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FranziskaBo96

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Meinungen aus der Lesejury

Veröffentlicht am 10.09.2023

Gewalt im Paradies

NOVA
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Chirug Davide hat was viele Menschen als perfektes Leben bezeichnen würden: Er lebt mit seiner wunderschönen Frau und dem intelligenten Sohn in einer guten Gegend, fährt einen teuren BMW hofft im Job auf ...

Chirug Davide hat was viele Menschen als perfektes Leben bezeichnen würden: Er lebt mit seiner wunderschönen Frau und dem intelligenten Sohn in einer guten Gegend, fährt einen teuren BMW hofft im Job auf eine Beförderung. Lediglich ein paar Ungereimtheiten mit dem Nachbarn und seltsame Neckereien des Chefs trüben sein Paradies. Das alles ändert sich, als Davide Zeuge wird, wie seine Frau und sein Sohn von einem betrunkenen Mann belästigt werden, der wiederum von einem Unbekannten brutalst zurechtgewiesen wird. Aus Scham, nicht selbst eingegriffen zu sein, ergreift er Initiative und versucht sich der neuen Gewalt in seinem Leben zu stellen.

Eins muss man diesem Buch auf jeden Fall lassen: Es ist fantastisch geschrieben. Der Stil von Bacà ist sehr beschreibend, aber ohne zu ausufernd zu wirken, was meiner Meinung nach eine wirklich schwierige Balance sein kann. Hut ab hier auch an die Übersetzerin Christine Ammann, dieses Werk war sicherlich eine harte Nuss. Immer wieder konnte das Buch mich so fesseln

Leider schaffte das die Handlung oft nicht. Dafür, dass Gewalt das zentrale Thema des Buchs sein soll, geht es doch recht oft um ganz andere Sachen und so hält man sich oft mit Aspekten auf, die wirklich nicht spannend sind. Der Großteil der Geschichte verlief für mich einfach zu langsam und unspektakulär, auch wenn sie mit einem sehr wilden Ende versucht, das wiedergutzumachen - für mich war genau das dann aber auch zu absurd und auch irgendwie unpassend für den Rest des Buches.

Ich finde, es hätte innerhalb der Handlung viele Möglichkeiten gegeben, besser auf das Thema Gewalt einzugehen oder zumindest die Geschichte spannender zu gestalten.

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Veröffentlicht am 09.09.2023

Zwischen Kritik und Wahnsinn

Zeiten der Langeweile
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Mila beschließt, einen sogenannten Digital Detox durchzuführen. Was noch ziemlich vernünftig und nachvollziehbar mit dem Löschen von Instagram und Co. beginnt, artet irgendwann vollkommen aus und lässt ...

Mila beschließt, einen sogenannten Digital Detox durchzuführen. Was noch ziemlich vernünftig und nachvollziehbar mit dem Löschen von Instagram und Co. beginnt, artet irgendwann vollkommen aus und lässt tief in Milas traumatisierte und verletzte Seele blicken.

Dieses Buch ist der pure Wahnsinn - im wahrsten Sinne des Wortes. Selten bin ich so sehr zwischen Sympathie und Unverständnis für eine Protagonistin hin und hergesprungen. Zum einen hat Mila immer wieder schlaue Gedanken und Beobachtungen zu Social Media und Internet, die mich selbst sehr zum Nachdenken über meinen eigenen Konsum angeregt haben. Andererseits merkt man ziemlich schnell, dass sie tiefgreifende Probleme und das Internet für sie bisher wie eine Art Droge war, von der sie jetzt einen ebenso fanatischen kalten Entzug versucht. Die Autorin schafft es extrem gut, den Leser mit auf Miras zeitweise doch recht wilde Gedankenreise zu nehmen.

Für ein Fünf-Sterne-Buch hat mir jedoch das gewisse Etwas gefehlt und ich bin mir immer noch nicht ganz sicher, was genau das ist. Ein paar Erklärungsversuche: Vor allem habe ich ein kleines bisschen vermisst, dass es keinen "vernünftigen" Gegenpol zu Milas Psychose gab. Gerade Milas Freundeskreis, der aus größtenteils verantwortungslosen Möchtegern-Künstlern besteht, wirkte oft genauso verrückt wie sie. Die Probleme, die diese Clique umgibt, sind für die meisten Leser wahrscheinlich wirklich nicht sehr nachvollziehbar. Auch am Ende hat mir irgendwie ein bisschen etwas gefehlt, um die Geschichte etwas runder zu machen.

