gleich eines ganzen Dorfes erfahren. Von dem internationalen Konzern quasi überrannt, immer wieder angelogen und besänftigt, dauert es erschreckend lange, bis sich überhaupt auch nur ein Fünkchen Widerstand hegt. Das zu lesen ist hart und sehr bedrückend. Die Stimmung des Romans dementsprechend eher düster, auch wenn es kleine Hoffnungsschimmer gibt, und gerade die Schilderungen des „normalen“ Dorflebens die Handlung sehr bereichert haben. Die Geschichte wird aus ganz unterschiedlichen Perspektiven berichtet, verschiedenste Dorfbewohner kommen zu Wort; von den jungen Heranwachsenden bis zur Oma hat jeder eine Stimme. Manches hätte ich mir etwas emotionaler gewünscht, vielleicht hat mir auch der Stil der Autorin nicht 100%ig gelegen, aber komplett mitgerissen war ich bis zum Schluss nicht. Trotzdem mochte ich diesen Roman wirklich gerne, denn er vereint Einblicke in Traditionen und Gepflogenheiten mit Kritik an Ausbeutung und Skrupellosigkeit scheinbar mühelos. Kein leichtes Thema, aber wirklich ansprechend umgesetzt.

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Veröffentlicht am 29.09.2021

Wir haben uns auseinandergelebt

Die Rückkehr der Zwerge 1
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Der alte Glanz der Zwergenhochkultur hat sich in den letzten hundert Zyklen etwas abgenutzt. Aber die Erinnerungen daran sich noch lebendig, ob man jetzt angeschwemmte Funde früherer Zeiten aus dem Fluss ...

Der alte Glanz der Zwergenhochkultur hat sich in den letzten hundert Zyklen etwas abgenutzt. Aber die Erinnerungen daran sich noch lebendig, ob man jetzt angeschwemmte Funde früherer Zeiten aus dem Fluss fischt, oder wie Edelsteinschnitzer Goimron in alten Aufzeichnungen wühlt. Eines Tages gelangt ihm eine ganz besondere Schrift in die Hände: Tungdil Goldhands Tagebuch. Ein unvergleichlicher Fund, der Goimrons Leben schnell völlig auf den Kopf stellt.
Was habe ich sie vermisst! Die Gemmenschnitzer, Axtschwinger, die Dritten, die Vierten, ja sogar die Schweineschnauzen… Letztere nur ein bisschen. Aber die Zwerge und ich scheinen uns auseinandergelebt zu haben. Zwar brachten sie mich ab und an zum Schmunzeln (wo ich früher eher hellauf gelacht habe), doch ihre Abenteuer haben mich diesmal ziemlich kalt gelassen. Dabei ist ihr Held Goimron zunächst erst mal erfrischend unheldenhaft, in seinem Job als Gemmenschnitzer eher untalentiert, dafür umso interessierter an allem, was an den alten Glanz von Vraccas‘ Volk erinnert. Seine Weggefährten sind recht unterschiedlich gestaltet, nicht alle Figuren (egal ob Freund oder Feind) lernt man aber so gut kennen wie man vielleicht wollte. Der Erzählstil ist dafür wie gewohnt sehr bunt und fantasievoll, schon nach kurzer Zeit ist man im Geborgenen Land angekommen. Das hat mich auch über weite Strecken bei der Stange gehalten, denn die Handlung ist dann leider doch manchmal eher zäh, gerade die Hauptschauplätze fand ich nicht ganz so interessant. Auch Ende/Cliffhanger waren eher unbefriedigend, da die Lösung mir ein wenig aus dem Zwergenhelm gezaubert schien. Der nächste Teil erscheint schon in wenigen Monaten, ich bin gerade aber ehrlich unentschlossen, ob ich dem (gar nicht so) kleinen Volk noch mal eine Chance geben will, da der Funke aus der Esse diesmal nicht überspringen wollte. Vielleicht hatte ich zu hohe Erwartungen, aber für mich kann dieser Teil nicht an die vorherigen Teile der Zwergenreihe anknüpfen, auch wenn viele altbekannte Elemente wieder vorgekommen sind.

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Veröffentlicht am 26.09.2021

Nach der Flucht

Im Winter Schnee, nachts Sterne. Geschichte einer Heimkehr
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Vor Jahren ist Enaiatollah als Kind aus Afghanistan geflüchtet, ohne Eltern, ohne Geschwister. In Italien fand er endlich eine neue Heimat, doch die Familie fehlt ihm. Doch das muss ja nicht so bleiben…
Ich ...

