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Veröffentlicht am 17.11.2020

Die Erinnerung an eine turbulente Liebe

Mr. Crane
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1914: Ein junger Leutnant wird mit zwei Lungentreffern ins Sanatorium Badenweiler eingeliefert. Er scheint nicht nur körperlich verletzt, sondern auch ander Seele, denn er spricht kein Wort mehr. Stattdessen ...

1914: Ein junger Leutnant wird mit zwei Lungentreffern ins Sanatorium Badenweiler eingeliefert. Er scheint nicht nur körperlich verletzt, sondern auch ander Seele, denn er spricht kein Wort mehr. Stattdessen zeichnet er fast manisch. Oberschwester Elisabeth soll sich seiner annehmen und ihn gesund pflegen. Als der Patient um ein Buch aus seinem Gepäck bittet, nämlich "The Red Badge of Courage" eines gewissen Stephen Crane, fühlt sie sich plötzlich wieder 14 Jahre zurückversetzt, ins Jahr 1900, als genau jener Mr. Crane Patient im Sanatorium Badenweiler war und sie erinnert sich an eine kurze, intensive Liebe.

"Mr. Crane" lässt sich sehr angenehm und flüssig lesen, was vor allem dem wunderbaren Schreibstil von Andreas Kollender zu verdanken ist. Seine Figuren sind nie einseitig oder in irgendeiner Form durchschaubar, sie überraschen einen bis zum Schluss mit ihrer Art oder ihrem Vorgehen. Bestes Beispiel ist die Entwicklung der Schwester Elisabeth: Am Anfang ist sie verschlossen und in sich gekehrt, lässt wegen ihrer Narben keinen an sich heran und ist mit der lieblosen Ehe zufrieden, die sie führt. Es braucht nur wenige Tage und Elisabeth ist ein völlug anderer Mensch: leidenschaftlich, wild und auch ein wenig verrückt. Später, als reifere Oberschwester, setzt sich ihren Willen durch und hilft dem jungen Leutnant aus einer prekären Situation.
Nur den Mr. Crane fand ich ein wenig wirr, seine Gedankensprünge bringen einen etwas aus dem Trott, was aber der Tatsache geschuldet ist, dass er sich immer irgendwo zwischen Fieberdelirium und Erinnerungen befindet, die er seiner "Elisabess" unbedingt anvertrauen will.

Alles in allem ein gelunger Roman über einen exentrischen Schriftsteller und einer jungen Krankenschwester, die in acht Tagen herausfindet, was sie sich vom Leben tatsächlich wünscht.

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Veröffentlicht am 20.10.2020

Dieses Buch war auf jeden Fall eine Horizonterweiterung

Männer in Kamelhaarmänteln
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Ich habe viele Interessengebiete: Bücher und Lesen, Schreiben (Gedichte, Rezis etc.) Geschichte, Archäologie, Psychologie, Philosophie, Architektur, Kunst, Filme, Serien, Schwertkampf, Reenactment... Mode ...

Ich habe viele Interessengebiete: Bücher und Lesen, Schreiben (Gedichte, Rezis etc.) Geschichte, Archäologie, Psychologie, Philosophie, Architektur, Kunst, Filme, Serien, Schwertkampf, Reenactment... Mode und Kleidung gehört so was von nicht dazu. Klamotten kaufen hab ich schon als Kind gehasst (sehr zum Verdruss meiner Frau Mama), ich mag es auch heute noch nicht. Wenn ich nicht gerade meine Arbeitsuniform trage (und das tue ich den Großteil der Zeit), dann trage ich schwarz. Schwarz ist immer elegant, man muss sich keine Gedanken machen, was man dazu anzieht oder dazu passen könnte (einfach ebenfalls schwarz). Und das seit meinem 17. Lebensjahr. Während mir meine Familie eine Phase prophezeit hat, hab ich meinen Stil einfach durchgezogen.