Trotzdem spreche ich eine große Empfehlung für dieses Buch aus, vor allem, wenn ihr euch ein wenig kritisch mit eurem Internetkonsum auseinandersetzen wollt!

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Veröffentlicht am 07.09.2023

Wer die Liebe findet...

Sie haben die Liebe erreicht
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Maya erlebt den absoluten Super-GAU: Als sie ihren Freund, der eigentlich auf Geschäftsreise ist, in San Francisco überraschen will, erfährt sie, dass er sie betrügt. Er hat nämlich sein Handy im Taxi ...

Maya erlebt den absoluten Super-GAU: Als sie ihren Freund, der eigentlich auf Geschäftsreise ist, in San Francisco überraschen will, erfährt sie, dass er sie betrügt. Er hat nämlich sein Handy im Taxi liegen gelassen und der Taxifahrer, der darüber auf Mayas Nachrichten antwortet, hält sie zunächst für eine "hübsche Blondine", die sie gerade erst mit ihrem Freund befördert hat. Um sie aufzumuntern, gibt der Taxifahrer, der sich ihr nur als Max vorstellt, Ausflugstipps für das Örtchen Carmel und beschert ihr somit noch einen wunderschönen Tag. Als Maya es endlich schafft, sich ein Jahr später von ihrem Freund zu trennen, macht sie sich erneut an die Westküste auf, um Max zu finden.

Die Grundprämisse dieses Buches ist einfach fantastisch und auch sehr gut umgesetzt. Gerade das erste Viertel, in dem Maya dank Max ihren schönen Tag in Carmel hat, ist sehr schön, man hat richtig Lust, das Städtchen selbst mal zu besuchen. Auch später im Buch, als man Maya dabei begleitet, wie sie sich ein neues Leben aufbaut, ist toll, hier liegt definitiv eine große Stärke des Buches.

Leider hat mich Maya als Protagonistin und damit einhergehend die übermäßige Missverständnis-Trope ziemlich schnell genervt. Dass man als Leser ziemlich schnell weiß, was es mit Max auf sich hat, während Maya die ganze Zeit im Dunkeln tappt, ist sicher typisch für das Genre und etwas, worüber ich hinwegblicken kann. Die schiere Anzahl, in denen Maya aber einfach etwas (aus teilweise nicht nachvollziehbaren Gründen) komplett missversteht und immer gleich vom Schlimmsten ausgeht, ist wirklich absurd. Gerade das Ende hat die für mich sonst sehr solide Handlung einfach total kaputt gemacht.

Sehr schade, mit etwas weniger Hang zu Dramatik hätte das ein richtig tolles Buch sein können!

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Veröffentlicht am 24.08.2023

Liebe auf drei Ebenen

Wellenkinder
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"Wellenkinder" erzählt die Geschichte von drei Menschen: Margit, die als Kind 1945 aus Ostpreußen flieht und währenddessen Grausames erlebt; Oda, die 1970 beim Fluchtversuch aus der DDR erwischt wird; ...

"Wellenkinder" erzählt die Geschichte von drei Menschen: Margit, die als Kind 1945 aus Ostpreußen flieht und währenddessen Grausames erlebt; Oda, die 1970 beim Fluchtversuch aus der DDR erwischt wird; und Jan, der 2022 nach langer Zeit in seine Heimat Rügen zurückkehrt, um sich um seinen sterbenden Vater zu kümmern. Wir begleiten die drei durch ihre Schicksale und erfahren erst nach und nach, inwieweit die drei miteinander verknüpft sind.

