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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 24.09.2018

Kurze, gehaltvolle Geschichte

Das Erwachen des letzten Menschen
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Vom Seitenumfang her ist diese Novelle ja durchaus überschaubar, aber sprachlich und inhaltlich hat sie es in sich und deshalb habe ich mehr Zeit für die Lektüre gebraucht, als ich zunächst bei den 46 ...

Vom Seitenumfang her ist diese Novelle ja durchaus überschaubar, aber sprachlich und inhaltlich hat sie es in sich und deshalb habe ich mehr Zeit für die Lektüre gebraucht, als ich zunächst bei den 46 Textseiten von "Das Erwachen des letzten Menschen" gedacht hätte.
Edgars Geschichte wird als Entwicklung über 10 Tage von ihm selbst in Tagebuchform erzählt - hier finde ich die ambitionierte Sprache nicht immer ganz passend bzw glaubwürdig. Allerdings führt Edgar auch nicht ein ganz so abgestumpftes Leben, wie man vielleicht denken könnte. Die utopisch-dystopische Welt im Jahr 2137, in der er lebt, wird in einem guten Maß beschrieben, das wesentliche Merkmale nennt, sich aber nicht in Details oder Wiederholungen verliert.
Die Wendungen am Ende fand ich überraschend.
Eine kurze, gehaltvolle Geschichte, die zum Nachdenken angeregt.

Veröffentlicht am 12.09.2018

Trotz fehlleitendem Klappentext ein beeindruckendes Buch

Gott, hilf dem Kind
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Der Klappentext hat mich ein anderes Buch erwarten lassen. Rassismus spielt zwar eine Rolle, aber noch stärker zieht sich das Thema Missbrauch durch das Buch. Und wer ist die zweite starke Frau? Eigentlich ...

Der Klappentext hat mich ein anderes Buch erwarten lassen. Rassismus spielt zwar eine Rolle, aber noch stärker zieht sich das Thema Missbrauch durch das Buch. Und wer ist die zweite starke Frau? Eigentlich sind fast alle Frauen des Buches auf ihre Art und Weise stark. Eine zweite zentrale Frauenrolle neben der Hauptprotagonistin konnte ich im Buch nicht erkennen, die Mutter-Tochter-Geschichte ist nur eine von vielen Thematiken.
Trotz der Fehlleitung durch den Klappentext fand ich es ein gutes, eindringliches, erschreckendes Buch mit vielfältigen Themen. Die Protagonisten führen recht unterschiedliche Leben - Extreme der amerikanischen Gesellschaft und bis auf eine Person alle weiblich. Niemand führt ein klassisches und/oder glückliches (Familien-)Leben, aber wohl keine der Frauen würde sich als unglücklich bezeichnen.
Beeindruckend finde ich, wie die Autorin so viele Personen und Themen auf gerade mal 200 Seiten unterbringt, ohne dass man als Leser etwas vermisst.

Veröffentlicht am 03.09.2018

Ungewöhnliche, komplexe Geschichte

Der Blumensammler
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David Whitehouse erzählt die Geschichte des Blumenliebhabers Peter auf drei Zeitebenen, wobei die Ebene von Peter selbst den Hauptteil ausmacht. Mithilfe der beiden kleineren Zeitebenen um den Wissenschafter ...

David Whitehouse erzählt die Geschichte des Blumenliebhabers Peter auf drei Zeitebenen, wobei die Ebene von Peter selbst den Hauptteil ausmacht. Mithilfe der beiden kleineren Zeitebenen um den Wissenschafter Cole und den Telefonisten Dove fügt sich die komplexe Geschichte rund um die Suche nach Blumen, Liebe und Familie nach und nach zum einem großen Ganzen zusammen, wobei am Ende fast alle offenen Fragen geklärt werden.

Man sollte sich bei dem Buch selbst den Gefallen tun, es nicht auf seinen Realitätsgehalt hin zu prüfen. Es ist eine Geschichte mit ein paar wenige übersinnlichen Elementen und dichterischen Freiheiten. Für mich durchaus in Ordnung und gut gemacht.

Ein Buch, das zum Mitdenken und Spekulieren anregt. Leider liefen meine Spekulationen gerade bei den Nebendarstellern oft ins Leere – diese fand ich oft zu schnell abgehandelt, nachdem sie recht ausführlich eingeführt wurden.
Zwischendurch hatte das Buch leichte Längen. Ich habe das Buch gerne gelesen, hätte es mir manchmal aber etwas zügiger gewünscht.

Für mich hatte das Buch Schwächen, die aber durch eine ungewöhnliche Geschichte und liebenswerte Charaktere aufgefangen wurden.

