Profilbild von Forti

Forti

Lesejury Star
offline

Forti ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Forti über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 19.07.2018

Anders als erwartet

Ein mögliches Leben
0

Nach der Leseprobe erwartete ich eine Geschichte, die häufig zwischen Gegenwart und Vergangenheit hin und her springt. Tatsächlich spielt aber der größte Teil der Geschichte in der Vergangenheit und zwar ...

Nach der Leseprobe erwartete ich eine Geschichte, die häufig zwischen Gegenwart und Vergangenheit hin und her springt. Tatsächlich spielt aber der größte Teil der Geschichte in der Vergangenheit und zwar im texanischen Kriegsgefangenenlager in den Jahren 1944 und 1945. Das dort beschriebene Leben entsprach ebenfalls nicht meinen Erwartungen. Was weiß ich schon von deutschen Soldaten in Kriegsgefangenschaft - meist denkt man da ja an Sibirien oder an die Rheinwiesen. Beschrieben wird zwar auch, wie die Amerikaner das Lager führen (menschliche Behandlung, reichlich Essen und die Möglichkeit Englischkurse zu besuchen), aber der Autor beschreibt vor allem das Seelenleben des jungen Soldaten Franz und die Gruppendynamik unter den Gefangenen: Nazis gegen deren Kritiker. Das ist sehr interessant, vor allem da der Hauptteil der Handlung noch während des Krieges spielt, wirkt manchmal etwas schwarz-weiß und plakativ.

Die Geschichte in der Gegenwart beschreibt die Dynamik innerhalb der Familie des ehemaligen Kriegsgefangenen Franz. Die einzelnen Personen fand ich hierbei ziemlich unnahbar, was vermutlich vom Autor so beabsichtigt war, da sie auch untereinander ein eher distanziertes Verhältnis pflegen.

Auch die Sprache ist oft etwas distanziert, abgehakt. Ich habe mich irgendwann eingelesen, werde aber kein Fan dieses Stils. Meine zuletzt gelesenen Bücher waren recht eingänglich und leicht "runter" zu lesen. "Ein mögliches Leben" hat mich da wieder etwas entschleunigt. Das Buch ist nicht kompliziert oder extrem schwer zu lesen, aber es fordert vom Leser doch Zeit und Aufmerksamkeit.

Veröffentlicht am 09.07.2018

Spannend und mysteriös

Hyde
0

Antje Wagners Jugendbuch "Hyde" ist eine spannende, mysteriöse Geschichte, die von der 18-jährigen Ich-Erzählerin Katrina handelt. Katrinas Person und ihre Vergangenheit sind lange Zeit von vielen Geheimnissen ...

Antje Wagners Jugendbuch "Hyde" ist eine spannende, mysteriöse Geschichte, die von der 18-jährigen Ich-Erzählerin Katrina handelt. Katrinas Person und ihre Vergangenheit sind lange Zeit von vielen Geheimnissen umgeben, wobei die Autorin nicht die Grenze überschreitet, an der zu viel Geheimniskrämerei anstrengend wird. Ich möchte garnicht mehr über den Inhalt verraten, da gerade dieses Ungewisse einen Reiz des Buches ausmacht. Katrina ist jedenfalls eine charismatische Protagonistin, die mir ans Herz gewachsen ist.

Die Spannung des Buches basiert meiner Meinung nach zu einem großen Teil auch auf der gelungenen Erzählweise. Die Autorin springt dabei immer wieder in der Zeit - manchmal wechselt die Zeitebene sogar schon nach ein oder zwei Absätzen. Trotzdem kann man der Handlung gut folgen. In Rückblicken wird so nach und nach Katrinas Vergangenheit aufgedröselt.
Das ist überaus spannend mit einer gruseligen Stimmung.

Auch als Erwachsene war das ein tolles Leseerlebnis - als Jugendliche hätte ich dieses Buch glaube ich geliebt und regelrecht verschlungen. Empfohlen wird das Buch ab 15 Jahren - der Empfehlung würde ich mich anschließen.

Veröffentlicht am 06.07.2018

Interessant - blieb aber hinter meinen Erwartungen zurück

Fische
0

Melissa Broders Debütroman "Fische" ist die Geschichte einer Frau auf der Suche nach Liebe und Bestätigung. Lucy, Ende 30, befindet sich zu Besuch in Kalifornien und bewegt sich irgendwo zwischen ihrer ...

Melissa Broders Debütroman "Fische" ist die Geschichte einer Frau auf der Suche nach Liebe und Bestätigung. Lucy, Ende 30, befindet sich zu Besuch in Kalifornien und bewegt sich irgendwo zwischen ihrer prokrastinierten Doktorarbeit, einer Psychotherapie, ihrem Hundesitter-Job und Tinder-Dates - zusammen mit dem Schauplatz Venice Beach wähnte ich mich oft eher in einem etwas überdrehten Film als in einem Roman.
Die Liebesgeschichte mit dem Meermann Theo, die man nach Lektüre des Klappentextes für die zentrale Handlung halten könnte, beginnt erst in der Mitte des Romans. Meiner Meinung steht vor allem die Charakterisierung Lucys und ihre Entwicklung im Mittelpunkt, wobei das natürlich auch durch die ins Obsessive gehende Liebesgeschichte beleuchtet wird.
Dass Lucy die Liebe oder die Begierde von Männern so sehr braucht, hat mich oft aufgeregt. Zu gerne hätte ich sie geschüttelt und ihr gesagt, das sie sich doch bitte nicht über ihre Wirkung auf Männer definieren soll. Allerdings sieht sie das auch immer wieder selbst ein. Zwischendurch denkt sie vernünftig und klar, um sich dann in der nächsten Minute wieder total unvernünftig zu handeln.