Und dann lese ich kürzlich von der Leserunde zu Elke Heidenreichs neuestem Werk auf Lovelybooks und ich habe mich beworben, weil ich dachte es ist ein Buch über die Mode des 20. Jahrhunderts (bekamntlicherweise meine Liebelingsepoche in der Geschichte). Spätestens, als das Buch, dass ich Rahmen fer Leserunde tatsächlich gewonnen hatte, bei mir eintraf und ich die ersten Seiten gelesen hatte, stellte ich fest, dass ich thematisch auf dem Holzweg war. Allerdings schrieb die Heidenreich so gut, so lustig und interessant, dass ich weniger auf die Mode geachtet habe, als viel mehr auf die Anekdoten, die sie uns erzählte. Wenn es auch mein erstes Buch von Elke Heidenreich war, es war nicht das Letzte. Ich liebäugel schon sehr mit Nero Corleone. 👀

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Veröffentlicht am 27.09.2020

Rory Shy, die extrem schüchterne Variante von Sherlock Holmes

Rory Shy, der schüchterne Detektiv (Rory Shy, der schüchterne Detektiv, Bd. 1)
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Die wortgewandte Matilda wäre gerne Detektivin, so wie der große Sherlock Holmes, von dem sie jede einzelne Geschichte kennt. Überhaupt liest sie alles, was mit Detektiven zutun hat, bekommt von ihren ...

Die wortgewandte Matilda wäre gerne Detektivin, so wie der große Sherlock Holmes, von dem sie jede einzelne Geschichte kennt. Überhaupt liest sie alles, was mit Detektiven zutun hat, bekommt von ihren Eltern, die oft auf Reisen sind, allerhand Ermittlerzubehör geschenkt und würde gerne einmal mehr tun, als in Begleitung ihres dauerängstlichen Cockerspaniels Dr. Herkenrath (der gern von Eichhörnchen drangsaliert wird) in Alltagsfällen in ihrer Nachbarschaft zu ermitteln. Gerne würde sie so spannende Fälle aufklären, wie ihr Idol Rory Shy, der auch der schüchterne Detektiv genannt wird. Nun, man sollte ja bekanntlich achtgeben, was man sich während der Rauhenächte wünscht, denn plötzlich steht Matilda auf ihrer Gassirunde mit Dr. Herkenrath vor Rory Shy und schon mit einem Bein in einem seiner Fälle. Als dessen Praktikantin muss Matilda alsbald feststellen, dass die Bezeichnung "schüchtern" in Rorys Fall die Untertreibung des Jahrtausends ist.

Oliver Schlicks Bücher sind oft lustig-skurrile Pageturner, die nicht nur für junge Leser geeignet sind, sondern auch für jene, die im Herzen jung geblieben sind. Der slapstickartige und oft auch sehr tiefgründige Humor beschert einem als Leser so einige Lacher. Auch mit seinem neuesten Werk hat Oliver Schlick es wieder geschafft, mich zu begeistern.

Absolute Leseempfehlung für Leser ab 10 Jahren. Für Kinder, Jugendliche und Erwachsene, der im Herzen noch Kind geblieben sind.

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Veröffentlicht am 20.09.2020

Bitte mehr von diesem Ermittlerduo!

Schüssler und die verschwundenen Mädchen
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Ich mag ja Krimis mit etwas schrulligen Detektiven/Protagonisten, ähnlich wie bei Agatha Christies Hercule Poirot und Miss Marple. Victor Glass hat mit seinem Ludwig Schüssler und Caroline Geiger ein zwar ...

Ich mag ja Krimis mit etwas schrulligen Detektiven/Protagonisten, ähnlich wie bei Agatha Christies Hercule Poirot und Miss Marple. Victor Glass hat mit seinem Ludwig Schüssler und Caroline Geiger ein zwar weniger schrulliges als viel mehr liebenswertes (und für 1890 recht liberales und fortschrittliches) Ermittlerduo geschaffen, Schüssler muss sich mit seinen Ermittlungserfolgen aber auch nicht hinter anderen Detektiven verstecken. Und das Buch "Schüssler und die verschwundenen Mädchen" nicht vor anderen Detektiv- oder Ermittlergeschichten. Ein Indiz dafür ist, dass ich das Buch innerhalb kürzester Zeit durchgelesen habe.