Veröffentlicht am 03.09.2018

Dystopisches Debüt

Die Hochhausspringerin
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Julia von Lucadou führt die Leser ihres Debüts in eine düstere, kalte dystopische Welt. Die titelgebende Hochausspringerin Riva wird – ohne ihr Wissen – von der Psychologin Hitomi betreut. Riva befindet ...

Julia von Lucadou führt die Leser ihres Debüts in eine düstere, kalte dystopische Welt. Die titelgebende Hochausspringerin Riva wird – ohne ihr Wissen – von der Psychologin Hitomi betreut. Riva befindet sich in einer Krise – sie springt nicht mehr, funktioniert nicht mehr und das ist in der im Buch beschriebenen Welt weder vorgesehen noch akzeptabel. Aus dem Hintergrund versucht Hitomi Riva wieder auf die Spur zu bringen, wobei sie immer mehr in Riva Welt versinkt.
Die Handlung des Buches ist übersichtlich – aus Hitomis Sicht wird die Zeit ihrer Betreuung (Überwachung?) Rivas berichtet. In einigen Rückblicken erfährt man auch mehr über die Person Hitomi, die (anders als der Klappentext vielleicht vermuten lässt) in diesem Buch noch vor Riva im Mittelpunkt steht.
Der Fokus des Romans liegt meiner Meinung nach eher auf der dystopischen Welt und dem psychologischen Aspekt, wenn Hitomi sich immer mehr in Rivas Leben reinsteigert. Eine actiongeladene Handlung, die der eine oder die andere bei dem Titel erwarten mag, sucht man vergebens. Die Welt, in der Riva und Hitomi leben, wird nicht detailreich beschrieben, sondern eher subtil. Am Ende werden nicht alle Details aufgeklärt. Ich bin nicht wirklich ein Fan von einer solch offenen Beschreibung, fand sie hier aber passend, obwohl ich gerne noch mehr handfestes über diese fremde Welt erfahren hätte.
"Die Hochausspringerin" regt auch zum Nachdenken an über unserer Technik- und Mediennutzung und wohin diese sich noch entwickeln kann. Ist die hier beschriebene Realität in dieser Hinsicht wirklich so überspitzt oder Zukunftsmusik, wie man zunächst glauben mag?
Ein gelungenes Debüt, das den Leser zum Nachdenken anregt.

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Veröffentlicht am 15.08.2018

Migration im 21. Jahrhundert

Ein unvergänglicher Sommer
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Anhand des Klappentexts und des Covers könnte man bei "Ein unvergänglicher Sommer" eine eher kitschige Geschichte erwarten. Aber das täuscht - genauso wie übrigens auch der Titel. Ich habe Isabel Allendes ...

Anhand des Klappentexts und des Covers könnte man bei "Ein unvergänglicher Sommer" eine eher kitschige Geschichte erwarten. Aber das täuscht - genauso wie übrigens auch der Titel. Ich habe Isabel Allendes neuestes Buch nicht als Liebesgeschichte gelesen, sondern als eine Geschichte über Migration. Jeder der drei Protagonisten hat hierbei seinen ganz eigenen Hintergrund. Im Blizzard des Januar 2015 treffen sie zusammen. Neben der Geschichte um die Leiche im Kofferraum wird nach und nach die Vergangenheit aller drei erzählt. Natürlich ist auch eine Liebesgeschichte enthalten, die aber überhaupt nicht kitschig ist und eher ein Nebenschauplatz ist.

Richard aus New York, Lucía aus Chile und Evelyn aus Guateamala werden durch einen Zufall zusammen geführt. Trotz aller Unterschiede bilden die eine Zweckgemeinschaft, um eine Leiche zu beseitigen. Die Geschichte rund um die Leiche mutet tragikomisch bis überzeichnet an, was in meinen Augen nicht gut zum Rest des Buches passt.
In Rückblicken erfahren wir immer mehr über die drei Protagonisten, die bisher alle ein Leben voller tragischer Umstände hinter sich haben. Wiederkehrendes Motiv ist die Migration, die jeden bereits durch mehrere amerikanische Länder geführt hat - vielleicht wäre "getrieben" das richtige Wort, denn wirklich richtig ankommen können alle drei bisher nirgendwo. Diese ganz unterschiedlichen Geschichten machten für mich den Reiz des Buches aus, zeigen sie doch, wie unterschiedlich Flucht und Migration verlaufen kann. Leider geht es nicht richtig in die Tiefe - viele Aspekte werden eher gestreift als genau analysiert - anders wäre es wohl bei drei Lebensgeschichten und diesem Seitenumfang nicht möglich. Hierdurch ist es dennoch ein sehr aktuelles Buch zu einem internationalen Thema, in dem die Autorin die menschliche Seite hinter einer oft polemisch geführten Debatte zeigt.

Mein Highlight waren die drei Lebensgeschichten - die Handlung in der Gegenwart fand ich im Vergleich etwas schwach. Trotzdem sehr lesenswert.