Profilbild von Forti

Forti

Lesejury Star
offline

Forti ist Mitglied der Lesejury

Melde dich in der Lesejury an, um dich mit Forti über deine Lieblingsbücher auszutauschen.

Anmelden

Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 14.01.2022

Düstere Ukraine

Hundepark
0

In ihrem neusten Buch thematisiert die finnische Autorin Sofi Oksanen das umstrittene Geschäft mit Eizellen in der Ukraine. Für ungewünscht Kinderlose kann Eizellspende eine Chance sein – die Spenderinnen ...

In ihrem neusten Buch thematisiert die finnische Autorin Sofi Oksanen das umstrittene Geschäft mit Eizellen in der Ukraine. Für ungewünscht Kinderlose kann Eizellspende eine Chance sein – die Spenderinnen wiederum können hier zwar verhältnismäßig viel Geld verdienen, müssen dafür aber oft mit den physischen und psychischen Folgen kämpfen. Für mich war das ein neues Thema – zuvor hatte ich in diesem Dunstkreis (und auch u.a. in der Ukraine angesiedelt) nur von dem Geschäft Leihmutterschaft gelesen, das hier aber keine Rolle spielt. Beides interessante, kontroverse Themen, die es wert sind, besprochen zu werden.
Es bleibt in "Hundepark" aber nicht nur beim Thema Eizellspende. Bei den dubiosen Geschäften und Gaunereien, die so gut wie alle Protagonist*innen betreiben, habe ich manchmal den Überblick verloren und nicht immer alles verstanden. Das war etwas schade – verständlich war das Buch im großen und ganzen aber dennoch.

Interessant und packend für mich vor allem das Bild der Ukraine, das die Autorin zeichnet. Eckpunkte der tragischen Geschichte des Landes im 20. und ganz aktuell ja auch im 21. Jahrhundert werden immer wieder aufgegriffen und mit der eigentlichen Geschichte verknüpft. Es bildet sich ein vielleicht etwas klischeehaftes, fast schon hoffnungsloses Bild. Das Schöne, das die Ukraine ja durchaus auch zu bieten hat, klingt nur ganz zaghaft an und hat gegen die Düsternis keine Chance. Das Buch hat mich nachdenklich zurück gelassen.

Veröffentlicht am 03.01.2022

Szenen eines Ankommens auf dem Land

Meter pro Sekunde
0

Die namenlose Protagonistin berichtet szenenhaft aus ihrem Leben. Bestimmt wird dieses durch ihren Schwierigkeiten mit dem Landleben (sie ist erst vor kurzem aus der Stadt hierher umgezogen), dem Elternsein ...

Die namenlose Protagonistin berichtet szenenhaft aus ihrem Leben. Bestimmt wird dieses durch ihren Schwierigkeiten mit dem Landleben (sie ist erst vor kurzem aus der Stadt hierher umgezogen), dem Elternsein und dem Erlangen des Führerscheins. Dies könnte entweder sehr langweilig sein oder aber sehr klamaukig. Aber die Autorin Stine Pilgaard schafft es, dass diese Beschreibungen unterhaltsam, manchmal auch witzig, seltener nachdenklich, durch die Kürze der Episoden aber auch recht abwechslungsreich sind.
Die zwei weiteren zentralen Elemente sind die Zuschriften an den Kummerkasten der Lokalzeitung, die von der Ich-Erzählerin mal einfühlsam, mal etwas launig (und gerne auch sehr ich-bezogen) beantwortet werden, und die Heimvolkshochschule (offenbar eine originär dänische Einrichtung - eine Art Internat auf Zeit für junge Erwachsene), in der sie mit ihrem Partner, der dort Lehrer ist, lebt. Beides birgt diverse, vielfältige kleinste Nebengeschichten.
Insgesamt entsteht eine Charakterisierung einer Mittdreißigerin unserer Zeit, die (erst) jetzt richtig in ihrem Leben ankommt.
Eine richtige Handlung oder gar einen spannenden Plot gibt es nicht, was mich hier aber nicht gestört hat. Ich fand es ein stimmiges, unterhaltsames Buch.
Sprachlich im Detail oft sehr bildhaft, auch witzig, nachdenklich. Aber dennoch flüssig lesbar.

