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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 05.08.2022

Klassiker?

Der Mann, der vom Himmel fiel
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Man merkt "Der Mann, der vom Himmel fiel" von Walter Tevis an, dass es keine Neuerscheinung des 21. Jahrhunderts ist, sondern erstmals bereits in den 1960'ern erschienen ist. Die beschriebene Welt, die ...

Man merkt "Der Mann, der vom Himmel fiel" von Walter Tevis an, dass es keine Neuerscheinung des 21. Jahrhunderts ist, sondern erstmals bereits in den 1960'ern erschienen ist. Die beschriebene Welt, die aus Sicht der 1960'er Jahren wahrscheinlich innovativ und utopisch war, wirkt für die heutige Leserschaft eher gewöhnlich bis nostalgisch.
Die Auflösung, was es mit Newton auf sich hat, gibt es gleich am Anfang - auch sonst kommt im Buch weniger Spannung auf, als man vielleicht erwarten könnte. Stattdessen werden die Hintergründe und der Charakter Newtons beleuchtet und die Lebensrealität auf der Erde, die irgendwo zwischen Dystopie und Utopie liegt, beschrieben.
Das Buch liest sich für mich wie klassische Science Fiction. Für Leser*innen, die eine spannende Lektüre erwarten, nicht zu empfehlen, sondern wohl eher für Fans von (klassischer) Science Fiction, die sich für neue Welten und deren Hintergründe interessieren.
Ich hätte mir etwas mehr Spannung erhofft und fand das Buch zudem ziemlich dialoglastig - mich hat es deswegen leider nicht ganz überzeugt.

Veröffentlicht am 01.08.2022

Kiew 1919

Samson und Nadjeschda
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Vom Diogenes-Verlag wird "Samson und Nadjeschda" auch als Krimi angekündigt. Ein Krimi ist es aber nur bedingt. Der Protagonist Samson wird zwar im Laufe des Buches Polizist und beschäftigt sich dadurch ...

Vom Diogenes-Verlag wird "Samson und Nadjeschda" auch als Krimi angekündigt. Ein Krimi ist es aber nur bedingt. Der Protagonist Samson wird zwar im Laufe des Buches Polizist und beschäftigt sich dadurch mit einer Einbruch- und Mordserie, aber vor allem nimmt der Autor Andrej Kurkow sich Zeit, seine Charaktere einzuführen (es soll wohl eine Krimiserie werden) und den Handlungsort Kiew im Jahr 1919 zu beschreiben. Für mich ist das Buch deshalb in erster Linie eine Charakterisierung der Zeit, in der die Bolschewiken auch in Kiew die Macht übernahmen. Die Beschreibung des fragilen Alltags der Menschen in Kriegszeiten lässt einen beim Lesen auch immer wieder an die derzeitige Situation der Menschen in der Ukraine denken, was die Lektüre manchmal bedrückender macht, als sie wahrscheinlich vom Autoren während des Schreibens gedacht war. In jedem Fall fand ich die Beschreibung der Nöte, der Unsicherheiten, der Kuriositäten, der Zufälle in Zeiten des Umbruchs sehr interessant dargestellt.
Wer in erster Linie einen spannenden Krimi sucht, ist mit diesem Buch schlecht beraten. Wen auch die historischen Hintergründe interessieren, wird hier intelligent unterhalten.

Veröffentlicht am 22.07.2022

Stimmige Familiengeschichte

Die Leben der Elena Silber
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Achtung (nicht sonderlich tiefgehende) Spoiler!


Eine Familiengeschichte über knapp 100 Jahre, die so einiges zu bieten hat: Geheimnisse, Legenden, Tragik, Konflikte, Schweigen, verschwundene Familienmitglieder, ...

Achtung (nicht sonderlich tiefgehende) Spoiler!


Eine Familiengeschichte über knapp 100 Jahre, die so einiges zu bieten hat: Geheimnisse, Legenden, Tragik, Konflikte, Schweigen, verschwundene Familienmitglieder, Migrationsgeschichten. Eins hat sie allerdings nicht: ein rundes Ende, das alles auflöst. Das machte es für mich aber auch sehr realistisch, denn in welcher Familie lassen sich schon alle Fragen nach der Vergangenheit beantworten. Das Thema Suche zieht sich durchs Buch – die Suche nach Antworten auf Fragen nach der Vergangenheit, die Suche nach Heimat, die Suche nach Familie. Ich fand es alles in allem eine stimmige Geschichte. Für mich eine zwar etwas lange (knapp über 600 Seiten), aber lohnende Lektüre.

Veröffentlicht am 15.07.2022

Drei nigerianische Frauen

Freundin bleibst du immer
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Eine Dreier-Freundschaft ist immer eine Herausforderung und auch Funmi, Enitan und Zainab haben es oft nicht leicht miteinander, sind schließlich auch räumlich getrennt – dennoch hat ihre Freundschaft ...

Eine Dreier-Freundschaft ist immer eine Herausforderung und auch Funmi, Enitan und Zainab haben es oft nicht leicht miteinander, sind schließlich auch räumlich getrennt – dennoch hat ihre Freundschaft über Jahrzehnte Bestand.
Tomi Obaro hat in ihrem Debüt "Freundin bleibst du immer" drei Frauenfiguren geschaffen, deren Unterschiedlichkeit auf die Spitze getrieben wird – da kann man evtl. die Frage stellen, wie wahrscheinlich diese Freundschaft im echten Leben wäre. Man kann das aber auch einfach als sich anbietenden dramaturgischen Kniff akzeptieren, der ermöglicht, ein breites (wenn natürlich auch nicht vollständiges) Bild der nigerianischen Gesellschaft zu zeichnen. Man merkt dem Buch zwar an, dass es für ein ausländisches (bzw. nicht-nigerianisches) Publikum geschrieben wurde, aber die Autorin Tomi Obaro hat das meiner Meinung nach gut umgesetzt: nie wird es belehrend, sondern stattdessen erfährt man nebenbei mehr vom Alltag in Nigeria, den Traditionen, der Geschichte, dem religiösen Miteinander. Das Glossar am Ende des Buches hilft dabei, unbekannte Begriffe einzuordnen.

Ich fand "Freundin bleibst du immer" eine abwechslungsreiche, lohnende Geschichte, bei der ich ein mir unbekanntes Land ein Stück weit kennengelernt habe.

Den deutschen Titel "Freundin bleibst du immer" finde ich etwas sperrig, aber er passt dennoch besser zu diesem Buch als der Original-Titel "Dele Weds Destiny", lenkt er doch den Fokus auf die Freundschaft der drei Frauen.

Veröffentlicht am 02.07.2022

Keine Großmutter - trotzdem gut

Und du kommst auch drin vor
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"Und du kommst auch drin vor" hat mir gut gefallen. Die Idee, sich selbst als Figur in einem Buch wiederzufinden, ist nicht neu, aber ich fand es hier gut umgesetzt. Mir gefiel auch der Witz, der immer ...

"Und du kommst auch drin vor" hat mir gut gefallen. Die Idee, sich selbst als Figur in einem Buch wiederzufinden, ist nicht neu, aber ich fand es hier gut umgesetzt. Mir gefiel auch der Witz, der immer wieder anklang. Auch die beiden Protagonistinnen, die nicht direkt sympathisch sind, einem beim Lesen aber doch ans Herz wachsen, fand ich interessant. Die Wendungen im letzten Viertel fand ich etwas verwirrend, aber was soll’s.
Ein Alina-Bronsky-Buch ohne Großmutter - ungewohnt!