Das Buch ist zudem gespickt mit Schilderungen von Sex und anderen intimen Angelegenheiten, die manchem Leser vielleicht zu extrem sein könnte.

Ich hab das Buch insgesamt gerne gelesen - manches war neu, manches schon abgenutzt ... einiges erfrischend unverblümt, anderes empfand ich als unnötig drastisch. Die euphorische Ankündigung konnte ich somit nur bedingt nachvollziehen und meine Erwartungen wurden nicht voll und ganz erfüllt.

Wer jetzt immer noch interessiert ist und nicht abgeschreckt wurde, sollte dieses Debüt lesen.

Veröffentlicht am 02.07.2018

Nette Geschichte - leider mit Schwächen

Ein Himmel voller Bücher
0

Ich habe Amy Meyersons Debüt gerne gelesen, obwohl ich auch etwas enttäuscht war und meine Erwartungen nicht erfüllt wurden.
Die versprochene Schnitzeljagd, die der Onkel der Hauptprotagonistin Miranda ...

Ich habe Amy Meyersons Debüt gerne gelesen, obwohl ich auch etwas enttäuscht war und meine Erwartungen nicht erfüllt wurden.
Die versprochene Schnitzeljagd, die der Onkel der Hauptprotagonistin Miranda vor seinem Tod für sie ausgelegt hat, habe ich mir spannend und mit vielen Wendungen vorgestellt. Leider ist es fast unmöglich, als Leser mitzurätseln und die aufgedeckten Informationen sind gleichzeitig nicht unbedingt überraschend. Insgesamt ist die Geschichte der etwas naiven Ich-Erzählerin Miranda ziemlich erwartbar. Dadurch dass wenig Überraschendes passiert, hatte das Buch für mich zwischendurch auch Längen. Manche Details sollte man besser auch nicht auf Plausibilität prüfen.
Die Schilderung der Buchhandlung, die der Onkel lange geführt hat, ist irgendwo zwischen Realität und Romantik angelegt, aber zumindest die wirtschaftlichen Probleme, die mittelständige Buchhandlungen heute meist haben, werden nicht übergangen.

Genug der Kritik! Irgendwie hat mir die Geschichte trotz der genannten Schwächen gefallen - allerdings halt mit Einschränkungen. Ich kann garnicht sagen, was mich dazu gebracht hat, das Buch gerne bis zum Ende gelesen zu haben. Die Beschreibungen L.A.s fand ich beispielsweise gelungen und die verschiedenen Nebendarsteller. Gegen Ende wurde es dann auch doch noch spannend.

Sprachlich fand ich es gut lesbar, ohne irgendwelche Finessen. Für einen Unterhaltungsroman voll und ganz in Ordnung.

Insgesamt ein Buch mit deutlichen Schwächen, dem man aber trotzdem eine Chance geben kann.

Veröffentlicht am 29.06.2018

Suche nach Heimat und Identität

Häuser aus Sand
0

Hala Alyan erzählt in ihrem Romandebüt "Häuser aus Sand" eine palästinensische Familiengeschichte über vier Generationen - angefangen 1963 bis in die heutige Zeit. Dabei steht pro Kapitel immer ein (meist ...

Hala Alyan erzählt in ihrem Romandebüt "Häuser aus Sand" eine palästinensische Familiengeschichte über vier Generationen - angefangen 1963 bis in die heutige Zeit. Dabei steht pro Kapitel immer ein (meist weibliches) Familienmitglied im Mittelpunkt. Geprägt ist die Geschichte von Migration oder sogar Vertreibung. Jede Generation sieht eine neue Stadt als ihre Heimat an, bevor es dann wieder zum Bruch und Neuanfang in einer anderen Stadt kommt. So begleitet der Leser die privilegiert lebende Familie von Jaffa und Nablus über Kuwait, Amman und Beirut nach Paris und Boston. Beschrieben wird das Leben der Familie in den verschiedenen Zeiten und Kulturen, aber auch die Suche nach Heimat und Identität.

Im Roman wird wieder einmal klar, wie komplex das Themenfeld Naher Osten ist. Die Autorin schafft es dabei gekonnt diese Themen so anzuschneiden, dass man als aufgeschlossener Leser genau so viel weiß, wie man wissen muss, um der Handlung gut folgen zu können. Diese grundlegenden Infos sind hilfreich, eine komplette Aufarbeitung kann (und soll) dieser Roman natürlich nicht leisten.

Geschrieben ist das flüssig und gut lesbar - aber nur manchmal so ausdrucksstark, wie man vielleicht denken kann, wenn man weiß, dass die Autorin Hala Alyan auch als Lyrikerin aktiv ist.

Für mich hat dieser Roman neue Einblicke gebracht und ich habe mich gut und intelligent unterhalten gefühlt.