Dass ich es hier mit einem so wilden Buch zu tun bekomme, hätte ich am Anfang der Lektüre echt nicht gedacht. Dabei fängt es gerade zu Anfang sehr ruhig an - für meinen Geschmack ein bisschen zu ruhig. Es dauert ziemlich lange, bis erste Zusammenhänge zwischen den Handlungssträngen der Figuren sichtbar werden (was sicher auch die Intention der Autorin war) und an manchen Ecken wirkte es ein bisschen so, als würde sich die Geschichte etwas zu sehr in historischem Leid suhlen, ohne wirklich etwas daraus zu machen.

Dafür ging es ab ungefähr der Hälfte Schlag auf Schlag. Alle drei Geschichten entwickeln sich sehr spannend und tatsächlich hatte ich echte Probleme, das Buch aus der Hand zu legen - auch wenn ständig Dinge passierten, über die ich etwas mit den Augen rollen musste. Am absurdesten fand ich mehrere, relativ kurz aufeinanderfolgende Plottwists, die in ihrer Menge die Geschichte einfach absolut unrealistisch machten, was eigentlich schade ist, da ja durchaus reale Schicksale, z.B. der Umgang mit gescheiterten Republikflüchtlingen in der DDR, thematisiert werden.

Gerade das Ende war mir dann doch ein bisschen zu hanebüchen und machte ein bisschen eine Geschichte kaputt, die interessant aufgebaut war und wichtige Aspekte der deutschen Geschichte ansprach. Vor allem im Nachhinein fällt mir immer mehr auf, wie gut die Handlungsstränge doch eigentlich miteinander verwoben waren und wie die Autorin es eigentlich gut geschafft hat, immer das zentrale Thema der Liebe eines Elternteils anzusprechen. Leider ist das alles etwas unter der übertriebenen Thematik und etwas zu viel Kitsch untergegangen. Schade!

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Veröffentlicht am 20.08.2023

Auf Spurensuche in der Vergangenheit

Simone
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Anja Reich nimmt uns in diesem Buch mit Memoir-Elementen mit auf eine Spurensuche in der Vergangenheit Ostdeutschlands. Sie möchte herausfinden, was genau hinter dem Suizid ihrer Schulfreundin Simone vor ...

Anja Reich nimmt uns in diesem Buch mit Memoir-Elementen mit auf eine Spurensuche in der Vergangenheit Ostdeutschlands. Sie möchte herausfinden, was genau hinter dem Suizid ihrer Schulfreundin Simone vor über 25 Jahren steckt. Zu diesem Zweck interviewt sie Familie und Freunde, spürt wichtige Orte in Simones Leben und versucht, Zusammenhänge zwischen der politischen Lage der Zeit und Simones turbulentem Leben herzustellen.

Ein Thema, was mich in Büchern in letzter Zeit unheimlich interessiert ist, wie die DDR und die Folgen der Wende bis heute das Leben in Ost- und Gesamtdeutschland beeinflussen. Besonders private Konsequenzen dieser turbulenten Zeit werden sehr gut in "Simone" diskutiert. Man merkt deutlich, dass die Autorin passionierte Journalistin ist, erleben ihre schiere Wissbegierde und Drang, immer mehr in das Leben ihrer alten Schulfreundin einzutauchen. Dabei schafft sie es gut, ihre eigenen Erlebnisse und die von Simone mit historischen Zusammenhängen und auch wissenschaftlichen Experteninterviews zu verknüpfen. In diesem Rahmen fand ich besonders den Abschnitt über Statistik und Umgang mit Suizid in der DDR und Ostdeutschland interessant.

Tatsächlich war ich jedoch von der ersten Hälfte des Buches noch nicht allzu sehr begeistert. Wir lernen eine Vielzahl von Charakteren und ihre Geschichte kennen, die zwar alle wichtig sind, mit der Zeit aber etwas unübersichtlich werden. Zwar kommt man mit der Zeit dahinter, warum diese zahlreichen Biografien von Bedeutung sind und lernt auch besser, die Menschen zuzuordnen, trotzdem hätte mir z.B. ein kleines Figurenregister anfangs ganz gut geholfen. Wer mit diesem Teil des Buches etwas Schwierigkeiten hat, sollte durchhalten, es lohnt sich definitiv.

Ein toller Beitrag zur Diskussion über die DDR, die Wendezeit und wie wir heute mit ihnen umgehen sollten!

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