Veröffentlicht am 12.12.2021

Ein Leben mit der Musik

Der Storyteller
0

Dave Grohl ist seit Nirvana irgendwie immer da - musikalisch durchaus hörbar und offenbar ein netter Typ. Trotzdem wusste ich wenig über ihn als Menschen und war deshalb neugierig auf dieses Buch.

Episodenhaft ...

Dave Grohl ist seit Nirvana irgendwie immer da - musikalisch durchaus hörbar und offenbar ein netter Typ. Trotzdem wusste ich wenig über ihn als Menschen und war deshalb neugierig auf dieses Buch.

Episodenhaft erzählt Dave Grohl aus seinem Leben. Seine Liebe zu Musik, den Beatles, Punk, Metal und natürlich Grunge. Seine vielen Bands, das Touren, Erfolge und Niederschläge. Seine Familie. So sprunghaft, wie es am Anfang wirkt, ist das Buch insgesamt aber nicht. Größtenteils wird zeitlich chronologisch erzählt.

Geschrieben ist das ganze sehr amerikanisch - recht bildhaft und mit vielen Andeutungen auf amerikanische Pop-Kultur. Dankenswerterweise in den meisten Fällen vom Übersetzer durch Fußnoten erklärt. Ansonsten flüssig, gut lesbar, manchmal auch witzig geschrieben.

Öfters bin ich über Auslassungen gestolpert - Informationen, manchmal auch Personen die fehlen. Aber das ist natürlich das gute Recht jedes Autobiographen, den Fokus so zu legen, wie er möchte, und bestimmte Aspekte seines Lebens auszusparen. Insgesamt ist es doch ein rundes Buch und ich habe mehr über einen umtriebigen Musiker und einen sympathischen Menschen erfahren.

Veröffentlicht am 04.12.2021

Aus der Bahn geworfene Menschen

Ich nannte ihn Krawatte
0

"Ich nannte ihn Krawatte" von Milena Michiko Flasar ist ein Buch über Menschen, die aus der Bahn geworfen wurden; die mit sich selbst, dem Leben und der Gesellschaft hadern. Und auch über Freundschaft.
Trotz ...

"Ich nannte ihn Krawatte" von Milena Michiko Flasar ist ein Buch über Menschen, die aus der Bahn geworfen wurden; die mit sich selbst, dem Leben und der Gesellschaft hadern. Und auch über Freundschaft.
Trotz der 'nur' 136 Seiten keine schnelle Lektüre, sondern eine für die man sich Zeit nehmen sollte, um auch die Zwischentöne wahrzunehmen. Es lohnt sich!

Veröffentlicht am 04.12.2021

Kaputte Menschen, kaputte Beziehung

Es ist immer so schön mit dir
0

Heinz Strunks neuer Roman handelt von einer toxischen Beziehung. Die beiden Protagonisten (Mann und Frau) sind offensichtlich nicht glücklich miteinander, schaffen es aber auch nicht, sich voneinander ...

Heinz Strunks neuer Roman handelt von einer toxischen Beziehung. Die beiden Protagonisten (Mann und Frau) sind offensichtlich nicht glücklich miteinander, schaffen es aber auch nicht, sich voneinander zu trennen. Das gibt es ja oft in langjährigen Beziehungen – hier ist es aber von Anfang an der Fall. Beide sind vorher schon nicht glücklich, eher kaputt, und die Beziehung macht es nicht besser.
Beschrieben ist das hart an der Schmerzgrenze. Mit dem abgeklärten Blick von außen möchte man die beiden schütteln und sie anschreien: 'Trennt Euch endlich! Ihr tut Euch nicht gut!'
Heinz Strunk bleibt dabei immer auf der Erzählebene. Erklärungen oder Antworten gibt es nicht – wie im echten Leben.
Das mag jetzt nach einer unglaubwürdigen Handlung klingen, aber die war es für mich nicht. Ich habe dem Autoren die beiden Figuren und ihre Beziehung abgenommen.