In Augsburg des späten 19. Jahrhunderts ist die Industrialisierung im vollen Gang und Maschinen ersetzen nicht selten die Tatkraft eines Arbeiters. Selbst in herrschaftlichen Häusern gibt es schon Geräte, die die Arbei der Hausmädchen und Diener ersetzen und dazu beitragen, dass die Herrschaften Personal einsparen können. In dieser Zeit verlieren vor allem weibliche Arbeitskräfte ihre Anstellung, ziehen entweder von Augsburg ins Württembergische, heiraten oder töten sich aus Verzweiflung oder geraden ganz gewaltig in die Bredouille. Ganze Frauenscharen verschwinden aus der Stadt. Als auch Luise Habenicht verschwindet, wendet sich ihr Verlobter an Ludwig Schüssler. Er glaubt nicht, dass Luise freiwillig verschwunden, eher, das ihr etwas zugestoßen ist. Schüssler will den Auftrag gar nicht erst annehmen, ist er doch mit einem Betrugs- und Diebstahlsfall in einem Kaufhaus betraut worden. Dort trifft er auch erstmalig auf Caroline Geiger. Gemeinsam nehmen sie sich dann dem Fall mit der verschwundenen Verlobten an, nicht wissend, das die Geschichte noch viel größere Dimension annimmt.

Von Schüssler und Caroline Geiger würde ich gern noch mehr lesen. Die sind wirklich ein tolles Gespann. Ich hoffe doch, das Victor Glass noch mehr Bücher über die beiden schreibt.

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Veröffentlicht am 16.09.2020

Muss ich die Story jetzt als gegeben hinnehmen?

Die heilige Henni der Hinterhöfe
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Die heilige Henni der Hinterhöfe hat mich ein wenig enttäuscht und ich kann nicht einmal sagen warum. Gut, ich bin schon erschrocken, als es bei mir eintraf, denn es war ziemlich klein und schmal. Ich ...

Die heilige Henni der Hinterhöfe hat mich ein wenig enttäuscht und ich kann nicht einmal sagen warum. Gut, ich bin schon erschrocken, als es bei mir eintraf, denn es war ziemlich klein und schmal. Ich hatte irgendwie ein dickeres Buch mit mehr Seiten erwartet. Aber die Dicke eines Buches sagt ja nix über den Inhalt aus, also habe ich mich an das Lesen der Geschichte über dieses naive, freche und (typisch berlinerisch eben) etwas schnoddrige Mädchen gemacht. Dabei habe ich festgestellt, dass die Protagonisten im Roman so sprechen, wie es zu der Zeit wohl üblich war (1910er/1920er Jahre). Auch kein Problem, da konnte man sich drauf einstellen.
Vielleicht waren es die menschlichen Abgründe, die sich in der Geschichte auftaten und dass es mir immer irgendwie so vorkam, als ob die Protagonisten nur mit den Schultern zucken und alles als gegeben hinahmen, egal, worum es sich gehandelt hat. Zum Beispiel dass Henni und ihr Bruder in Kindertagen einen Mitbewohner angeschwärzt hatten, er wäre ein Spion oder das Hennis Vater hinnimmt, dass die Männer seiner Plöner Töchter abfällig über seine Frau sprechen, weil die Jüdin ist und auch das Ende kam mir so vor, als wird es halt als gegeben hingenommen. Im Buch gab es noch mehr solcher Stellen, wo ich die Protagonisten hätte schütteln mögen, aber es leider nicht konnte. Auch dass die Eltern nicht in Hennis Lotterleben eingreifen, wie normale Eltern das eben tun... Lassen wir das. Lest selbst.
Die heilige Henni der Hinterhöfe ist leider keine Geschichte, die in mir lange nachhallen wird. Finde ich persönlich sehr schade, muss ich wohl aber als gegeben hinnehmen. 🤷‍♀️

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