Vor Jahren ist Enaiatollah als Kind aus Afghanistan geflüchtet, ohne Eltern, ohne Geschwister. In Italien fand er endlich eine neue Heimat, doch die Familie fehlt ihm. Doch das muss ja nicht so bleiben…
Ich kenne „Im Meer schwimmen Krokodile“ nicht, aber es wird ausreichend auf die Geschichte eingegangen, sodass man Enaiatollahs Weg auch ohne Vorkenntnisse nachvollziehen kann. In diesem Buch geht es nicht nur um seine Bemühungen Geschwister und Mutter ausfindig zu machen, sondern auch um die Geschichte Afghanistans selbst. Beklemmende Zustände, und leider auch hochaktuell. Wenn Enaiatollah davon berichtet, wie kleine Regionen zurück an die Taliban gefallen sind, so weiß man als Leser ja leider aus den aktuellen Nachrichten wie sich das Geschehen weiterhin entwickelt hat. Doch bei allem bleibt die Handlung eher persönlich, bezieht sich auf die engste Familie oder Freunde. Das Buch wird als Roman bezeichnet, auch wenn es eher eine Mischung aus mehreren Genres ist, z.T. fast schon einem langen Zeitungsartikel ähnelt. Ich fand es sehr leicht zu lesen, durchaus interessant, habe aber etwas Tiefgang vermisst. Insgesamt sicherlich kein schlechtes Buch, um sich dem Thema zu nähern, ohne auf hochdramatische aber fiktive Romane zurückgreifen zu müssen.

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Veröffentlicht am 19.09.2021

Weiches Begräbnis

Weiches Begräbnis
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Einst wurde sie ohne Erinnerung halbtot vor dem Ertrinken gerettet, jetzt fällt Ding Zitao erneut dem Vergessen anheim. Ihr Sohn Quinglin ist verzweifelt, versucht alles um seiner Mutter zu helfen. Können ...

Einst wurde sie ohne Erinnerung halbtot vor dem Ertrinken gerettet, jetzt fällt Ding Zitao erneut dem Vergessen anheim. Ihr Sohn Quinglin ist verzweifelt, versucht alles um seiner Mutter zu helfen. Können Nachforschungen zu ihrer Herkunft weiterhelfen, oder werden so nur unnötig alte Wunden aufgerissen?

Ein komplexer Familienroman, der vor dem Hintergrund der sogenannten Kulturrevolution spielt. Großgrundbesitzer werden enteignet, „bekämpft“, willkürlich ermordet. Tausendfach geschehen, und doch meist vertuscht und totgeschwiegen. Die Autorin wurde für diesen Roman zunächst gefeiert, inzwischen aber ist er so verpönt, dass er sich in keinem chinesischen Buchladen mehr finden lässt. Allein diese Tatsache macht einen als Leser schon betroffen, hat man ihn gelesen, kann man gut nachvollziehen warum. Denn was damals passiert ist, wird auch heute noch unter den Teppich gekehrt. Ich wusste über diese Thematik kaum etwas, aber Fang Fang erzählt nicht nur eine großartige Geschichte, sondern klärt auch auf über das Geschehen. Dabei wird nichts beschönigt, was die Lektüre nicht immer einfach macht. Ich musste mich erst in die Geschichte und den Stil einlesen, auch die vielen (für mich ungewohnten) chinesischen Namen waren anfangs verwirrend, dann war ich aber wirklich mitgerissen. „Weiches Begräbnis“ ist ein wichtiger Roman, der auf distanzierte, aber erschreckende Weise zeigt, welche Schrecken in der Vergangenheit verborgen liegen.

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Veröffentlicht am 15.09.2021

Aus der Welt der skurrilen Nachrichten

The Stranger Times
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Hannah hat sich gerade von ihrem untreuen, aber reichen Ehemann getrennt. Auf eigenen Beinen stehen bedeutet aber auch, dass man einen Broterwerb braucht. Es verschlägt sie in die Redaktion der Stranger ...

Hannah hat sich gerade von ihrem untreuen, aber reichen Ehemann getrennt. Auf eigenen Beinen stehen bedeutet aber auch, dass man einen Broterwerb braucht. Es verschlägt sie in die Redaktion der Stranger Times, DER Wochenzeitung für die Spinner, Ufogläubigen, Hexen und andere schräge Typen. Neben wirklich besonderen Kollegen und einem cholerischen Chef merkt sie jedoch bald, dass nicht alle Nachrichten so unglaublich sind wie sie zunächst klingen.
Schräg, abgedreht und wirklich witzig ist dieser Auftaktband zur Trilogie über die Stranger Times. Die Figuren sind alles andere als von der Stange, und dieser Einfallsreichtum gefällt mir. Hannah ist eigentlich ein eher graues Mäuschen, sodass ihre Kollegen erst mal im krassen Gegensatz dazu stehen, allen voran natürlich der Chef. Seine Figur fand ich richtig gut gemacht, auch wenn er ein Ekel ist. Aber auch die Nachrichten selbst strotzen vor Witz und Fantasie, sie findet man immer mal wieder eingestreut in Form von Artikeln, welche das Geschehen auflockern. McDonnells Humor ist oft eher trocken, echt britisch eben; mir hat das sehr gut gefallen. Doch bei der Stranger Times wird es auch mal bitterernst, und dann zeigt sich was im Personal wirklich steckt. Man muss den übernatürlichen Einschlag schon mögen, bei mir hat die Idee aber ins Schwarze getroffen. Für den nächsten Band (den ich definitiv und unbedingt lesen muss) würde ich mir etwas mehr Sorgfalt im Lektorat wünschen, die ständigen Namensänderungen haben doch beim Lesen stocken lassen. Ansonsten habe ich an Hannah & Co wirklich nichts auszusetzen gehabt, und freue mich auf Neues aus der Redaktion.

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